I had no feelings, no emotions, I just killed

Essay zum Thema Menschlichkeit

von  Graeculus

Ein Versuch über das Böse

Am 16. März 1968 hat eine Kompanie US-Marines während des Vietnam-Krieges das Dorf My Lai im Morgengrauen überfallen und 504 Zivilisten massakriert: Frauen, Kinder und alte Männer. Die alten Männer und die Kleinkinder wurden erschossen, Mädchen und Frauen vergewaltigt, verstümmelt und anschließend getötet. Feindliche Kombattanten, Vietcong, gab es in dem Dorf nicht. Es war ein Exzeß der Gewalt.

Über die Definition des Bösen kann man streiten, aber wenn sie überhaupt einen Sinn hat, dann gehört dazu die Gewalt gegenüber Wehrlosen, die um ihrer selbst willen – ohne auch nur den Anschein einer Rechtfertigung oder einer Zwecks – ausgeübt wird.
Darum handelt es sich bei dem Massaker von My Lai.

Kann man dieses Böse erklären? Kann man es irgendwie verstehen?
Die Kompanie bestand aus ganz normalen, jungen US-amerikanischen Männern um die 20 Jahre. Sie hatten die Ausbildung der US-Marines durchlaufen, zu der ein Tötungsproramm für den Kampf mit Feinden gehörte. Da wurden Automatismen konditioniert, um schnell und effizient zu kämpfen.

An ihrem Stationierungsort war die Kompanie Opfer von Vietcong-Angriffen aus dem Hinterhalt geworden, woraus sich eine Aggressivität gegenüber einem gesichtslosen Feind entwickelt hatte.

Für den 16. März hatte der Nachrichtendienst eine Ansammlung von Vietcong in dem kleinen Bauerndorf My Lai gemeldet. Die Marines erhielten den Befehl, alle Vietcong dort zu töten, und wurden dann mit Hubschraubern an den Ort gebracht.
Doch es gab keine Vietcong-Versammlung in My Lai. Die US-Soldaten trafen überhaupt keine Männer im kampffähigen Alter an, schon gar nicht bewaffnete. Lediglich die erwähnten alten Männer, Frauen und Kinder traf man an – beim Frühstück.
Dann kam es zu dem Gewalt-Exzeß.
Das einzige ‚Opfer‘ auf US-Seite war ein Marine, der sich versehentlich selbst in den Fuß geschossen hat.

In dem Dokumentarfilm „My Lai – Ein amerikanisches Trauma“ von Michael Bilton und Kevin Sim aus dem Jahre 1990 werden die Beteiligten im Abstand von zwanzig Jahren zu ihren Eindrücken, Erinnerungen und Erklärungen interviewt. Die wenigen überlebenden Dorfbewohner drücken ihren Haß aus, was man verstehen kann. Das Rätsel sind die Täter.

Sie berufen sich – wenig überraschend – auf den Befehl. Aber es gab keinen Befehl, Zivilisten zu massakrieren und Mädchen auf sadistische Weise zu vergewaltigen.
Sie berufen sich auf das Trainingsprogramm, das reflexhafte Töten von Feinden. Aber es gab keine Feinde, und natürlich beinhaltete das Trainingsprogramm auch keine Vergewaltigungen.
Das sind durchsichtige Schutzbehauptungen, keine Erklärungen.

Man könnte an einen Blutrausch denken oder an das plötzliche Ausbrechen eines elementaren Gefühls, das uns dicht heranbringt an das eigentliche Böse im Menschen.
Eines Gefühls? Einer der Interviewten, der sehr offenherzig spricht, sagt über den entscheidenden Moment: „I had no feelings, no emotions, nothing, I just killed.“ Er versteht es selber nicht, was da mit ihm passiert ist, auch wenn es sein ganzes Leben verändert hat.

Angesichts einer kompletten Kompanie verbieten sich wohl populärpsychologische Erklärungen wie: eine schwere Kindheit, Mißhandlungen in der Jugend, Scheitern in der Schule o.ä.

Was immer dieses X sein mag, das da freigesetzt worden ist und das wir als die Wurzel des Bösen ansehen können (ohne es darum schon gleich zu verstehen), – man muß beim Zugang zu ihm zweierlei berücksichtigen:

1. Nicht alle Soldaten der Kompanie haben sich an dem Gemetzel beteiligt; einige wenige, vielleicht nur zwei, haben die Teilnahme verweigert, selbst gegen den Druck von Kameraden.
2. In heutigen Armeen gibt es auch Soldatinnen, aber damals war das nicht so, und deshalb befanden sich keine Frauen unter den Tätern. Spätere Erfahrungen im Irak lassen einen freilich zweifeln, daß ein solches Verhalten gegenüber Wehrlosen unter Frauen nicht vorkommt.

Worum auch immer es sich handelt bei diesem bösen Faktor X in uns, es bleibt mir ein Rätsel. Anscheinend ist es nicht in jedem von uns angelegt, aber in sehr, sehr vielen ganz normalen Menschen. Und es geht weit über das hinaus, was das Milgram-Experiment für den Fall eines Befehls durch Autoritäten herausgefunden hat.

Die psychischen Folgen für die Täter fallen übrigens sehr unterschiedlich aus und reichen von schweren seelischen Störungen mit Suizidneigung über Verdrängen bis hin zu einer Gelassenheit, die Männer in inzwischen mittlerem Alter achselzuckend sagen läßt: „Das ist eben Krieg.“

Es scheint nicht nur eine rätselhafte böse Anlage in uns zu geben, sondern auch keinerlei innere Gerechtigkeit, was die Folgen angeht. Die weltliche Gerechtigkeit hat es ohnehin nicht weiter gebracht als bis zu ein paar Tagen Hausarrest für den befehlshabenden Leutnant vor Ort, bevor er vom US-Präsidenten Nixon begnadigt wurde.

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Kommentare zu diesem Text


 TassoTuwas (01.08.21)
Ich gehe von der Gegebenheit aus, dass der weitaus größte Teil der Menschen von sich aus nicht den Hang zur Gewalt gegen andere verspürt!
Desweitern ist da aber eine sehr kleine Gruppe von Personen die von rüchsichtslosem Ehrgeiz getrieben werden!
Um ihre Ziele zu erreichen ist ihnen jedes Mittel recht und die wirksamste Methode ist die Verbreitung von Lügen.
Nur in einer Welt ohne Manipulation ist ein friedliches Miteinander der Menschen denkbar!
Wahrscheinlich also nie.
TT

 Quoth meinte dazu am 01.08.21:
Aber nachrichtendienstliche Falschinformationen sind keine Lügen. Sie haben hier zum Einsatz der Soldaten geführt, auch zum Irakkrieg. Lügen haben den Zweiten Weltkrieg auszulösen geholfen, aber all das Schlimme, was in seinem Verlauf geschehen ist - war Krieg - es wurde geschossen, damit man nicht erschossen wurde - oder Ideologie vom Volk ohn Raum oder der rassischen Überlegenheit. Sind Ideologien auch Lügen?
Ich habe als Wehrpflichtiger die Macht des Anpassungsdrucks erfahren (Heiliger Geist). Auf den führe ich Vieles zurück, was nicht hätte passieren sollen.

 Graeculus antwortete darauf am 01.08.21:
Ich gehe von der Gegebenheit aus, dass der weitaus größte Teil der Menschen von sich aus nicht den Hang zur Gewalt gegen andere verspürt!
Hier liegt m.E. das Entscheidende in dem "von sich aus". Man kann das interpretieren als: "unter normalen Umständen". Es müssen bestimmte Umstände gegeben sein, zu denen ich im vorliegenden Fall den durch die Vietcong-Hinterhalte ausgelösten Stress, vor allem aber die Möglichkeit, straffrei 'die Sau rauszulassen', zähle. Beides ist im Krieg ziemlich regelmäßig gegeben.

Darauf deuten ja auch die Ergebnisse des Milgram- und des Stanford-Prison-Experiments hin, die beide mit völlig normalen jungen Menschen operiert haben, die man in eine spezifische Situation gebracht hat, in der sie Gewalt ausleben konnten.

Unter solchen speziellen Umständen traue ich fast jedem alles zu.
Man kann die Herbeiführung solcher Umstände Manipulation nennen; aber sie muß nicht durch machthungrige Politiker (--> Krieg), sie kann auch durch Wissenschaftler erfolgen.

Will man dergleichen verhindern, muß man die Herbeiführung der Umstände verhindern.

Übrigens beantwortet all das nicht die Frage, die mich umtreibt: Was genau ist dieses X, das unter den genannten Umständen freigesetzt wird? Was bricht dann aus den Menschen heraus?
Und: Was unterscheidet die kleine Minderheit (im Falle My Lai: 2 von 100), die auch dann nicht exzessiv wird, von den anderen, den 'Normalen'?

 Terminator schrieb daraufhin am 01.08.21:
An dieser Stelle ist das Buch "Räume der Gewalt" von Baberowski zu empfehlen. Kommen die "richtigen" Umstände zusammen, wird fast jeder zum Mörder.

 Graeculus äußerte darauf am 01.08.21:
Stimmt, dieses (gute, lesenswerte) Buch befaßt sich damit. Der These stimme ich zu. Aber meiner Erinnerung nach beantwortet auch Baberowski nicht die Frage, die mich bewegt: Was dieses "radikal Böse" (Kant) in uns eigentlich ausmacht. Als Historiker kann Baberowski das wohl auch nicht beantworten. Selbst Kant nennt es in seiner Religionsschrift, wenn ich mich recht erinnere, "unerklärlich".

Hier in der Gegend gibt es Wölfe, und wenn die in einen Schafspferch hineinkommen, dann töten die alles, was sich bewegt und solange es sich bewegt. Das ist wohl, so hat es uns ein Biologe erklärt, ein durch die Bewegungen immer wieder ausgelöster Jagdreflex.
Ich habe nicht den Eindruck, daß man damit das geschilderte Phänomen unter Menschen erklären kann - schon deshalb nicht, weil es hier nicht um die Jagd auf eine natürliche Beute geht, sondern um Angehörige der eigenen Spezies.

 Terminator ergänzte dazu am 01.08.21:
Die Buchempfehlung bezog sich auf diesen Wunschdenk-Einführungssatz des ersten Kommentars und die darauffolgende Diskussion:
Ich gehe von der Gegebenheit aus, dass der weitaus größte Teil der Menschen von sich aus nicht den Hang zur Gewalt gegen andere verspürt!

Das "radikal Böse" ist das unerklärliche Böse bei Hannah Arendt, das "radikale Böse" bei Kant ist im Grunde die Selbstsucht, die mutwillig (nicht aus Schwäche oder Unlauterkeit) eine andere Handlungsmaxime über den KI setzt. So auch bei Hegel: böse ist, wenn das Einzelne sich als das Besondere über das Allgemeine stellt (abstrakt ausgedrückt) bzw. wenn der Wille des Individuums sich nicht nach Moralität und Sittlichkeit richtet, sondern bewusst nach selbstsüchtigen Motiven.

Das "radikal Böse", der Zerstörungstrieb, ist aber eher ein psychologischer als ein philosophischer Begriff, wie etwa das "sogenannte Böse" bei Konrad Lorenz.

Eine Handlung kann philosophisch gut (=moralisch richtig), aber psychologisch böse sein, wie z. B. die Brutalitäten fiktiver Figuren wie "Punisher" "Jigsaw Killer" oder (manchmal) Hannibal Lecter. Die Todesstrafe wird heute gedankenlos für böse erklärt, wobei nicht gesagt wird, dass der psychologische, empathiebesetzte Begriff von Gut und Böse die Bewertungsgrundlage ist, und eben nicht der rechts-/gerechtigkeitsbasierte (moral-)philosophische Begriff.

