Herbstlicher Waldspaziergang

Skizze

von  StillerHeld

Nachmittags geh ich durch den herbstlichen Wald und stelle mir vor, diese verzauberte Welt wäre nur für mich allein geschaffen. Der Zweig knackt unter den Sohlen, ich wirble goldenes Laub auf. Unter den Bäumen ist der Tisch für meine Phantasie reich gedeckt. Kaum komme ich näher, zerfällt jedoch die Pracht: Da ein Blatt und dort ein Blatt, gelb, braun, schmutziggrau, dazwischen starrt mich nackte Erde an. Wenn ich mich ins üppige Laubbett lege, brechen dürre Blätter unter mir und ich spüre die Härte des Bodens.


Die blaue Stunde naht. Erste Schatten kriechen unter dem Gehölz hervor. Noch haschen die Baumwipfel nach dem letzten Abendrot. Doch die herbstlichen Farben dunkeln nach und nach, bis sich nur noch kräftige Töne gegen das Grau durchsetzen können. Dann entweicht auch die letze Farbe. Kaum sieht man noch ein paar Meter. Die Blicke kreisen enger. Dem Lustwandeln geht das Licht aus, der Wald verabschiedet sich, so höflich er das kann: Alles ist jetzt still und wartet auf den Tau, störe nicht.


Geräusche der Nacht erobern die Finsternis. Sie spielen mit mir, sie täuschen mich. Es raschelt im Gebüsch. Funkeln da Lichter? Der Atem stockt, es pocht das Herz. Das Ungewisse lacht mich heimlich aus. Und ich verlass raschen Schritts das verbotene Paradies.


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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (09.02.22, 06:06)
Tach,
der Wechsel von empfundener Schönheit zum Entsetzen gefällt mir gut.
Nur das "verbotene Paradies" erschließt sich mir nicht. - Inwiefern verboten?

Fragende Grüße
der8.
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