Mach3

Skizze zum Thema Reisen

von  DanceWith1Life

Mach, das Megamantra unserer Zivilisation, mach voran,  mach schon, mach schneller.
Die Macher, Macho, mach's gut, mach's besser, stromlinienförmig, mit Helm in Fahrradmontur, mit Gelenkpflaster oder jetzt auch in Autos, die aussehen wie ein grosser Turnschuh, Navigationssystem GPS und Googlemap für unterwegs.
Es kann eigentlich nichts mehr schiefgehen.
So dachten wir vor dieser Krise.
Ich glaube, der ein oder andere hat inzwischen ernsthafte Zweifel und ich bin mir fast sicher, dass er trotz Navi nicht genau orten kann, woran eigentlich.
In tausendfarbigen Bildern flimmert unser siegreiches Lächeln über sämtliche Überwachungsbildschirme der Innenstadt.
Zur Zeit mit Maske, wir sind eigentlich nicht mehr zu erkennen.
Ich glaube unsere Urgrosseltern würden erschrecken.
Und würde uns einer von ihnen nach dem Weg fragen, und auf die Frage, hast Du kein Handy, schüchtern den Kopf schütteln, nicht genau wissend, was diese Frage eigentlich bedeutet.
Aber am Tonfall und mit allen menschlichen Sensoren, etwas registrierend, das so selbstverständlich wie Feuerholz in kalten Wintern sein muss, von dem er allerdings noch nie etwas gehört hat, es nicht einmal erkennen würde, wenn es vor ihm auf dem Tisch läge.
Und falls der Klingelvibrator aktiviert ist, bei einem Anruf vor Schreck fast davonlaufen würde.
Aber weiß, wie man im Wald überlebt, dass man Jahreszeiten zu ganz bestimmten Tagen erkennen kann.
Und weiß, wie man Brot bäckt.
In Scheune übernachtet hat, bei strömenden Regen, an der Kopfhaltung der Tiere erkennt, ob sie einem trauen, oder ob man besser auf der Hut ist.
Und auf einem Elefanten sitzend über die Menschenmenge blickt, die sich nicht vorstellen kann, was das Leben in Europa kostet.
Wir hatten ein billiges Hotel in Haridwar gefunden.
Mein Begleiter, dessen Indienreise gerade erst begonnen hatte und ich, der ich bereits in einer Woche zurückfliegen würde.
Heute hat jeder ein Handy in Indien.
Über die Hälfte davon sind Attrappen, die man beim essen neben sich liegen hat und sich wichtig fühlt.
Wir hatten uns im Speisesaal des Hotels in Delhi getroffen.
Kennengelernt wäre fast übertrieben, er fragte was ich noch vor hätte. Mit am Frühstückstisch zwei Engländerinnen und ein Händler aus Kashmir.
Ich witzelte, weil mir war das Geld ausgegangen.
Der Händler griff in seine Tasche und schob mir das Geld hin, schick es mir, wenn du wieder Zuhause bist. Dann schrieb er mir seine Bankverbindung auf einem Zettel und sagte, ich weiß, dass man dir trauen kann, willst du noch Waren für Deutschland mitnehmen, Kashmirpullover, Taschen und ähnliches.
Ich nickte, denn das hatte ich eigentlich vorgehabt, bevor mir das Geld ausgegangen war.
Jetzt saß ich also auf einem Elefanten, hatte die Bücher und alles andere im Hotelzimmer verstaut und sah mir die staubige Landschaft an, völlig ungläubig, wie alles passiert war.
Die Menschen auf den Wegen sahen nervös aus.
Später erfuhren wir, dass ein Bus überfallen worden war, keine 50 Kilometer von hier, und alle Männer getötet.
Ein Elefant, also das ist kein Moped, das ist ein Gehirn dreimal so groß wie unseres, mit einer Kraft, die Bäume ausreissen kann, und nicht nur damit angibt, wie manche Machos im Frühling.
Und das ist ein Elefantenführer, der quasi ununterbrochen verbalen Kontakt hält zu diesem Tier und genau weiß warum.

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Kommentare zu diesem Text

LARK_SABOTA (37)
(30.05.21)
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 DanceWith1Life meinte dazu am 30.05.21:
lach, ne die sind mit Gasmasken zur Ruinen gerannt, das Erschrecken bezog sich allerdings auf das Handyklingeln an einem stillen Nachmittag und einem plötzlich loseiernden flachen Bildschirm, mit dem man nicht nur telefonieren sondern auch fotografieren konnte und vieles mehr, von Leuten betrachtet die die weder Telefon noch TV kennen.
LARK_SABOTA (37) antwortete darauf am 30.05.21:
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 DanceWith1Life schrieb daraufhin am 30.05.21:
hm, das ist der Punkt, meine Großmutter war nach dem Krieg unglaublich schreckhaft gegenüber Sachen, die sie nicht kannte.
Also das ist ein Kapitel für sich, gut dass wir darauf zu sprechen kommen. Sie hat mir diese Schreckhaftigkeit sogar noch veerbt.