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Das wirft m.E. verschiedene Fragen auf. Ich gehe dabei einmal von demjenigen aus, der in den Interviews auf ausführlichsten zu Wort kommt, dabei dieses denkwürdige Zitat "I had no feelings ..." liefert und Varnado Simpson heißt, der "zwischen 20 und 25 Menschen" massakriert, skalpiert usw. hat (die genaue Zahl weiß er selber nicht).

- Hat er dabei nach einer Maxime gehandelt, hatte er in dieser Situation einen freien Willen, oder ist das alles irgendwie automatisch bei ihm abgelaufen? Hat er selbst- oder fremdbestimmt gehandelt?
- War das Motiv (der Bestimmungsgrund seines Willens) eine selbstsüchtige Neigung? Welchen Vorteil bzw. Nutzen brachte ihm das?
- Gibt es überhaupt irgendeine Erklärung für dieses Verhalten, das man - psychologisch - Zerstörungstrieb nennen könnte?

Ich gestehe, vor einem Rätsel zu stehen.

 Regina (01.08.21)
In einer Kriegssituation kann eine Euphorie entstehen, die auch bei Leuten, die im zivilen Leben nicht auffallen, zu Gewaltexzessen führt. Während manche Amerikaner später Verzweiflung und Reue über ihre Taten empfinden, haben so gut wie alle deutschen Soldaten des 2. Weltkriegs ihre Verbrechen verdrängt bzw. berufen sich auf Befehle.

 Graeculus meinte dazu am 01.08.21:
"Euphorie" klingt für mich nicht nach einer Erklärung. Es ist, als ob etwas, das tief in uns steckt und unter normalen Umständen ruht, unter bestimmten Umständen ausbricht - etwa wie bei einem Vulkan.
Dort ist es das Magma. Was ist es bei uns?

Kriege sind diesem Ausbruch förderlich, weil man dann legal & ungestraft Gewalt anwenden darf. Aber Experimente (wie das Milgram- und das Stanford-Prison-Experiment) tun es auch.

 LotharAtzert meinte dazu am 01.08.21:
Das ist der Pluto, der gleichgeschaltete "Vorstellungs-Zwang".
Wann begreifst du das endlich?

 Graeculus meinte dazu am 01.08.21:
Dreierlei wußte ich a priori:
1. Du würdest eine Antwort haben.
2. Sie würde mit Sternen resp. Planeten zu tun haben.
3. Ich würde keine Ahnung haben, was sie bedeuten soll.

 Graeculus meinte dazu am 01.08.21:
Die nächstliegenden Fragen wären ja, wie der Zwergplanet Pluto das denn macht, das Böse in uns zu wecken, warum er es nur unter bestimmten Umständen tut (z.B. im Krieg) und warum nur bei den meisten, bei einigen wenigen jedoch nicht.

Bei einer Frage ist es immer blöd, wenn man eine Antwort bekommt, die ein Vielfaches an neuen Fragen aufwirft.

 LotharAtzert meinte dazu am 01.08.21:
Den "Zwergplaneten" kann man zunächst vernachlässigen, um zur mythischen Gestalt zurückzukehren: Pluto . Er heißt der Unsichtbare. Ein anderer Titel ist Reichtumsgott, da er über das Verdrängte in der Erde (Bodenschätze, wie Erdoel etc.) herrscht. Er selbst macht nix, sondern es fällt ihm zu. Ein weiterer Begriff aus seinem Umfeld: Ungelebtes Leben.

Wer nicht verdrängt (-ist nur theoretisch, da niemand mehr leben kann, ohne bestimmte Dinge zu verdrängen.) hat nichts zu befürchten, aber je mehr verdrängt wird, umso mehr braut sich zusammen, wie beim Eiterherd - bis es sich im Kollektiv entläd, und da will man als Individualist nicht unbedingt in der Nähe sein.

 Regina meinte dazu am 01.08.21:
Planeten sind nicht nur Materiekugeln, die zufällig herumkreisen, sondern sie wirken magnetisch aufeinander ein. Jeder Planet trägt einen gewissen Charakter, das beschrieben schon die alten Griechen, wenn nicht gar die Sumerer. Bei einer bestimmten Konstellation zeigen sich entsprechende Ereignisse auf der Erde. Aber auch der Mars gilt als einer, der mit seiner roten Energie Aggression befördert. Wenige Menschen scheinen die Fähigkeit zu besitzen, sich von den unterbewusst ablaufenden Einflüssen vermittels ihrer sittlichen Wertehaltung frei zu halten. Im hohen Norden schossen Russen und Finnen im 2. Weltkrieg nicht aufeinander, obwohl sie Krieg führen sollten. In anderen Zusammenhängen stehen Soldaten, die Befehle verweigern, in der Gefahr, selber Objekt von Aggressionshandlungen zu werden.

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
An Regina:

Der Magnetismus von Planeten (wohl nicht gleich ihrem Magnetfeld) und die 'rote Energie' des Mars bleiben mir unverständlich.

Daß 'die' Griechen (also einige) und 'die' Sumerer einen Einfluß der Planeten auf das menschliche Verhalten angenommen haben, trifft sicher zu - aber die haben auch ganz andere tolle Sachen angenommen über die Welt, über die ich nur den Kopf schütteln kann. Kürzlich habe ich gelesen, daß Hephaistos Athene vergewaltigen wollte, seinen Samen auf ihre Schenkel abgespritzt hat, sie ihn abgewischt und auf die Erde geworfen hat, woraufhin die Erde einen gewissen Erichthonios geboren hat. (Vgl. Apollodoros: Bibliotheké)

Wenn das alles mehr als ein Märchen sein soll, dann müßte man doch wissen, auf welche Weise 'die' Griechen zu solchen Erkenntnissen gekommen sind. Wie haben sie festgestellt, daß die Planeten das menschliche Verhalten beeinflussen? Daß sie es nicht bei allen Menschen gleichermaßen tun, hast Du bemerkt ... und damit erklärt, daß bei einigen die sittliche Wertehaltung stärker ist. Ich habe allerdings bei den beiden Beteiligten in My Lai, die sich an dem Massaker nicht beteiligt haben, den Eindruck, daß sie dazu nichtmal einen Impuls unterdrücken mußten. Es kam für sie überhaupt nicht in Betracht.

Deshalb meine ich, daß die astrologische Hypothese mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet.

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
An LotharAtzert:

Was heißt das, daß der Pluto (nicht nur ein Symbol des Reichtums ist, sondern) die Bodenschätze 'beherrscht'? In welchem Sinne?

Interessanter erscheint mir die Frage, ob die Akteure dieses Massakers etwas verdrängt haben. Und da es sich bei ihnen um 'ganz normale' Menschen handelt: Verdrängen auch wir etwas in uns?

Ja!, wirst du sagen. Wird wohl so sein, da die meisten Menschen diesen Faktor X, den ich 'das Böse' nenne, in sich nicht wahrhaben wollen.
Aber worum genau handelt es sich dabei? Woher kommt es? Ein bloßer Name wäre mir als Antwort zu wenig. Gerne hätte ich eine Erklärung.

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Noch zu Regina:

Ich schätze die Griechen wirklich sehr, aber ich sinke nicht einfach bewundernd in die Knie, wenn sie irgendetwas behaupten.

 Dieter Wal (01.08.21)
Laut Zimbardos "DER LUZIFEREFFEKT" töten 8 von 10 Menschen auf Befehl, ohne Hemmungen, 2 jedoch widersetzen sich und handeln verantwortungsvoll, obwohl sie entgegengesetzt handeln sollen. 20% denkende ethische Menschen entsprechen auch prinzipiell dem Prozentsatz sogenannt hochintelligenter Menschen. Das lässt mich hoffen.

 Graeculus meinte dazu am 01.08.21:
Mal abgesehen davon, daß es in My Lai lediglich den Befehl gab, alle Vietcong zu töten, aber nicht den Befehl, Frauen und Kinder zu massakrieren, klingt die Zahl 8 von 10 - so deprimierend sie ist - noch relativ tröstlich, denn in My Lai waren es nur 2 von 100.

Vielleicht kommt man auf günstigere Zahlen, wenn man die Menschen insgesamt nimmt, also Frauen und alte Leute eingeschlossen, und nicht nur 20jährige Männer.

Oh, wo Gewalt ist, sind junge Männer!

Ob Intelligenz bzw. Bildung einen wichtigen Hemmfaktor bilden, weiß ich nicht. Beim Milgram- wie auch beim Standford-Prison-Experiment waren es immerhin Studenten.
Stelzie (55)
(01.08.21)
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 Graeculus meinte dazu am 01.08.21:
Ja.
Wir sind zu allem fähig, und bestimmte Umstände begünstigen es, daß wir auch alles tun. Zu diesen Umständen gehört vor allem der Krieg, in dem die sozial errichtete Hemmschwelle gegenüber Angehörigen der eigenen Spezies systematisch abgebaut wird.

Die Eruption, die dann ausgelöst wird und mit den Erfordernissen des Krieges in keinem funktionalen Zusammenhang mehr steht, diese 'Überreaktion' erinnert mich an einen Vulkan, in dem sich das Magma staut und plötzlich zerstörerisch seinen Weg bahnt.

Das mit dem Nichtstun und Abwarten ist interessant. Wenn ich Dich recht verstehe, dann ist damit nicht einfach Langeweile gemeint, sondern ein Nichtstun unter bestimmten Umständen: daß man nämlich jederzeit mit einem Ausbruch der Gewalt rechnen muß, ohne daß man den Zeitpunkt dafür kontrollieren könnte. Da mag man 'froh' sein, wenn es 'endlich losgeht' und man aktiv werden kann.

Ich stand mal vor dem Krater des Vesuv und hatte ein ganz merkwürdiges Gefühl, als ich die aufsteigenden Gasblasen dort sah.

Herzlichen Gruß und Dank für Deinen Kommentar
Wolfgang

 Graeculus meinte dazu am 01.08.21:
Ich weiß allerdings nicht, worum es sich bei diesem 'Magma' in uns handelt. Was lauert da in uns auf eine günstige Gelegenheit?

 Graeculus meinte dazu am 01.08.21:
Auch die Kompanie "Charlie" (so hieß sie) hatte übrigens vor ihrem Einsatz in My Lai eine ziemliche Weile beschäftigungslos an ihrem Stationierungsort gelegen, unterbrochen lediglich von 'gesichtslosen Attacken' des Vietcong, gegen die man nichts tun konnte.
Der von Dir geannte Faktor bestätigt sich also auch dort.

 Bergmann meinte dazu am 01.08.21:
Ich erinnere mich daran, dass vor etwa 50 Jahren unter Historikern und anderen Wissenschaftlern die Auffassung (auch in den USA) herrschte, in der amerikanischen Bevölkerung sei das rassistische Denken gegenüber Asiaten stark präsent gewesen, viele hätten asiatische Menschen eben nicht für 'richtige Menschen' gehalten, sondern beinahe für Tiere, und hinzu kam bei den Soldaten Überdruss, Langeweile und verallgemeinernder Hass auf auf alle farbigen Menschen in Vietnam, zumal Kameraden von den Vietcong getötet wurden. Ob diese rassistischen Phänomene eine gewisse Entsprechung in den USA hatten (Hass gegen Schwarze) oder sich sogar kompensatorisch in einer vermeintlich moralfreien Zone in Vietnam entluden, wurde damals mit Recht diskutiert.

