Große Katharsis oder große Verblendung?

Kommentar zum Thema Weltgeschehen

von  Terminator

Europa steht vor einer Wahl. Es kann sich als das Imperium der Lügen erweisen, als welches Putin es (zusammen mit den USA) in seiner Angriffsrede bezeichnet hat. Dafür muss nur weiter die Propaganda von der Alleinschuld Putins am Krieg Russlands gegen die Ukraine wiederholt werden. Es kann aber auch in einem Erdbeben der Wahrhaftigkeit sich von einem Imperium der Lügen lossagen, dessen Vassall es (schon 30 Jahre zu lange) immer noch ist: den USA.


Die USA gaben damals Saddam Hussein das Signal, sie würden nicht eingreifen, wenn er sein Nachbarland Kuwait angreift. Er griff an, die US-Medien begannen einen Imformationskrieg mit Gräuelpropaganda, und das US-Militär griff den Irak an. Fool me once, shame on you; fool me twice, shame on me. Sollte man meinen. Aber Hussein ist gleich zweimal hintereinander betrogen worden: erst wurde er dazu verführt, den Iran anzugreifen (erster Golfkrieg), und dann den Kuwait (zweiter Golfkrieg), und beides wurde für ihn zur Katastrophe (und für die USA großes Geschäft bzw. glänzender militärischer Sieg, beginn der Neuen Weltordnung). Und er ist sogar zum dritten Mal betrogen worden: er öffnete sein Land den UN-Inspektoren, um zu beweisen, dass er keine Massenvernichtungswaffen hat. Mit der Sicherheit, dass es nicht gefährlich sein würde, den Irak anzugreifen, griffen die USA an (dritter Golfkrieg).


Die USA sind das Zentrum des kapitalistischen Weltsystems. Das erklärt die unzähligen Machenschaften, die dieses Land zum Geißel der Menschheit machen. Doch die Tyrannen an der Semiperipherie: Hussein, Milosevic, und nun Putin, spricht das nicht von ihrer Schuld an ihren Angriffskriegen frei. Die USA haben Gorbatschow reingelegt, und trotz dokumentierter Zusicherungen, die NATO nicht bis an Russlands Grenzen zu erweitern, die NATO bis an Russlands Grenzen erweitert. Die USA haben Putin signalisiert: Die Sicherheitsgespräche werden zu keinem Ergebnis führen, und wir nehmen sogar in Kauf, dass du die Ukraine militärisch angreifst. In der Propaganda klang das so: Wir wissen, dass Putin einen Angriff auf die Ukraine plant.


Den Haag sollte nun seine Tore für die Verbrecher der Angriffskriege gegen Jugoslawien (1999), Afghanistan (2001) den Irak (2003) und Libyen (2011) öffnen. Diese Kriege hatten verschiedene Hintergründe, aber jeder von ihnen überschritt die Schwelle zum völkerrechtwidrigen Angriffskrieg (ob nun mit UNO-Mandat oder ohne). Auch Putin sollte in den Haag nicht vor verschlossenen Toren stehen bleiben, das Kriegsverbrechertribunal sollte ihn herzlich willkommen heißen.


Europa ist im Krieg. Wie von den USA geplant, wird es seine Wirtschaftsbeziehungen zu Russland kappen, und dadurch großen Schaden nehmen. Die USA befinden sich in der schwersten Krise ihrer Geschichte, und werden versuchen, diese Krise auf Kosten Europas zu lösen. Deshalb muss in Europa eine Politik der Wahrheit beginnen. Europa darf sich nicht weiter hinter Narrativen und Kriegslügen verstecken, sondern muss in die Realität zurückfinden. Europa hat keine Feinde, es hat aber skrupellose (USA, Russland) und problematische Partner (China, Indien). Europa muss einerseits zwischen USA und China bzw. USA und Russland vermitteln, andererseits seinen eigenen Platz in der Welt als unabhängiger politischer Akteur und Konkurrent dieser Mächte finden.


Russisch-Mordor und Lügenimperium USA sind temporäre Escheinungen, diese Supermächte werden sich transformieren, und zwar zu bloßen Großmächten, weniger stark und weniger böse als bisher. Der totalitäre chinesische Überwachungsstaat und die Wundertüte Indien, die ihre dunkle Seite noch nicht gezeigt hat, weil noch nicht mächtig genug, sind nicht besser als die USA und Russland. Doch das sind nunmal die Machtblöcke auf diesem Planeten, willkommen in der Geopolitik. Europa kann den Anstoß dazu geben, die Regeln der Geopolitik fairer, humaner, win-win-artiger zu gestalten. Die USA und Russland spielen, wie schon im Kalten Krieg, ein Nullsummenspiel. Im Zeitalter der Nuklearwaffen hat ein Nullsummenspiel die Neigung, bei Eskalation zu einer Lose-Lose-Situation zu werden.


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Kommentare zu diesem Text

Adrian (47)
(09.03.22, 11:28)
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 Terminator meinte dazu am 09.03.22 um 17:11:
USA: schizophrenes Psychopathenkind. Russland: paranoides Psychopathenkind. Wer ist das rechtschaffene Kind?
Adrian (47) antwortete darauf am 09.03.22 um 18:05:
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 Graeculus schrieb daraufhin am 09.03.22 um 18:45:
Ein guter Politiker ist niemals einer, der Leute, die offen sagen, daß sie ihn für keinen guten Politiker halten, verhaften oder gar töten läßt.

