Andouillette

Text

von  RainerMScholz

Die erektilen Saugspritzen der tausend Brüste der Welt haben mein Hirn durchlöchert und meine Augen ermordet. Alles wurde nun ausgelutscht, ausgequetscht, zu Tode gestreichelt und befingert – jetzt sind sie trocken, leer, nur noch ledrige Haut, rissig und geschunden, total am Ende. Wir haben die Kuh gemolken, die kann zum Abdecker. Diese alte verschwiemelte Wurst will ich nicht essen müssen.

Mir bleiben die Erinnerungen, als sie noch jung und frisch war, die Welt, klar und rein und unangetastet, jedenfalls kam mir das so vor, als der Gedanke an sie schon erregend war und ein flaues aber angenehmes Kribbeln im Bauch verursachte, das unnachahmlich ist und so auch nie wieder, in dieser Form, auftauchte, wie aus dem Nichts, entzündet an einer Idee, einem Gefühl, einer gespiegelten Vorstellung von dem, was sein könnte und dann vielleicht auch war, neu, aufregend, bittersüß. Ich wusste nicht, und hätte es mir auch nicht vorstellen können, weil solch ein Gedanke mir vollkommen fremd gewesen war, absurd, wenn ich das Wort gekannt hätte oder ein ähnliches, dass da alle alten Männer schon längst Hand an sie gelegt hatten und es auch stets und immer noch taten und tun, ihre trockenen Münder über sie stülpen und die Milch und das Blut saugen mit ihren rissigen Lippen und gespaltenen Gaumen, sie mit ihren gichtigen knotigen Fingern abtasten, zerdrücken, ankrallen und sie mit ihren schlaffen geilen Penissen schänden. Ich wusste all das nicht, und deswegen bleibt mir die Erinnerung an diesen Jungen in all seiner Unschuld, seiner Unkenntnis, seiner Unbefangenheit und Neugier; der mit der Zeit zum Mann heranwuchs, und die Verantwortung zu übernehmen hat für die Vergewaltigung der tausend Brüste, für die vergossene Milch und das geronnene Blut, der all das so lange nicht begriff, bis die Schleier vor dem Spiegel getrocknet waren.

Ich dusche nur noch kalt. Gas wird in Deutschland knapp. Ich möchte die alte Hure sehen, und vor allem will ich die impotenten, besessenen, von Gier zerfressenen Freier erkennen und mir ihre Gesichter merken für alle Zukunft.



© Rainer M. Scholz



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Kommentare zu diesem Text


 Thal (19.07.22, 08:45)
Erinnert bisschen an den Film "Perfect Sense" von 2011(dem Jahre 0 nach der neuen Zeitrechnung;) ... und mittlerweile hat die Seuche ja auch wirklich schon angefangen zu grassieren...

Kommentar geändert am 19.07.2022 um 08:47 Uhr

 RainerMScholz meinte dazu am 19.07.22 um 21:40:
Ja, ok, ich weiß nicht genau, welchen Text du kommentierst?
Grüße,
R.
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