 FrankReich meinte dazu am 01.08.21:
Krieg allgemein senkt die Hemmschwelle, Warten in diesem besonderen Fall, also der gelegentlichen Unterbrechung durch 'heimtückische' Attacken, schürt die Wut, hinzu kommt, dass die soldatische Gemeinschaft etwas nicht so wie erwartet, bzw. angekündigt vorgefunden hat, ohne irgendetwas entschuldigen zu wollen, klingt das mehr nach Affekt als einer bewusst bösartigen Handlung und dürfte m. M. n. auf fehlende Selbstkontrolle, mangelnden Respekt, Erfahrung und einer altersbedingten Infantilität zurückzuführen sein, begünstigt außerdem durch die offenbare Wehrlosigkeit des 'Feindes', die eine direkte Gefährdung des persönlichen Wohls ausschloss, auch mit Intelligenz, bzw. Bildung hat das wahrscheinlich nur peripher zu tun, eher mit Bewusstsein.

Ciao, Frank

 Graeculus meinte dazu am 01.08.21:
Es gab diesen Rassismus gegenüber "Schlitzaugen" in den USA, schon zur Zeit des 2. Weltkrieges.
Nun gehörten in My Lai aber auch etliche Schwarze zu den Tätern, u.a. derjenige, den ich hier mit "I had no feelings usw." zitiert habe. Der hat - er weiß es zwanzig Jahre später nichtmal mehr genau - "between twenty and twenty-five people" massakriert, sie skalpiert, ihnen die Hände abgehackt usw. Frauen und Kinder, wohlgemerkt.

Auf der anderen Seite waren von den beiden Soldaten, die sich in einer bewußten Entscheidung geweigert haben, an diesem Gemetzel teilzunehmen, einer weiß, der andere schwarz.

Es bleibt also kompliziert. Wir müßten einen Rassismus als (einen!) Faktor annehmen, der auch von Schwarzen praktiziert wurde, aber eben nicht von allen und auch nicht von allen Weißen.

Mich beschäftigt die Frage, was diejenigen, die zu sowas in der Lage sind, unterscheidet von denen, die es nicht sind.

Oben wurde die Intelligenz bzw. Bildung als unterscheidendes Merkmal genannt - doch der eine Schwarze, der nicht mitgemacht und das noch im Abstand von zwanzig Jahren lebhaft verteidigt hat, wirkte von seiner Sprache her sehr schlicht, gleichwohl moralisch völlig gefestigt.
Überhaupt habe ich nicht die Neigung, Moralität mit Intelligenz in Verbindung zu bringen - wobei ich auch an viele höhere SS-Offiziere denke, der gänzlich skrupellose Liebhaber klassischer Musik Reinhard Heydrich allen voran.

 Graeculus meinte dazu am 01.08.21:
Das war jetzt an Bergmann gerichtet; auf Ralf_Renkking komme ich noch zurück - muß ich drüber nachdenken.

 Bergmann meinte dazu am 01.08.21:
Ja, es bleibt sehr kompliziert. Es spielt wohl viel zusammen. Nicht alles durchschauen wir, auch nicht die Wissenschaftler.
Also: Wir müssen alles tun, um die Voraussetzungen für Krieg (und Massaker) so gering wie möglich zu halten.
(Vietnam war möglicherweise einer der letzten kolonialistischen Konflikte, leider aber nicht das Ende machtpolitischer Zuspitzungen.)

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Ich muß gestehen, daß ich diese 'zwecklose Bosheit' (wenn Du den Ausdruck gestattest) überhaupt nicht verstehe, d.h. keine Ahnung habe, was es genau ist und warum es das gibt.
Und etwas Besseres als möglichst die Umstände zu verhindern, unter denen es zum Ausbruch kommt, ist auch mir noch nicht eingefallen. Die Umstände kann ich immerhin benennen: Es ist die unkontrollierte und unbeschränkte Macht über andere Menschen. Viele, sehr viele werden dann 'schwach', sobald sie diese Macht besitzen.

 FrankReich meinte dazu am 03.08.21:
Wie bereits angedeutet, halte ich es nicht für einen bewusst bösartigen Akt, sondern eher für eine Art von Ventil; wer seine Lehrlinge nicht diszipliniert, bzw. erzieht und damit ist keineswegs dieser stumpfe, willfährig machende Drill gemeint, darf sich nicht wundern, wenn das in einer Katastrophe mündet, letztlich kann eine bestimmte Bewusstseinsebene nur bei den wenigsten voraus gesetzt werden.

Ciao, Frank

 Graeculus meinte dazu am 03.08.21:
Interessant, ein Ventil. Ja, das vermute auch ich. Meine bange Frage: ein Ventil für was?

(Mein Bild: das Magma eines Vulkans - aber das ist nur ein Bild.)

Und steckt das auch in uns? Kann das auch aus uns unter bestimmten Bedingungen herausbrechen?

Ein erfahrener Kriminalbeamter sagte einmal: "Ich traue jedem alles zu."
Meiner vagen Erinnerung nach hat sich sogar Goethe einmal ähnlich geäußert.

Kann das ohne Folgen für unser Menschenbild bleiben?

 FrankReich meinte dazu am 04.08.21:
In diesem besonderen Fall das Ventil für den Krieg, das Warten in der Heimtücke und der Enttäuschung, keine Gegner vorgefunden zu haben, also quasi das Magma in Deinem Bild, das auf die eine oder andere Art in jedem von uns steckt, allerdings nur ausbricht, wenn wir unserer Erziehung nicht die entsprechende Selbsterziehung folgen lassen, solange aber das notwendige Bewusstsein dazu noch nicht vorhanden oder ausgebildet worden ist, ist wirklich jedem alles zuzutrauen, dennoch bin ich da recht optimistisch, dass sich das noch bessern wird, denn wir Menschen sind zwar ziemlich begriffsstutzig, jedoch nicht abgrundtief schlecht. 😂😂

Ciao, Frank

 Graeculus meinte dazu am 04.08.21:
Nein, ich vermute, daß Krieg usw. das Ventil öffnen, das die Gesellschaft unter normalen Umständen geschlossen hält.
Das, was dem Ventil dann entweicht, muß etwas anderes sein.
Darin bin ich mir ziemlich sicher.
Was es ist, darin bin ich mir nicht sicher. Es wurde mal diskutiert unter der Frage, ob es eine natürliche Aggressivität gebe.

Andere mögen darin rechter haben als ich. Es geht um die alte Kontroverse, ob die Menschen von Natur aus böse (Hobbes) oder von Natur aus gut (Rousseau) sind. Die Letzteren haben mir nie zufriedenstellend erklären können, woher dann das Böse (Krieg, Unterdrückung, Gewalt) kommt.

 Vaga (01.08.21)
Einen Asprekt möchte ich hier anführen, der mir in dieser, durch den Text angeregten, Diskussion auch wichtig erscheint, und zwar die '(Vor)Ausbildung', die für den Wehrdienst, den Verteidigungsdienst - den Dienst mit der Waffe - Weg bereitend ist.

Zum Umgang mit Waffen ausgebildet zu werden, setzt die Bereitschaft voraus, im Kriegsfalle oder in kriegsähnlichen Situationen, auch davon Gebrauch machen zu müssen. Streng genommen wird - in dieser Zeit der Ausbildung - erwachsenen Menschen 'die Legitimation zum Töten der eigenen - jedoch 'ideologisch-konträr agierenden' - Spezies' anerzogen bzw. antrainiert - paradoxerweise mit der Vorstellung bzw. mit dem Ziel, das eigene Leben verteidigen, schützen, ja sogar erhalten zu können. Ein eigenes Leben, das nach solch' einschneidenden 'Erlebnissen' logischerweise niemals wieder so sein wird, wie es vorher war?!

Die Aussage
I had no feelings, no emotions, I just killed
schockt, u.a. weil sie 'menschlichen' Empfindungen total widerspricht.

Die Frage, ob das sogenannte 'Böse' (oder auch das sogenannte "Gute") im Menschen angelegt ist, oder ob es auf Aneignung einer Persönlichkeitsstörung z. B. während der primären oder sekundären Sozialisation beruht und/oder auf den sich im eigenen Umfeld und allgemein ständig verändernden umweltlichen und gesellschaftlichen Strukturen, steht m. E. mutmaßlich im direkten Zusammenhang damit, in welch' hohem oder andererseits defizitärem Maße es um das Empathieempfinden eines Menschen bestellt ist und ob angeboren oder auf welche Weise sich dieses entwickelt.

Sind Menschen mit einem defizitären Empathieempfinden eher dazu fähig, in einem dazu prädestinierten Rahmen - wie einem Kriegszustand - zu völlig gefühllosen, ausschließlich destruktiv handelnden 'Bestien' zu werden?
Waren sie beispielsweise bereits als Jugendliche tendenziös gefährdeter, sich einer Radikalisierung zu unterziehen, die die emotionslose Überlegenheit fördert und das Empathieempfinden unterdrückt?

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Dieses konditionierte Tötungsprogramm ist sicher Teil der soldatischen Ausbildung bei den Marines. Der Film "Full Metal Jacket" von Stanley Kubrick führt es in erschreckender Deutlichkeit vor Augen. Ich wage kaum zu fragen, ob es das auch in der Bundeswehr gibt. Aber sicher, wenn man schon Soldaten dazu ausbildet, Feinde zu töten, dann muß man es ihnen so beibringen, daß sie es rasch, reflexhaft und möglichst schneller als der Feind tun.

Allerdings beinhaltet dieses Programm nichts, was für den Kampf sinnlos ist: etwa Kinder zu erschießen und Frauen sadistisch zu vergewaltigen. Genau das haben die Marines aber in My Lai getan.

Man kann die Hypothese aufstellen, daß im Rahmen dieser Ausbildung insgesamt die Empathiefähigkeit ausgeschaltet wird.
Aber erklärt das schon, warum Varnado Simpson ("I had no feelings ...") und andere Wehrlose skalpiert und verstümmelt haben?

Mein Eindruck ist der, daß bei ihnen nicht eine Fähigkeit ausgeschaltet, sondern irgendetwas freigesetzt worden ist. Anderswo hier habe ich das Bild vom Magma gebraucht, das bis zu einem bestimmten Zeitpunkt im Vulkan liegt und dann ausbricht. So mag etwas in uns stecken, daß wir durch Erziehung und Kultur unter normalen Umständen unterdrücken können.

Nur eine Vermutung, und sie läßt noch Fragen offen: Warum passiert das bei einigen Menschen nicht? Und bis Abu Ghraib habe ich angenommen: bei Frauen eher nicht.
Hat das mit einer anderen kindlichen Prägung zu tun? Ich muß sagen, daß in den Interviews nichts Derartiges deutlich geworden ist. Speziell Varnado Simpson hatte keinerlei Erklärung für sein eigenes Verhalten, sondern sagte sogar: Bis ich es getan habe, hatte ich keinerlei Ahnung, daß ich sowas tun könnte.

In manchen Fällen gibt es sicherlich eine solche Prägung - und dann ist man froh, eine Erklärung zu haben. Das Beunruhigende ist die Gewaltbereitschaft 'normaler' Menschen, wie sie im Milgram- und im Stanford-Prison-Experiment zutage getreten ist.

 Theseusel (01.08.21)
Hallo Greaculus! Ich mußte bei der Lektüre immer wieder an das großartige Buch von Willy Peter Reese „Mir selber seltsam fremd.“ denken. Danke für das Essay und eine Bemerkung noch: Eine Begnadigung durch Nixon ist wie eine Segnung durch den Teufel!;)

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Das Buch kenne ich nicht; der Titel klingt im Hinblick auf meine Frage schon vielversprechend.

Die Segnung durch den Teufel mag zutreffen. Es bleibt bedrückend, daß nur ein einziger der Täter überhaupt vor Gericht gestellt und kein einzige verurteilt worden ist.
Ein Bundesrichter sagte damals, der Vorgang sei der weitestgehende Bruch allen Kriegsrechts, mit dem er es jemals zu tun gehabt habe.

