Ahorngrün und Himmelblau

Gedanke zum Thema Beobachtungen

von  millefiori

Mittagspause - ein paar kostbare Augenblicke an der frischen Luft.
Kurze Befreiung aus der Enge der Geschäftsräume.
Vor mir eine kleine Allee mit Ahornbäumchen, deren Kronen fast kugelförmig sind. Jedes zweite Bäumchen bewacht eine Bank. Einladend wirken sie in der Mittagshitze, scheinen förmlich zu rufen: "Komm her und ruh dich aus!"
Ich setze mich auf eine der Bänke - halb im Schatten, halb in der Sonne. So kann ich die Wärme genießen, ohne mich zu verbrennen, mit kühlem Kopf meine Gedanken schweifen lassen. Ich lege den Kopf in den Nacken und blicke in das saftig-grüne Dach des Ahornbaumes. Man schaut von unten wie in eine kunstvoll gefertigte Kuppel. Ich sehe die knorrigen Verästelungen und ganz oben, am Ende der Krone, leuchtet ein klares, helles Himmelblau durch die gezackten Blätter. Ein wunderschönes Farbenspiel, das irgendwie befreiend auf mich wirkt.
Bruchstückhafte Verse kommen mir in den Sinn, mit denen ich versuche, diese zauberhafte Stimmung einzufangen. Leider habe ich wieder einmal nichts zum Schreiben zur Hand.
Es ist auch kaum in Worten wiederzugeben, dieses Gefühl hier, meine Eindrücke in diesem Augenblick der Ruhe.
Eine kleine Blaumeise lässt sich auf einen der unteren Zweige nieder. Sie beäugt mich misstrauisch, scheint zu überlegen, ob sie mir und meinem Frieden trauen kann. Ganz still verhalte ich mich, verharre regungslos,
nur um die kleine Meise nicht zu vertreiben. Sie wirft noch einen letzten vorsichtigen Blick zu mir, dann fängt sie an, sich ausgiebig das Gefieder zu putzen. Nachdem sie das erledigt hat, streckt sie das Brüstchen raus und ruft einen zwitschernden Gruß in die Welt. Prompt erhält sie aus verschiedenen Richtungen Antwort.
Ich versuche mit zusammengekniffenen Augen zu erspähen, wo die anderen Vögel sitzen.
Ein Blick auf die Uhr holt mich wieder in den Alltag zurück. Zwanzig Minuten sind vorbei und ich muss diesen idyllischen Fleck verlassen, muss wieder in blasse, neonbeleuchtete Räume.
Doch ich bewahre mir das erfrischende Grün und die Melodie der Meise im Herzen.
Immer wenn mir danach ist, werde ich mir diese Bilder ins Gedächtnis rufen und mich damit über den Tag retten.
Die kleinen, schönen Dinge sind es, die mir die Tage versüßen,
und ich möchte nie müde werden, die Augen dafür offen zu halten.

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