Wiederholung macht Lügen zur Wahrheit

Fabel zum Thema Lüge(n)

von  EkkehartMittelberg

Ein Elefantenbulle glaubte fest daran, dass er der Größte sei und stellte sich
zur Wahl. Er hämmerte seinem Wahlvolk immer wieder ein, dass dumme Esel zu
Unrecht die Macht als ihr Privileg betrachteten und dass sie ihre Herrschaft
dadurch festigten, dass sie Lügen über die Elefanten verbreiteten. Beim nächsten
Wahlkampf war der Elefantenbulle zur Überraschung der Massenmedien gewählt
worden. Er hatte das Blaue vom Himmel gelogen und es hatte funktioniert..
Jetzt kannte er sein Erfolgsrezept genau: Er redete seinen Anhängern immer
wieder ein, dass die Welt den Elefanten gehöre und wenn die Massenmedien
irgendetwas Positives über die Esel berichteten, erklärte er es kurzerhand für
Lüge. Bei seiner maßlosen Propaganda zertrampelte er einen Porzellanladen nach
dem anderen. Doch seine Anhänger glaubten, dass die Scherben Glück bringen, und
folgten ihm unbeirrt.
Als der Elefantenbulle beim nächsten Wahlkampf unterlag, war ihm die
Wiederholung seiner Lügen so zur zweiten Natur geworden, dass er nicht mehr
anders konnte, als an die Wahrheit seiner Lügen zu glauben. Darin unterschieden
sich seine Anhänger nicht von ihrem Führer. Die Mehrheit der Massenmedien
glaubte inzwischen, dass der Elefantenbulle einen schlechten Charakter habe.
Dazu befragt meinte eine weise Eule, die Überzeugung des Bullen, Verkünder der
Wahrheit zu sein, sei so groß, dass ihm kein Lügendetektor gewachsen sei.


Anmerkung von EkkehartMittelberg:

Dem, der das mit dem Elefanten und den Eseln nicht sofort versteht, sei verraten, dass sie politische Symboltiere sind.

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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (09.01.21)
An wen Du da wohl gedacht hast. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.01.21:
Danke, Armin. Ich bin mir sicher, dass Sokrates einem so brutalen Sophisten nicht begegnet ist.
LG
Ekki

 FrankReich (09.01.21)
Hi Ekki,

von der Idee her zwar empfehlenswert, bin ich trotz Deiner Anmerkung der Ansicht, dass weder das Symbol des Elefanten, des Esels noch der Eule für den Hintergrund Deiner Fabel optimal ist und schlage Dir vor, Dich in diesem Fall an der Reptilienwelt zu orientieren, wie z. B. Krokodil, Schlange, Kröte usw., weil das nicht nur passender, sondern auch weitaus homogener wäre. 😉

Ciao, Frank

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 09.01.21:
Merci, Frank. Sie mir bitte nicht böse, aber das sehe ich anders, weil diese Reptilien sich als Symbolotiere für heimtückische Lügen eignen mögen. Dieser Elefantenbulle glaubt aber seine eigenen Lügen. Er ist ein persuasiver Überzeugungstäter.
Für diesmal unbeirrte Grüße
Ekki

 Graeculus schrieb daraufhin am 09.01.21:
Oh, Du hast es hier schon selber explizit gemacht: daß er selber daran glaubt (und insofern nichtmal ein Lügner im egeren Sinne ist).
Auf Elephant und Esel kann man nicht verzichten, so ungewöhnlich sie sich hier in ihren Rollen auch ausnehmen mögen, weil sie eben die Symboltiere der beiden Parteien sind.
Die Eigenschaften, die Du hervorgehoben hast, um den Elephanten passend(er) zu machen, sind zudem gut gewählt.

 harzgebirgler (09.01.21)
wer so viel porzellan zerschlägt wie der
kommt hoffentlich davon nun nicht noch mehr.

toll geschrieben, gerne gelesen!

lg
henning

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 09.01.21:
Merci, Henning, ich bezweifle die Konsequenz der Esel. Ich bin mir aber sicher, dass der Elefantenbulle, wenn er in die Hölle kommt, Satan einreden wird, er sei barmherziger als Gott.
LG
Ekki

 Graeculus (09.01.21)
Vermutlich (wir können nicht in ihn hineinschauen) glaubt er selber, was er sagt, der große Elephant. Das ist eine von mehreren Abgründigkeiten bei dem, was wir da erleben.