 FrankReich (01.08.21)
😁

Kommentar geändert am 01.08.2021 um 21:14 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Da hast Du einen interessanten Kommentar - warum auch immer - gelöscht.

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Ach nein, es war nur ein Rechtschreibhinweis - der interessante Kommentar steht woanders.
Ja, ich habe mich innerlich nie der Rechtschreibrefom angeschlossen, und seit ich Privatier bin ...

 FrankReich meinte dazu am 03.08.21:
Ich habe mir angewöhnt, Rechtschreibhinweise verdeckt zu geben, denn, und da gebe ich Dir recht, es handelt sich nur um Rechtschreibung, das ging diesmal leider schief, zwar bin auch ich kein Verfechter der Rechtschreibreform, Potenzial bleibt für mich Potential, allerdings halte ich eine Änderung in diesem Fall für angemessen, da der Vokal vor dem "sz" immer lang ausgesprochen wird, ein gutes Beispiel dazu ist Masse/Maße. 😁

Ciao, Frank

 Graeculus meinte dazu am 03.08.21:
Die alte Regel lautete: in kurzen Silben und am Wortende. Damit kam ich klar.

Hat die Reform etwas gebracht?
"Masse" und "Maße" wurde ja immer schon verschieden geschrieben. Dafür müssen wir jetzt auf den Unterschied von "Fass" und "Fraß" achten.
Meine langjährige Erfahrung besagt, daß [!] die Reform keine Verminderung der Fehlerzahl hervorgebracht hat, weil die allermeisten Fehler - vor und nach der Reform - bei der Unterscheidung von "das" als Relativpronomen und "dass/daß" als Konjunktion gemacht werden.
Jetzt aber ist der ästhetische Bastard von drei "s" hintereinander legitimiert worden. Schlussstrich.

Inzwischen beackern wir aber bereits ein neues Feld: "Die Römerinnen und Römer haben die Christinnen und Christen den Löwinnen und Löwen zum Fraß vorgeworfen."
Ich warte noch auf die "Verbrecherinnen und Verbrecher" bzw. die "Verbrecher*innen".

 FrankReich meinte dazu am 04.08.21:
Insgesamt wohl nicht, "Masse/Maße" sollte lediglich ein Beispiel für kurz und langgesprochene Vokale sein und wer das intus hat, der wird "Fraß" auf keinen Fall mit doppeltem "s" schreiben.
Ich vermute eher, dass die Fehlerzahl sich noch erhöht hat, wenn dem so ist, liegt das jedoch nicht an der Reform, sondern an unserer Gesellschaft, gegen den "Schlussstrich" habe ich nichts einzuwenden, das "Pappplakat" gibt es schon ewig und drei Tage, es sieht aber keineswegs besser aus.

Ich hoffe natürlich, dass sich der derzeitige Trend in unserer Sprache bald irgendwie "entkompliziert", ihm zu folgen traue ich mir einerseits zwar ohne weiteres zu, bin aber andererseits der Meinung, dass die derzeitig angestrebten Vorstellungen in ihrer Umsetzung suboptimal sind und werde mir das deshalb auch nicht antun.

Ciao, Frank

 Graeculus meinte dazu am 04.08.21:
Die Pappplakat-Fälle sind durch Schlussstrich & Co. erheblich vermehrt worden. An Schifffahrt erinnere ich mich noch ... und vage an eine Regel, nach der drei gleiche Konsonanten auf zwei reduziert wurden. Aber da bin ich mir nicht sicher.

Daß unsere Sprache unkomplizierter wird (falls man das begrüßt), hängt auch mit dem Verlust von Casus, Tempora und Modi zusammen: Genetiv, Futur (Futur II!) und Konjunktiv.
Statt "führe" hört man nur noch "fahren würde".

Leitend dabei erscheinen mir die Sprache der Webung und die des Sports, neuerdings auch die von Kurznachrichten.

Machen Anglizismen und Gender-Sprache es wieder komplizierter?

Vielleicht hängt meine Haltung auch einfach damit zusammen, daß ich alt werde. Viderint iuvenes!

 EkkehartMittelberg (01.08.21)
Hallo Graeculus, das Fürchterliche am Bösen ist, dass es, wenn es eklatant und als Massenphänomen wie in My Lai auftritt, nicht erklärbar ist. Ich versuche ein wenig Licht auf die irrationale Mordlust in My Lai zu werfen, halte meine Ausführung aber keineswegs für eine erschöpfende Erklärung.
Der Dschungelkrieg in Vietnam muss bei den US-Soldaten eine grenzenlose Angst ausgelöst haben, weil der Vietkong wie eine Viper aus dem Dunkeln zustieß und sich blitzschnell zurückzog, sodass man den todbringenden Feind nicht stellen konnte. Diese Angst, die der nicht zu fassende Feind immer wieder erneuerte, wandelte sich in eine grenzenlose Wut, die die Mörder von My Lai gegen alle Vernunft, Ethik und Moral abreagierten.
Sie wussten natürlich, dass sie es mit unschuldigen Kindern und alten Menschen zu tun hatten, aber diese Unschuldigen gehörten zu der Ethnie, die ihnen jeden Tag aufs Neue Schrecken einflößte, ein Schrecken, der so groß war, dass er, nachdem das erste Blut geflossen war, einen Blutrausch in einem kollektiven Amoklauf auslöste. Dafür gibt es nicht die geringste Entschuldigung, nur den Ansatz einer Erklärung.
Wer will, dass sich My Lai nicht wiederholt, muss das Grauen die Krieges auslöschen, das heißt Krieg unmöglich machen. Wie mir scheint, ein utopischer Wunsch.

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Da sich das Phänomen zwar oft, aber nicht nur im Krieg zeigt, möchte ich es so formulieren: Wir müssen, wollen wir eine Wiederholung vermeiden, verhindern, daß Menschen unkontrollierte, unbegrenzte Macht über andere bekommen.

Zu dem Erklärungsansatz über die Ethnie möchte ich auf einen Umstand verweisen, der in dem Dokumentarfilm auch erwähnt wird: "Sie sahen alle gleich aus, unsere Feinde und unsere Freunde. Wir konnten sie nicht auseinanderhalten."
Will sagen: Es gab nicht nur den Vietcong und die nordvietnamesische Armee (Feinde), sondern auch die südvietnamesische Armee (Freunde). Und sie sahen alle gleich aus.

Armeen behelfen sich ja damit, daß sie Uniformen einführen, und laut der Genfer Konvention sind sie auch für alle Kriegsbeteiligten verpflichtend. Indem der Vietcong als Guerilla auf Uniformen verzichtete, hat er sicher zu dem Unheil beigetragen - und ich halte das auch für kein geringes Kriegsverbrechen. Denn dies macht die Unterscheidung von Kombattanten und Zivilisten unmöglich.

Allerdings bei Kindern, Mädchen versagt dieser Ansatz dann doch - es sei denn man wollte annehmen: Irgendwie sind es alles Vietnamesen. Aber warum skalpiert und vergewaltigt man sie?

 DanceWith1Life (01.08.21)
ausgehend vom Titel, lese ich über ein sogenanntes "Kriegsverbrechen", eines von tausenden der letzten Jahrhunderte, das zufällig bemerkt wurde.
Und in den Kommentaren über einen unbekannten Faktor, der für all das "Böse" verantwortlich sein soll.
Der Titel gibt die Antwort eines Menschen wieder, der in eine "Uniform" gesteckt wurde, die ihm erlaubt Dinge zu tun, die "normalerweise" Verbote sind.
Ihm wird sogar befohlen diese Dinge zu tun, nur eben mit dem Auftrag, "nur die Bösen zu töten":
In dieser Differenzierung, die unter Umständen willkürlich ist, sehe ich bereits die unbekannte Wurzel des Faktor X.
Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch.
Die Emotion, das ursprüngliche Gefühl, das unter Menschen dafür sorgen soll, Wesen der gleichen Spezies zu schützen, wurde bereits durch etliche Vorbereitungen, unterwandert und ist unter Stress, bei jedem auf Inspiration angewiesen.
Was da alles versäumt, absichtlich falsch dargestellt, von den Kriegstreibern provoziert, von den Waffenindustrien gesponsert, möglicherweise initiiert wurde, würde im Detail ein Forschungsergebnis aufs Blatt bringen, das ich noch nrgendwo gefunden habe, seltsamerweise.

es ist weder verwunderlich, dass in einer Welt mit 1,960 Mrd Rüstungsausgaben weltweit, eine entsprechende Konditionierung notwendig ist, noch offensichtlich wie subtil diese eingesetzt wird.
Es fehlt der Instinkt, hinter die Fassade all dieser Machenschaften zu blicken und die klare Entscheidung für eine andere Richtung.

Kommentar geändert am 02.08.2021 um 09:26 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Wenn wir Faktoren angeben, die zu einem solchen Verhalten führen, es also erklären, dann müßte die Erklärung auch beinhalten, warum manche Menschen unter bestimmten Umständen exzessiv Gewalt anwenden, andere aber nicht. Die anderen - wenige, leider - war ebenfalls Marines, hatten das Tötungsprogramm durchlaufen, waren Vietcong-Angriffen aus dem Hinterhalt ausgesetzt gewesen usw.
Was unterscheidet sie?

Einer der Interviewten sagte: "Der Befehl, Zivilisten zu töten, ist für mich kein Befehl, sondern ein Verbrechen. Wenn Sie mich dafür vors Kriegsgericht stellen wollen, dann tun Sie das!"
Ich hätte ihn umarmen können.

 TrekanBelluvitsh (01.08.21)
Die Gründe für solche Exzesse sind immer vielfältig. Manche sind offensichtlich, andere scheinoffensichtlich, andere versteckt. So sei z.B. angemerkt, dass die "Kameradschaft", die ja ein wichtiger Punkt bei der Gruppenbildung im Militär (aber nicht nur da!) ist, auch Druck bedeutet. Sie fordert vom Soldaten gruppenkonformes Verhalten. Sich gegen die Gruppe zu stellen, bedeutet ihren sozialen Schutz zu verlieren, temporär oder gar andauernd. In einer Kriegssituation kann das ein Todesurteil sein.

Auch wird bei Armeen ein Unterschied zwischen eigentlichen Kampf- und Ruhezeiten gemacht. So weiß man z.B. das es während des deutschen Überfalls auf Frankreich, d.h. während des Feldzuges, zu Übergriffen deutscher Truppen gegen die Zivilbevölkerung kam. Doch selbst Mord oder Vergewaltigung wurden dabei kaum verfolgt. Das änderte sich Abschluss der Kämpfe. Dieselben Militärgerichte, die sich zuvor nicht um diese Kapitalverbrechen gekümmert haben, bestraften nun selbst einfachen Diebstahl verhältnismäßig hart.

Ein weiterer allgemeiner Punkt. Zwischen Soldaten und Zivilisten gibt es immer ein Machtgefälle durch die Bewaffnung. Und unter normalen Umständen würde wohl niemand auf die Idee kommen, einer Gruppe von 20-jährigen aus seiner Stadt Waffen in die Hand zu drücken um dann zu schauen, was geschieht. Niemand würde das für eine gute Idee halten. Die negativen Effekte werden in so einem Fall (militärisch-hierarchische Struktur) noch wahrscheinlicher, weil die Mannschaftssoldaten im streng hierarchischen System am unteren Ende stehen, ihrerseits für den Druck, dem sie ausgesetzt sind, keine Kompensationsmöglichkeit haben. Kommen sie nun auf einen Kriegsschauplatz, haben sie plötzlich eine ganze große Gruppe von Menschen unter sich. (Und dazu bedarf es noch nicht einmal dessen, was Historiker heute "die verbrecherischen Befehle" im Bezug auf die Wehrmacht in der Sowjetunion 1941-1944 nennen).

