Später Nachmittag mit Sperrmüll

Text zum Thema Abenteuer

von  minimum

der aufgelöste Haushalt
auf der Rasenfläche gegenüber
erzeugt ein beiläufiges Kommen und Gehen
stöbernder Gestalten
an den Rändern seines burgartigen Aufbaus

bei fast jedem Hinsehen
scheint wieder ein Stück verschwunden zu sein
(mit Sicherheit lässt sich das anfangs
nur von größeren Gegenständen sagen:
Blickfänger aus Holz
oder Metall)

kurz bevor es Zeit wird
den Rollladen runterzulassen
prägt sich ein Bild ein:
eine junge dunkelhaarige Frau
im schwarzen Mantel
zerrt mit verbissener Energie
an einer gelblich-weißen Matratze herum

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (31.05.21)
In letzter Zeit wird ja wieder mehr auf die Straße gestellt ("zu verschenken") und auch mehr mitgenommen.
Mag sein, dass Letzteres aus Langeweile geschieht oder tatsächlich wegen einer zunehmenden Verarmung (die dunkelhaarige Frau). Oder aus einer Vorliebe für den Used Look.
Mich erstaunt solch Geschehen selbst immer wieder.
Neuerdings, überglücklich (!), im hiesigen Nobelviertel "residierend", hat mein eher unpassender, rausgestellter Sperrmüll kaum eine Stunde vor der Tür verharrt.
Lediglich an meinen Frühwerken, den Auswüchsen Bildender Kunst, war das Interesse mäßig.
Immerhin, eins ging weg. :)

Zurück zum Gedicht, das mir in seinen Andeutungen (Migrationshintergrund der jungen Frau) und seiner stillen Melancholie sehr gut gefällt.
Die gewählte Form passt. Mit den heruntergelassenen Rolladen hast du der Vergänglichkeit Raum gegeben.

 minimum meinte dazu am 31.05.21:
Danke für die freundliche Würdigung.

Bildende Kunst findet man in meinem Wohnviertel (moderate Gentrifizierungszone) eher selten im einschlägigen Angebot - aber Bücher sind interessanterweise recht häufig vertreten und werden auch gerne genommen. (Vielleicht nur als Beifang zu wackligen Tischen & Stühlen - die Motive sieht man den Abnehmern ja nicht an. Aber der kulturfromme Beobachter erbaut sich natürlich an der Vorstellung, dass es von der Straße direkt ins stille Kämmerlein geht, wo im Schein einer Leselampe die frische Beute sofort verschlungen wird :D)

Antwort geändert am 31.05.2021 um 12:35 Uhr

 FrankReich (02.06.21)
Bilder, die zum Weiterträumen anregen, wie z. B., dass ein evtl. Verstorbener seine Ersparnisse in die Matratze eingenäht haben könnte. 😇

Ciao, Frank

 minimum antwortete darauf am 02.06.21:
Dann würde natürlich die junge Frau feiern, und alle Kommoden-Grabscher und Wandspiegel-Entführer würden sich in den Allerwertesten beißen Danke - auch für das Insistieren auf poetischer Gerechtigkeit.

 Dieter_Rotmund (03.09.21)
Interessantes Thema, gute Beobachtungen,
finde die Versform aber unpassend. Es wäre mit wenig Arbeit ein gutes Prosa-Kurzstück.

 minimum schrieb daraufhin am 04.09.21:
Die Versform ist ein Mittel der Verfremdung - eine Text-Barriere gegen den (möglicherweise im Leser aufkeimenden) Verdacht einer dokumentarischen Intention.

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 04.09.21:
Was ist denn an einer dokumentarischen Intention so schlimm?

Verfremdung schön und gut, diese Art ist aber ein ganz ein alter Hut - und passt auch nicht richtig.
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