Edgar Allan Poe: Poems

Schwank zum Thema Gedichte/Lyrik

von  Terminator

Eine russische Ausgabe von 1998, mit Originaltexten, Übertragungen und Kommentaren. Die mittelmäßigen Gedichte lesen sich in der russischen Sprache sogar besser, besonders übersetzt/übertragen von Balmont. Die guten Gedichte sind dagegen unübersetzbar. Ulalume verliert viel, The Raven fast alles, in eine andere Sprache übertragen.


Ulalume ist mir seit September 2019 bekannt, aus einem Werk des zeitgenössischen Philosophen Alexander Dugin. Er hat auch eine eigene Übersetzung des Poems in seiner Noomachie (der Band über u. a. die nord- und südamerikanische Zivilisation). Ein großartiges jungianisches Werk lange vor den Lebzeiten von C. G. Jung.


The Raven wurde mir ein paar Jahre früher auf Youtube ohne Kontext gezeigt. Klang beeindruckend, aber ich konnte damals damit nichts anfangen. Am 22.6.2022, im Café Sacher in Wien, las und arbeitete ich das Werk gründlich durch, und die Begeisterung war grenzenlos. Nicht nur das beste Gedicht von Poe, sondern eines der besten lyrischen Werke überhaupt.


Die ungeheuerliche Skandalhypothese, dass die Seele sterblich sei, wird in der Ballade vom Raben in den später so genannten fünf Trauerphasen verarbeitet. Vom Nichtwahrhabenwollen bis zur Akzeptanz der Gewissheit, die verstorbene Geliebte auch in der anderen Welt nicht wiederzusehen, geht die Reise der Emotion durch die Nacht. The Raven ist für die Seele, was Nietzsches Gott ist tot für den Geist ist.


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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (04.07.22, 00:22)
Erstaunlich. Ich habe in "The Raven" (großartig, natürlich!) nie etwas wie Akzeptanz gespürt, sondern nur eine grenzen- und hoffnungslose, unversöhnte Traurigkeit. Nevermore.

Dein letzter Satz ist schön.

 Terminator meinte dazu am 04.07.22 um 00:39:
Der Rabe bleibt ja sitzen, fliegt nicht weg. Das wäre für mich ein Ende in Verzweiflung gewesen. Darum denke ich, das LI hat den Raben als seinen jungianischen Schatten akzeptiert. Während das Ego hofft, im Jenseits Lenore wiederzusehen, sagt der Schatten: Nevermore, der Tod ist das Ende.

 magico (04.07.22, 14:46)
Dem kann ich nur zustimmen: Eines der besten lyrischen Werke überhaupt.

Witzigerweise hatte ich meine erste Begegnung mit diesem Machwerk in einer alten Treehouse-Folge der Simpsons.
Und es stimmt: Keine Übersetzung kann dem Original gerecht werden.

 Terminator antwortete darauf am 05.07.22 um 00:00:
Allein schon der Klang von "Nevermore" ist in keiner Sprache wiederzugeben. In einigen Übertragungen wird das Wort nicht aus dem Englischen übersetzt; der Klang wird zwar behalten, aber der Kontext in der anderen Sprache fehlt dann.

 Dieter Wal (22.07.22, 11:44)
Es gab eine wundervolle Nachdichtung des Raben bei kV. Ihr Autor ist leider derzeit nicht mehr registriert.

Poe analysierte übrigens seinen Raben lesenswert selbst.
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