Star

Erzählung zum Thema Ruhm

von  Carlito

Sie lag auf dem Hotelbett und schaute zur Decke. Es war angenehm. Das Bett wollte nichts von ihr. Es war nur bequem. Die Decke wollte nichts von ihr. Sie beschützte sie nur vor dem Regen und dem Scheinwerferlicht. Aber nicht vor dem Schmutz.

Es war nach der Party. Nach einer von vielen. In einer Hand hielt sie noch ein leeres Champagnerglas. Sie hatte mal wieder zu viel getrunken. Die Kerle waren großzügig gewesen. Hände waren unter ihr Kleid geglitten. Gierige Hände.

Sie liess das Glas los. Ihre Hand fuhr durch ihr blondes Haar, das nicht blond war.

Sie war berühmt. Sie war eine Schauspielerin. Sie war ein Star. Bilder von ihr prangten auf den Titelseiten der Zeitungen. Ihre Filme spielten Millionen von Dollars ein. Die Menschen standen Schlange, um ihre Filme zu sehen: Lächeln, Blitzlicht, Autogramme. Die Welt lag ihr zu Füßen.

Sie starrte die Decke an.

Produzenten, Regisseure und Schauspieler posierten mit ihr vor der Presse. Einige waren freundlich, andere weniger. Sie mochte die nach Zigarrenrauch stinkenden Potentaten nicht, aber sie brachten ihr neue Verträge ein. Und neuen Ruhm. Und neue Zigarrenraucher.

Sie dachte an die kleine Stadt, aus der sie geflohen war.

Provinz‘, hatte sie damals gelästert.

Sie erinnerte sich an die goldenen Felder und die endlosen Blumenwiesen. Und an den Kristallfluss, in dem sie ihre Kinderfüße gebadet hatte. Und sie dachte an das Haus, in dem sie mit ihren Geschwistern aufgewachsen war.

Da war dieser sommersprossige Bauernbursche, der ihr immer wieder Blumen geschenkt hatte. Er hatte niemals Zigarren geraucht. Oder sie betrunken gemacht. Oder sonst etwas mit ihr gemacht. Er hatte sie nur bewundert. Und vielleicht liebte er sie.

Sie stellte sich vor, mit Sven, so hieß der Bauernbursche, verheiratet zu sein. Sie hatten Kinder, mindestens drei. Sie arbeiteten hart. Ihre Hände wurden rau. Aber sie waren glücklich. Und er schenkte ihr Blumen. Und er umsorgte ihre rauen Hände.


Sie stand auf, ging zum Schrank und begann ihre Koffer zu packen.

Sie beschloss, wieder Norma Jean zu werden.



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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (01.12.21, 23:38)
Etwas arg bemüht, dieser Marilyn-Monroe-Bezug, finde ich. Und mir persönlich insgesamt zu moralisch, zu landlebenromatisierend.

 Carlito meinte dazu am 03.12.21 um 21:21:
Danke für deinen Kommentar! Ich habe mich erst nach dem Schreiben dieser Geschichte mit der Bio von MM befasst, die sehr viel finsterer war. Was hast du für Probleme mit Moral, Landleben und Romantik?

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 04.12.21 um 09:05:
Es ist sehr belehrend und vorschreíbend. Man kann sich aus dem Geschilderten keine eigene Meinung bilden. Das Landleben mag anders sein als das eines promiskuitiven Starlets, aber es hat dafür andere Schattenseiten. Gegen die Romantik des 18. und 19. Jhdts habe ich nichts, warum soillte ich?
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