Das Kitschighübsche

Beschreibung zum Thema Gesicht

von  Terminator

Blond und Hübsch ergeben gemeinsam Blöd beim naiven Volksempfinden. Doch diese Ausnahme bestätigt nur die Regel: schönen Menschen werden automatisch und instinktiv gute und bessere Eigenschaften zugeschrieben. Schönere Menschen gelten als intelligenter, sensibler, freundlicher, interessanter und gütiger. Grundgütiger? Die ersten vier Zuschreibungen lassen sich leicht damit erklären, dass schönere Menschen aufgrund ihres Ausehens einfach mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und wo man länger hinguckt, da interpretiert man mehr hinein. Aber wieso glauben wir, meist ohne zu wissen, dass wir es glauben, schönere Menschen seien auch bessere Menschen?

In der Kritik der Urteilskraft kommt Kant bei der Analytik des Schönen zum Schluss, dass das Schöne das Symbol des Guten ist. Das Gute kann nicht auf sinnliche Art gegenständlich werden, man sieht, riecht, hört, fühlt und schmeckt es nicht. An den guten Taten kann man das gute Herz eines Menschen zwar indirekt erkennen, aber auch nicht mit letzter Sicherheit, denn er kann auch aus tiefer Frömmigkeit verbunden mit Furcht vor Höllenpein gute Werke gewirkt haben. Oft fallen das sittlich Gebotene und eigener Vorteil sogar zusammen, umso mehr, je zivilisierter eine Gesellschaft ist. Gutes wird also auch getan, um an Ansehen zu gewinnen, um seine Eitelkeit zu befriedigen. Das ist wahrlich unschön.

Schön ist aber, dass es ein unmittelbar sinnliches Symbol des Guten gibt: das Schöne. Das Schöne ist wirklich, es ist da, es existiert, also ist das Gute - das um seiner selbst willen getane Gute - möglich. Der Künstler fängt bei der immateriellen Absicht an, ein schönes Kunstwerk zu erschaffen, und als Ergebnis sehen wir ein reales, sinnlich wahrnehmbares schönes Kunstwerk. Bloße Gedanken, die keine sinnliche Realität haben, können in der Sinnenwelt verwirklicht werden, - das beweist die schöne Kunst. So kann auch der Gedanke, andere Menschen immer als Selbstzwecke und niemals bloß als Mittel zum Zweck zu behandeln, durchaus im Alltag realisiert werden. Das Gute ist möglich, weil das Schöne wirklich ist.

Die sprichwörtliche Blondine ist nicht wirklich schön, sie tritt nur mit dem Anspruch auf, schön zu sein. Der Volksmund, der ihr Blödheit unterstellt, sagt, ohne es selbst zu wissen, dass er an ihren Schönheitsanspruch nicht glaubt, und sich deshalb weigert, ihr all die positiven Eigenschaften zuzuschreiben, die normalerweise schönen Menschen zugeschrieben werden. Das Schöne ist das Symbol des Sittlichguten; das Kitschighübsche ist nur eine Karikatur. Das Schöne ist der sinnliche Stellvertreter des Guten; das Hübsche steht für nichts, und das ist die metaphysische Essenz aller Blondinenwitze.

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