Und er hält sich auch keinen Ramsan Kadyrow.

 Terminator äußerte darauf am 09.03.22 um 21:57:
Putin, das ist Stalin als Farce, würde Napoleon sagen.

 Graeculus ergänzte dazu am 09.03.22 um 23:27:
Ich frage mich, ob Talleyrand ihm sagen würde: "Sire, das ist schlimmer als ein Verbrechen - es ist ein Fehler."

Es würde mich sehr interessieren, ob der kluge Talleyrand ihm dies sagen würde ... denn Fehler sind das, woran man scheitert.

 Terminator meinte dazu am 10.03.22 um 00:07:
Stimmt, denn an den vielen Verbrechen, angefangen bei der Sprengung von Wohnhäusern im Spätsommer 1999 (russisches 9/11, den tschetschenischen Terroristen in die Schuhe geschoben, um einen Anlass für den Zweiten Tschetschenienkrieg zu schaffen), ist er bisher noch nicht gescheitert.

 Augustus (09.03.22, 14:28)
Zieht man den Umstand hinzu, dass Trump in der kommenden Periode erneut Präsident der USA werden könnte, den alten Vorsatz „America first“ weiter voranzubringen und Europa zu schädigen; so ist die Befürchtung Deutschlands militärisch von den Amis unter Führung Trump alleingelassen zu werden, groß. 

Die Feststellung, je nach Regierung zeige selbst die USA den Januskopf, führt dazu, dass die Europäer hinsichtlich ihres Militärs umdenken müssen. 

Biden sucht die Partnerschaft mit Europa. Trump hat Europa schwächen wollen und wir wissen, dass Trump gute Beziehungen zu Putin hegt und wir wissen nicht, wie er sich zur aktuellen Ukrainekrise verhalten würde. 

Europa wäre sich - nach dem Szenario Trump wäre noch Präsident - realistischerweise allein der Ukrainekrise überlassen. Oder Trump hätte Forderungen (vertraglich festgeschrieben) aufgestellt, die die EU schädigen würden, wenn die USA intervenieren würde. Zb. Erhöhung militäeretat, Abnahme amerikanischen Flüssiggas und Öl etc etc ….

Im Grunde erfüllt die EU gerade vergangene Trumps aufgestellte Forderungen, die sie zuvor nicht erfüllen wollte.
Clara (37) meinte dazu am 09.03.22 um 15:24:
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 Terminator meinte dazu am 09.03.22 um 17:15:
Trump wollte Europas Unabhängigkeit von den USA, Biden will Europas Untergang. Trump sah Europa als Partner der neoisolationistischen USA, Biden sieht Europa als Fraß für das hungernde imperialistische Raubtier, die US-Wirtschaft (die auf Pump lebt, hochverschuldet ist, und außer Krieg und Finanzgeschäften in allen Bereichen hinter Ostasien zurückfällt).

 Augustus meinte dazu am 09.03.22 um 17:57:
Trump sah die EU an Amerika mehr profitieren als umgekehrt das der Fall ist, dies wollte er unterbinden. Eine Kooperation hat er nicht angestrebt, viel mehr eine Loslösung vorhandener Kooperationen. 

Jene gewünschte „Diversität“ an Rohstoffen und Waren, damit man nicht von einem Land abhängig ist, ist in einer globalen Marktwirtschaft unmöglich. 

Die EU ist ja abhängig auch von chinesischen billigen Herstellungskosten.

Würde die EU komplett unabhängig werden wollen, von den globalen Playern, würden die globalen Player die EU wie eine Kuh arm melken.

 Dieter Wal (09.03.22, 19:18)
Europa steht vor einer Wahl. Es kann sich als das Imperium der Lügen erweisen, als welches Putin es (zusammen mit den USA) in seiner Angriffsrede bezeichnet hat. Dafür muss nur weiter die Propaganda von der Alleinschuld Putins am Krieg Russlands gegen die Ukraine wiederholt werden. Es kann aber auch in einem Erdbeben der Wahrhaftigkeit sich von einem Imperium der Lügen lossagen, dessen Vassall es (schon 30 Jahre zu lange) immer noch ist: den USA.

Niemand bestreitet, dass die NATO-Osterweiterung mit ein Anlass war, durch Putins skrupellosen Überfall auf die Ukraine Russland zur Hegemonialmacht über Europa zu führen.

Wie schön, dass Du diesmal mehr Zeit fandst, einen in sich geschlossenen Kommentar geschrieben zu haben.

Herzliche Grüße nach Berlin.

 Terminator meinte dazu am 09.03.22 um 21:55:
"mit ein Anlass" würde bedeuten, dass das Ziel Putins Außenpolitik nicht defensiver Natur ist, sondern eine Wiederherstellung der Verhältnisse von 1815 oder 1848 oder 1949. Sieht Xi China in den Grenzen von 1800? Träumt der Bundeskanzler von Großscholzland? Wollen die USA nicht für immer unipolarer globaler Hegemon sein? Ist nicht letztlich all dies Ausdruck des politischen Realismus, der "normalsten" Außenpolitik, seit es Staaten gibt?

Was wäre eine realistische Alternative zur Konkurrenz von Großmächten, die sich gegenseitig belügen und schwächere Länder unterwerfen? Geht global governance auch anders als eine globalistische Verschwörung der reichsten 1% zur Ausbeutung der 99%?
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