Hinzukommen immer noch die speziellen Umstände der einzelnen Armee; oder besser: der einzelnen Nation. Vor langer Zeit hatte ich hier einmal eine Aphorismus einstehen, der vielen so nicht zusagte. In Anlehnung an Clausewitz hatte ich geschrieben:
"Der Krieg ist die Weiterführung der Gesellschaft mit anderen Mitteln."
Was ich damit meinte ist, dass jede Armee den Krieg so führt, wie ihre Gesellschaft konzipiert ist. (Natürlich funktioniert der Krieg an sich als Katalysator und Brandbeschleuniger.) Wenn man sich nun die amerikanische Gesellschaft anschaut, wird man feststellen, dass die Gewalt, bzw. das rücksichtslose Durchsetzen der eigenen Interessen dort eine eher positiv besetzte Eigenschaft ist. Ich will darauf nicht näher eingehen, sondern nur auf zwei amerikanische "Helden" verweisen, Rockefeller und Edison. Beide handelten genau so: rücksichtslos im Sinne der eigenen Interessen (bzw. im Sinne von dem, was sie für ihre eigenen Interessen hielten).

So handelte und handelt die US-amerikanische Armeebis zum heutigen Tag. My Lai aus dem Vietnamkrieg und Abu Ghraib aus jüngster Zeit sind dafür zwei Beispiele. In beiden Fällen ist es wichtig zu verstehen, dass es im Hintergrund keinen fiesen General gab, der das seinen Untergebenen befahl. Es wurde auch nicht gegen sie eingeschritten, weil dass als normales Verhalten angesehen wird. Das alle anderen außerhalb der US-Army Feinde der US-Army sind, ist dort besonders ausgeprägt. Selbst in der Normandie 1944 mussten die Stäbe ihre Truppen immer wieder daran erinnern, dass die französische Zivilbevölkerung befreit wird. Viele GIs sahen in ihnen automatisch verbündete der Deutschen. Schließlich hatten sie mit den Deutschen gelebt.

Um diesen Punkt - den Zusammenhang zwischen dem Funktionieren der zivilen Gesellschaft und dem Funktionieren der Armee, die aus jener Gesellschaft hervorgeht - möchte ich noch ein rein militärischen Beispiel bringen. In der Nacht vom 24. auf dem 25. September 1943 kam es bei Bukirin am Dnjepr zur größten sowjetischen Luftlandung im WW2. Sie endete in einem Fiasko. Die knapp 5.000 eingesetzten Soldaten wurden völlig aufgerieben. Neben anderen Gründen war einer, der das Scheitern brachte, die völlige Passivität der gelandeten Truppen. In der stalinistischen SU war Eigeninitiative keine positive Eigenschaft. Sie wurde auch eher bestraft als belohnt. Zwar landeten die Fallschirmjäger weit verstreut und aufgrund dilettantischer Planung auf kampfstarken Teilen eines deutschen Panzerkorps. Doch beides ist, wenn man sich andere Luftlandeunternehmen im WW2 anschaut, eher die Regel als die Ausnahme. Beides galt z.B. auch für die deutschen Fallschirmjäger auf Kreta 1941 oder die US-amerikanischen und britischen Fallschirmjäger in der Normandie 1944. Die Verluste der deutschen und alliierten Verbände waren hoch. Doch aufgrund der Initiative kleiner und kleinster Einheiten,konnte der Gesamtauftrag gegen hartnäckigen Widerstand erfolgreich erfüllt werden. Die sowjetischen Fallschirmjäger bei Bukirin taten jedoch - nichts. Bestenfalls igelten sie sich ein. Damit ließen sie dem Feind Zeit sich zu organisieren um dann - besser ausgerüstet - gegen sie vorzugehen. Die größte Stärke von Fallschirmtruppen ist jedoch die Überraschung. Diese muss jedoch so schnell wie möglich umgesetzt werden, in dem die gelandeten Fallschirmtruppen sofort zum Angriff übergehen, sprich: Eigeninitiative zeigen. Dazu waren die Truppen der Roten Armee nicht in der Lage, allein schon wegen der Sozialisation in der SU. Das ihnen dazu auch noch die nötigen Informationen fehlten - natürlich hatten die Planer die Truppen NICHT in Kenntnis gesetzt, was sie im Landegebiet erwartete, denn der realsozialischte Kopf der Gesellschaft verachtete die Massen - war nur ein Spiegelbild dessen, wie die Gesellschaft der SU in jener Zeit funktionierte.

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Ich fasse für mich mal zusammen:

- Gruppendruck - spielte eine Rolle
- die (erhoffte/versprochene) Suspendierung von Strafbarkeit - spielte eine Rolle (und auch im II. Weltkrieg, wie Du angibst)
- Kompensationsmöglichkeit für erlebten Druck - spielt eine Rolle
- US-amerikanische Gewalttradition - spielt eine Rolle
- mangelnde Schulung in eigenverantwortlichem Verhalten (das für Soldaten ja eher als bedenklich gilt) - spielt eine Rolle

Das ist eine gute Analyse.

Nicht als Historiker, sondern als Philosoph und an Psychologie Interessierter bleibt für mich noch eine Frage offen: Was unterscheidet den Soldaten X, der an einem Gewaltexzeß teilnimmt, von einem Kameraden Y, der all denselben Faktoren unterliegt, aber die Teilnahme verweigert?
Gemäß dem erwähnten Film gehörten zur zweiten Gruppe
zwei von hundert, was nicht sonderlich ermutigend ist, aber auch nicht nichts.

Ein Journalist, der den Fall My Lai an die Öffentlichkeit gebracht hat, sagte in dem Film noch: "Wir hatten die Nazis in Nürnberg verurteilt, und hier waren wir, die Amerikaner, und taten genau das Gleiche wie die Nazis!"

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Es wird - wenn ich an die in dem Film geschilderten und von mir nur angedeuteten Details dieses Gewaltexzesses denke - noch der 'Wunsch' eine Rolle gespielt haben, es dem Feind, dem eigentlichen Feind gerade an den wehrlosesten und unschuldigsten Mitgliedern seiner Gesellschaft 'heimzuzahlen': Wir vergewaltigen deine Kinder!

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Nicht daß das für mich eine irgendwie verständliche Erklärung wäre - aber es gibt solche psychischen Mechanismen.

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Und das alles, wie das Zitat im Titel besagt, nicht in heißem Haß, sondern kalt wie ein Metzger.

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 02.08.21:
Was unterscheidet den Soldaten X, der an einem Gewaltexzeß teilnimmt, von einem Kameraden Y, der all denselben Faktoren unterliegt, aber die Teilnahme verweigert?
Ich denke, diese zwei Männer sind der für jeden sichtbare Unterschied zwischen Erklärung und Entschuldigung. Oder anders ausgedrückt: Man kann den Zwängen widerstehen. Aber das ist in der Regel sehr viel schwieriger.

Es ist sogar schwieriger, wenn man keine persönlichen Konsequenzen zu befürchten hat. Wir Menschen sind soziale Wesen, d.h. auf unsere Gruppe angewiesen. Wir funktionieren besser in der Gruppe, wir sind glücklicher in der Gruppe. Sich gegen die Gruppe zu stellen hat zumeist negative Folgen, kann gar selbstzerstörerisch sein.

Psychologen gehen heute davon aus, dass sich in diesem Zusammenhang unser Schamgefühl entwickelt hat. Scham stellt sich dann ein, wenn man, im Vergleich zur Gruppe, soziale oder auch Leistungsausreißer hat. Übrigens nicht nur nach unten, sondern auch nach oben(sic!). Wenn das stimmt, mussten diese Männer für ihr ethisches Gewissen gar die eigene Schamgrenze überschreiten.

es dem Feind, dem eigentlichen Feind gerade an den wehrlosesten und unschuldigsten Mitgliedern seiner Gesellschaft 'heimzuzahlen': Wir vergewaltigen deine Kinder!
Ich habe ein Problem mit dieser Erklärung. Für einen Affekt würde ich sie gelten lassen. Doch wenn man genug Zeit zum Nachdenken hat - was im Militär durchaus zu kurz kommen kann - muss man erkennen, wer der Feind ist und wer nicht.

Für mich klingt das immer sehr nach einer nachträglichen Rechtfertigung. Ich möchte dazu - wie nicht anders zu erwarten - ein Beispiel aus dem WW2 anbringen. Auch hier wurden von den deutschen Soldaten für die begangenen Greultaten an der Ostfront, die vorangegangenen Greultaten der Partisanen an den eigenen Kameraden angeführt. Allerdings begannen die deutschen Kriegsverbrechen mit dem Überfall im Sommer 1941. Und die ersten ernsthaften Partisaneneinsätze stammen aus dem Jahre 1942(sic!). Hier wird also rückwirkend ein Erklärung konstruiert, die schon an der Chronologie scheitert.

Und das alles, wie das Zitat im Titel besagt, nicht in heißem Haß, sondern kalt wie ein Metzger.
Auch hier würde ich auf die Erinnerungen der Täter wenig geben. Bei solchen Taten spielen Emotionen ein riesige Rolle. Wenn behauptet wird, dass man nichts spürte uns einfach nur tötete ist das (im besten Falle) ein selbstbetrügerischer Selbstschutz, womöglich auch ein Versuch seine Stellung in der (zivilen) Gruppe zu erhalten. Denn jemanden, der so agiert, den will niemand neben sich wohnen haben.



Mir ist noch ein Punkt eingefallen, der sich zunächst zwar rein militärisch-strukturell anhört, jedoch eine entscheidende psychologische Komponente in sich trägt - womöglich.

Nach dem Vietnam-Krieg setzte das Pentagon eine Arbeitsgruppe ein - auch aus zivilen Beratern - die den Einsatz der Infanterie in Vietnam bewerten sollte. Bzw. hatte die Armee den Einsatz bereits bewertet: als schlecht. Man war mit dem Kampfverhalten und den Ergebnissen der Infanterie nicht zufrieden. Die Arbeitsgruppe sollte sich das Problem näher beleuchten und strukturelle Vorschläge erarbeiten. Denn die Army war sich sicher, dass das Problem in erster Linie wenig auf taktische bzw. ausbildungstechnische Mängel zurückzuführen war. Die richtigen Taktiken für den Infanterieeinsatz waren also bekannt und wurden gelehrt. Doch im Einsatz wurden sie nicht adäquat eingesetzt.

Tatsächlich vielen der Kommission verschiedene strukturelle Mängel auf. Einer davon war: Die Army neigte dazu, den Soldaten Posten zu geben, die ihren zivilen Berufen ähnelten. An sich keine schlechte Idee. Doch wurde dies grundsätzlich gemacht und nicht die Notwendigkeiten der Armee bedacht. Dass nun die die Berufsbeschreibung "Infanterist" im zivilen Leben nicht existiert, sollte nicht überraschen. Das führte dazu, dass sich in der Infanterie überpropertional viele ungebildete bzw. schlecht ausgebildete (im Zivilleben) Männer befanden. Dies galt selbst für die Unteroffiziere und Feldoffiziere. Vereinfacht ausgedrückt: Je schlechter die Ausbildung, desto eher die Wahrscheinlichkeit, dass man in der Infanterie landet. Das es Menschen, die nicht gelernt haben zu lernen, die Ausbildungsinhalte mehr schlecht als recht umsetzen können, ist nicht überraschen.

Ich würde jetzt jedoch noch einen psychologischen Aspekt postulieren. Aufgrund ihrer mangelnden Bildung waren diese Männer schlechter zur Selbstreflexion fähig. Außerdem wuchsen sie in einem Teil der US-amerikanischen Gesellschaft auf, die nur eine niedrige Frustrationsgrenze kennt. Das Armut Gewalt erzeugt, ist ja eine Binsenweisheit. Wenn man sich aber mit Gewaltverbrechen beschäftigt, wird man etwas feststellen, was alle Täter - auf die ein oder andere Weise - verbindet: eine geringe Frustrationsgrenze.

