Brief an die Parallelgesellschaft

Gedanke zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  eiskimo

Dieser Text gehört zum Projekt    Corona-Texte

Liebe Ungeimpfte!

Ich muss mich bei euch entschuldigen. Denn auch ich habe kräftig mit gemobbt, wenn es gegen die verschworene Gruppe der Impfverweigerer und Querdenker ging. Aber dabei  war mir nicht klar, wie falsch und einseitig dieses Feindbild immer wieder gezeichnet wird.

Sicher, ihr habt auch ein paar Einhundertfünfzig-Prozentige in euren Reihen, die  mit halbwissenschaftlichen Zahlen und dem vermeintlichen Restrisiko argumentieren – Ansätze, die sich inzwischen mit zunehmender Impferfahrung ja als immer haltloser erweisen.

Aber, liebe Ungeimpfte, das seid ihr ja gar nicht! Ihr seid zum allergrößten Teil meilenweit entfernt von diesen laut tönenden Halbwissenschaftlern. Meilenweit entfernt auch grundsätzlich, weil ihr hier noch gar nicht angekommen… oder schon lange abgehängt seid. Die ganze Aufregung um das Impfen, das ist für euch ein Spuk „da draußen“, den ihr, denke ich, einfach nur von euch fernhalten wollt.

Ja, liebe Ungeimpfte: Das habe ich inzwischen gelernt: Wir „da draußen“, wir  erreichen euch nicht, weil wir euch auch vorher schon aufgegeben haben. Ihr wart immer die Kaste da unten, die wir zwar gnädig alimentierten, aber gesellschaftlich schön weit von uns fernhielten.

Jetzt, mit Corona, brauchen wir euch plötzlich. Ihr seid, liebe Ungeimpfte, ein elementarer Baustein in unserem Immunisierungsprojekt. Ohne euch wird das Ganze nie wasserdicht. Aber, das merken wir jetzt als gestresste Bauherrn ganz erschrocken: Unsere Appelle kommen bei euch gar nicht an.

Warum? Kenner der sozialen Lage bei uns sagen:  Weil der Abstand zu groß geworden ist, weil  die Kluft zwischen den da oben und euch viel zu weit auseinander klafft. Elementare Informationen bleiben da auf der Strecke. Nicht einmal die Sprache ist dieselbe. Und dann ist da noch das Misstrauen.

Wie gesagt: Ich muss mich bei euch entschuldigen.  Euch an den Pranger zu stellen als renitente Neinsager, das trifft es nicht. Es ist auch der absolut falsche Weg.

Wir müssen umdenken. Wir müssen wieder eure Sprache lernen. Wir müssen die Begegnung suchen und hören, was ihr zu sagen habt.  Euch endlich ernst nehmen. Um euch wieder zu erreichen. Und dann werdet ihr auch wissen wollen, worum es eigentlich geht. Für alle zusammen.

Das Impfen könnte so am Ende ….  ein neuer Anfang sein.

Das wünsche ich mir zumindest. Und natürlich uns. Auf dass der Dialog in Gang kommt. Allen einen schönen Advent!

 

Euer K. Gutmensch



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Kommentare zu diesem Text


 Verlo (03.12.21, 11:07)
Ich, als Ungeimpfter und zudem Gesunder, nehme deine Entschuldigung an.

 eiskimo meinte dazu am 03.12.21 um 12:44:
Schön, aber das ist nur der Anfang, um bei dem o.g. Immunisierungsprojekt voran zu kommen. Denn dem Gutmensch hier geht es sehr wohl  um das Impfen. Für ihn muss  allerdings die Ansprache an die 25%  noch Ungeimpfter vernünftiger gehandhabt werden. Man kann heutzutage nicht mehr davon ausgehen, dass die alle um 20 Uhr die Tagesschau gucken, hinreichend des Deutschen mächtig sind und/oder trotzdem Vertrauen in die Behörden haben.
Also muss man andere Kanäle nutzen, um sie vom Wert des Impfens zu überzeugen.. Wer dann noch renitent bleibt, der macht was falsch.
Agnete (66) antwortete darauf am 03.12.21 um 21:28:
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 eiskimo schrieb daraufhin am 03.12.21 um 23:17:
Hallo, Agnete!
Der Brief sollte definitiv nicht satirisch sein. Was ihn vielleicht in diese Ecke rückt, ist die Unterschrift eines  K. Gutmensch. Ohne diesen Namen beschreibt  der Text genau  das, was Du mit gesellschaftlicher Spaltung bezeichnest. Und ich denke, dass die Verteilung von Geimpften - Ungeimpften ziemlich exakt diese Spaltung nachzeichnet.  Ich stimme Dir zu: Die Spaltung war vor Corona da, und auch mit einer Impfpflicht wäre die Spaltung nicht überwunden.  Da müsste viel mehr Ausgleichendes geschehen, so ähnlich, wie K. Gutmensch es  ja vorschlägt.
vG
Eiskimo

 Verlo äußerte darauf am 03.12.21 um 23:24:
--> auch mit einer Impfpflicht wäre die Spaltung nicht überwunden. <--

Das wundert mich aber jetzt.

