Aus Engelsmaterie

Interpretation zum Thema Sex/ Sexualität

von  HerzDenker

 

 

AUS ENGELSMATERIE, am Tag

der Beseelung, phallisch

vereint im Einen

-Er, der Belebend-Gerechte, schlief dich mir zu,

Schwester – aufwärts

Strömend durch die Kanäle, hinauf

in die Wurzelkrone:

Gescheitelt

stemmt sie uns hoch, gleich-ewig,

stehenden Hirns, ein Blitz

näht uns die Schädel zurecht, die Schalen

und alle

noch zu zersamenden Knochen:

 

vom Osten gestreut, einzubringen im Westen, gleich-ewig -,

 

wo diese Schrift brennt, nach dem

Dreivierteltod, vor

Der herumwälzenden Rest-

Seele, die sich

Vor Kronenangst krümmt,

von urher.

Paul Celan

 

                                        Interpretation:
Es handelt sich wohl um eines der Gedichte, die auch dem Spirituellen nicht so zugewandte Interpreten kaum einer anderen Sphäre zuordnen werden als eben dieser: Es wird –ähnlich der bei Nonnen des Mittelalters bekannten Brautmystik – eine deutliche Nähe zwischen erotischer und mystischer Vereinigung herausgearbeitet:  Denn der Tag der Beseelung wird von einer phallischen Vereinigung geprägt, die im Einen stattfindet. Man könnte sagen: Ist ein noch höherer Grad der Vereinigung möglich? Körper und Seele ziehen sozusagen an einem Strang! Die göttliche Fügung, die der Dichter betont, wird mit Eigenschaften Gottes unterstrichen: Mit Belebend-gerecht wird er umschrieben. Die sexuelle Ebene, die als Medium diente, wird in den Worten: Er … schlief dich mir zu, Schwester- ausgedrückt. Das alles diene dem geistigen Aufstieg: Mit aufwärts wird die Richtung klar aufgezeigt. Die Begriffswelt der Chakren scheint als Blaupause zu dienen, wenn Kräfte ins Spiel kommen, die strömend durch die Kanäle, hinauf in die Wurzelkrone gelangen. (Es gibt ja den Begriff des Wurzel- wie auch Kronen-Chakras.) Letzeres wird auch Scheitel-Chakra genannt, sodass das folgende Adjektiv gescheitelt sehr gut hineinpasst. Eine weitere Betonung der Richtung aufwärts findet sich in stemmt sie uns hoch. „Dort oben“ bewegen sich diese zwei Menschen im Gleichklang nahe ans Ewige heran:  gleich-ewig, Der Kopf, der sich später über alles Gedanken machen wird, muss einige Änderungen durchmachen, denn es könnte eine neue persönliche Zeitrechnung beginnen: Er muss von einem Blitz zurechtgenäht werden. Nach dem Zusammenklang der zwei befreundeten Menschen in diesem Vorgang wird nun auch der Zusammenklang der Kulturen betont: Der Osten habe diese Prozesse wohl in die Welt gestreut, der Westen  warte darauf, dass dies dort auch eingebracht werde. Alles werde wohl auch mal in der Schrift festgehalten;  diese Abläufe werden viel Feuer bringen, da solche Schriften brennen können, Brandmale setzen sozusagen. In hohem Maße notwendig sei das alles offenbar für den Westen, denn dort habe bereits ein Dreiviertel-Tod stattgefunden. Ein paar Einzelne bewusste Menschen, die dem lebendig-Gerechten schon gedient haben, wälzten sich herum , was nicht gerade nach einem anerkannten Lebenszusammenhang klingt. Das mag an der Angst liegen, die diese Ausnahme-Menschen immer wieder umschlich, die vor dem letzten Schritt zur Göttlichkeit: vor Kronenangst krümmen sie sich: Die letzte hohe Energiestufe vor der Unio mystica wurde ihnen noch nicht zuteil. Diese Seelen haben eine lange Vorgeschichte der unentschlossenen Furcht, denn der Dichter sieht sie seit urher wirken.  



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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (02.02.22, 23:19)
Ja, wer ist denn der Dichter?

 HerzDenker meinte dazu am 03.02.22 um 05:52:
Sorry, oben auch nachgeholt: Celan.
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