Zum Thema eins mit der Natur, jein, aber sie konnten noch Brot backen und kannten alles was essbar war im Wald, und noch andere Details. Wir fuhren jede Ferien in ein kleines Haus mitten in der Pampa, zwei Kilometer zum nächsten Dorf, ohne Strom, Wasser aus der Wiesenleitung eines Hangs, ob das ne richtige Quelle war weiß ich nicht, hat aber irrsinnig gut geschmeckt.
Holzherd, mit diesen Ringen, die man abnehmen konnte, sogar mit Backofen. Die Hütte hat mein Opa selber gebaut, als er aus der Gefangenschaft kam.

Antwort geändert am 30.05.2021 um 03:01 Uhr
LARK_SABOTA (37) äußerte darauf am 30.05.21:
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 DanceWith1Life ergänzte dazu am 30.05.21:
nun, mir ging es in erster Linie um die Schreckhaftigkeit, auch für den weiteren Verlauf der Skizze, so romantisch geht es hier gar nicht zu. Und ja, ich glaube, dass jemand der Bombenalarm kennt, noch schreckhafter ist, Du nicht?
Mir fällt gerade ein, ich konnte das sogar schon beobachten, bei Füchtlingen aus Syrien und ihrer Reaktion auf bestimmte Geräusche. Nein, das ist nicht romantisch.
Und mein Opa ist auch noch ein extra Kapitel mit seinen Granatsplittern im Körper. Also da sind dann individuelle Unterschiede, die sollte ich dann besser hervorheben.
Dein Bedenken der "romantischen Erinnerung" allerdings, das ist ein Thema, das wir uns alle noch mal anschauen sollten, bevor wir uns etwas zurückwünschen, insofern, danke für die Auseiandersetzung mit diesem Text.
Und natürlich bin ich schon öfter erschrocken, als dieses wirklich unglaublich praktische Mobil plötzlich Lärm machte, bin also sozusagen mein eigener Grossvater, in vielerlei Hinsicht, wie jeder andere auch, all die, Prägungen nennt die Psychologie das, mit sich rumschleppt, als wäre die Evolution ein Familienfest.

Antwort geändert am 30.05.2021 um 12:57 Uhr
LARK_SABOTA (37) meinte dazu am 30.05.21:
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 DanceWith1Life meinte dazu am 30.05.21:
darf ich nachfragen, wie "in eine US-Serienwelt" verabschiedet, zu verstehen ist.
LARK_SABOTA (37) meinte dazu am 30.05.21:
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 DanceWith1Life meinte dazu am 31.05.21:
ich habe mir jetzt quasi instinktiv mit der Antwort Zeit gelassen und stelle fest das war auch gut so.
Erstmal, danke für diesen engagierten Kommentar.
Das was wir zum Verhalten der Grossmutter da haben, berührt meiner Meinung nach, einen wesentlichen Aspekt. Nicht jeder liest das Leben auf meine oder deine Art.
Und über Rilke oder Gurdjieff oder Kalhil Gibran, habe ich mit meiner nie geredet, nicht mal versucht, weil ich zu jung war. Obwohl sie immer wieder ein Lied nach einem Gedicht von Heinrich Heine sang.
Das war mir ein wenig zu sentimental.
Inzwischen weiss ich, da könnte ich mich geirrt haben.
Im Nachhinein, meine ist vor geraumer Zeit gestorben, muss ich zugeben, dass sie mehr kommuniziert hat, als mir aufgefallen ist.
Ich kann mich unglaublich an die Nacht ihres Todes erinnern, also das war keine "US-Serie"
Obwohl sie, wie die deine, den ganzen Vormittag mit solchen verbrachte.
Ich habe erst am Vormittag von ihrem Tod erfahren, aber was in dieser Nacht alles los war, das war kein Comic.
Das waren über 80 Jahre leben, verabschiedet sich.

Antwort geändert am 31.05.2021 um 14:49 Uhr

 LotharAtzert (30.05.21)
Weiter so.
Mach et jut.

 DanceWith1Life meinte dazu am 30.05.21:

 AchterZwerg (30.05.21)
Ja,
mach es gut. Vor allem aber: Mach hinne!

 DanceWith1Life meinte dazu am 30.05.21:
Lach, ich wusste ich hab eins vergessen, voller Spannung erwarten wir noch den Beitrag aus Franken, die seit Jahr und Tag behaupten,
Facebook, das heisst eigentlich Frankebook.
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