Her mit dem Hauspersonal

Satire zum Thema Neuanfang/ -orientierung

von  eiskimo

Unsere auf den privaten Erfolg des Einzelnen ausgelegte Gesellschaft wird immer anonymer und kälter, sie zerfällt bedrohlich in immer mehr Verlierer und immer rücksichtslosere Gewinner. 

Dieses Auseinanderdriften wird larmoyant beklagt, aber getan wird nichts - auch nicht von der so viel versprechend gestarteten Ampelkoalition.. Dabei gäbe es ein  ganz einfaches Rezept für mehr sozialen Ausgleich, das sich in anderen Epochen und Gesellschaftsformen durchaus bewährt hat, ja, zum Teil heute noch bei einigen Glücklichen in Anwendung ist: Hauspersonal!
Hauspersonal  wäre die Lösung für den alleinerziehenden Vater genauso wie für die einsame Millionärswitwe, für den nicht mehr fahrtüchtigen Rentner wie für die Eltern-genervten Pubertiere beiderlei Geschlechts.  Leer stehende Villen und verstaubte Drittwagen bekämen dankbare Mit-Benutzer, Scheidungskinder eine neue verlässliche Bezugsperson, die fatale Verquickung „mehr Singles=höhere Mieten“ könnte gestoppt werden, ja, der gesamte  Arbeitsmarkt würde durch einen ganz neuen Sektor erweitert -  eben dieses Hauspersonal!
Allein die Perspektive, dass es neben dem so anspruchsvollen klassischen Arbeitsmarkt jetzt ein Berufsbild der einfachen Tugenden gäbe – Treue, Familiensinn, Hilfsbereitschaft, Empathie.... - das brächte unserer Gesellschaft einen substantiellen Schub an Wärme, an Mitmenschlichkeit, ja, nähme auch ganz viel inhumanen Druck heraus. Nicht jeder muss als Ellbogen-gepanzerter Karrierist enden...
Die Familien und Haushalte, die heutzutage alles in einem akrobatisch-verzweifelten  Multi-Tasking alleine schaffen (müssen ), könnten mit einem von der Schulbank weg engagierten Hausburschen oder Dienstmädchen wieder Luft zum Atmen gewinnen und endlich mehr Miteinander pflegen. Extrem Reiche, die zuletzt isoliert lebten, ohne Kontakt zu den einfachen Klassen, hätten Gelegenheit zu teilen und ihre soziale Ausgrenzung aufzubrechen, zumal sie an ihren Zweit- und Drittwohnsitzen viele und ganz unterschiedlichste Helfer einstellen könnten – junge Spanier, Italiener, Griechen Afrikaner….

Sicher bräuchten wir dann auch weniger Hunde: weniger Wachhunde, weniger Geschwister-Ersatz-Hunde, weniger Senioren-Anti-Vereinsamungshunde .....
Zu guter Letzt erscheint auch die neu entfachte Flüchtlingsproblematik in einem ganz anderen Licht: Öffneten  die bundesdeutschen Haushalte ihre Gästezimmer oder Gartenlauben, ja, auch ihre zahlreich herumstehenden Wohnmobile, und würden sie junge Geflüchtete als Gärtner, Köche, Babysitter oder Russisch-Lehrer engagieren, dann wäre nicht nur der umkämpfte Wohnungsmarkt deutlich entlastet, nein, es käme auch zu einem ganz neuen Miteinander: Die satten Alten gäben tatsächlich etwas ab, und viele Junge lernten in so einem mildtätigen  Beschäftigungsverhältnis wieder …. Dankbarkeit. Dienen ist schließlich keine Schande! Und Arbeiten schützt bekanntlich vor so manchem dummen Abenteuer.
Natürlich bräuchten wir jetzt ein bisschen Fantasie, um diesen New Deal in Gang zu bringen. Mindestens so viel, wie zuletzt beim Schutz der deutschen Autofahrer vor zu hohen Benzinpreisen. Und darum gibt es Hoffnung: Ein Land, das es in nur wenigen Monaten schaffte, Gesundheits- und Bildungswesen wirksam gegen die nächste Pandemie zu wappnen, wird es ja wohl in einem ganzen Jahr – oder zweien – schaffen, ein bisschen neues Hauspersonal unterzubringen!



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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (13.06.22, 10:26)
Interessante These. Ich hätte gerne einen Chauffeur für meinen alten VW, er würde im Heizungskeller wohnen.

 eiskimo meinte dazu am 13.06.22 um 10:40:
Ja, dieses Modell brächte verdammt vel Gutes mit sich. Ich hoffe sehr, dass unser Arbeitsminister drauf aufmerksam wird. Wahrscheinlich verlangt er aber für Deinen Heizungskeller gewisse Mindeststandards

 Quoth antwortete darauf am 13.06.22 um 10:42:
Hallo Eiskumo, gefällt mir auch, in meinem Umkreis werden Köche und Gouvernanten gesucht, ganz abgesehen mal von Ammen, Nachhilfelehrern und Hundeausführern ... Aber nicht ohne Grund hast Du wohl diesen Vorschlag eine Satire genannt! Gruß Quoth
Im letzten Wort fehlt ein "zu".

 eiskimo schrieb daraufhin am 13.06.22 um 10:59:
Du nennst wertvolle Betätigungsfelder, die auf dem Markt echt zu kurz kommen. Wir belohnen z.T. die falschen, das sag ich fern jeder Satire.
Danke für die Korrektur!
Eiskimo

 Quoth äußerte darauf am 13.06.22 um 11:14:
Es könnte sich ein neues Berufsbild etablieren - und dafür ausgebildet werden: Das Faktotum - "l'homme/femme à tout faire" - Grundlagen des Kochens, Gärtnerns, Chauffierens, Pflegens müssen vorhanden sein, außerdem eine Wertordnung, in der Diskretion ganz oben rangiert.

 eiskimo ergänzte dazu am 13.06.22 um 13:07:
"La bonne"  sagen die Franzosen zu so einer Person, und sie wissen, was Gutes damit gemeint ist.
In D. sagt man: Wir haben eine Polin. Aber die ersetzt nur das Pflegeheim, was wieder ein ganz anderes Anforderungsprofil darstellt.