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 09.01.21:
Gracias, Graeculus, ich würde mich sehr wundern, wenn ausgerechnet der von des Zweifels Blässe angekränkelt wäre.

 Teichhüpfer (09.01.21)
Der Künstler ist ein anderer.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.01.21:
Danke, Jens, ich ahne, was du meinst. Gleichwohl ist an dir eine Sybille verloren gegangen. :)

 Teichhüpfer meinte dazu am 09.01.21:
Ja, hier am Meer ...
Sätzer (77)
(09.01.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.01.21:
Vielen Dank, Uwe. ich vermute, dass die Intellektualität des Elefantenbullen unterschätzt wird, weil er ohne moralische Skrupel ist. Seine Rhetorik ist hochraffiniert und seine Fähigkeiten, andere zu manipulieren, sind enorm. Wahrscheinlich hält er das, was seinen Gegenern zu Recht als sehr primitiv erscheint, für unvermeidbare "Kollateralschäden". Sophisten und Narzissten sind oft sehr intelligent. Das macht sie so gefährlich.
LG
Ekki

 DanceWith1Life (09.01.21)
Falls jemand, auf Grund besonderer Vorkommnisse, die ja im Augenblick durchaus gegeben sind, sich fragt, wie kommt es, dass Elefant oder nicht, ein einzelner Mensch, so viel wirklich ungutes für Alle in die Tat umsetzen kann.
Der wird vielleicht, bei zwei der menschlich bedenklichsten Angewohnheiten landen, und feststellen, oh, da müssen wir uns Alle ändern, sonst passiert das wieder.
monkey see, monkey do und der Schafherdeneffekt, wodurch diese Fabel dann fast schon Bremer Stadtmusikanten Charakter bekäme, und die Räuber sind wir.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.01.21:
Merci, Dance, du erinnerst mit Recht an niedere Instinkte, die mehr oder weniger in uns allen stecken. Ohne sie hätte der Trumpeter nicht diesen Erfolg.

 DanceWith1Life meinte dazu am 09.01.21:
ich weiss nich, wo du den begriff "niedere instinkte" herzauberst, das sind dumme angewohnheiten, zum teil von geld- oder machtgierigen, schamlos ausgenutzt.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.01.21:
Welche sind denn nun die dummen Angewohnheiten?

 DanceWith1Life meinte dazu am 09.01.21:
monkey see, monkey do, also wie der Affe so das Pferd, und Schaf läuft, Schafe laufen hinterher, wobei die eigentlich nur leicht varierte Versionen von ein und derselben sind.
wenn ich micht irre, was ja durchaus sein kann. Aber ich unterscheide noch ein wenig, zwischen etwas haben wollen, weil jemand anders das auch hat, und dem typischen Schafherdeneffekt. Eines springt in den Abgrund und alle hinterher.

 TassoTuwas (09.01.21)
Hallo Ekki,
wer so oft, so laut, die Lüge wiederholt, bleibt in ihr gefangen. Eine Abkehr kommt nicht in Frage, sie wäre selbstzerstörerisch.
Beängstigender als die Lüge ist die Tatsache, wieviele Menschen bereit sind den haarsträubendsten Unsinn zu glauben.
Schöne Fabel zum aktuellen Zeitgeschehen.
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.01.21:
Grazie, Tasso, die Verschwörungstheorien sind viel gefährlicher als aufgeklärte Menschen bis jetzt geglaubt haben.
Herzliche Grüße
Ekki

 AchterZwerg (10.01.21)
Lieber Ekki,

den Mob aufzuputschen, um anschließend den Notstand auszurufen, was wiederum zunächst den Machterhalt voraussetzt, ist so "blöd" nicht. Das sagt man Elefantenbullen ja auch keineswegs nach.
Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob stattdessen nicht eine massive psychische Störung vorliegt ...

