Seit 36 Stunden bin ich wach, lerne durch, mache Pausen, entdecke Lücken, lerne weiter, bekomme Panik, einen Dopaminschwall, man kennt das, wenn man Schlafstörungen hat, dieser, immer wiederkehrende, kurzzeitige Frieden zwischen Müdigkeitsphasen, die einen runterziehen. Ich habe noch neun Stunden bis zur Prüfung, sicherlich zehn, Pünktlichkeit ist eine Tugend, aber dies gilt nicht für Professoren, nicht gegendert.
Ich erinnere mich noch an mein erstes "Durchmachen", das ging ziemlich in die Hose, was heißt ziemlich? Das war peinlich.
Meine Großmutter kaufte sich Außenjalousien und die wurden täglich um Punkt 19:30 herabgelassen. Die Sinnlosigkeit war gegeben, denn sie ließ diese bei den großen Terrassenfenstern nicht ganz herunter, damit die Katzen durchschlüpfen konnten. Der Spalt war so groß, dass ein erwachsener Mensch bäuchlings darunter kriechen konnte. Sie hat dicke Katzen, das sagte sie.
Nun, so dick waren sie auch nicht, aber dick genug, um Tigerfutter für den Wanderzirkus zu werden. Das ist eine andere Geschichte, die dann sogar den Gemeinderat beschäftigte und zu einem Verbot und meiner Phobie gegen Zirkusse führte.
Auf jeden Fall waren wir Kinder in der Nachbarschaft eine eingeschworene Partie und Jürgen, einer der Zwillinge, der andere war Thomas, der sechs Minuten älter war, meinte, wir könnten doch ausbrechen und ins Bad einbrechen, dort bis in der Früh Spaß haben. Wir fanden die Idee phantastisch, schon mit zehn.
Also verabredeten wir uns bei der Telefonzelle vor dem Bad.
Meine Oma hatte einen leichten Schlaf, das war die erste Herausforderung. Ich wusste schon, welche Stiegen knarrten und überging diese, dann war ich im Wohnzimmer, öffnete um 22 Uhr die Terrassentür und zwang mich durch die Öffnung. Nur, ich hatte den Schlüssel zum Gartentor vergessen. Dieses Hindernis war nicht hoch, allerdings schepperte es. Dann lief ich über die große Wiese, fühlte mich frei und leicht, wenngleich das Herz in meinen Ohren pochte.
Ich ging über die kleine Brücke, bog nach links ein, ging noch 100 Meter und war beim Freibad. Dort angekommen wartete schon Jürgen, aber Karin und Thomas waren eingeschlafen, Hans-Jürgen traute sich nicht und die Birgit konnte nicht entkommen, die Eltern sahen zu lange fern. Jürgen sagte: "Egal!" Und, so kletterten wir über das große Eisengitter, wo ich mir weh tat, meine Handfläche blutete.
Nichts konnte uns aufhalten, wir waren die Helden!
Kaum drinnen, sprangen wir in das lauwarme Nass, hatten Spaß, ca. 10 Minuten, dann standen die Gendarmen am Beckenrand. "AUSSE! SAUBANDE!"
Ein Gendarm zog Jürgen an einem Arm aus dem Wasser, mich zog der Opa heraus, denn der stand neben ihnen und ich dachte, das ist es jetzt gewesen, aber der Opa, der seinen Pyjama an hatte und darüber den nass gewordenen Bademantel, der schwieg, lächelte nicht.
Nun, Faktor Oma hatte ich nicht berechnet, denn die hatte, wie erwähnt, einen leichten Schlaf und das, weil sie ungefähr fünf mal ihre Katzen hinaus und hinein ließ, dabei bemerkte sie, dass die Terrassentür offen war, bekam eine Panik, schrie das Haus zusammen, weckte den Opa, läutete in ihrer Panik den Herrn Reifböck aus dem Haus, ging zur Frau Prohaska, läutete die heraus, ihren Mann, ihre Söhne, ging zu den Bauers, die ja die Cora hatten, den Schäferhund, die Cora bellte, die Beisteiners liefen auf die Straße, die Karin, der Thomas, aber kein Jürgen, wieso nicht, das war komisch, dann wurde entdeckt, dass der Jürgen fehlte, plötzlich kam die Frau Holzer und meinte, sie hätte zwei Gestalten zeitversetzt über die Wiese laufen sehen, dann ging die Oma zurück, war unentspannt, aber eher besorgt, schrie am Treppensatz nach meinem Namen, ich antwortete nicht, dann ging der Opa nachsehen, alle Nachbarn standen vor Omas Haus, sie fanden mich auch nicht, dann erst sagten Thomas und Karin wo wir waren, aber da war es schon zu spät, weil die Frau Holzer hatte bereits die Polizei angerufen, die Gendarmen, damals waren es noch welche, fuhren so eben um die Ecke. Nun, der Opa redete mit der Polizei und stieg ein und da standen sie nun. Und, das alles weiß ich, weil mir einen Teil der Opa erzählt hat, einen Teil die Frau Holzer, die Cora auf der Wiese stand und uns anbellte, der Herr Beisteiner schimpfte und seinen Sohn hinter sich hinein zog, die Prohaskas lachten und auch etwas ausschmückten und der Herr Reifböck wie immer eine blöde Meldung schob, meinte: "Jetzt klescht es!" (Es wird geschlagen werden.)
Nichts davon ist passiert, die Oma sprach tagelang nicht mit mir und dann umarmte sie mich, sagte: "Schlingel!", der Opa sagte gar nichts darüber. Die Oma kannte die Leute vom Bad und brachte Geschenke, keine Anzeige.
Die Oma sagte: "Mah, ich geniere mich, so haben wir dich nicht erzogen!"
Das stimmte.