Die heroische Frau

Hymne zum Thema Gegenwart

von  Terminator


Jeanne d’Arc ist natürlich die heroische Frau schlechthin. Sie hatte wahrscheinlich gute und schlechte Tage, aber sie hatte keine Tage. Sie hatte eine Vision, aber keine Menstruation. Wiederum: ob Legende oder nicht, am Mythos ist der logische Sinngehalt das Entscheidende. Im Solaren herrscht der Geist über den Körper. Die erste Stufe des Solaren ist das Heroische. Hier herrscht die Seele über den Körper.


Im Asketischen herrscht der Geist über den Körper; der Geist trennt aber auch die Seele vom Körper, weshalb Asketen und Heilige zwangsläufig leiden: mehr, als der Mensch unter der conditio humana ohnehin leidet. Doch es lohnt sich: ist der Aufstieg zum Apollinischen geschafft, herrscht der Geist über Seele und Körper, wobei wiederum die Seele über den Körper herrscht. Im Asketischen würde die Seele mit dem Geist um den Körper streiten, weshalb der Geist sie auf dieser Stufe der Entwicklung im Solaren vom Körper entfremden muss.


Der Heros macht keinen Eindruck der Entfremdung der Seele vom Körper: sein Geist ist Seele gewordener Körper. Der Held ist restlos überzeugt von seiner Idee, sein Bewusstsein ist ein Glückliches, das des Asketen ein Unglückliches. Jeanne d’Arc hatte aus der Überzeugung, die Retterin Frankreichs zu sein, Frankreich gerettet. Sophie Scholl war eine tragische Heldin. Doch letztlich triumphierte nicht Hitler: an seinem Grab kacken die Hunde, am Grab von Sophie Scholl wachsen Blumen. Der tragische Ausgang wertet einen Helden nicht ab, manchmal veredelt er sogar noch mehr.


Die heroische Frau ist weiblicher als die Schlampe, die Mutter und die Dirne. Und dennoch ist sie vom Erscheinungsbild von allen Frauen die Männlichste. Ihre hohe Weiblichkeit ist sublimiert; sie ist aufgehoben, aber noch nicht im Hegelschen Sinne, sondern nur aufgehoben. Erst die Heilige, und, noch mehr, die Jungfrau, entfaltet die sublimierte Weiblichkeit wieder, aber auf einem höheren, einem geistigen Niveau. Die heroische Frau ist sexuell und darüber hinaus. Und eigentlich ist sie sogar nur darüber hinaus.


Und sollte die historische Jeanne d’Arc seinetwegen auch Sex mit Castruccio Castracani gehabt haben, oder Leopold dem Löwenbändiger, oder Ludwig von Papua-Neuaustrasien, das wären biographische Nihilitäten, ebensoebene Nichtigkeiten, wie als wenn Sophie Scholl eine Affäre mit Hannah Arendt, Bismarck von Otto und Alfred Rosenberg gehabt hätte. Auch eine heroische Frau kann Sex haben, in einer Beziehung leben, und sogar Mutter sein. Doch ihre heroische Mission ist der Fixpunkt ihres Lebens. Die Bettgeschichten einer großen Dirne sind ihre Biographie; die Biographie der Heldin ist ihr heroischer Kampf.


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