Grantig

Innerer Monolog zum Thema Abschied

von  Mondscheinsonate

Leicht gereizt, das ist untertrieben. Allen Carr für Frauen, mich macht das selbstherrliche Geheische extrem nervös. Meine Methode ist die Beste, nur ich bin gut! Um Gottes Willen. Ich sehe mir im Netz Kräutertees an. Oreganotee hilft gegen Rauchergelüste und haut dir das Beuschl auße, auf Deutsch: Es bringt dich dazu, dass du sehr viel hustest, das soll gut sein, entgiftet. Allein der Gedanke, ich trinke das morgen beinhart. Schleiche um den Schrank, da sind noch Zigaretten darin, öffne nicht. Na ja, wenigstens denke ich nicht über sinnlose Menschen nach, habe nur Kopfweh, das ist das Wetter, sagt Alexandra.
Ich erinnere mich an meine erste Zigarette, der Klassiker hinter der Stubenbastei. Man fühlte sich plötzlich erwachsen, aber es war furchtbar ekelhaft. Nur keine Miene verziehen, au weh, der Husten, das Lachen der Jungs, spotten, nur weiter rauchen, ignorieren.
Ich sah im Spital einen alten vergammelten Typen mit Lungenröhrenschnitt, er hielt sich die Zigarette in den Ausgang des Schnitts, in das Röhrchen. Wie tief kann man eigentlich sinken? Tiefer, das kann man mir glauben, sie reanimierten eine alte Dame 45 Minuten lang. Ein paar Tage später stand sie vor dem Krankenhaus und rauchte, ich sah sie fassungslos an. Sie ignorierte mich. Ein Bub sagte zum Vater: "Du hast ganz gelbe Zähne, grausig!" Der Vater tätschelte den Kopf des Jungen und sagte: "Das wirst du auch einmal haben." Erziehungsmaßnahme deluxe.
Und ich? Ach, ich bin schon oft um vier Uhr früh zum Automaten, bei Wind und Wetter, nur ganz so nebenbei.

Sucht ist ekelhaft. Sie drückten den Psychotiker zu dritt auf den Boden. Die Pfleger waren Bären, der Patient stark wie ein Löwe, drehte durch. Ein Arzt spritzte schnell, der Patient schrie, brüllte, ich weinte, dann Stille. Sie schnallten ihn ans Bett, gaben mir ein Valium und schickten mich weg. Zwei Wochen später ein Spaziergang, er im Pyjama und Morgenmantel, ich im weißen Kleid. Nur der Anstaltsgarten in Salzburg war gestattet. Die Entgegenkommenden wurden angeschrien, ich schämte mich für ihn. In der Station angekommen zerrte er mich auf die Toilette und vergewaltigte mich. Ach, das ist doch kein Ausdruck unter Liebenden, ganz genau. Ich kam nie wieder. 20 Jahre später ein Gastgarten in Villach. "DICH liebe ich NOCH IMMER," sagte er. Ich schwieg, ekel kam hoch. Bekifft wie früher. Krank. Psychotiker.
"Ich muss an die Uni zurück." Wieder ein Abschied. Gott bewahre, für immer, Danke.

Der Andere kam jahrelang bekifft, besoffen oder auf Speed zu mir. Respektlosigkeit. Unerträgliche Mechanik im Bett. Wer so etwas auf Dauer will, ist ein Vollidiot. Endlich Nichtraucherin? Noch nicht einmal 24 Stunden, aber bald. Die ersten Tage sind die schlimmsten, dann bleibt es noch lange schlimm.
Ich will das alles nicht mehr. Öffne den Schrank, nehme drei Päckchen rote Gauloises heraus, öffne den Mülleimer und werfe die Päckchen hinein. Nein, so tief werde ich nicht sinken, niemals, dass ich da wieder reingreife. Werfe auch die Gedanken über diese Menschen, die so grausam krank waren hinein und schließe den Eimer.
Atme durch.

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Kommentare zu diesem Text


 franky (02.02.21)
Hi liebe Mondscheinsonate,

Oh! Das ist ganz schön heftig.
Realität kann verdammt hart sein.

Herzliche Grüße

Von Franky

 Mondscheinsonate meinte dazu am 04.02.21:
Allerdings.

 DanceWith1Life (02.02.21)
und das nennt man jetzt tatsächlich einen "inneren Monolog", nur Literaturkriterien sind härter als die Realität.
psst Dance,
was ist denn,
ganz im Gegesatz zu vielen anderen, ziehst du eine Grenze zwischen Realität und Ignoranz. Lass gut sein, das kriegst du hier nicht geklärt, der Text ist gut geschrieben, das ist es was zählt. Ausserdem hast du östereichische Vorfahren, du verstehst die Tonart.
ok, gut geschrieben.

 Mondscheinsonate antwortete darauf am 04.02.21:
Dankeschön!

 RainerMScholz (02.02.21)
Bin ich froh, dass ich nicht fettsüchtig bin.
Grüße,
R.

 Mondscheinsonate schrieb daraufhin am 04.02.21:
;)
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