sechs
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sieben

Text

von  Pearl

Trieste/Muggia 2022

Betonstrände, Felsen und das bewegte Meer. Ein kleiner Junisturm an unserem ersten Urlaubstag. Die Masten der Segelboote singen im Wind. Wie kleine Glöckchen klingt ihr Konzert. Die Riesenheuschrecke im Zimmer: R.I.P. Im traghetto "Delfino Verde" lernen wir A., einen Belgier, kennen. Wir verbringen mit ihm und einem Franzosen aus der Gegend Jeanne D´Arcs einen wunderbar entspannten Abend in Trieste am Lungomare... lungo il mare.
Und das Plätschern des Meeres gegen die Felsen. So gleichmäßig so weich und sanft. Jeden Abend fast zu spät zum Abendessen, sodass uns nur die Touristenfalle mit der nationalistischen, italienischen Kellnerin übrig bleibt.
Die Schmetterlinge im wunderschönen Garten unserer Pension wollen mich lehren leicht und frei zu sein, mich treiben zu lassen im Wind wie die Wellen. Neue Menschen, neue Erfahrungen. Angst vor dem Unbekannten überwinden. Bananas Yoshimotos "Tsugumi" und meine liebste Weisheit im Buch:
"Immer wenn man etwas gewinnt, verliert man auch etwas".
Unser nächtlicher Spaziergang über die Gehwege der Staatsstraßen Triestes, wie zwei kleine Falter über Asphalt, nicht wissend, gehen wir in die richtige Richtung nach Trieste Centro. Ich scheuere mir an den neugekauften Flip Flops einen Fuß wund, blute, doch abenteuerlich und gefährlich, so als wären wir wieder sechzehn. Dann fahren wir ganz fancy im Taxi von Trieste nach Muggia.
Die Busfahrt von einem etwas entlegenen Strand zurück in unseren Ferienort: wir und circa einhundert italienische Jugendliche... Sie singen, rufen und rauchen im Bus, klettern auf den Sitzen herum... Immer wenn der Bus an einer Station vorüberfährt, ohne die Wartenden mitzunehemen, winken sie und lachen und jubeln sie ihnen hämisch zu.
Trieste ist verrückt, lebendig, Muggia aber ruhig und gemütlich, pittoresk, wie A., der Belgier, sagt. Doch die Jungen hier sind so lebendig und verrückt wie die in der Stadt. Gespräche mit manchen Einheimischen in unserem eingerrostetem Italienisch. Meine Schwester, mit der ich diese kleine Reise unternehme, wird ein bisschen grantig, wenn sie uns auf Englisch antworten.
Am Tag, als wir nach Trieste fahren, haben wir zwei Mal das traghetto "Delfino Verde" verpasst. Ein Segler bietet mir einen passaggio nach Trieste an, sie sind zu dritt. Aber ich bin vorsichtig geworden und sage, ich muss auf meine Schwester warten (was stimmt). Außerdem ist es im Boot eintausendmal schöner zu fahren als im Auto. Das sage ich aber nicht. Und an unserem letzten Tag - auf der Rückreise - lassen sie uns im "Delfino Verde" gratis mitfahren. Sie schenken uns die Fahrt. Ja, so ist Italia.
Kleine Geschenke gekauft für die zwei Kinder unserer Cousine, die wir sehr lieb haben. Zwei Postkarten geschrieben, was heute ja niemand mehr tut...
Der Belgier und der Franzose reisen mit dem Fahrrad, schlafen in Hostels... Sie sind in ihren Zwanzigern und damals tickte ich ähnlich. Der Belgier campt auch wild, erzählt uns von den vielen Schlangen in Kroatien und dass er nie weint. Weil er fast jeder negativen Situation etwas Positives abgewinnen kann. Weinen hilft nicht, doch Veränderung, meint er noch. Schütze im Sternzeichen ist er, wie ich beim zweiten Versuch errate.
Wir lassen es uns gut gehen, trinken Aperitivo, essen jeden Abend im Restaurant, hier ein Eis, da ein Café...und bräunen uns in der Junisonne - auch ich - trotz Sonnenschutzfaktor fünfzig plus. Man muss aus seiner Komfortzone heraus, sagt A., der Belgier, und ein bisschen tue ich es wieder... lasse die Kontrolle los und das Leben fließen. "Lass los", sagt meine Schwester, "sei leicht" flüstern die Schmetterlinge mir zu.
Jeden Morgen ein liebevoll zubereitetes Frühstück voller italienischer Köstlichkeiten. Und die Besitzerinnen unseres "Bed and Breakfasts", Mutter und Tochter, sind ruhig, entspannt und sehr, sehr nett.
Die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt, sagt man doch. Und ich tue ihn mit meiner Schwester. Diese Reise ist wichtig für sie, mich - doch vor allem auch für uns. Wie ein kleines Juwel werde ich unser gemeinsames, neues Abenteuer im Herzen bewahren.



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