river

Text

von  minze

Der Brief soll in ein fließendes Gewässer. Mir fällt es gleich ein, wenn sie mich fragt, welcher Begriff beschreibt, was es ausmacht und was ist Ihr Element. Welcher Ort es sein könnte, welches Gewässer; es wird der Auenwildnispfad. Ich folge mir, wenn sie mich fragt; voll rein und voll raus. Vor dem Gespräch scheine ich unsortiert, merke dann, dass es anschwillt: dass ich vollschwemme, nicht mental, dass die Gefühle sich regen und zur Sprache brechen. Wenn sie fragt, was sich getan hat und ich zunächst nichts sage, reiht sich alles schon ein.

Ich beginne beim zweiten Gespräch mit dem Tag nach der Nacht, in der ich wach und verliebt war. Ich habe es dem Kissen gesagt, dem Schoß zu verstehen gegeben; der Schlummer danach. Verzeihen ist nicht das Gleiche wie Versöhnen. Man kann verzeihen, auch verstehen, es lassen. Ohne sich zu versöhnen. Versöhnen schließt einen neuen Bund ein.

 

Ich komme seit Wochen nicht zum Pfad. Eigentlich bin ich schon da, ich weiß schon die Stelle, etwas genauer die Worte, die dann kommen. Ich muss noch die Länge kürzen in den Ansagen. Das Zögern geht. Sie dünnen sich aus, nebenher, bis ich es auf zwei Sätze bringe. Die Kompaktheit von allem drängt sich nicht mehr in eins, es hat sich im Schlummer beruhigt. Sie verteilt sich auf Orte und offene Momente. Ich bin im Auto und kann nur an eines denken. Ich schlafe ein und denke wieder an nichts. Ich geh nachts pissen und hab ihn kaum mehr dabei, wenn, dann lass ich ihn bald gehen. Ich putze meine Zähne und denke an die Zwischenräume. Ich mache am Morgen nach dem Klo Kaffee und will die Zeitung. Beim Anziehen ist in mir nur ein Eindruck anstelle von zu vielen. Manchmal ist der Eindruck so für sich stehend, dass er sein kann. Abgesehen von einer alten Interpretation. So würdige ich das Einzelne, ohne dass es sich verklumpt.

 

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Jetzt waren wir krank, dann musste ich das Laub rechen, dann die Impfung. Sie macht mich wieder angreifbar. Spült mich etwas durch, macht mich durchlässiger. Ich lasse das Laufen nicht weg.
Ich lasse mich auf Marco ein, wir treffen uns zum Improvisieren. Er macht den Sound, ich die Stimme, wir müssen es regelmäßig machen, damit wir uns wirklich trauen. Mal ist es schwierig, mal läuft’s. Darf es auch. Außer der Konzentration auf das, was wir machen, können wir noch nicht so gut einander Feedback geben. Beim Begrüßen halten wir den Abstand und beim Gehen umarmen wir uns.

 

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Wie die Dinge wieder einzeln liegen, wird es stiller. Ich sehe und mache sie nacheinander. Wenn ich Ruhe habe, hör ich hin und merke sie, fast vollkommen. Daraufhin will ich‘s testen und testen und bring mich in Situationen, die mich kratzen. Aber lang störe ich sie nicht, nur schieb ich den einen Spaziergang.



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