Ich dachte, es könnte so einfach sein: erst Impfpflicht, dann Impfzwang, und alle haben sich wieder lieb.
Ferdi (70)
(03.12.21, 23:31)
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 Terminator (04.12.21, 05:01)
Ihr wart immer die Kaste da unten, die wir zwar gnädig alimentierten, aber gesellschaftlich schön weit von uns fernhielten.
Die Arbeitslosenquote beträgt 30%? Werden alle Ungeimpften "alimentiert"? Sind alle Ungeimpften gesellschaftlich "unten"? Oder verläuft die Trennlinie eher zwischen dem linken Mainstream und den "eher Rechten"?


Eine Statistik zum sozialen Status von links-grünen Gutmenschen und dem rechten Flügel von CDU/CSU bzw. FDP und der AfD Zugeneigten wäre interessant. Kann es sein, dass die, die sich als Kollektiv für besser halten, weder besser sind noch besser dastehen?

 Terminator (04.12.21, 05:23)
Nachtrag:

In Familien mit hohem sozialem Status gaben 16,5% (95% KI: 14,8–18,4) der Eltern Gründe gegen Impfung(en) an. In den Familien mit niedrigem sozialem Status waren dies nur 6,4% (5,5–7,3). Auch die angegebenen Gründe variieren zwischen den Statusgruppen: In Familien mit niedrigem sozialem Status gaben Eltern fast doppelt so häufig wie Eltern mit hohem sozialem Status Erkrankungen des Kindes als Grund für nicht in Anspruch genommene Impfungen an. Dagegen nannten Eltern mit hohem sozialem Status häufiger Angst vor Nebenwirkungen (10,5%; 95% KI: 9,0–12,2) und die Überzeugung, dass es besser sei, wenn das Kind die Erkrankung durchmache (9,1%). Lediglich 2,8% (2,2–3,5) der Eltern mit niedrigem sozialem Status gaben Angst vor Nebenwirkungen und 1,9% die Überzeugung an, dass es besser sei, die Krankheit durchzumachen.
Quelle: https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0029-1239101

 eiskimo ergänzte dazu am 04.12.21 um 12:40:
Deine Anmerkungen machen deutlich, dass man genau hingucken muss - sicher auch genauer, als K. Gutmensch es hier getan hat. Sein Ansatz, die Frontenbildung aufzubrechen, scheint mir dennoch richtig.
Seine Formulierung mit dem "alimentiert" meint natürlich nicht ausschließlich Arbeitslose, sondern auch andere , die sich abgehängt fühlen (müssen).
Danke jedenfalls für die interessanten Ergänzungen!

 Regina meinte dazu am 04.12.21 um 19:58:
die von Terminator zitierte Statistik zeigt, dass es den typischen Ungeimpften, der sich auch noch abgehängt fühlt, nicht gibt.

 eiskimo meinte dazu am 04.12.21 um 22:23:
Da möchte ich auf andere  Erkenntnisse verweisen:  Nicht nur, dass das Virus die Armen und Schwächeren bei uns viel härter trifft, sondern dass es auch beim Impfen diese soziale Asymetrie gibt.
"Bildungsferne, Geringverdienende und Minderheiten sind bei den Ungeimpften überrepräsentiert."   Das sagt nicht nur Cihan Celik, Oberarzt auf der Corona-Isolierstion am Klinikum in Darmstadt,  es ist auch bei Spiegel.onlne in einer vergleichenden Studie mit der Situation in Dänemark aufgezeigt worden.

 AZU20 (04.12.21, 12:09)
Der Dialog muss aber auch zum richtigen Ergebnis führen.LG

 eiskimo meinte dazu am 04.12.21 um 12:42:
D´accord!  Das Virus gibt ja keinen Rabatt für gesellschaftliche Nettigkeiten.
LG
Eiskimo

 Regina meinte dazu am 06.12.21 um 11:56:
Ja, aber wenn du ne Diskussion willst, musst du dich auch auf Argumente einlassen, die dir unbequem sind.

 Graeculus meinte dazu am 06.12.21 um 12:38:
wenn du ne Diskussion willst, musst du dich auch auf Argumente einlassen, die dir unbequem sind.
Z.B. die Ansicht überprüfen, die bei uns gängigen Covid-19-Impfstoffe (BionTech, Moderna) würden mit Embryonenzellen hergestellt, Geimpfte seien also so etwas wie Kannibalen.

 LotharAtzert meinte dazu am 06.12.21 um 13:01:
Also ich bin keine "Parallelgesellschaft".

Ein intelligenter Mensch ist entweder Dharmaschützer oder Advocatus diaboli.
 

 eiskimo meinte dazu am 06.12.21 um 14:54:
@Graeculus
Vertrittst Du selber dieser Ansicht? Wenn ja, in Rückgriff auf welche Fakten?

 Graeculus meinte dazu am 06.12.21 um 15:05:
Ich nicht, aber Regina.

Vgl.
https://www.br.de/nachrichten/wissen/enthalten-corona-impfstoffe-zellen-von-abgetriebenen-foeten,SabJ7Nq
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