Wenn man nun in einer Gruppe aufwächst, die das systematisch an die Mitglieder weitergibt, ist es nur logisch, dass diese Männer dies als Teil ihrer Sozialisation mit in Militär einbringen und sich entsprechend verhalten.



Das sind alles strukturelle Erklärungsversuche. Es gibt natürlich immer auch Auslöser. Und das können z.B. auch einzelne Sadisten unter den Soldaten sein, die die Ereignisse in Gang bringen. Dich warum diese Auslöser dann zu solchen Gewalteskalationen führen können, kann man meiner Ansicht nach nur strukturell erklären.

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 02.08.21:
Ich möchte dir noch ein Buch empfehlen, wenn du etwas mehr zu diesem Thema wissen möchtest:

Rass, Christoph; "Menschenmaterial": Deutsche Soldaten an der Ostfront, Innenansichten einer Infanteriedivision 1939-1945; Paderborn 2003

Über meinen Instagram-Account empfehle ich von Zeit zu Zeit auch Bücher. Über dieses habe ich dort geschrieben:
Dieses Buch, erschienen im Jahre 2003, ist die veröffentlichte Doktorarbeit von Christoph Rass. Es ist eine statistisch-quantitative sozialhistorische Analyse der 253. Infanterie-Division der Wehrmacht. (Es ist keine (sic!) Operationsgeschichte.) Das hört sich sperrig an. Die Einladung klingt sperrig. Doch es ist ein hervorragende Buch über die "rheinisch-westfälische Infanterie-Division". Rass zeigt auf, wer in dieser Division diente, den sozialen Hintergrund der Männer, ihre politische Sozialisation.
.
Er beschäftigt sich mit Themen wie Verluste, Militärjustiz, Suizide. Er zeigt die ambivalente Situation der Mannschaftssoldaten als Objekte von Machtausübung, als auch als deren ausführende Elemente und die systemimmanente Verwicklungen der 253. Infanterie-Division in den Vernichtungs- und Ressourcenkrieg.
.
Den größte Einzelleistung des Buches stellt die Einbeziehung der Ersatzeinheiten (im Heimatgebiet) bei der Betrachtung von Divisionsverbänden dar, verbrachten die Mannschaftssoldaten doch durchschnittlich etwa 30% ihrer Dienstzeit NICHT bei den Frontverbänden.
.
Mit 50.- € ist dies kein billiges Buch
Für jeden, der wissen will, wie und warum die Wehrmacht (auch bis zum Schluss) funktionierte, ist diese Werk unerlässlich. Ohne Zweifel ist es in Universitätsbibliotheken und guten Stadtbüchereien zu finden. FAZIT: Sehr empfehlenswert.
Und weil ich faul bin, habe ich das per paste and copy hier einfach eingefüght.

 Graeculus meinte dazu am 03.08.21:
In einem ersten Anlauf möchte ich auf Deine klugen Gedanken eingehen. Später, wenn ich mehr Zeit zum Nachdenken gehabt habe, komme ich sicher nochmal darauf zurück.

Mir selbst geht es natürlich nicht um eine Entschuldigung, sondern eine Erklärung.
Zu einer Erklärung trägst Du sehr kenntnisreiche Überlegungen bei, die sich teils auf Krieg, Soldatentum etc. allgemein beziehen, teils auf die speziellen Gegebenheiten in den USA und der US-Armee.

Das klingt alles sehr einleuchtend ... bis ich mir bewußt mache, daß das Phänomen des Bösen (wie oben von mir behelfsweise definiert) in keiner Weise auf den Krieg beschränkt ist, auch wenn es dort mit ziemlicher Regelmäßigkeit auftritt.
Es tritt aber immer dort auf, wo Menschen der absoluten, uneingeschränkten Macht anderer unterworfen sind.

Das ist etwa im Bereich sexualisierter Gewalt (die, wie Du weißt, auch in My Lai vorkam) sehr häufig bei Kindern und Mädchen der Fall, auch außerhalb eines Krieges.
Ferner kommt es vor beim Umgang mit Oppositionellen in totalitären Regimen.
Und es ist auch schon vorgekommen auf der Altstadtwache der Polizei in Düsseldorf, bezogen auf Obdachlose.

Daß das Phänomen sich an Wehrlosen äußert, hat ja per se schon etwas Unmilitärisches, sofern es nicht auf den Kampf gegen Feinde bezogen ist.

Wie gesagt, ich komme sicher noch einmal darauf zurück.

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 03.08.21:
Oh, ich stimme dir da aus ganzem Herzen zu. Schon in sehr jungen Jahren war mir bewusst, dass ich mich auch darum für den Krieg interessiere, weil man in ihm menschliches Verhalten in Reinkultur beobachten kann., weil viele hemmende gesellschaftliche Regeln aus der Friedenszeit in ihm nicht gelten. Eben: "Der Krieg ist die Weiterführung der Gesellschaft mit anderen Mitteln." Ich hätte auch schreiben können: "mit radikaleren Mitteln".

Mein Wissen über den Krieg ist darum auch eine Quelle für meine Überzeugung, dass nur feste gesetzliche Regelungen Freiheit und Gerechtigkeit in einem Staat garantieren können.

 Graeculus meinte dazu am 03.08.21:
1. Nachtrag:

Der Gruppendruck, den auch Du erwähnst, spielt sicher in vielen Fällen (nicht in allen) eine Rolle.
Da ist es bemerkenswert, daß einige ihm widerstehen, andere nicht.
Hier wie auch in anderen Fällen liegt ein Problem darin, daß Erklärungen nicht in allen vergleichbaren Fällen greifen. Worin liegt der Unterschied?

In My Lai war es so, daß ein Hubschrauberpilot, der nicht zu den Marines gehörte, bemerkte, daß diese dabei waren, Zivilisten mit Handgranaten aus einem Unterstand herauszuholen. Der Pilot hat daraufhin seinem "Gunner" (also dem Bordschützen) befohlen, die Waffe auf 'die eigenen Leute' am Boden zu richten.
"Die waren in diesem Falle der Feind, das war mir klar", sagte er
im Interview. Jedenfalls hat er auf diese Weise einigen Vietnamesen das Leben gerettet.
Du siehst, der Gruppenzwang ist eine seltsame Sache. Er kann sich in dem Gefühl "wer sind die Guten?" auch gegen die eigenen Kameraden richten.

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 03.08.21:
Der Fall mit dem Pilot ist ziemlich eindeutig. Eliteeinheiten - dazu zählen die US Marines sich selbst - grenzen sich nicht nur gegen den Feind, sondern auch gegen andere Einheiten der eigenen Armee ab. Und dies nicht allein in einem ironisch-kulturellem Sinne. Während des bekannten Fehlschlags von US Truppen in Mogadischu ging das sogar so weit, dass die dort eingesetzten verschiedenen Eliteeinheiten sich gegenseitig unter Feuer nahmen - und die wussten genau, auf wen die da schossen.

So hatte der Pilot (wahrscheinlich) eine skeptische Distanz zu den am Boden agierenden Marines und war in der Lage auch strikt zu handeln.

Ich will dem Piloten und seinem Bordschützen die ethischen Überzeugungen für ihr Handeln gar nicht absprechen. Im Gegenteil. Ohne diese wären sie zu einer solchen Handlung gar nicht fähig gewesen. Aber die emotionale Ferne von der "Wir"-Gruppe am Boden machte das ihnen einfacher.

 Graeculus meinte dazu am 03.08.21:
ad 1.:

Ja, der Krieg zeigt den Menschen am deutlichsten, wie er von Natur aus - ohne Zähmung durch einen Staat - ist. Un d so ist er auch, wo immer der Staat versagt oder selbst 'zum Tier' (Leviathan) wird.

 Graeculus meinte dazu am 03.08.21:
ad 2.:

Mein Gott! Du sagst damit beinahe, daß im Krieg jeder gegen jeden kämpft, also auch eine Einheit gegen die andere.

Der Hubschrauberpilot trug jedenfalls eine andere Uniform; ansonsten habe bestimmt auch die Marines Hubschrauber, oder?

In dem Interview sprach er jedenfalls, wie ich mich jetzt erinnere, nicht einfach von "die", sondern von "die Leute von der Army".

Die Ausbilung der Marines, aber das weißt Du sicher, wird in dem Film "Full Metal Jacket" sehr ausführlich dargestellt.

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 04.08.21:
ad 1.:

Ja, der Krieg zeigt den Menschen am deutlichsten, wie er von Natur aus - ohne Zähmung durch einen Staat - ist. Und so ist er auch, wo immer der Staat versagt oder selbst 'zum Tier' (Leviathan) wird.
Es gibt Untersuchungen, die nahelegen, dass das auch recht schnell geht und Soldaten sogar Freude an ihrer "Arbeit" haben. Denn ähnlich sehen sie das, was sie tun. Darum sind auch z.B. Orden für sounssoviel Abschüsse für Jagdflieger sehr beliebt, denn wie bei jeder ziviler Arbeit, möchte der Mensch Anerkennung, wenn er seine "Arbeit" gut macht.

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 04.08.21:
ad 2.:

Mein Gott! Du sagst damit beinahe, daß im Krieg jeder gegen jeden kämpft, also auch eine Einheit gegen die andere.
Das ist natürlich eine interessante Frage. Und aus der Geschichte gibt es da erstaunliche Beispiele. Denke nur an die diversen römischen Bürgerkriege. Wenn ein Feldherr die Seite wechselte, taten dass seine Soldaten ihm zumeist gleich. Dabei war das tatsächliche Überleben (Versorgung mit Lebensmitteln etc.) dieser Männer sicherlich sehr viel mehr von dem Feldherren abhängig, als es in modernen Zeiten der Fall ist. Dennoch kämpften sie dann in Schlachten gegen andere Römer und sicherlich auch gegen Truppenteile, mit denen sie auf anderen Feldzügen zusammen im Einsatz waren.

Im Dreißigjährigen Krieg haben wir in Deutschland immer noch das Condottieri-System d.h. das System der Kriegsunternehmer, die sich für Geld und Titel in den Dienst der einen oder anderen Seite stellten. Die Soldaten - wir nennen sie heute Söldner - hielten zumeist dem die Treue, der am meisten oder auch nur regelmäßig zahlte. Dabei war das für sie durchaus auch eine Frage des Überlebens. Anderseits setzte dieses System den Kriegsunternehmer auch unter Druck. So wird in der Forschung heute davon ausgegangen, dass Tilly die Plünderung Magdeburgs eher zuließ als befahl. Das Versprechen bzw. die Erwartung seiner Soldaten und die lange verlustreiche Belagerung ließen ihm insofern keine Wahl, als dass es ihm wohl kaum möglich gewesen wäre, eine Plünderung zu verhindern.

Die Frage, die hinter allem steht, ist die wofür Soldaten kämpfen. In der Neuzeit ist die Nation dazugekommen. Dieser Aspekt ist sehr stark, sogar da, wo man es nicht erwartet. Ich weiß nicht, ob du schon einmal etwas von der "Bashi"-Bewegung gehört hast. In ihr wurden viele iranische Kriegsfreiwillige im Iran-Irak-Krieg gesammelt. Sie unterstand und war Teil der Revolutionsgarden (die während des Krieges und bis heute im Iran in scharfer Konkurrenz zur iranischen Armee stehen). Die iranischen Kindersoldaten kämpften in "Bashi"-Einheiten. Die Revolutionsgarden schafften es im Krieg gegen den Irak die Armee zu überstimmen und so setzte der Iran nicht auf den mobilen Kampf der verbundenen Kräfte (Panzer, Infanterie, Artillerie etc. kämpfen eng miteinander abgestimmt), sondern mit der sogenannten "Human Wave"-Taktik. Darunter muss man sich vorstellen, was das Wort aussagt.

