Der Reimwerker

Gedicht zum Thema Arbeit und Beruf

von  Möllerkies

Am Morgen steht er früh am Amboss
und hämmert sorgsam einen Jambus.
Das Feuer darf man nicht verschmähen,
sonst reicht es höchstens für Trochäen.
Und danach gleich im Wasser kühlen,
das gilt besonders für Daktylen.
Er denkt, als er den Versfuß fräst:
Vielleicht wird’s auch ein Anapäst.
 
Und in der heißen Glut der Esse
entsteht ein Werk voll Raffinesse:
Für seine Braut, die Kammerzofe,
erschafft er eine Hammerstrophe,
ein ausgefeiltes Liebeslied,
der unverzagte Verseschmied.
Die Braut ist flach wie eine Flunder,
doch hier wird sie zum Musenwunder.

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Kommentare zu diesem Text


 Terminator (02.03.21)
Dürüm süg üch bey Güdüchten: Besser schlechte Kunst als gutes Handwerk. Ein Tischler nicht ein Dichter ist. (Master Yoda).

 Möllerkies meinte dazu am 02.03.21:
Genau, und deshalb bekommt ein Zimmermann keinen Literaturnobelpreis. Martin

 Graeculus antwortete darauf am 02.03.21:
Doch immerhin hat ein (Robert) Zimmerman den Literaturnobelpreis erhalten, und zwar für seine Lyrik.

Seine Reime?
I wish I could write you in melodies so plain,
I could hold you, dear Lady, from going insane,
I could ease you an cool you and seize the pain
Of your useless and pointless knowledge.
Haufenreime, oder?

 Möllerkies schrieb daraufhin am 02.03.21:
Tja, Graeculus, da habe ich mit meiner Behauptung wohl falsch gelegen.

Herr Zimmerman verwendet das Reimschema aaab cccb, also einen um ein a und ein c verlängerten Schweifreim. Der Begriff »Haufenreim« verbietet sich im Zusammenhang mit einem Nobelpreisträger.

Viele Grüße
Martin

 Graeculus äußerte darauf am 02.03.21:
Mir ist das bei Bob Dylan schon häufiger aufgefallen, daß er etliche Reime aufeinanderfolgen läßt und einen dabei fast einlullt, daß aber dann der erste Vers, der sich nicht mehr reimt, eine sehr harte Aussage enthält. So wie hier: Z. 1-3 klingen freundlich und hilfsbereit, Z. 4 ist wie ein Schlag vor den Kopf.
Dieser Abbruch des Reims, so scheint mir, paßt zum Wechsel des Aussageninhalts.
("Like a Rolling Stone" ist ein anderes Beispiel.)

Kennst Du noch einen anderen Dichter, der der das so einsetzt?

 Möllerkies ergänzte dazu am 02.03.21:
Es liegt schon fast in der Natur des Schweifreims aab ccb, dass er im letzten Vers mit einer Überraschung aufwartet (vgl.  hier: Der Schweifreim und seine Funktion).

Als Beispiel kann ich gerade nur  ein eigenes Gedicht mit dem Reimschema ab aab anführen: In der ersten Strophe etwa ist zunächst noch recht beschaulich von einem vollen Maß und einem zerbrochenen Krug die Rede; die Strophe endet aber mit einer handfesten Beleidigung.

 niemand meinte dazu am 02.03.21:
@ Terminator

Ein Tischler ist
kein Dichter nicht -
hat wirklich Ahnung,
wer so spricht?

Braucht mal der Dichter
einen Schrein,
um sicher vor
dem Wurm zu sein,

der sich an Dichters
Leib vergreift,
wenn der das Leben
von sich streift,

dann kommt ein Tischler
und der spricht:
Der Schrein wird dichter
noch als dicht!

Für solchen Dichter
in dem Schrein,
wird auch ein Tischler
Dichter sein.

LG niemand

P.S. was sich so mancher Dichter, bezüglich der Kunst,
ausdenkt hat oft nicht Hand, nicht Fuß.
Was aber ein Tischler so schafft, hat zumindest nicht selten
Füße. Man denke da an Tisch & Stuhl

Antwort geändert am 02.03.2021 um 17:37 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 02.03.21:
An Möllerkies:

Herzlichen Dank für die Auskunft. Ja, es liegt sozusagen in der Natur dieser Reimform, das leuchtet mir ein.

 Möllerkies meinte dazu am 02.03.21:
@ niemand

 Terminator meinte dazu am 02.03.21:
Jetzt wissen wir, dass Master Yoda kein Dichter ist.

 Didi.Costaire (02.03.21)
Der zählt ja zu den Reime-Rambos
und schmiedet Jamben mit dem Amboss.
Ich lese lieber Möllerkies.
Der dichtet kunstvoll und präzis.

Schöne Grüße,
Dirk

 Möllerkies meinte dazu am 02.03.21:
Genau, Dirk:

Am Amboss gilt’s, die Kraft zu drosseln:
Zu oft sind Rambos dort am Bosseln.

Ich hingegen gedenke, mich mit der alten Dichterweisheit »Kannst du einen Fehler nicht beheben, erkläre ihn zum Stilmittel« aus der Affäre zu ziehen.

Viele Grüße
Martin

 AchterZwerg meinte dazu am 03.03.21:
Das glaub ich jetzt nich! *lautauflach

 plotzn (02.03.21)
Kunstvoll geschmiedet, Martin!

Wenn schon der Zimmermann selten einen Nobelpreis bekommt, dann vielleicht einen Hobelpreis?
Aber es geht ja auch um Schmiede und nicht die Schreinerei...

Liebe Grüße,
Stefan

 Möllerkies meinte dazu am 02.03.21:
So isses. Danke, Stefan.

Viele Grüße
Martin

 AchterZwerg (03.03.21)
Der Dichter wirkt in kleinem Kreise,
nur ab und an pfeift seine Meise -
und gibt sich gerne lieb und nett,
drum schreibt er nicht was du denkst.

 Möllerkies meinte dazu am 04.03.21:
Was denke ich denn?

Der Dichter wirkt in kleinem Kreise,
nur ab und an pfeift seine Meise -
und gibt sich gerne lieb und nett,
er schreibt in Zeile 3 ’ne Waise.

;-) Martin

 tigujo (03.03.21)
Von Reclam gibts ein  Büchlein, das
die Verse lehrt: Das Wie und Was.
Von Möllerkies gibts dazu Zeilen,
die Lust drauf machen, und... begeistern.

So isses.
lg tigujo

 Möllerkies meinte dazu am 04.03.21:
... zumindest mal in jenen Teilen,
die mühelos das Reimen meistern.

Danke, tigujo.

:-) Martin
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