die Saite

Gedicht zum Thema Liebe und Hoffnung

von  Tula

ich glaub, sie schwang zum ersten Mal halb zehn
in einer Pause zwischen Schinkenbrot
und Milch, mir wurde flau für einen Augen-
blick, mehr war es nicht, da spannte sie sich

auf, vom Hosenbund den Leib und Hals hinauf
bis in die Wirbel meines Kopfes, den verdrehte
sie von innen hin zur Wurzel in der Grube
meines Magens und versetzte mich in Trance

später brachte sie mich oft von Fuß bis
Schopf in Resonanz auf jener Welle, deren
Sinus links im Brustkorb bricht, dort schnitt sie
meinen Atem und mitunter tiefe Wunden

dann kam der Tag, an dem sie unverhofft
verstummte, nicht das leiseste piano
einfach so ließ sie uns hängen, sich und
mich, in einem Corpus ohne jede Vibration

nichts stimmte sie, kein Zupfen half, kein
Küssen und kein Flehen, alle Notenbücher
taugten nichts, sie wollte nicht, sie wollte
Zeit, die schönste Zeit … die nahm sie sich

ich weiß, sie schwang das letzte Mal halb zehn
in einer Pause zwischen Portwein und Zart-
bitter sah ich noch einmal den Augen-Blick ...
erst gestern war‘s, da kam mir die Erinnerung

an dich


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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (10.04.22, 00:34)
Hallo Tula, du hast die Saite zum Klingen gebracht und bist am Schluss genial aus dem Rahmen gefallen.
LG
Ekki

 Tula meinte dazu am 10.04.22 um 21:41:
Hallo Ekki
Portwein und Zartbitter haben eben eine zauberhafte Wirkung auf Romantiker :)

Dankend lieben Gruß
Tula
klausKuckuck (71)
(10.04.22, 00:47)
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 Tula antwortete darauf am 10.04.22 um 21:56:
Hallo Klaus
Die Bilder der Erinnerungen haben alle einen Rahmen (sonst wären sie nicht mehr da), die Gefühle, die sie damals in uns erzeugten. Auch die negativen, die der enttäuschten Erwartungen, weil die Saite einfach nicht mehr schwingen wollte. 
Heute steigt (bei genügend Portwein) vielleicht auch noch etwas anderes auf, so etwas wie "Sehnsucht nach ein paar Böen Sehnsucht", wenn es schon kein Sturm mehr sein kann 8-)

LG
Tula

 AchterZwerg (10.04.22, 07:39)
Wahrhaftig, ein singendes, klingendes Etwas - bis zum finalen Reißen der Saite.
Sehr schön auch in den Endungen (du weißt, darauf lege ich bei ungereimten Gedichten großen Wert).
Insgesamt: 10 von 10 Punkten! :) <3 :)

Schöne Grüße
der8.

 Tula schrieb daraufhin am 10.04.22 um 22:00:
Hallo 8er
Glücklicherweise reißt sie nie wirklich; sonst müsste ich ganz ohne Wehmut dichten. Würde mir sehr schwer fallen 

Dankend lieben Gruß
Tula

 harzgebirgler (16.04.22, 14:57)
ein bogensaitenspiel des gotts der liebe
bleibt diese seit je auch für herzensdiebe.

lg + fohe ostern!
harzgebirgler
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