Im Westen ging und gehen bis heute davon aus, das der größte Teil der Jungen - tatsächlich bildeten diese eine Minderheit auch bei den Bashi - aus religiösem Fanatismus sich diesen Einheiten anschlossen. Dieses Bild wollte der Iran auch propagieren und tut es bis heute. Bei der Befragung von gefangenen Bashi-Soldaten kam jedoch heraus, dass dies nur auf eine kleine Gruppe der Freiwilligen zutraf. Zu regelrechten Himmelfahrtskommandos, wurden dann auch eher diese Soldaten eingesetzt. Neben vielen anderen Gründen (auch sozialer Druck) war jedoch der größte Einzelfaktor für die Iraner sich freiwillig zu melden Patriotismus, unabhängig davon, wie sie zu dem neuen Regime standen. Immerhin hatte der Irak ihre Heimat überfallen und diese wollten sie nun schützen.

Patriotismus, Nationalismus, Ideologie und Religion sind "große Gründe", warum Soldaten kämpfen. Doch - um auf die Frage, warum solche Massaker passieren zurückzukommen - wenn ein Soldat erst einmal Teil einer Einheit ist, ändert sich das (was in der Regel bedeutet, dass er diese "großen Gründe" gar nicht mehr in Frage stellt). Die "Heimat des Soldaten" ist der Zug und auch noch die Kompanie, wobei bei letzterer schon Abstriche zu machen sind. Im Zug ist der Soldat sozial verankert. Dort hat er in der Regel seine engen Freunde. Das sind auch die Männer (und heute: auch Frauen) mit denen er/sie alles gemeinsam durchsteht: Strapazen, Hunger, Kampf, Tod, Verwundung, Hitze, Kälte etc.. Zwischen den unterschiedlichen Zügen einer Kompanie entwickelt sich in der regel eine gewisse Rivalität. Jedoch ist man sich noch freundschaftlich verbunden. Andere Kompanien sind schon sehr weit weg. Und andere Waffengattungen werden bereits misstrauisch beäugt. Das weiß ich nicht nur aus Lektüre, sondern auch aus eigener Erfahrung. Als Panzergrenadiere hatten wir Fußlatscher, jederzeit Wind und Wetter ausgesetzt, nicht sehr viel für die "Panzerplatten" (Panzertruppe) übrig, auch weil die den ganzen Tag ihren Arsch motorisiert durch die Gegend kajolen. Dies kann sich ändern, wenn man im Einsatz immer wieder mit der gleichen Einheit einer anderen Waffengattung zusammenkämpft. Hier ist dann das gemeinsame Kampferlebnis das verbindende.

Dies alles führt dazu, das man das Verhalten der anderen in seiner engsten Bezugsgruppe kritikloser betrachtet. Das kennt man im Zivilen ja auch aus der Familie. Über den Nazi auf der Straße mag man sich aufregen, aber wenn Onkel Herrmann bei der großen Geburtstagsfeier mal wieder rassistische Sprüche abläßt... naja, so ist er halt, der Onkel Hermann, nicht?



Die Soldaten verbinden also "Größere Gründe", der Zusammenhalt der "Wir"-Gruppe durch gemeinsam durchlebte Erfahrungen und die damit zusammenhängende Wahrnehmung der anderen als "Nicht-Wir-Gruppe". Dies bringt eine starken Zusammenhalt. Starker Zusammenhalt bedeutet aber auch immer, dass man die "Wir-Gruppe" gegen Feinde bis aufs äußerste verteidigt. Diese Feinde können sogar eingebildet sein. Das bedeutet, dass ein grundsätzliches Misstrauen der Außenwelt gegenüber verbunden mit einem immensem Gewaltpotential bei einer Gruppe Soldaten vorherrscht. All das in Schach zu halten, ist auch die Aufgabe der Führer und Unterführer (gegen die sich all das ja auch richten kann).

Unter diesen Umständen sind Tragödien eigentlich vorprogrammiert. Es sind von Anfang an so viele Grundbedingungen für gewaltsame Exzesse vorhanden, dass nur noch wenige Elemente (wie z.B.Stress) hinzukommen müssen. Und Stress ist der Soldat ständig ausgesetzt. Dabei gibt es im Krieg meistens kaum Vorwarnzeit, d.h. Zeit in der der Soldat sich auf das kommende vorbereiten kann. Phasen der absoluten Langeweile wechseln abrupt mit Phasen der absoluten Anspannung. Für Infanteristen gilt das insbesondere.

Dabei möchte ich noch eine allgemeine Anmerkungen mach. All das, was ich bisher geschrieben habe, trifft auf den "durchschnittlichen" Soldaten zu. Und aus den vorliegenden Daten und Erfahrungen kann man sehr gut herausfiltern, wie der "durchschnittliche" Soldat sich verhält. Allerdings ist der "durchschnittliche" Soldat ein Idealtypus im Max Weberschen Sinne (wie auch der "durchschnittliche" Mensch an sich).

Für das Verständnis zum Massaker von My Lai müsste man wahrscheinlich jeden noch lebenden US-amerikanischen Soldaten psychotherapeutisch untersuchen und die Ergebnisse dann zusammenführen. Allerdings glaube ich, dass man auch so nicht mehr herausfinden würde als das, was man bereits von anderen Massakern weiß. Diese Erkenntnisse würden wahrscheinlich bestätigt werden. Ich habe jedoch meine Zweifel daran, ob man wirklich einen besseren Zugang zu dem Fall an sich finden würde. Allein der zeitliche Abstand ist in den Erinnerungen der Beteiligten mit Sicherheit ein Problem - selbst wenn die Männer NICHT absichtlich lügen!. Darum werden wir, wenn wir Namen wie My Lai, Srebrenica, Oradour Sur-Glane oder gar Babi Yar hören, unsere Fassungslosigkeit nie ganz überwinden können. Damit zu Leben ist und sie NICHT die Kontrolle übernehmen zu lassen, ist die Aufgabe von denen, die sich mit diesen Dingen beschäftigen und/oder sich an sie erinnern wollen.

 Graeculus meinte dazu am 04.08.21:
ad 1.:

Da wir Qualität mit Erfolg gleichsetzen und der Erfolg im Krieg mit effektiverer Gewalt zu tun hat, liegt es nahe, die Anerkennung individueller Leistungen entsprechend zu verteilen.
Ein chinesisches Gedicht sagt:
Schweig mir von Ehre, Adel, Fürstentum.
Zehntausend Knochen gehn auf eines Feldherrn Ruhm.

 Graeculus meinte dazu am 04.08.21:
ad 2.:

Du verfügst - natürlich - über sehr gute Kenntnisse im militärischen Bereich und analysierst auf dieser Grundlage hervorragend. Eine Welt übrigens, die ich aus eigenem Erleben nicht kennengelernt habe. Und ich kann mich auch nicht erinnern, mich jemals irgendeiner Wir-gegen-die-Gruppe angeschlossen zu haben.

Aber laß uns nicht vergessen, daß der Krieg nur einer derjenigen Bereiche ist, in denen sich das Böse ausdrückt.
Das organisierte Verbrechen ist ein anderer, die Pädophilen-Szene wiederum ein anderer.
Auf Anhieb möchte ich sagen, daß alles, was Du über Gruppendynamik schreibst, auch darauf paßt, und deshalb lese ich es mit großem Interesse.

Was dann noch bleibt, könnte man als individuellen Sadismus bezeichnen, als die Freude daran, andere zu quälen.
Der Marquis de Sade, der den Großteil seines Lebens in Gefängnissen und Irrenhäusern verbracht hat (ohne irre zu sein), gehörte keiner Gruppe an.

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 04.08.21:
Wie ich sagte: Ich denke, dass der Krieg für menschliches Verhalten "lediglich" wie ein Katalysator wirkt. Er erfindet nichts. Die Dinge werden nur sichtbarer.

Daher kommt dann (unter anderem) auch meine misanthropische Grundeinstellung. Wenn der Mensch die freie Möglichkeit hat, sich zu entscheiden, entscheidet er sich für das Böse. Das mag nicht auf alle Menschen und in vielen Situationen noch nicht einmal auf den größeren Teil zutreffen. Aber es trifft auf einen Teil zu, der zahlenmäßig groß genug ist, das Miteinander in Richtung Brutalität und Gewalt zu verändern.

Wenn man dagegen etwas unternehmen möchte, passiert es schnell, dass man mit dem "Gewaltparadoxon" (analog zum "Toleranzparadoxon") konfrontiert wird - gezwungenermaßen. Und damit unterliegt man natürlich auch wieder den gleichen Systematiken. Darum ist der Einsatz gegen Gewalt und Brutalität auch nicht in dem Sinne zu gewinnen, dass sie irgendwann verschwinden. Es ist ein ewiger/epischer Kampf, mit allen Hoch und Tiefs und Ermüdungserscheinungen, die man sich nur vorstellen kann. Die rationale Betrachtung der Geschehnisse hilft jedoch dem Verständnis und lindert den emotionalen Druck. Sie wird ihn jedoch nie aufzulösen vermögen. Massakrierende Soldaten, massenmordende Drogenbanden etc. werden uns immer auch in Fassungslosigkeit zurücklassen. Das müssen wir begreifen, um damit überhaupt umgehen zu können.

 Graeculus meinte dazu am 05.08.21:
Dazu gibt es bei Thomas Hobbes (in seinem "Leviathan") eine gute Erklärung:
Ohne einen regulierenden Staat führt eine Situation, in der es mehr Bedürfnisse als Mittel zu ihrer Befriedigung gibt, zu einer Konkurrenzsituation. Dabei genügen einige wenige, die bereit sind, zugunsten ihres Vorteil Gewalt und List einzusetzen, um alle, auch die an sich Friedlichen, in Gefahr zu bringen. Und da Angriff die beste Verteidigung ist, müssen sie alle kämpfen, ohne irgendjemandem vertrauen zu können, denn jede Freundschaftsbekundung könnte eine List sein --> bellum omnium contra omnes (Krieg aller gegen alle).

Kennst Du dieses Werk? Es müßte Dir liegen.

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 05.08.21:
Ich kenne das nicht. Aber ich habe es gleich auf meine "Bezahlliste" gesetzt (ich male Figuren und Fahrzeuge für meinen Freund an - Hobby - und er "bezahlt" mich mit Büchern, CDs, DvDs, die ichmir wünsche und ihm zur Auswahl gebe.

in der es mehr Bedürfnisse als Mittel zu ihrer Befriedigung gibt
Dabei ist das natürlich noch sehr aus seiner Zeit, als tatsächlich nicht die Bedürfnisse aller befriedigt wurden. Aber die sogenannte "Flüchtlingskrise" hat uns ja gezeigt, dass Bedürfnisse eher was mit der eigenen Vorstellungskraft und vor allem der Angst, zu kurz zu kommen, auch wenn man alles hat und sich für einen nichts ändert.

