Den väterlichen Rat in den Wind geschlagen und Sturm geerntet

Lebensweisheit

von  Bluebird

»Ich werde zwar«, so endete mein Vater, »nicht aufhören, für dich zu beten, aber das sage ich dir im Voraus: wenn du deine törichten Pläne verfolgst, wird Gott seinen Segen nicht dazu geben, und du wirst vielleicht einmal Muße genug haben, darüber nachzudenken, dass du meinen Rat in den Wind geschlagen hast. Dann aber möchte wohl Niemand da sein, der dir zur Umkehr behilflich sein kann.«

Das Ende eines längeren Monologs, in dem der Vater Crusoe dem jungen Robinson das behagliche Leben des bodenständigen Mittelstandes ausgemalt und ihn vor der abenteuerlichen Seefahrerei eindringlich gewarnt hatte.

     Dies ist natürlich ein sehr alter Konflikt. Ist es besser ein behagliches, sicheres oder aber ein gefährliches und unstetes Leben zu führen? Ich meine, dass man diese Frage nicht so pauschal beantworten kann. Man muss für sich wohl herausfinden, was besser zu einem passt.

    Im Falle von Robinson war der Drang zum Abenteuer aber übermächtig und so befolgte er väterlichen Rat nicht:

Eines Tages befand ich mich zu Hull, wohin ich jedoch zufällig und ohne etwa Fluchtgedanken zu hegen, mich begeben hatte. Ich traf dort einen meiner Kameraden, der im Begriff stand, mit seines Vaters Schiff zur See nach London zu gehen. Er drang in mich, ihn zu begleiten, indem er nur die gewöhnliche Lockspeise der Seeleute, nämlich freie Fahrt, anbot. So geschah es, dass ich, ohne Vater oder Mutter um Rat zu fragen, ja ohne ihnen auch nur ein Wort zu sagen, unbegleitet von ihrem und Gottes Segen und ohne Rücksicht auf die Umstände und Folgen meiner Handlung, in böser Stunde (das weiß Gott!) am ersten September 1651 an Bord des nach London bestimmten Schiffes ging

 

 Die Strafe folgte auf dem Fuße:

 Niemals, glaube ich, haben die Missgeschicke eines jungen Abenteurers rascher ihren Anfang genommen und länger angehalten als die meinigen. Unser Schiff war kaum aus dem Humberfluß, als der Wind sich erhob und die See anfing fürchterlich hoch zu gehen.

Ich war früher nie auf dem Meere gewesen und wurde daher leiblich unaussprechlich elend und im Gemüt von furchtbarem Schrecken erfüllt. Jetzt begann ich ernstlich darüber nachzudenken, was ich unternommen, und wie die gerechte Strafe des Himmels meiner böswilligen Entfernung vom Vaterhaus und meiner Pflichtvergessenheit alsbald auf dem Fuße gefolgt sei.

Alle guten Ratschläge meiner Eltern, die Tränen des Vaters und der Mutter Bitten traten mir wieder vor die Seele, und mein damals noch nicht wie später abgehärtetes Gewissen machte mir bittere Vorwürfe über meine Pflichtwidrigkeit gegen Gott und die Eltern.

Nun mag der ein oder andere denken: Ja, meine Güte, damit muss man auf See rechnen, dass plötzlich ein Sturm aufzieht und man seekrank wird. Das hat doch nichts mit Gott zu tun. Das ist Natur!

    Sicher, aber wenn man sich mit schlechtem Gewissen an einen Ort begibt, vor dem man ausdrücklich gewarnt worden ist, und die Dinge beginnen sich wie aus dem Nichts gegen einen zu wenden, kann man schon auf den Gedanken kommen, dass da ein Zusammenhang bestehen könnte. Oder?

    Zumindest sollte man den Gedanken nicht als unsinnig von sich weisen. Manch späteres Unglück wäre so vielleicht vermieden worden, wenn man auf die Warnung des Schicksals gehört hätte.



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