Dona nobis pacem

Essay zum Thema Musik

von  Regina

Ob Friedenslieder lediglich die pazifistisch eingestellten Gesinnungsgenossen begeistern oder wirklich eine Änderung der Kriegsunternehmungen bewirken, bleibt eine offene Frage. Hier werden einige solcher Gesangswerke und die Umstände, unter denen sie entstanden, zitiert.

Gegen die Wehrpflicht wendet sich das Lied „Ich bin Soldat, doch ich bin es nicht gerne“, das 1870 komponiert, 1887 in die Sammlung sozialdemokratischer Lieder aufgenommen und im Ersten Weltkrieg gesungen wurde. Aber auch auf das Schicksal des Soldaten wird die Aufmerksamkeit gelenkt: "...und gehts ins Feld, so muss ich Brüder morden, von denen keiner mir zuleid was tat, dafür als Krüppel trag ich Band und Orden und hungernd ruf ich dann "Ich war Soldat." Ebenfalls das Wehrpflichtthema wird in „Le déserteur“ angesprochen, mit dem Text „Monsieur le Président, je ne vais pas à la guerre....“(...ich ziehe nicht in den Krieg...). Das Lied entstand zwischen dem Indochina- und dem Algerienkrieg und wurde 1955 in Frankreich verboten. Der Text kündigt an, dass der Protagonist sich der Wehrpflicht nicht beugen und eher ein Leben in der Illegalität in Kauf nehmen wird, selbst um den Preis, dann betteln zu müssen.
In der alten deutschen Ständeordnung standen Soldaten zwischen den Adligen und den Bauern. Im Kastensystem Indiens werden sie recht hoch geschätzt. Dort nehmen sie in der Hierarchie den zweiten Platz gleich nach den Brahmanen ein, weil sie sich für die Verteidigung ihres Landes sowohl körperlich als auch spirituell opfern. Kurt Tucholsky, der die Aussage "Soldaten sind Mörder" geprägt hatte, sah das völlig anders. In diese Kerbe schlägt auch Donovan 1965 mit seinem "Universal soldier". Dieses Lied hatte ursprünglich als "Universal coward" existiert und war ein Song gegen Kriegsdienstverweigerung gewesen.

Von den Nazis verboten wurde das binationale Liebeslied „Lili Marleen“, weil es an sämtlichen Seiten der Front gesungen wurde. Ältere Fassungen hatten schon im Ersten Weltkrieg existiert. In der Variante von Norbert Schultze wurde es 1941 durch Lale Andersen bekannt, die nur knapp der Einweisung ins Konzentrationslager entkam. 1943 trat dann Marlene Dietrich vor amerikanischen Soldaten damit auf. Die französische Form, von Jean Claude Pascal interpretiert, eignet sich sehr gut zum Sprachvergleich zwischen dem Deutschen und Französischen. Die weichere Aussprache der Plosive hat aber auch die Grande Nation niemals davon abgehalten, martialisch aufzutreten.
Gar einen Russlandbezug hat "Weißt du, wo die Blumen sind?", auch gesungen von Marlene Dietrich und Donovan. Dieses bekannte Werk entstand aus einem Kosakenlied.

Wilhelm Hauff schuf 1824 das Lied „Morgenrot, leuchtest mir zum frühen Tod“ durch Umdichten eines älteren Liedes. Sein Thema ist der Hinweis, dass im Krieg vor allem junge Männer zu Tode kommen.

„Not amused“ mag Margret Thatcher gewesen sein, als 1982 die damals siebzehnjährige Sängerin Nicole den ESC mit „Ein bisschen Frieden“ gewann, obwohl der Schlager sich nicht direkt gegen den Falklandkrieg wandte. Eine neuere Parodie titelt „Ein bisschen schießen“ und nimmt die Waffenherstellung in Deutschland aufs Korn.

