Der Zaungast – eine Elegie an die Götter

Elegie zum Thema Alleinsein

von  Hamlet

Ich komme nicht ran und nicht los. 

So bleib ich im Bann noch der Schöneren Schoß, 

dem Tore zur Welt, die lockend mich hält. 

 

So will ich auch länger nicht leben, 

wenn das, was das Leben vergöttlicht, 

wenn Schönheit und Liebe mich flieh’n. 

 

Ich bin so ein Zaungast, der alternd bemerkt, 

dass er nicht als Vogel im Wald bei den Affen,  

in ihrem Gehege, ihr Glück mitgenießt. 

 

Nun will ich zuweilen ein fliegender Affe 

und manchmal ein kletternder Vogel sein. 

Der Vogel erfrecht sich durch alle Bereiche. 

 

So bin ich ein Zaungast der vielen Gehege 

und necke am liebsten die Affen, 

betrunken und flatternd in nächtlichen Clubs. 

 

Auch Hunde und Katzen und Ochsen, 

sie fühlen sofort: – nicht ihresgleichen 

und weichen, sich einig, während sie schweigen. 

 

Und nicht einmal weiß ich, ob ich ein Vogel sei, 

da ich zu selten geflogen bin,  

selten nur herrlich gedichtet hab’. 

 

Ich komme nicht ran und nicht los. 

So bleib ich im Bann noch der Schöneren Schoß, 

dem Tore zur Welt, die lockend mich hält. 

 

So will ich auch länger nicht leben, 

wenn das, was das Leben vergöttlicht, 

wenn Schönheit und Liebe mich flieh’n. 

 

Meine wahre Familie, der Adel, er flog 

längst nach Süden und ist auch schon untergegangen,  

und ich ging verloren, sodass ich mich such’. 

 

Oder bin ich vielleicht eine Brücke zur neueren 

Spezies, der Früh’res nicht mehr, und das Neue 

noch nicht gehört – eine Brücke, die bricht? 

 

Ich habe Dekaden gewartet in fremden 

Bereichen. Nun suche ich selber den weiblichen,  

schönen und einsamen Vogel 

 

– wahrscheinlich nicht einsam im Wald, 

sondern einsam hinter den Mauern von Leuten. 

Dort durchbrech ich zu ihr, wenn Eros mir hilft! 

 

Und wenn ich sie finde, dann sind wir geheilt. 

Sonst welkte die Frucht, bevor sie den Armen, 

geschweige den Schönen, geschmeckt. 

 

Wir fliegen verliebt in das Abendrot. 

Wir kommen vereint aus dem Morgenrot, 

von Göttern auf ewig beschützt! 

 

Noch komm’ ich nicht ran und nicht los. 

So bleib ich im Bann noch der Schöneren Schoß, 

dem Tore zur Welt, die lockend mich hält. 

 

So will ich auch länger nicht leben, 

wenn das, was das Leben vergöttlicht, 

wenn Schönheit und Liebe mich flieh’n. 

 

 



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Kommentare zu diesem Text


 Augustus (16.07.22, 16:29)
Eine sanftmütige Elegie, gleich einer Opfergabe an die Götter, sie mögen gnädig dir sein und dich erhören.
Agnete (66)
(16.07.22, 18:24)
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