Von wegen "Flüchtlingskrise" und Wirklichkeit und Psychologie. Ich habe kürzlich in einem Buch über die Luftschlacht um England gelesen, dass im Spätsommer/Herbst 1940 es im UK eine große Angst vor der deutschen 5. Kolonne gab. Interessanterweise war diese Furcht am stärksten ausgeprägt in jenen Teilen des UK, die nicht von deutschen Bombern angegriffen wurden und allgemein im Süden Englands, wo eine mögliche Invasion ja stattgefunden hätte, war sie nicht sehr verbreitet

 Graeculus meinte dazu am 05.08.21:
Ich schätze, daß die Menge der Bedürfnisse immer bzw. spätestens seit dem Neolithikum (der Seßhaftigkeit) immer die Möglichkeiten zu ihrer Befriedigung überschreitet. Hast du ein Rind, willst du zwei, hast du eine Frau, willst du zwei, hast du einen Acker, willst du zwei usw.
Vorher, also in der nomadischen Existenz ohne Tragtiere, ergibt das möglicherweise keinen Sinn, aber danach ...
Und wenn du mit einem Rind zufieden bist, dann kannst du nicht sicher sein, daß dein Nachbar es ist. Folgen: siehe oben.

Es ist nicht verwunderlich, daß spätestens damals Krieg, Sklaverei und Patriarchat ihren Anfang genommen haben.

P.S.:
Ein schöner Job. Dir macht es Spaß, und Du kommst an Bücher etc.

 Macbeth (03.08.21)
Eine aufwühlende Frage, lieber Graeculus, die Du hier aufwirfst. Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob die Frage überhaupt richtig ist.

Dazu ein kleines Gedankenexperiment. Die Begriffsdefinition des Bösen hast Du bewusst ausgeklammert, aber was wenn wir hier gar nicht das Böse als ein begreifbares etwas vorfinden? Was wenn philosophischen Streit um das "Böse" als Privation oder Perversion beide Positionen richtig sind?

Ich meine, dass es grundsätzlich zwei Arten von Böse gibt, nämlich 1.) das Böse als Perversion eines Ethos, der von sozialen Institutionen getragen wird - also ein krasser und vor allem bewusster Widerspruch gegen moralische Normen denen sich der Täter auch bewusst ist. Dies schließt die Notwendigkeit ein, dass es eine Art Schuldbewusstsein gibt - zumindest als Einsicht in die eigene Amoralität.

2.), und das mag zunächst wie eine Provokation klingen, das Böse als reine Abwesenheit des "Guten", sozusagen als Naturzustand. In unserer Welt, in der (zurecht) viel über Naturschutz gesprochen wird, geht m.E. eine entscheidende Perspektive auf Natur verloren.

Die Natur ist nicht moralisch. Es gibt keine Ethik der Natur. Ameisenvölker, die andere auslöschen, Delfine, die bis zum Tod gruppenvergewaltigen, Löwen, die den Nachwuchs töten wenn sie eine Gruppe übernehmen, für nichts davon gelten moralische Kategorien.

Und die Natur ist dem einzelnen Menschen als Tier vor allem eins: Feindlich. Deswegen tut der Mensch seit Beginn seiner Existenz nichts anderes, als Natur zu kultivieren um sich von der reinen Natur bestmöglich abzusondern und zu schützen.

Ein Ethos allerdings ist notwendigerweise an eine soziale Institution gebunden.



Zunächst zwei Thesen:

a) Im absoluten Krieg gibt es keinen Ethos - qua Fehlen sozialer Institutionen - vor allem dann, wenn es keine Befehlskette mehr gibt

b) Wo es keinen Ethos gibt, befindet sich der Mensch im Naturzustand (=die Abwesenheit des "Guten")



Was also, wenn in My Lai nichts anderes zu Tage bricht als der Naturzustand des Menschen? Dafür spricht m.E. vor allem auch das fehlende Unrechtsbewusstsein und die absolute Gefühlslosigkeit, denen man bei allerlei Kriegsverbrechen immer wieder begegnet.

Das klingt im ersten Moment vielleicht nach einer radikal pessimistischen Antwort. Allerdings verbirgt sich hier, für den moralischen Menschen, eben durchaus auch eine positive Verpflichtung.

Wenn das Böse in diesem Fall also nur die Abwesenheit des Guten ist, dann wäre es ein Mahnmal dafür, dass das Gute eben schlicht nicht von allein passiert sondern von uns allen erst in die Welt gebracht werden muss.

Und dafür bedarf es notwendigerweise sozialer Institutionen. Nebenbei halte ich Bürokratie für eine der wichtigsten Errungenschaften der Menschheitsgeschichte.

Nach meinem Motto der pragmatischen Bescheidenheit folgere ich: Der Mensch kann das Gute in die Welt bringen und wir müssen daran immer wieder und ständig arbeiten.

Nachdenkliche Grüße
Merz

 Graeculus meinte dazu am 03.08.21:
In der Natur gibt es Gut und Böse nicht ... oder allenfalls in der Form: nützt mir - schadet mir. Das sind allerdings keine moralischen Kategorien; vielleicht - wie manche Soziobiologen meinen - deren Wurzel.

Beide Definitionen des Bösen sind möglich, und man kann mit ihnen 'arbeiten'. In beiden, so meine ich allerdings, ist das, was in My Lai geschehen ist und andernorts geschieht, auf der untersten Stufe einzuordnen: als entweder weiteste Entfernung von einer ethischen Norm oder als extremer Rückfall in den Naturzustand.

Fragen könnte man, ob es dergleichen wirklich im Naturzustand, also in der nichtmenschlichen Natur gibt. Es gibt extreme Formen des Umgangs mit (a) Beute und (b) Feinden.
Die Frauen und Kinder von My Lai waren freilich weder das eine noch das andere. Um das zu vestehen, muß man m.E. doch etwas spezifisch Menschliches bemühen: das Denken in Kategorien. Selbst ein Kind kann eben wahlweise in eine Kategorie eingeordnet werden: Juden (und 'die Juden' haben Jesus getötet), Ungläubige (und 'die Ungläubigen' haben Mohammed karikiert) oder - wie hier - Vietnamesen (und 'die Vietnamesen' haben uns heimtückisch überfallen).

Das ist eine Hypothese; ich bin weit entfernt davon, mir darin sicher zu sein.

Das Böse (sei es nun das eine oder das anderen) muß im Zaum gehalten werden. Du nennst soziale Institutionen und - überraschend - Bürokratie. Ich vermute, daß Du damit etwa das Bildungssystem und das Rechtswesen meinst.
Ich bin Pessimist genug, um festzustellen, daß 1. das Rechtswesen im Falle My Lai völlig versagt hat und 2. die wenigen Marines, die sich nicht an dem Massaker beteiligt haben, nicht die Gebildeteren waren.

Ich habe noch den Gedanken, daß strukturell jede Art von unkontrollierter und unbegrenzter Macht von Menschen über andere das Zutagetreten dieses Bösen begünstigt. Insofern bin ich gegen jede totale Macht.

Herzlichen Dank für Deinen Kommentar.
wa Bash (47) meinte dazu am 11.08.21:
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 Graeculus meinte dazu am 12.08.21:
Das Photo mit dem nackten Mädchen, das um sein Leben rennt, stammt aus dem Vietnamkrieg, aber nicht von My Lai, sondern von einem Napalm-Angriff; Napalm ist in My Lai nicht eingesetzt worden.

Das Böse gibt es in vielen Formen, und die beginnen klein. Man könnte sagen: wenn man die eigenen Interessen über die von anderen stellt (= Egoismus). Dafür gibt es sicher eine biologische Erklärung.

Die radikale Form, der ich mich hier zugewendet habe, hat aber für mich nicht eigentlich etwas mit Interessen zu tun. Diese Soldaten haben ja keine Feinde getötet, sich nicht bereichert usw.
Da ist etwas ausgebrochen, was ich nicht verstehe, und zwar bei völlig normalen Leuten: die Lust, mit anderen Menschen alles zu machen, was irgendwie möglich ist.

Und ja, es gibt auch dabei Verweigerer. Das macht das Phänomen noch rätselhafter. Was unterscheidet die einen von den anderen? Kein Erklärungsversuch, den ich kenne (Grupppenzwand usw.), erklärt auch diesen Unterschied.
wa Bash (47) meinte dazu am 12.08.21:
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 Graeculus meinte dazu am 12.08.21:
Was immer es ist, tierisch ist es nicht, sondern - in seiner extremen Form, über die wir hier reden - spezifisch menschlich. Aber eben nicht bei allen Menschen.

Mir fällt allerdings gerade ein, daß zumindest Schimpansen, also unsere nächsten Verwandten, dazu imstande sind, einen mißliebigen Artgenossen zu zerstückeln. Das bringt dann die Frage auf, warum die ihnen verwandten Zwergschimpansen (Bonobo) dies nicht tun.
wa Bash (47) meinte dazu am 13.08.21:
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 Graeculus meinte dazu am 13.08.21:
in der Regel geht es dann entweder um Nahrung, also Ressourcen, Territorien oder soziale Interaktionen sprich die Fortpflanzung
Genau. Und in diesem Rahmen kann man das dann auch einigermaßen verstehen.
Wie Du weiter unten selber schreibst, ging es im vorliegenden Fall (und manchen ähnlichen Fällen) um nichts dergleichen, sondern um Machtausübung als solche, als Selbstzweck.
Das macht die Sache sehr schwer verständlich, und genau deshalb erscheint es mir wohl auch als das 'absolut Böse' - das Böse ohne jeden rationalen oder biologischen Zweck.
Das geht sogar noch über das hinaus, was das Milgram- und das Stanford-Prison-Experiment gezeigt haben und was ja schon bedrückend genug ist.

Deine Ausführungen zu Schimpansen und Bonobo sind interessant; den genannten Film kenne ich leider nicht.
Von den Schimpansen habe ich immerhin gehört, daß sie zu Gewaltexzessen (mit Abreißen der Hoden des Feindes etc.) imstande sind.

 Teichhüpfer (07.09.21)
Die haben in den 60 er Jahren Söldner aus aller Welt über die Niederlande in den Dschungel von Vietnam geschickt. Der Krieg ist nie gewonnen worden. Ja, hauptsächlich haben die Kinder getötet, aber der verletzte Freund im Dschungel hatte die Bitte, abgeschossen zu werden, nur das konnte er leider nicht. Es war eigentlich die letzte Katastrophe ...

 Graeculus meinte dazu am 07.09.21:
Im Vietnamkrieg wurden Söldner eingesetzt? Das wußte ich nicht. Woher hast Du diese Information?

 Teichhüpfer meinte dazu am 08.09.21:
Der Mann war in 68 er Jahren dabei. Das war so in der 80 er Jahren. Wir kamen in einem Bistro in das Gespräch.

 Graeculus meinte dazu am 08.09.21:
Von einem Beteiligten.
Danke für die Information. Jetzt weiß ich mehr.

 Teichhüpfer meinte dazu am 08.09.21:
Oke.

 Graeculus meinte dazu am 08.09.21:
Ich merk's mir.

 Teichhüpfer meinte dazu am 08.09.21:
Das Leben lehrt am Besten.

 Graeculus meinte dazu am 08.09.21:
Stimmt schon; doch wenn man ausgelernt hat, ist man tot.

 Teichhüpfer meinte dazu am 09.09.21:
Ne, Graeculus, die Zeit bleibt stehen.

 Graeculus meinte dazu am 09.09.21:
Ist das nicht genau das, was Totsein bedeutet? Meine Zeit bleibt stehen, es geschieht nichts mehr.

 Graeculus meinte dazu am 09.09.21:
Oder was verstehst Du unter Totsein?

 Teichhüpfer meinte dazu am 09.09.21:
Vielleicht die Frage ob es weiter geht?

 Graeculus meinte dazu am 10.09.21:
Das glaube ich nicht, mein Lieber. Unser Gehirn zerfällt im Tod, und ohne Gehirn ist schlecht leben.

 Teichhüpfer meinte dazu am 11.09.21:
Wir haben nur ein Leben, und da sind wir uns einig.

 Graeculus meinte dazu am 11.09.21:
Das sind wir. Und dieses Leben ist endlich. Mit jedem Tage kommen wir diesem Ende näher.
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