Brief an einen toten Fixer

Text zum Thema Drogen/ Alkohol

von  Koreapeitsche

Du hast uns alle belogen. Wir hatten jahrelang Angst um Dich, doch Du hast uns nie die Wahrheit gesagt. Wieder und wieder fragten wir Dich, ob Du harte Drogen nimmst. Doch Du sagtest uns immer wieder: Nein. Nun bist Du tot, und wir kennen die Hintergründe nicht. Du wurdest nach einer Überdosis in einem Hotelzimmer aufgefunden. Wir sind alle erschüttert darüber. Warum hast Du Dir nie die Konsequenzen Deiner Drogensucht klargemacht? Nicht nur, dass Deine Familie in tiefste Depression gestürzt ist, auch Dein gesamtes ehemaliges Umfeld ist jetzt gestört, und es gibt niemanden, der diesen Defekt jemals wieder in Ordnung bringen kann. 
Warum hast Du nicht weiter Fußball gespielt? Warum bist Du nicht weiter bei Deiner Frau geblieben? Warum hast Du Dir die Nadelspitze in die Vene gedrückt? Du warst damals als Jugendlicher bereits durch Alkohol verroht. Du glaubtest, Du seist ein toller Typ, wenn Du noch andere Drogen nehmen würdest. Das Kiffen akzeptierten wir alle an Dir. Als Du ausschließlich gekifft hast, warst Du sehr gut drauf und konntest mit allen. Doch Du hast Dich von scheinbaren Freunden zum Drogennehmen überreden lassen, und was das Schlimmste ist, Du hast andere noch mit hineingezogen. Du hattest immer eine Maske auf, und uns vorgegaukelt, dass alles in Ordnung sei und Du clean. Doch das war eine Lüge. Du hast uns nie gesagt, dass Du mit Deinem Job Probleme hattest. Deine Drogensucht ist immer verheerender geworden. Dann bist Du immer zu diesem Drogenarzt gegangen, den alle in der Szene „Doc“ nannten. Und Du hast Dir Unmengen an Tabletten verschreiben lassen, die Du genascht hast wie Bonbons. Du hast das Leben nie wirklich ernst genommen. Es hatte für Dich noch weniger Wert, als ein Spiel. Doch wir haben den großen Fehler gemacht, Dich weiterhin zu unterstützen, obwohl Du auf Dein Umfeld so negativ eingewirkt und nun alles zerstört hast. Doch am Schlimmsten trifft es Deine Eltern, denn die werden sich bis an ihr Lebensende Vorwürfe machen. Du hast ja sogar während Deiner Arbeitszeit Drogen genommen, um diese überhaupt durchzuhalten. Du hattest nie eine andere Philosophie, als den Drogenrausch. Die Drogen und Dein Ego waren Dir wichtiger, als jeder Mitmensch. Du hast Deine Dealer hofiert und jeden Preis gezahlt, ohne darüber nachzudenken, dass Du immer tiefer in den Teufelskreis aus Drogen, Lügen und Unaufrichtigkeit gerätst. Hast Du Dich jemals gefragt, wie wir darüber empfinden, einen Junkie in der Familie zu haben? Dein Tod ist unser Abgrund, denn wir verzweifeln in Fragen über das Warum Deines plötzlichen Todes. Du hast Dir wieder und wieder die Nadel in die Vene gestochen, um einen Kick zu bekommen, der nichts als bloße Illusion ist. Dein Drogenkonsum war eine Absage an die Vernunft und Menschlichkeit. Es hätte so viele andere Wege gegeben. Doch Du hast nie über Deine Sucht gesprochen. Irgendwann hättest Du einen Therapieplatz gefunden, wenn Du Dich ernsthaft darum bemüht hättest. Du hättest einen Weg aus dem Teufelskreis finden können, doch Du warst nie bereit, einen ersten Schritt zu tun.
Für uns wäre es am besten, Dich einfach für immer zu vergessen. Doch wir sehen in unseren Gesichtern den Schmerz des gemeinsamen Verlustes. Wir sind nicht in der Lage, posthum über Dich zu sprechen, denn der Schmerz, den Dein Tod in uns ausgelöst hat, sitzt zu tief. Uns bleibt die Hoffnung, dass Dein Schicksal eine Mahnung für alle anderen ist, sich mit diesem Teufelszeug einzulassen.
Du hast Dich dieser Perversion hingegeben, Dein Leben einzig und allein von dieser Droge abhängig zu machen. Du hast Dich dabei selbst betrogen. Deine ständig wechselnden Masken wollten uns suggerieren, dass der Stoff der richtige Weg ist, der Dich breit und glücklich macht. Der Wandel Deiner Sprache war dabei symptomatisch. Du hattest am Ende einen Wortschatz, der Deinen selbstzerstörerischen Trieb manifestierte. Du lebtest gegen Deine Natur, und wir haben die Katastrophe nicht kommen sehen. Doch wir werden uns mit den Problemen auseinandersetzen, die junge Menschen in die Drogensucht treiben und diese bekämpfen, bis es sie nicht mehr gibt.

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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (16.11.21)
Da er nun einmal tot ist, wird ihm moralischer Druck auch nicht mehr schaden.

 Dieter_Rotmund (16.11.21)
Mir persönlich zu lang und zu sehr "j'accuse". Handwerklich ordentlich, indes wird ein Handlungsfaden nicht weitergesponnen, es bleibt redundant und theoretisch. ZB keine Beispiele für den neuen Wortschatz.

Kommentar geändert am 16.11.2021 um 15:04 Uhr
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