 Graeculus meinte dazu am 13.06.22 um 23:03:
eine Wertordnung, in der Diskretion ganz oben rangiert.

Das würde sich dann signifikant und wohltuend von unserem jetzigen Dienstpersonal - Alexa, Smartphone etc. - unterscheiden. Das sind ja alles Plaudertaschen.

 AZU20 (13.06.22, 11:08)
Noch schaffe ich es mit meiner Frau zusammen alleine, aber ich gönne es allen, die es benötigen. LG

 eiskimo meinte dazu am 13.06.22 um 13:11:
Wir sind so erzogen, so lang es geht alles selber zu machen. Das hält fit, aber wir reduzieren damit auch Arbeitsmöglichkeiten für andere.
LG
Eiskimo

 AlmaMarieSchneider (13.06.22, 17:52)
Zu viele der dienstbaren Geister (besonders Frauen) haben mit ihren Dienstherren und -damen jahrhunderte lang äußerst schlechte Erfahrung gemacht und machen das heute noch (Saudi Arabien, Singabur, Indien, Brasilien usw.)
Ich glaube nicht, dass sie ihr Elend als Satire sehen können.

Ich möchte damit sagen, dass dieses Thema nicht gut als Satire geeignet ist, eher als Drama.
LG
Alma Marie

Kommentar geändert am 13.06.2022 um 17:54 Uhr

 eiskimo meinte dazu am 13.06.22 um 22:44:
Knechte, Lehrlinge, Fabrikarbeiter, Soldaten ... sie alle haben, denke ich, früher Ausbeutung und Erniedrigung erfahren, und dem Hauspersonal ging es im Vergleich oftmals deutlich besser.
Die Ammen und Kindermädchen aus dem Morvan, die sich in Paris verdingen konnten, verdienten doppelt so viel wie Näherinnen, und sie brachten mehr Geld heim als ihre Männer auf den Äckern je erarbeiten konnten.
Was ich damit sagen will: Es kommt auf die jeweiligen Umstände an.
Und ein Drama ist, dass heute viele Mütter sich total aufreiben zwischen Beruf und Familie, und denen täte sicher eine Au-Pair-Hilfe gut, natürlich zu fairen arbeitsrechtlichen Bedingungen.
LG
Eiskimo

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 13.06.22 um 23:03:
Das ist der Punkt: Faire arbeitsrechtliche Bedingungen. Für Hausangestellte in privaten Haushalten fehlen diese gänzlich. Du führst die "Umstände" an. Da gebe ich Dir auch recht. Leben viele Menschen in Armut und Arbeitslosigkeit können Arbeitgeber alle Bedingungen stellen und seien sie noch so Menschenunwürdig.
Ich bin auch für mehr Hilfe im Haushalt aber nicht als Herr und Diener. Leider geben Arbeitgeber auch im Handel kein so gutes Bild ab (denke man an H. Schlecker) ein echter Ausbeuter.

 AchterZwerg (14.06.22, 06:51)
Lieber Eiskimo: Das nenne ich eine hervorragende Idee!
In meinem Alter bin ich als Amme leider nur noch bedingt einsetzbar, könnte aber als Staubwedlerin noch gute Dienste leisten.
Allerdings bestehe ich auf Pfauenfedern und ein blütenweißes Schürzchen!
Und bitte, werter Eiskimo, biete dieses neue Betätigungsfeld (zusätzlich) als Ehrenamt an! Ich fühle mich von der täglichen Sinnsuche ein wenig überfordert, wäre aber im Gegenzug bereit, das verlassene Baumhaus der Blagen meines neuen Herrn zu beziehen.

Grüße der Hoffnung

 eiskimo meinte dazu am 14.06.22 um 08:02:
Du bringst eine ganz neue Dimension ins Spiel: Einbindung der Alten übers Ehrenamt. Genial!
Statt die Silverager beschäftigungstherapeutisch durch die Welt reisen zu lassen, können sie in blütenweißen Schürzchen die Super-Nanny machen - kaputte Familien gibt es genug.
Wir gehen mit der Idee an die Börse, schlag ich vor. Unser wichtigter Sponsor: Ursula von der Leyen.
Start-up-Grüße ins Baumhaus
von#Eiskimo

 Regina (14.06.22, 12:53)
Das gibt es alles doch schon als Realsatire. Eine der genialsten Ideen: Alleinerziehende als Haushaltshilfe und Gouvernante. Problem: die so Berufstätigen bräuchten dann dieselbe Dienstleistung, die sie ausführen, für den eigenen Haushalt. Burnout droht doch nur den Ausgebeuteten, nicht denen, die sich die genialen Ideen ausdenken.
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