nachspiel

Kurzgedicht zum Thema Zeit

von  monalisa


 


ich bin immer noch
das mädchen / die junge frau
die um die häuser zieht
nur die zeit geht vor


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Kommentare zu diesem Text


 Thal (12.03.22, 10:20)
Ja aber es ist schon spät ne? Spät ist es.

 monalisa meinte dazu am 12.03.22 um 12:14:
Das liegt wohl im Auge der Betrachtenden, Thal ;)

Liebe Grüße
mona
IsoldeEhrlich (12)
(12.03.22, 10:39)
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 monalisa antwortete darauf am 12.03.22 um 12:15:
Freut mich, Isolde, wenn du das so klar siehst. Danke!

Liebe Grüße
mona

 MagunSimurgh (12.03.22, 10:47)
In dem Text geht es für mich um etwas, das ich auch oft erlebe: Man hat im Altern das Gefühl, dass sich alles verändert, von außen werden bestimmte Rollen an einen herangetragen, die man erfüllen muss, und in denen man auf eine bestimmte Weise gesehen wird. Zeitweise glaubt man dann auch selbst, dass sich alles innerlich und äußerlich geändert hat und gewisser Weise ändert man sich ja auch und lernt ständig dazu, und dann gibt es aber doch Momente und Begegnungen, die einem zeigen, dass sich innen noch nicht alles geändert hat, dass man noch Kontakt aufnehmen kann, zu den vergangenen Gefühlen und Gedanken. Das geht mir auch manchmal so, wenn ich Bücher noch einmal lese, die ich vor ganz langer Zeit gelesen habe, ich fühle mich dann schon ein bisschen zurückversetzt in das frühere Ich, das das Buch schon einmal gelesen hat.

Ich sehe in dem Text eine überaus positive Sicht auf dieses Phänomen "ich bin es immer noch", eine Freude darüber, dass es diese Energie noch gibt, die früher um die Häuser zog, etwas Beschwingtes. Im letzten Vers bin ich unsicher, was ich dabei fühle. Einerseits ist es eine Feststellung, eine Erleichterung "nur die Zeit geht vor" – also "ich verliere all das nicht unbedingt, nur weil Zeit vergeht". Andererseits lese ich darin auch eine Wehmut, denn die Zeit schreitet voran, unaufhaltsam, und irgendwann wie man doch vergehen – wir wahrscheinlich auch diese Energie vergehen, die man mal hatte.

Liebe Grüße
Magun

 monalisa schrieb daraufhin am 12.03.22 um 12:30:
Es freut mich, lieber Magun, dass diese wenigen Worte so einen Widerhall auslösen können. Da kommt anscheinend wirklich viel an und, was noch viel schöner ist, auch noch einiges, das bei dir mitschwingt :) . Freude und Energie, die über das "biologische Alter" hinauswirken, ein wenig Wehmut über die rasche Vergänglichkeit, die aber auch anzeigt, dass da etwas in Bewegung ist, lebt! Dieses Mehrdeutige, das du da herausgelesen hast, ist also durchaus gewollt, wie auch ein sanftes Rütteln am Hilfskonstrukt Zeit, das man auch misstrausch zwinkernd beäugen darf. Danke für deine aufschlussreichen Gedanken :) !

Liebe Grüße
mona

Antwort geändert am 12.03.2022 um 12:31 Uhr

 Detektivin (12.03.22, 10:58)
Liebe Mona,

du hast hier (wieder) ein für mich sehr berührendes Bild gezeichnet. 

Das lyrische Ich ist im Herzen noch immer jung und aktiv, aber stößt an eine Grenze: die Zeit geht vor. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie ich das interpretieren soll, von daher hier mal zwei Ansätze:
- die Uhr geht vor: es kommt einem also schon früh deutlich später vor; das lyrische Ich feiert noch, aber nicht mehr bis Mitten in die Nacht (bzw. ermüdet deutlich früher). 
- die Jahre sind schnell verflogen: es ist schon 2022 & das lyrische Ich ist "alt" geworden. Es fühlt sich so an, als würde die Zeit vorgehen, als wäre es noch gar nicht wirklich so alt, sondern der Kalender hätte sich nur vertan. Aber irgendwie ist es gefühlt über Nacht vom jungen Mädchen zur älteren Erwachsenen geworden. ("Die Zeit, die rennt" um meine Oma hier mal zu zitieren. "Huch - wieder ein Jahr älter geworden")

Vielleicht schließt das eine ja das andere auch nicht aus, mit dem älter werden kann sich ja auch das Zeitempfinden und die Schlafensgehzeit auf kleiner Tagesebene verändern. 

Ob der letzte Vers nur eine Feststellung oder auch eine innere Wertung ist, vermag ich nicht zu beurteilen. (: 

Ich mag dieses Lebendige im Verlauf der Zeit, was du hier eingefangen hast. Und vielleicht damit auch die (schleichende) Vergänglichkeit der Lebendigkeit? 

Einen schönen Schreibstil hast du, das möchte ich dir hier einfach nochmal sagen :)

 monalisa äußerte darauf am 12.03.22 um 12:52:
Hey, wieder einmal hast du deine Nase tief in und zwischen die Zeilen gesteckt und deinem Nick alle Ehre gemacht. DANKE! :)
 
Es freut mich sehr, dass du hier verschiedene Ansätze herausgepickt hast, das finde ich auch schön und spannend, wenn in der Lyrik verschiedene Aspekte angerissen werden und doch offen bleibt, ob sich das Blatt mehr dieser oder jener Seite zuneigt, auch alles gleichzeitig möglich ist, wie sooft im richtigen Leben auch, nichts nur gut oder nur schlecht, nur schwarz oder weiß ist.