Herzliche Grüße
Piccola

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 10.01.21:
Grazie, Piccola, das sehe ich auch so. Trump würde es weit von sich weisen, auch nur einen Augenblick an psychische Störung zu denken. Aber ob diese vorliegt oder nicht, darüber entscheidet nicht das Bewusstsein des Betroffenen.
Herzliche Grüße
Ekki

 DanceWith1Life meinte dazu am 10.01.21:
Das war mehr als nur "aufputschen", native American Symbole auf die Titelseiten in Verbindung mit einem Angriff auf die Demokratie zu bringen, ist sehr durchdacht eingefädelt.
Würde mich überhaupt nicht wunden, wenn der Verkauf von Waffen innerhalb der USA jetzt zunimmt und ein paar Leute Prozente kassieren.

Antwort geändert am 10.01.2021 um 18:58 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 11.01.21:
Dance, ich teile deine pessimistische Deutung durchaus.
Agnete (66)
(10.01.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 10.01.21:
Grazie, Agnete, weiter oben im Kommentarstrang wurde schon abgehandelt und von Graeculus bestätigt, weshalb ich in diesem Falle bei dem Elefantenbullen bleiben muss. Der Elefant ist tatsächlich das Symboltier der Republikaner und der Bulle soll hier auch nicht als dumm, sondern als unsensibel und zerstörerisch (Porzellanladen) dargestellt werden.
LG
Ekki
Hilde (62)
(11.01.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 11.01.21:
Vielen Dank, Hilde, ich bin froh, dass sich die Erkenntnis durchsetzt, dass ich die Symboltiere für diese Fabel richtig gewählt habe.
Herzliche Grüße
Ekki

 GastIltis (29.01.21)
Lieber Ekki,
beim Lesen deiner Zeilen hat sich, so leid es mir tut, sofort eine Gedankenwelt eröffnet, die du u.a. mit dem Begriff „Propaganda“ gut erfasst hast. War es nicht der für genau das Ressort zuständige Minister, der den unsäglichen Spruch geprägt hat: „Je größer die Lüge, desto eher wird sie geglaubt.“ Dass in die Zeit das Pozellanzerschlagen natürlich super hineinpasst, erwähne ich nur am Rande, obwohl gerade am Mittwoch der Internationale Holocaust-Gedenktag war, zu dem ich mir in voller Länge die Rede von Charlotte Knobloch angehört und angesehen habe.
Natürlich entspricht der Elefant in seiner Erscheinung überhaupt nicht dem Protagonisten von damals, und dass jener an seine infamen Lügen in keiner Weise glaubte, zeigte schon sein schmachvolles Ende. Nun wissen wir beide zu gut, dass sowohl Elefanten als auch Esel zu den klugen Tieren gehören. Insofern halte ich sie in dieser Fabel nicht für so sehr gelungen, obwohl deine Zielrichtung schon zweckmäßig ist. Der Zweck heiligt die Mittel. Stimmt! Stimmt es immer?
Nun sind Wiederholungen von Lügen die eine Seite der Medaille, die Größenordnung, das dicke Auftragen die andere. Und die Massenmedien von heute sind mit dem Volksempfänger von damals nur insofern vergleichbar, dass beide neu waren und die Leute von diesen und den damaligen Neuheiten überschwemmt wurden und werden. Man mag es für Absicht halten oder nicht, Fabeln sind bestimmt super. Gedichte wie die zur Amtseinführung von Joe Biden sicher auch. Aber die Produktion von Waffen und die Umweltzerstörungen geht weiter. Wir, lieber Freund Ekki, werden den Wandel nicht erleben. Hoffen wir auf die Zukunft.
Herzlich grüßt dich Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.01.21:
lieber freund n
Gracias, deine tiefschürfende Betrachtung könnte mich zu einem Essay darüber anregen, inwieweit sich Propaganda im Laufe der Zeiten ändert und welche Konstanten gleich bleiben.. Die Wiederholung gehört bestimmt zu ihrem unveränderbaren Potential.
Warum ich bei diesem Thema die eigentlich klugen Tiere Elefant und Esel erwähnt habe, ist einfach. Der Elefant ist das Wappentier der Republikaner, der Esel das der Demokraten.
Leider muss ich deinen pessimistischen Ausblick teilen, Gil. Umso mehr freue ich mich über deine herzlichen Worte.
Liebe Grüße
Ekki
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