Der Idiot - Dostojewski
Beschreibung zum Thema Buch/ Lesen
von Mondscheinsonate
Kommentare zu diesem Text
Eine wunderbare Buchbesprechung, der ich nur zustimmen kann.
LG
Ekki
LG
Ekki
Mochtest du den Typen auch nicht? Meine Güte, der nervt mich außerordentlich!
Ich fand, übrigens, die Kritik an der katholischen Kirche äußerst nachdenkenswert, vorallem mutig, im Kontext der Zeit, in der das Buch geschrieben worden ist.
Dankeschön!
LG MS

Dankeschön!
LG MS
Antwort geändert am 19.03.2021 um 21:45 Uhr
Ja, mir ging es wie dir, aber keine Frage, dass Dostojewski mit dieser Figur der korrupten Gesellschaft einen Spiegelvorhalten wollte.
...dass man eine Abneigung gegen eine dumme Person entwickelte, die man nur entwickeln kann, wenn man sie persönlich kennenlernt...
Da würde ich sofort widersprechen, eigentlich entwickelt man schon aufgrund der Beschreibung eine Abneigung, die, im besten Fall, ein Leben lang hält, auch wenn man nie eine solche Person zu Gesicht bekäme, was nicht passieren wird; aber man pflegt ein anderes Gefühl dafür, quasi weniger geduldig, etwas unrussischer, wie eingedeutscht, quengelig österreichisch, endgültiger.
Grüße,
R.
Da würde ich sofort widersprechen, eigentlich entwickelt man schon aufgrund der Beschreibung eine Abneigung, die, im besten Fall, ein Leben lang hält, auch wenn man nie eine solche Person zu Gesicht bekäme, was nicht passieren wird; aber man pflegt ein anderes Gefühl dafür, quasi weniger geduldig, etwas unrussischer, wie eingedeutscht, quengelig österreichisch, endgültiger.
Grüße,
R.
Oh, da muss ich dir eventuell recht geben, auch, wenn ich es jetzt mal stehenlasse, weil doch jeder von uns eine andere Vorstellungskraft besitzt.

