Der Untergang der Esskultur

Dialog zum Thema Unachtsamkeit

von  eiskimo

Wenn meine Frau und ich spazieren gehen, suchen wir immer einen Anlass, gepflegt zu streiten. Themen für den Disput müssen wir nicht lange suchen, wohnen wir doch am Rande der quirligen Großstadt Köln. Und in unserem Beritt haben wir die Sporthochschule, das Müngersdorfer Stadion, den Stadtwald und etliche teure Neubaugebiete. Zuletzt lag ein Thema direkt auf der Straße, nämlich in Form von ziemlich ekligen Pizzakartons.

Sie lagen da wild verstreut am Rande des Stadtwalds, der durchaus  gut bestückt ist mit Papierkörben. Diese freilich quollen über – es war ja Sonntagmorgen, und die bunten Partys der „Szene“  hatten lange in die Nacht hinein gedauert .

„Pizza müsste man verbieten. Das ist je wie eine Seuche – vorsätzliche Umweltverschmutzung!“ ereiferte ich mich.

„Du isst sie aber auch gern,“ bekam ich zu hören.

„In gepflegter Atmosphäre,  sauber geschnitten, heiß und nicht mit den Fingern aus dem Pappkarton!“ hielt ich dagegen. „Das ist doch der Untergang der Esskultur.“


„Nicht alle haben das Kleingeld, um so fein zu essen wie Du, mit Stofftischdecke und einem edlen Montepulciano-Wein ,“ stichelte meine Frau. „Außerdem ist so ein Picknick mit Freunden in der freien Natur doch höchst gesellig!“

„Klar. Da hat man das gekühlte Bier im Rucksack. Der Lieferservice bringt die Pizza, und die leeren Flaschen und Kartons fliegen am Ende in die Büsche – es ist ja dunkel, keiner kontrolliert…“

„Würdest Du am Ende der Party mit dem Müllsack herumgehen und die versifften Reste einsammeln?“

„Ich?  Ich würde Pizza von vorn herein verbieten…. Okay, das geht nicht.  Dann müsste man halt auf jeden Pizzakarton fünf Euro Pfand erheben!“

Meine Frau dachte nach.

„Und in den Nächten von Samstag auf Sonntag wären die Flaschensammler mit Taschenlampen unterwegs, um im Stadtwald die Kartons zu holen. Die Reste bleiben für die Ratten. Lecker!

„Fünf Euro, das könnte die Pizza-Seuche schon etwas eindämmen,“ spekulierte ich. „Dafür würde ich mich auch noch bücken.“

„Und wer nimmt die Kartons zurück? Wer gibt Dir die fünf Euro?  Der Imbiss, der dem Stadtwaldam nächsten liegt? Der wäre ja im Nu pleite… „

„Ha, der würde dann keine Pizza mehr anbieten – Problem gelöst!“




Anmerkung von eiskimo:

Natürlich ist das Problem nicht gelöst. Es wird "geregelt"  wie seinerzeit bei den Kids mit den unaufgeräumten Zimmern. Die Großen appellieren, warten auf Einsicht, warten darauf, dass die Kinder vielleicht doch einfachste Pflichten erfüllen,  und am Ende räumt doch jemand anders auf.

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Kommentare zu diesem Text

Hell (30)
(22.05.22, 10:57)
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 AZU20 meinte dazu am 23.05.22 um 15:01:
Interessantes Streitgespräch ohne echte Lösung. LG
Agnete (66)
(28.05.22, 17:46)
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