Zweifellos einen der größten Erfolge mit Friedensgesang fuhren John Lennon und die Yoko-Ono-Plasticband 1969 ein, als Massen von Demonstranten auf den Straßen von New York den Refrain des Ohrwurms "All we are saying is give peace a chance" mitsangen, flankiert vom Bed-in der berühmten Friedensaktivisten. Der Protest richtete sich gegen den Vietnamkrieg.

Wer Klassik liebt, kann sich an den Kanon „Dona nobis pacem“ halten, der manchmal Mozart zugeschrieben wird aber vielleicht schon älter ist. Möglicherweise geht es da vor allem um den inneren Frieden.




Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (09.07.22, 15:25)
Tucholsky, der 1965 die Aussage "Soldaten sind Mörder" geprägt hatte

Tucholsky 1965? Aber Donovans Coverversion des Liedes "Universal Soldier" von Buffy Sainte-Marie stammt aus diesem Jahr.

Sehr populär, ich erinnere mich, war damals auch "We Shall Overcome".

Auf welches Lied von John Lennon und Yoko Ono spielst du an? Sicher "Give Peace a Chance".

"Masters of War" und "With God on Our Side", beide von Boby Dlan, müßten dir eigentlich liegen.

 Regina meinte dazu am 09.07.22 um 15:36:
Tucholsky habe ich gerade ausgebessert. Der starb schon 1935. Give peace a chance, ja. We shall overcome ist eher ein antirassistisches Lied: "Black and white together."

 Graeculus antwortete darauf am 09.07.22 um 15:39:
War ein Lied der Bürgerrechtsbewegung. Eine Strophe ist dem "We shall live in peace" gewidmet.

 Regina schrieb daraufhin am 09.07.22 um 15:39:
Ja, nur der Essay ist schon recht lang, es gibt sicherlich noch mehr interessante Lieder, aber ab 500 Wörtern liest das hier kaum noch jemand.

 Graeculus äußerte darauf am 09.07.22 um 15:42:
Das mag so sein.
Dein Text weckt natürlich eine Menge Erinnerungen bei mir.

 LotharAtzert ergänzte dazu am 09.07.22 um 16:03:
Hui, der Mars zu Gast bei Graeculus, sieh an.

 Regina meinte dazu am 10.07.22 um 20:37:
Und ihr beide seid heute hier zu Gast bei mir. Willkommen.

 FrankReich meinte dazu am 10.07.22 um 20:59:
1931 wurde die Aussage "Soldaten sind Mörder" im Rahmen einer Glosse von Tucholsky unter dem Decknamen Ignaz Wrobel veröffentlicht.

Ciao, Frank

 Regina meinte dazu am 10.07.22 um 21:03:
Danke. Im Rahmen der Friedenslieder erscheint mir dieser Umstand nicht so wichtig.
Agnete (66)
(10.07.22, 10:33)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Regina meinte dazu am 10.07.22 um 20:37:
Danke, Agnete, so ist es.

 EkkehartMittelberg (10.07.22, 20:28)
Eine kenntnisreiche tour de raison durch Friedenslieder, die, egal, ob sie etwas bewirken, von der Friedenssehnsucht der meisten Menschen zeugen.

 Regina meinte dazu am 10.07.22 um 20:36:
Danke für diesen verständigen Kommentar.

 Teichhüpfer (04.11.22, 01:37)
Yo Regina, Du bist das nicht gewesen. Die waren gegen den Krieg.

 Regina meinte dazu am 12.12.22 um 00:12:
Selten schreibe ich über mich, lieber Teichhüpfer, anders als viele Profilneurotiker. Ich beteilige mich auch nicht am sinnlosen Putin-Bashing, weil das nichts bringt. Aber gegen den Krieg habe ich mich persönlich mehr engagiert als du dir vorstellst. Rechenschaft darüber bin ich dir nicht schuldig. Unbelegtes Vorurteil einfach sausen lassen, mein lieber!

Antwort geändert am 12.12.2022 um 00:14 Uhr

 Teichhüpfer meinte dazu am 12.12.22 um 04:04:
Mir hat soviel an gehangen, daß erst mein fünftes Buch mich selbst in das Konzept ein bringen sollte.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram