Die Bielefelder Montags-Satire Episode 2: – Der Turmbau zu Bielefeld. –

Satire zum Thema Heimat

von  Thomas-Wiefelhaus

Der Turmbau zu Bielefeld. – (Und wie er in unserer Geschichte die Geschichte veränderte…)

Turm? Viele denken da sofort an die Sparrenburg. Aber davon soll diesmal nicht die Rede sein. Ich meine eine Sehenswürdigkeit in Bielefeld, die auch viele Bielefelder gar nicht kennen, die aber; so behaupte ich wenigstens hier; die Welt-Geschichte, und auch die Mentalität der Bielefelder, nachhaltig geprägt hat: Der römische Wachturm auf der Sparrenegge. Von diesem Turm aus konnte man in der Römerzeit in nördlicher Richtung das heutige Bielefeld überblicken, in südlicher Richtung Bethel, bzw. Gadderbaum. Vis-a-vis im Tal liegt dort heute die größte Nervenklinik Bielefelds.

„Sparrenegge? – Nanu?“, werden jetzt sogar viele Bielefelder fragen: „Wo ist das?“ Der ehemalige Wachturm, der übrigens seinerzeit noch nicht einmal fertiggestellt wurde, worin er dem großen Bruder in Babel ähnelt, liegt nicht mal 50 m von der schönen Sparrenburg-Promenade entfernt. Bei dieser Sehenswürdigkeit angekommen, gilt der Grundsatz: „Wie Sie sehen, sehen Sie nichts!“ – Fast nichts! Nur Hinweisschilder! Ein wenig typisch für Bielefeld! Ortseingangs- und Ortsausgangs-Schilder, aber nichts dazwischen. Nichts, was wirklich existiert. So behaupte früher ja bereits die Bielefeld-Verschwörung!
Aber dieser  alte Turm existiert und er liegt in historischer Verbindung mit einem  Römerlager in der Senne, besagt wenigstens die (Wiefelhaus-) Theorie, einem Lager, nahe dem Haus Neuland, das erst 2019 aus der Luft entdeckt wurde. Von diesem Sennelager aus marschierten die römischen Truppen in Richtung Porta Westfalica und mussten dabei – natürlich – durch Bielefeld trampeln, zwischen dem Johannisberg und dem Sparrenberg hindurch. Durch diese hohle Gasse (sozusagen die großen Beil-Kerbe im Teutoburger Wald) mussten sie kommen, die alten Römer, es führt kein anderer Weg zum Portal Westfalens! (Denn die viel zu steile Lämmershagener Straße, war damals wohl nicht ausgebaut?) – Klaro, ließen sich es die Römer nicht nehmen, auf ihrem Weg durch Bielefeld Steuern und Abgaben einzubehalten. Was den alten Germanen natürlich nicht ganz passte.

So, und jetzt beginnt die eigentliche Geschichte!

Die Germanen wollten die Römer angreifen und die Römer wussten das! Wären die alten Germanen nördlich des Teutoburger Waldes über die Detmolder Straße gekommen, in Richtung Adenauer Platz – so wäre das nicht gut gewesen. Am Adenauer Platz gibt es viel zu viel Platz, freie Flächen zum Kämpfen – schlecht für die Germanen, gut für die Römer! Er hätte nur einige Angriffsbefehle in Latein bedurft und Arminius und seiner Arminen hätten hier eine Zehn zu Eins Klatsche kassiert! Sie mussten die frechen Römer woanders am Hintern packen!

Aber es gab ja noch eine zweite Möglichkeit! Die Germanen hätten, südlich des Wachturms, im Dickicht des Waldes über den schwer einsehbaren „Patienten-Fluchtweg“ von der Nervenklinik her kommen können. Dann hätten die Kämpfe am Ende des Weges, nämlich am Betheleck, stattfinden können. Weniger Platz zum Kämpfen, gut für die Germanen – schlecht für die Römer! Die Germanen wären brüllend drein gestürmt, hätten Holzknüppel und Baseballschläger geschwungen, eine Spende hiesiger Sportgeschäfte, – und daraufhin wäre von der Gegenseite, der Hallerstraße nämlich, ein weiterer Trupp wilder Bielefelder Germanen eingetroffen. Sie hätten die Römer auf den Gleisen der Linie 1 gestellt, zu Boden geschlagen und mit ihrem Köpfen blutig auf die stählernen Straßenbahn-Gleise gepatscht. Die Kämpfe wären zwischen einer zum Restaurant umgebauten Kirche, wo die Römer lernen mussten, was Glück und Seligkeit bedeuten, und dem Gelände der Doktor-Werke, wie es hier werbe-neutral ausdrücken möchte, hin und her getobt!
Die Römer, frisch aus Köln eingetroffen, hätten nicht mal mehr gewusst, was Karneval ist. Besonders, weil Papa Arminius ständig mit einem befreundeten kleinen unbeugsamen Dorf in Gallien telefoniert und von dort just ein Fläschen helfenden Kräuterschnaps bezogen hat. Die Römer hätten bestenfalls noch die Flucht in Richtung Brackwede ergreifen können.

Um dieses blamable Szenario zu vermeiden, ließen die Römer erst den besagten Wachturm bauen, denn so konnten sie die besagte Nervenklinik und den Patienten-Fluchtweg zum gefährlichen Betheleck überwachen. Wagt es nicht, ihr furchtbaren Barbaren, ihr Hinterwäldler, die ja nicht einmal den Karneval kennen, uns anzugreifen! Wir Römer sehen alles!

Aber gerade diese Schutzmaßnahme brachte den römischen Truppen letztlich Tod und Verderben! Denn erst durch den Bau des Turmes haben die Germanen gerochen, dass die Römer was gerochen hatten.

Um es kurz zu machen: der Bielefelder Wachturm an der Sparrenburg-Promenade ließ Arminius und seine Germanen nachgrübeln. Arminius wurde strategisch von einem Bielefelder Schach-Verein beraten, der zu Bedenken gab, die Römer könnten mit ihren Springern die germanische Bauernkette überwinden, zum Adenauer-Platz durchdringen und von dort aus den germanischen Flügel an der Hallerstraße schwächen! Vielleicht wäre so für die Römer noch ein Remis zu erreichen! Es wäre gut, die Platte von allen Figuren zu räumen und woanders neu aufzubauen!

Sie entschieden sich nun, die historische Hermannsschlacht nicht in Bielefeld, wie ursprünglich geplant, sondern lieber bei Kalkriese stattfinden zu lassen. Hier gab es keinen römischen Wachturm auf der B-Linie! Und der Ausgang dieser Schlacht dürfte jedem Ostwestfalen bekannt sein. Dort hatten die Römer keinerlei Fluchtmöglichkeiten, sie rannten kopflos in die tödlichen Sümpfe. Schachmatt dem Varus! Die Niederlage war perfekt, auch wenn die Römer den sumpfigen Platz nachträglich als unbespielbar deklarieren wollten.

Und im fernen Rom rief Kaiser Augustus aus: „Varus, Varus gibt mir meine Figuren wieder!“ – Die Römer trauten sich nicht mehr nach Germanien, und der Turmbau zu Bielefeld wurde kurz vor der Fertigstellung eingestellt!

Das bedeutet aber: ohne den unauffälligen Wachturm, an dem heute viele Spaziergänger achtlos vorbeigehen, ohne diese scheinbar unbedeutendste und langweiligste Sehenswürdigkeit Bielefelds, ever, ohne ihn hätte vieles ganz anders kommen können. Die Geschichte wäre anders verlaufen. Und die Welt wäre heute nicht so, wie sie ist.

Mein Aufruf:
Liebe, barbarische Bielefelder, liebe römische Kölner, vertrag euch! Denkt daran, was gewesen wäre, hätte in der Durchgangs Passage, bzw. Kerbe zwischen den Bielefelder Bergen schon vor 2000 Jahren eine germanische Backstube gestanden; ein Platz, wo sich die Römer hätten stärken können. Ein Platz, an dem den römischen Italienern ihre heiß geliebte Leibspeise als Tiefkühlpizza mit süßen Pudding zum Nachtisch gereicht worden wäre? Die Römer hätten sogleich eine neue Stadt zwischen den beiden Bergen gegründet. Mitten auf dem Gelände von Doktor Soundso. Dann würden wir heute in Bielefeld sicher auch Karneval mögen, wie grauslich!
Ja, die alten Römer hätten uns Wein und Spaß und Dekadenz gebracht. Was die Mentalität von Bielefeldern natürlich nachhaltig verändert hätte. Wollt ihr das wirklich? Folglich bleiben wir doch besser weiterhin die Trantüten der Nation.

Aber jetzt haben wir ja die Erklärung, weshalb man in Stukenbrock Karneval feiert und in Bielefeld nicht?! Stukenbrock liegt nur einen Steinwurf vom Römerlager in der Senne entfernt, die haben im Gegensatz zu uns, schon vor 2000 Jahren das Feiern von Römern gelernt. Sagt zumindest die Wiefelhaustheorie!

Als ich vor zehn Jahren zuletzt mal in Stukenbrock weilte, zur Karnevalszeit, saßen da ein Dutzend junge Damen als Eistüten verkleidet, in einem Eiscafé. Sie hatten offenbar keinen Spaß! Warum nicht? Weil sie dort die einzigen Gäste waren! Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich mich auch als Eistüte verkleidet, vielleicht wären die weiblichen Eistüten dann ja etwas aufgetaut? Oder wenigstens EINE wäre für mich dahin geschmolzen? Es fragt sich nur welche? Schokolade, Erdbeere, oder Vanille? Mokka, Kirsche, oder Banane? – An was erinnert mich das mich jetzt bloß?

Übrigens, soll es noch ein zweites unentdecktes Römerlager geben, auf dem halben Weg zwischen Sennestadt und der Porta Westfalens! Da die Römer ihre Lager in Tagesmärschen von rund 20 km errichteten, sollte es nicht schwer zu finden sein. Das könnte ja sogar ein elfjähriger, oder jüngerer, mit dem Zeigefinger im Atlas finden, wenn es solche Atlanten heute noch gäbe, ebenso wie ein elfjähriger vor über 50 Jahren schon wissen konnte, dass die Hermann-Schlacht, nach Tacitus Angaben, nördlich des Wiehengebirges stattfand.

Erwachsene haben es da einfacher, sie setzen sich beim Haus Neuland ins Auto, tippen die Fahrstrecke zur Porta ins Navi ein, lassen sich die Streckenlänge angeben, um dann nur die halbe Strecke zu fahren! Anhalten, aussteigen, und schon ist da das unentdeckte Römerlager! Heureka! Wenigstens in der Theorie. Und falls sich, wider Erwarten, doch keinerlei Such-Erfolg einstellt, fahren sie doch einfach weiter zur Porta Westfalica, es lohnt sich!
(Oder, wenn Sie in Gegenrichtung fahren, lohnt vielleicht ein Besuch Oerlinghausens mit dem Segelflugplatz oder Germanen-Gehöft? (Sobald es wieder geöffnet hat?)– Aber steigen Sie selbstverständlich niemals im langweiligen Bielefeld aus dem Auto, sie wissen ja, warum!)

Obwohl, ich setze da doch eher auf die Jugend, dass noch unentdeckte Römerlager zu finden, manche Erwachsene stellen sich beim Erkennen einfachster Zusammenhänge, im Gegensatz zu Kindern, nicht immer clever an.

Findet jedenfalls Thomas Wiefelhaus (Alle historischen Angaben ohne Gewähr!)


Anmerkung von Thomas-Wiefelhaus:

Ich hatte eine Satire versprochen, aber nun doch stattdessen eher eine Geschichte geschrieben. Das fällt mir sowieso leichter! Und hat mir diese Woche mehr Spaß gemacht. Zudem wollte ich auch mal über Unbekanntes schreiben.

Aber ich verspreche, oder nein, ich hoffe, dass ich die Satire, trotz einiger Selbstzweifel, mit ein wenig Übung, noch abgeliefert werde. Wenn nicht beim nächsten, dann beim übernächsten Mal!

Nachdem ich den Text recht holprig zum glücklichen Ende gebracht hatte, fiel mir noch eine weitere Wiefelhaustheorie ein, weshalb der Turm zu Bielefeld in der Römerzeit, Entschuldigung, Germanenzeit, von den Römern nicht fertiggestellt wurde? (Selbst Experten sind sich nicht einig, wo genau die Varus Niederlage stattgefunden hat?) Diese umfassende Theorie bleibt vorerst aber noch mein satirisches Geheimnis.

PS.: Na? – Wo liegt denn nun das unentdeckte Römerlager? Dazu möchte ich heute selber meinen allerersten Vorschlag einreichen. Es könnte sich zum Beispiel auf einem Acker zwischen den Orten Leese und Tipp befinden? Dann wären die Römer zwar scheinbar ein paar Kilometer um die Ecke gelaufen, aber aus den beiden Orten lässt sich das Wort

zusammensetzen. – Nämlich die Liste meiner Lieblingsbücher! Heureka!

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Kommentare zu diesem Text


 Jedermann (22.03.21)
Meine Mitteilung, dass es in Bielefeld sogar einen Schachverein gibt, hat Dich ganz schön beeindruckt!

 Thomas-Wiefelhaus meinte dazu am 24.03.21:
Zumindest hat er mich in der Tat zur Idee verlockt, das einzubringen. In Bielefeld gibt es natürlich wohl mehrere Schachvereine. Könnte ich auch eine kl. Anekdote drüber schreiben.

 Jedermann antwortete darauf am 24.03.21:
Aber ich bitte zu beachten: Schachspieler sind in ihren charakterlichen Eigenschaften genauso heterogen , wie der Rest der Menschheit! Entgegen aller Vorurteile findest du in einem Schachverein auch kommunikative und freundliche Spieler.
Allerdings weiß ich natürlich nicht, wie es in einem Bielefelder Verein zugeht, wenn sie unter sich sind!

 Thomas-Wiefelhaus schrieb daraufhin am 24.03.21:
Allerdings war ich noch nicht oft bei einem (Bielefelder) Schachverein. Ich sage nur soviel: Ich habe mich bei meinem aller esten Besuch gewundert!
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