Apfeldiebstahl in Köln

Anekdote zum Thema Diebstahl

von  Thomas-Wiefelhaus

Onkel Hein und Tante Leni wohnten in Köln. Onkel Hein fuhren lange Zeit einen kleinen NSU-Prinz (oder mehrere hintereinander?) mit einem merkwürdigen Blinker an der Seite:  einem roten Pfeil, der sich unter dem Autodach aus dem Türrahmen heraus klappte, wenn Onkel Hein die Fahrtrichtung anzeigen wollte. Die beiden hatten selber keine Kinder. Wenn sie uns in Bielefeld besuchten, standen sie stets unangemeldet vor der Tür, um uns „keine Umstände“ zu machen.

Bei einem Gegenbesuch in Köln, sechs oder sieben Jahre mochte ich sein, stiegen wir in den kleinen NSU, um in den Zoo zu fahren. Onkel Hein schlug von draußen die Tür zu und klemmte mir den Finger ein. Es tat weh, aber es war nichts gebrochen. Als ich versuchte, den Finger aus dem Spalt zu ziehen, gelang es mir nicht. Ich quengelte ein wenig, aber Onkel Hein war nicht bereit, anzuhalten, um die Tür nochmals zu öffnen, damit ich meinen Finger befreien konnte. „Solange musst du aushalten!“ – Wir fuhren wohl fast eine halbe Stunde, so kam es mir wenigstens vor, durch Köln, mit eingeklemmten Finger, bis wir auf einem Parkplatz vor dem Zoo ankamen und Onkel Hein die Tür öffnete.

Die meisten Erinnerungen sind verblasst. Doch das große Affengehege war die lebendige Attraktion vieler Kinder. Ich war da keine Ausnahme. Affen kreischen, Kinder johlen, kaum konnte ich genug kriegen. Meine Mutter hatte mir unterwegs einen Apfel gegeben. Ich beging den Fehler, mich mit dem angebissen Apfel in der Hand ganz nah an den Käfig zu stellen, um besser zu sehen, das ging nur wenige Sekunden gut. Ehe ich „Piep“ hätte sagen können, griff einer der Affen blitzschnell durch die Gitterstäbe und ich war meinen Apfel los. Dass dieser bereits angebissen war, störte ich ihn, zu meiner Verwunderung, anscheinend nicht.
Ich hatte Trost und einen neuen Apfel erwartet, stattdessen schimpfte Onkel Hein, ich sei selber schuld. Vielleicht war es gut so, dass Onkel Hein keine eigenen Kinder hatte?

(Vielleicht hatte die barsche Art von Onkel Hein auch manchmal etwas Gutes? Damals konnte ich nicht gut zwischen links und rechts unterscheiden, in der Schule war es mir egal, mit welcher Hand ich den Stift hielt. Ich sollte eine Balkontür öffnen, und wusste nicht, auf welcher Seite der Hebel ist. Wir hatten daheim keinen Balkon. "Links! - Weißt du nicht wo Links ist?", schnauzte Onkel Hein. Von nun an stellte ich mir lange Zeit immer eine Balkontür vor, um die beiden Seiten zu unterscheiden.)

Immerhin bekam ich später von Onkel und Tante eine Märchenschallplatte geschenkt.

In einem Märchen kam ein "Knüppel aus dem Sack" hervor, welchen ich (etwas später) in jungen Jahren zur Wahrung der Kinder- und Jugendrechte, gegen Erwachsen-Zwang und -Gewalt, sehr gut hätte gebrauchen können.

Als wir den Zoo verließen, sah ich zum ersten Mal im Leben einen Pfau, der sein Rad schlug. Was tut er da? So lange Federn?! Über den Pfau staunte ich wohl mehr, als über den gesamten Kölner Zoo.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (22.03.21)
Gelungene Anekdote. Im Zoo der Literaten kommst du aus dem Staunen nicht heraus, so viele Pfauen kannst du da entdecken.
Schmunzelnde Grüße
Ekki

 Thomas-Wiefelhaus meinte dazu am 22.03.21:
Hallo Ekki!
Na ja, wenn die Pfauen dann auch was vorweisen können, geht es ja.

Bei meiner Frage an den Richtungsanzeige-Blinkerpfeil, der hoch klappt, hatte ich auch auf dich gehofft
Kannst du dich noch an so einen solchen erinnern?
Ich war ja noch ziemlich klein.

 Graeculus (22.03.21)
Gibt es einen Oldtimer-Fan, der mir sagen kann, um welches NSU Model es handeln kann?
Model --> Modell

Oldtimer-Fan bin ich nicht, aber an den ausklappbaren Fahrtrichtungsanzeiger kann ich mich noch bei verschiedenen Modellen erinnern, etwa beim VW-Käfer.

 Thomas-Wiefelhaus antwortete darauf am 24.03.21:
Na gut, dann habe ich mir doch nichts eingebildet ... ich bin mir aber relativ sicher, dass ich ihn nicht bei einem Käfer gesehen habe, sondern beim NSU. Denke, in der zweiten Hälfte der 60iger habe ich so etwas nicht mehr gesehen.

Schnucklige kleine Autos damals, Gogo, Kabinenroller usw.im Vergleich mit den Protzkisten von heute!

 Graeculus schrieb daraufhin am 24.03.21:
Das gab's wohl bei vielen Autos, das war damals der Stand der Technik. Konkret erinnere ich mich an den Käfer.
Vermutlich war das automatische Blinklicht noch nicht erfunden.
Ab den 60ern wurde das anders.

 Owald äußerte darauf am 25.03.21:
https://de.wikipedia.org/wiki/Winker

:-)

 Thomas-Wiefelhaus ergänzte dazu am 26.03.21:
Danke, für den Hinweis, werde gleich einen Link in den Text setzen!
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