Manche Momente wirken nachträglich pathetisch, wenn man sie erzählt, indes aber sind sie einfach nur schön. So steht man wie ein kleiner Wurm vor der pompösen Freitreppe des Oberlandesgerichts, das Wort "pompös" in diesem Zusammenhang borgte ich mir aus Wikipedia, Justitia blickt auf dich herunter und nein, sie ist nicht blind, sondern hält ein goldenes Schwert in ihrer Rechten und in der Linken das Gesetzbuch, sie thront und über ihr ein glasbedeckter Himmel über einem dreigeschossigen Arkadenhof. Die Habsburger wussten schon, wie man, ohne Geld, beeindruckt, die Parenthese musste sein. Aber, da steht man da, also ich, und Glück schwimmt, bevor es taucht, durch mich hindurch, das ist zu überwältigend.
Und, so hole ich mir manchmal die Motivation, wenn das Loch drohend näher kommt, gehe hinein, bitte, dass man mich kurz nur stehen lässt, erkläre den Grund, das ist nie ein Problem und dann stehe ich vor der Treppe, wage es aber nicht hinaufzugehen, das erst, wenn es soweit ist, dieser Moment steht mir noch nicht zu, aber wenn, dann werde ich langsam gehen, das weiß ich und hinunter werde ich, ja, glücklich gehen, der glücklichste Mensch sein, denn dann habe ich die Rechtsanwältin in der Hand, ein Dokument, die Urkunde folgt.
Bis dahin ist es noch - ich sehe dann die Stufen hinauf, wenn ich dort stehe und stelle es mir vor - steinig, riesige Brocken heißt es wegzuräumen, aber die Arbeit wird nicht gescheut und auch wird niemals zugehört, wenn jemand meint oder denkt, ich sei zu alt, niemand ist zu alt für Bildung, Umschulung, was auch immer, das ist ein Schwachsinn.
Also, dort stehe ich und bin überwältigt.
Weniger war das Gefühl im Verfassungsgerichtshof, wenngleich doch voller Stolz, auf die, die den Liberalismus mit ihren Blut vergossen haben, sodass wir, in dem Fall ich, mit den Fingern der linken Hand die Verfassung umblättern kann und mit dem Zeigefinger die Gesetze suche, die ich benötige, staatstragend heißen sie Artikel. Das ist wichtig, denn Österreich hat 1000 Gesetzesbücher, nicht so viele, aber mehr als man glaubt, das nervt und so sind alle wichtigen Niederschriften als Artikel bezeichnet, man denke an die Grundrechtecharta oder die AEUV auch EUV, die wir gemeinsam haben.
Mein Opa hatte keinen Respekt vor Winkeladvokaten, ein schmieriger Begriff, aber im Ernst, hat man schon mal einem Cicero der Neuzeit zugehört, den alten vertrieb man irgendwann, er nervte schon, jedoch die Reden gegen Catelina waren großartig, also, hat man schon mal bewusst, mit aller Aufmerksamkeit zugehört? Großartig. Es ist dennoch erstaunlich, denn im Studium hat man alles zu wiederholen und wehe man macht keine Wortwiederholung, dann scheppert es! Das war anfangs schwierig, schließlich ermahnte man uns im Gymnasium stets zur Kreativität, bloß keine Wiederholungen, jedoch liebte ich diese insgeheim immer schon, im Ohrensessel sitzend, der Einschub weist auf die Liebe hin, keine weitere Ausführung, dem Belesenen gegenüber, so habe ich jetzt weniger Probleme damit.
Stehsätze müssen sitzen, Gesetze lernen wir nicht auswendig, nicht bewusst, das kommt von selbst.
So stehe ich, völlig überwältigt, vor Justitia, vielleicht ist sie blind, aber taub nicht, sie erhört mein beten, während ich denke, dass ich in drei Wochen die Zulassungsklausur zum Bürgerlichen schreibe. Der Schlaf ist längst nur noch eine Vorstellung.
Ein Glücksmoment, vielleicht?