der Tod und seine Not der richtigen Entscheidungen

Gedankengedicht zum Thema Gerechtigkeit/ Ungerechtigkeit

von  AvaLiam


Neuerlich am Friedhofstor …

Es fuhr ein neuer Mieter vor.

Man hörte Trauergäste klagen

und schon fast verzweifelt fragen:

 

„Warum denn ausgerechnet er?

Das ist doch überhaupt nicht fair.

Und wieso ausgerechnet jetzt?

Hat sich doch erst zur Ruh gesetzt.“

 

Ich bin nicht herzlos – wirklich – nein,

doch müssen solche Fragen sein?

 

Mich juckts dann immer auf den Lippen.

Es droht die Stimmung jäh zu kippen,

würd ich stellen meine Fragen

in Erwartung, was sie sagen.

 

Auch wenn es den Disput entfacht,

ich find die Fragen angebracht:

 

„Wer hätt statt dessen gehen sollen?

Ob Sie das hätten wählen wollen?

Entgegen aller Anamnesen …

Wann wär es Ihnen recht gewesen?“

 




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Kommentare zu diesem Text


 Misanthrop (16.01.22, 11:44)
Schöner Bogen von Larmoyanz über Akzeptanz zu realistischer Betrachtung und Reflektion.


und schon fast verzweifelt fragen:
Da rutschst Du plötzlich in den Trochäus. Vorschlag: "und nahezu verzweifelt fragen"


In V13 und 14 ebenfalls betonte Auftakte, die ließen sich auch leicht dem sonst jambischen Text angleichen.

Zur Conclusio: Recht so, diese Frage ist rhetorischer Natur, den 'richtigen' Zeitpunkt für ein Ableben gibt es nicht.

Winkegruß
Dat M.

 EkkehartMittelberg (16.01.22, 13:21)
Hallo Andrea, es ist interessant, dass sich einer gerechten/ungerechten  Todeszeit für einen Atheisten nicht stellt, es sei denn, er würde sie unsinnig an die Natur  stellen.
.
Aus religiöser Sicht bleibt die Frage meistens unbeantwortet, weil sich die Geistlichen in Phrasen, wie zum Beispiel "Gottes unerforschlicher Ratschluss" flüchten.
Liebe Grüße
Ekki

 Saira (16.01.22, 13:52)
Liebe Andrea,
 
chapeau!
 
Klasse dargestellte Frage zum Zeitpunkt des Todes aus der Sicht des schwarzen Mannes.
 
Aus dem Blickwinkel der Hinterbliebenen ist die Hinterfragung nach dem „Warum so früh?“ „Warum er/ sie?“ in Anbetracht des Schmerzes absolut nachvollziehbar (insbesondere dann, wenn der Tod junge Menschen trifft).
 
Herzlichst grüßt dich,
deine Sigi

 AchterZwerg (16.01.22, 15:48)
Kann sein, dass der Tod seine Besuche fast nie zum rechten Zeitpunkt absolviert hat.
Außer bei Ernst Bloch und all den anderen, die mit einem Lächeln auf den Lippen aus dem  Kreise ihrer Lieben mitgehen konnten ...

Herzlichst
der8.

 princess (16.01.22, 15:54)
Möglicherweise trifft der Tod sogar richtige Entscheidungen. Aber meckern wird trotzdem immer jemand. 

LG p.

 GastIltis (16.01.22, 17:11)
Liebe Andrea,
der große Robert Gernhardt hat ja in seinen Gedichten, als er noch gesund war, gern mit dem Tod verhandelt. Genützt hat es ihm, als es ernst wurde, letztlich nichts. Dennoch, in Frage stellen kann man ihn immer. Nur darf man die eigene Zuversicht nie aus den Augen verlieren. Feine Zeilen von dir.
LG von Gil.

 Graeculus meinte dazu am 16.01.22 um 17:49:
Magst Du mir ein bißchen von Deiner Zuversicht abgeben?

 GastIltis antwortete darauf am 16.01.22 um 18:50:
Weißt du Graecu, wenn ich nicht genau und aus dem Kopf wüsste, wann du Geburtstag hast und wie alt du bist, und dass ich mit deiner jugendlichen Frische mein „Sein“ in Foren erst begonnen habe, dann müsste ich dich für einen zagenden oder zweifelnden Menschen halten, der du nicht bist.
Übrigens habe ich für das Wort Zuversicht keinen Begriff gefunden, der für das Gegenteil steht.
Und so zuversichtlich, wie ich es manchmal vermitteln möchte, bin ich in Wirklichkeit gar nicht. Das Zögern und Zagen gehört nicht zu meinen Charakterzügen. Wenn man jedoch über das Ziel hinaus schießt, muss man es (ab und zu) auch bekennen. Meiner Frau versuche ich, dies von Zeit zu Zeit wieder mal klar zu machen. Aber wenn man sehr lange zusammen ist, nutzt sich auch das ab.

Viele Grüße von Gil.

 Graeculus schrieb daraufhin am 16.01.22 um 23:41:
1 kg Hoffnung, 5 gr Vernunft - das ist so meine Vorstellung von Zuversicht. Das Gegenteil müßte in etwa die Resignation sein: 0,5 gr Hoffnung, 1 kg Vernunft.

Was die Ehe angeht, so kann ich bestätigen, daß es Leichteres gibt, als mit einem Pessimisten verheiratet zu sein.
Agnete (66)
(16.01.22, 18:59)
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 TassoTuwas (17.01.22, 18:03)
Liebe Ava,

eigene Probleme auf andere schieben ist menschlich.
"Heiliger St. Florian", verschon mein Haus, zünd' andre an!

Aber war soll der andre sein?

Da ist dann guter Rat teuer, denn schließlich und glücklicherweise, sind doch wirklich hassenswerte Menschen recht selten!

Herzliche Grüße
TT
tild (59)
(17.05.22, 11:58)
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 harzgebirgler (18.05.22, 16:16)
die sollten's einfach so mal seh'n: 'freund hein'
stellt sich sehr gerne ungebeten ein!

super geschrieben, gerne gelesen! :) 

lg
harzgebirgler
Agnete (66)
(20.07.22, 20:49)
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 Teichhüpfer (28.01.23, 21:12)
Da habe ich einen Guten von Graeculus, der Tod ist der letzte Arzt.
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