Der "Idiot" ist weder ein Idiot, und schon gar nicht ist er dumm, er steht im Punkto Intelligenz, Ethik und Moral turmhoch über allen anderen Figuren des Buches, und er würde auch turmhoch über den meisten Menschen unserer heutigen Gesellschaft stehen, die nur ihre eigene Idiotie spiegeln, wenn sie ihn einen Idioten nennen. Er ist kindisch-naiv, aber auch ein wahrhaftiger und echter Mensch, der - natürlich - scheitern muß. Idiotisch ist es eher, wie die gesamte Familie der Aglaja am Ende auf einen polnischen Hochstapler herein fällt. Und MRR, der "Joseph und seine Brüder" offenbar nie gelesen hat, hätte auch ab und zu ein paar Ohrfeigen (verbale) verdient.
Nun, ich weiß, dass der Idiot KEIN Idiot ist, er nervt mich dennoch, das ist rein subjektives Empfinden, vielleicht, weil er zu gut ist, für diese Gesellschaft, ja, sogar Welt. Wenngleich, niemals dumm ist, im Gegenteil, hochinteressant ist, was er von sich gibt, ist m.A. nach das "zu Gute" auch irgendwann mal nicht mehr zu ertragen. So imponierte mir doch der starke Auftritt auf der Yepanchin'schen Gesellschaft. So hätte ich mir den Fürsten stets gewünscht: klug, lieb, aber auch energisch. Vorallem schon, welch Frechheiten Aglaya, die rotzfreche Göre, von sich gab und der Fürst in verliebter Seeligkeit schwelgte - verzeih, ich kenne seine Empfindungen und finde das wenig prickelnd.
Und, was Mann angeht, den ertrage ich kaum, der schrieb keinesfalls für mich, das gebe ich zu, auch, wenn ich in der Achtung der intellektuellen Leserschaft mit dieser Beichte sinke.
LG MSS
Und, was Mann angeht, den ertrage ich kaum, der schrieb keinesfalls für mich, das gebe ich zu, auch, wenn ich in der Achtung der intellektuellen Leserschaft mit dieser Beichte sinke.
LG MSS
Ilma Rakusa schreibt in ihrem Nachwort (Piperausgabe):
"Myschkin ... nie lächerlich, ist schön durch seine Unschuld. Er ist anziehend und zugleich befremdlich für die, die in ihm den reinen Toren sehen und sich plötzlich durchschaut fühlen, die ihn verachten und durch seine Demut und Großmut aus der Fassung geraten, die ihn lieben und durch seine höhere Liebe überfordert sind. Myschkin ist der stillste von Dostojewskis Reolutionären (!)."
Dies ist für mich ein sehr wichtiger Aspekt.
Dostojewski schildert nichts anderes als einen, der die Welt zum Guten verändern will. Oder muss. Der zwangsläufig zum Scheitern verurteilt ist - lange vor Einbruch des Spätkapitalismus und der sog. Freien Marktwirtschaft. ---
Du hast uns eine interessante Besprechung geliefert. Vielleicht eine Rarität.
Mit herzlichen Grüßen
der8.
"Myschkin ... nie lächerlich, ist schön durch seine Unschuld. Er ist anziehend und zugleich befremdlich für die, die in ihm den reinen Toren sehen und sich plötzlich durchschaut fühlen, die ihn verachten und durch seine Demut und Großmut aus der Fassung geraten, die ihn lieben und durch seine höhere Liebe überfordert sind. Myschkin ist der stillste von Dostojewskis Reolutionären (!)."
Dies ist für mich ein sehr wichtiger Aspekt.
Dostojewski schildert nichts anderes als einen, der die Welt zum Guten verändern will. Oder muss. Der zwangsläufig zum Scheitern verurteilt ist - lange vor Einbruch des Spätkapitalismus und der sog. Freien Marktwirtschaft. ---
Du hast uns eine interessante Besprechung geliefert. Vielleicht eine Rarität.
Mit herzlichen Grüßen
der8.
Dankeschön. Ich habe das Buch gestern beendet und finde es überflüssig, dass Dostojewski am Schluss noch "weitererzählt" hat, ein Ende in der Wohnung Rogoschins wäre sehr viel stärker gewesen.
Im Übrigen, ich denke, alles, was zu viel in eine Richtung geht, wird mühsam auf Dauer.
Ich möchte inhaltlich hinzufügen, dass es hochinteressant ist, dass der Autor stets in der direkten und indirekten Rede betonte, dass der Fürst "zwar ein Idiot sei, allerdings von Verstand".
Im Übrigen, ich denke, alles, was zu viel in eine Richtung geht, wird mühsam auf Dauer.
Ich möchte inhaltlich hinzufügen, dass es hochinteressant ist, dass der Autor stets in der direkten und indirekten Rede betonte, dass der Fürst "zwar ein Idiot sei, allerdings von Verstand".
Antwort geändert am 20.03.2021 um 09:55 Uhr
Verzeiht, ich möchte noch hinzufügen, dass ich finde, dass die Frauenfiguren in dem Buch sehr stark gezeichnet worden sind. Die wirklichen Nebenfiguren waren zwar klischeehaft schwach, zart und von reinem Gemüt, aber die Hauptfiguren durchaus energisch, stark und emanzipiert. Die Szene als Anastassya Filippovna mit der Reitgerte ins Gesicht schlug war doch großartig, wenngleich Gewalt sicher nicht die Lösung ist.
Zur Verknüpfung mit der Revolution möchte ich einwenden, dass Dostojewski bis zu seinem Tode unter geheimdienstlicher "Aufsicht" stand.
Er war mit Alexander Herzen bekannt und Mitglied des revolutionären Petraschewski-Kreises, mit Fourier und Saint-Simon bestens vertraut ...
Ich denke, die Umwandlung (zeitweise auch Zerschlagung) der damaligen Gesellschaftsordnung war sein Lebensthema. (!)
Die Akzeptanz der Mittel hierfür hat sich natürlich im Laufe seiner Lebensjahre verändert.
Liebe Grüße
der8.
Er war mit Alexander Herzen bekannt und Mitglied des revolutionären Petraschewski-Kreises, mit Fourier und Saint-Simon bestens vertraut ...
Ich denke, die Umwandlung (zeitweise auch Zerschlagung) der damaligen Gesellschaftsordnung war sein Lebensthema. (!)
Die Akzeptanz der Mittel hierfür hat sich natürlich im Laufe seiner Lebensjahre verändert.
Liebe Grüße
der8.
Sehr interessant!
Ja du hast recht. Mich stören die vielen unterschiedlichen russischen Namen, aber es ist ein Genuss Dostojewski zu lesen.
lg
linkeln
lg
linkeln
Daran gewöhnte ich mich, weil Dostojewski jedem einzelnen Namen ein markantes Gesicht gab.
Mein nächstes Monsterprojekt ist ab heute Abend "Krieg und Frieden", wo bekanntermaßen unendlich viele Namen vorkommen. Ich gestehe, ein wenig Angst kommt auf. 😂
Aber, daneben lese ich "Die Brüder Karamasow", die mich auch sofort in den Bann gezogen haben. Ich bin jetzt süchtig geworden.
Mein nächstes Monsterprojekt ist ab heute Abend "Krieg und Frieden", wo bekanntermaßen unendlich viele Namen vorkommen. Ich gestehe, ein wenig Angst kommt auf. 😂
Aber, daneben lese ich "Die Brüder Karamasow", die mich auch sofort in den Bann gezogen haben. Ich bin jetzt süchtig geworden.
Antwort geändert am 20.03.2021 um 11:40 Uhr
Eine wirklich interessante Buchbesprechung! Und viel Spaß bei dem bevorstehenden "Projekt"
)
L.G.
Ira

L.G.
Ira
Ich muss da "litererarisch" unbedingt einen Nachtrag setzen, das Buch beschäftigt mich enorm. Das ist seltsam, "Schuld und Sühne" beseelte mich am Schluss, aber der "Idiot" wühlte mich auf und das zeigt, dass es eine enorme, nachklingende Kraft hat.
Dank dir!
Dank dir!