Da ihr, Magun und du, euch schon so viel wertschätzende Mühe gemacht habt, möchte ich euch gern noch einen Extrablick in mein  Nähkästchen gönnen.

Dieses "um die Häuser ziehen" verband ich auch mit Neugier, Suche, noch nicht endgültig angekommen, festgefahren sein. In diesem Sinne offen, immer wieder Neues kennen- und dazuzulernen.

Auch im Titel "nachspiel" steckt nicht von Ungefähr die Ambivalenz zwischen den meist negativen Konsequenzen für vorheriges Handeln, wie es sich in der Wendung: "Das wird ein Nachspiel haben", ausdrückt, und der Nachspielzeit (Fußball), die über die reguläre Spielzeit hinausgeht, um vorherige Zeitverluste (etwa durch Spieleraustausch etc.) auszugleichen. Darin steckt dann auch die Chance Verpasstes nachzuholen - noch ein Tor zu schießen!

Vielen Dank und liebe Grüße
mona

Antwort geändert am 12.03.2022 um 12:53 Uhr

 MagunSimurgh ergänzte dazu am 12.03.22 um 18:10:
Vielen Dank für die Ergänzungen, da waren einige Aspekte dabei, die ich so noch gar nicht gesehen hatte, insbesondere im Hinblick auf den Titel. Ich bin beeindruckt, wie vielschichtig deine Gedanken zu dem eigenen Text da waren und wie viel du da eingeflochten hast. 

Wirklich sehr schön!

Liebe Grüße
Magun

 monalisa meinte dazu am 12.03.22 um 19:54:
Freut mich und ebenfalls danke :) !

 Detektivin meinte dazu am 13.03.22 um 00:31:
Danke für deine Ergänzungen! Über den Titel hatte ich gar nicht nachgedacht, aber finde ich so schon sehr clever gewählt. (:

Zu deinem Text fiel mir später noch ein Lied ein, wo die ersten Zeilen auf jeden Fall eine gewisse Ähnlichkeit haben und gleichzeitig auch im Kontrast stehen, sehr interessant! :) (auch wenn das Thema ein anderes ist): https://www.youtube.com/watch?v=x959zhL3F6s

 monalisa meinte dazu am 14.03.22 um 09:05:
Zum Liedtext: ja, die ziehn auch um die Häuser, das hat schon eine Ähnichkeit, wenn es auch eher um eine Freundschaft geht, die sich nicht verliert, selbst wenn die Begegnungen selten sind. Man setzt immer wieder dort an, wo man aufgehört hat, als ob es die Zeit dazwischen nicht gegeben hätte. Auch das verjüngt ungemein :P !

LG
Agnete (66)
(12.03.22, 13:25)
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 monalisa meinte dazu am 12.03.22 um 19:56:
Ja, Agnete, man soll sich so fühlen (dürfen), wie man sich fühlt :) .

Danke und liebe Grüße
mona

 EkkehartMittelberg (12.03.22, 18:17)
Du wirst die Zeit nicht entkommen lassen, Mona.
Liebe Grüße
Ekki

 monalisa meinte dazu am 12.03.22 um 19:58:
Natürlich werde ich der Zeit nicht entkommen, Ekki, aber ich bin schon zufrieden, ihr ein wenig hinterher zu hinken :):

Liebe Grüße und Dankeschön
mona

 AchterZwerg (12.03.22, 18:19)
Ganz egal mein Kind, um 22:00 Uhr bist du zu Hause! ;)

 monalisa meinte dazu am 12.03.22 um 20:00:
Ja, Mami, natürlich, Mami, selbstverständlich, Mami :D

Liebe Grüße
mona

 niemand (12.03.22, 20:04)
Damit triffst Du mein Empfinden, liebe Mona. Dieses innerliche sich nicht alt

Fühlen und dann der äußerliche Zwang es doch zu werden/zu sein, das ist schon etwas was nicht so leicht zu verkraften ist.
Mit lieben Grüßen, Irene

 monalisa meinte dazu am 12.03.22 um 20:14:
Danke, Irene, freut mich sehr, wenn wir uns "empfindlich" treffen :) !

Liebe Grüße
mona
wa Bash (47)
(12.03.22, 20:53)
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 monalisa meinte dazu am 14.03.22 um 09:06:
Oh, das freut mich! Dankeschön :)

Liebe Grüße
mona

 GastIltis (12.03.22, 21:14)
Liebe mona,
wären wir in einem Spiel mit Vor-, Zwischen- und Nachspiel, fehlte vielleicht noch das Endspiel. Aber unser Wir plus die Zeit heißt Leben, unser Leben. Das zählt!

Herzlich Gil.

 monalisa meinte dazu am 14.03.22 um 09:07:
Schönes Statement, Gil:
Unser Leben, das zählt! Jawohl!

Danke und liebe Grüße
mona

 BeBa (13.03.22, 00:28)
Wem sagst du das? Aber herrlich in Worte gefasst, dieses Phänomen.

 monalisa meinte dazu am 14.03.22 um 09:12:
Das freut mich sehr, BeBa, dass du das sagst. By the way: Deine Kurz- und Kürzestexte sind sehr motivierend für mich. Ich glaub, da kann ich mir noch einiges abschauen :) . Danke!

Liebe Grüße
mona

 TassoTuwas (13.03.22, 10:26)
Hallo Mona,
aber ist es vielleicht nicht doch deine Freundlichkeit, die der Zeit den halben Schritt voraus lässt?
Herzliche Grüße
TT

 monalisa meinte dazu am 14.03.22 um 09:15:
Hallo TT,
du Scharmööör :) . Ich glaub ja eher, dass die Zeit so freundlich ist, mich noch ein wenig trödeln zu lassen! Netter Zug von ihr!

Danke und liebe Grüße
mona
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