Ich spüre.

Lyrischer Prosatext zum Thema Vergänglichkeit

von  theatralisch

Ich spüre, dass das irgendwann vorbei sein wird. Ob schon morgen oder erst in 40 Jahren, weiß ich nicht.

Ich spüre, dass es irgendwann kein Morgen mehr geben wird. Kein Aufwachen oder Zubettgehen zur vielleicht gleichen Zeit und solche Rituale.

Ich spüre, dass auch ihr irgendwann nicht mehr da sein werdet. Entweder vor oder nach mir, ganz selten zur genau gleichen Zeit.

Ich spüre auch dieses Erdbeben. Mal mehr und mal weniger, aber immer ist es da.

Ich spüre manchmal sogar, wie der Boden rissig wird und habe kurz Angst davor, dass diese Risse mir davonjagen.

Ich spüre, darin zu verschwinden: In den Rissen, in der Vergangenheit. Weil es dann keine Zukunft mehr geben wird.

Ich spüre also viel und wenn ich Angst habe, vor irgendwas, dann ist das nur ganz kurz. Denn Angst ist nur die Angst vor der Angst.

Ich spüre, dass ich damit oft alleine bin. Menschen ängstigen sich etwa hier in Deutschland vergleichsweise selten vor Naturkatastrophen, aber vor so vielem sonst.

Ich spüre genau, was ICH spüre. Vielleicht spüre ich, was (die) Menschen nicht spüren: Etwa Risse im Boden, meine Verbindung zum Universum und fast keine Grenzen.



Anmerkung von theatralisch:

Was spürst du?

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Kommentare zu diesem Text


 Augustus (20.07.22, 22:41)
Dies Gedicht lädt ein davon zu berichten was man spürt. Der Autor selbst macht es vor. Der Leser, in meiner Wenigkeit vertreten, schreibt: er liege auf der Couch und starre gegen die Decke, Geigenmusik, aber in irisch-moderner Manier säuselt sanft durch den Raum, er höre einem unbekannten Musiker zu auf you-Tube, wiederholt, immerzu von Neuem und spürt sich in den seltenen Momenten selbst, wo er sonst stets außer sich ist. 

Salve

 theatralisch meinte dazu am 26.09.22 um 23:41:
Danke!

 Dieter Wal (20.07.22, 22:52)
 Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen.

Man gewöhnt sich wohl nie daran, dass wir sterblich sind, selbst wenn die meisten vertrauten Menschen bereits starben. Umso wichtiger, täglich sich dies bewusster zu machen und sein Leben aktiv zu gestalten.

Ars vivendi, ars moriendi.

 theatralisch antwortete darauf am 26.09.22 um 23:42:
Danke!
P. S. Hasch mich bei Facebook schon 2x von der Freundesliste, mh. :)
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