Jemand war zu weit gegangen

Text zum Thema Traum/ Träume

von  Moja

An dem Tag der Wohnungsbesichtigung geschah etwas Sonderbares. Die Vermieterin führte mich durch eine verwinkelte Wohnung. Ich folgte ihr durch vollgestopfte Zimmer und Flure, recht schnell verlor ich die Orientierung in den Räumen. Wir gelangten in eine winzige fensterlose, leere Küche. Ich würde Spüle und Herd kaufen müssen, überlegte ich einen Moment zu lange. Die Vermieterin war bereits weiter gegangen, ich hatte sie aus den Augen verloren. Eilig lief ich den Gang entlang, öffnete hier und da eine Tür und versuchte mir den Grundriss dieser unübersichtlichen Wohnung einzuprägen. Auf ein mit Möbeln und Hausrat zugestelltes Zimmer folgte eine geräumige Wohnküche. Noch eine Küche, wunderte ich mich, als die Vermieterin aus dem Bad trat. Die Wohnung gefiel mir nicht, ich begriff den Grundriss nicht. Der Gedanke hier einzuziehen erfüllte mich mit Unbehagen. Und in dem Moment klingelte es an der Wohnungstür. Die Vermieterin öffnete, ein Paketbote stand mit einem großen flachen Paket da, behutsam legte er es vor mir auf dem Boden ab. Etwas rappelte im Karton. Das Paket war tatsächlich an mich adressiert, obwohl ich nichts bestellt hatte. Der Name des Versandhauses kam mir bekannt vor. Er passte zu der Internetadresse, die mir jemand gegeben hatte, als ich ihm von meiner erfolgslosen Wohnungssuche erzählte. Auf der Homepage blieb mein PC häufig hängen, auch wurde ich immer öfter auf diese Website umgeleitet. Wohnungsangebote fand ich jedoch dort nicht. Mir war mulmig, als ich vorsichtig an einer Ecke den Deckel anhob und in die Schachtel lugte. Unfassbar, ein lebendiges Lamm lag in der Kiste! Es zappelte. Überrumpelt drückte ich den Deckel wieder zu. Mein erster Gedanke beim Aufwachen war – und ich spürte Groll in mir aufsteigen – jemand hatte mich ausgetrickst.



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Kommentare zu diesem Text

IsoldeEhrlich (12)
(22.07.22, 12:59)
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 Moja meinte dazu am 23.07.22 um 11:10:
Schreibe ich drückende Träume gleich nach dem Erwachen auf, Isolde, ist der Schrecken gebannt. Vorfreude über die weitere Verarbeitung stellt sich ein, auch eine Ahnung über die Bedeutung für mich, am Ende lache ich über die Absurdität des Inhalts. 

Danke für deinen Kommi und die Empfehlung,
lieben Gruß, Moja
Taina (39)
(22.07.22, 13:10)
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klausKuckuck (71) antwortete darauf am 22.07.22 um 14:02:
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 Moja schrieb daraufhin am 23.07.22 um 11:14:
Danke, Taina, für die Reflektion, gut zu wissen, wie der Text ankommt!

Randale nach dem Aufwachen?  :D
Erst mal 'n Kaffee...

Dank euch beiden auch für die Empfehlung,
lieben Gruß, Moja

 Graeculus (22.07.22, 14:43)
Eine eindrucksvolle, intensive Szene. Der Zusammenhang zwischen Wohnung und Lamm bleibt rätselhaft, aber so sind Träume.

 Moja äußerte darauf am 23.07.22 um 11:21:
Danke, Graeculus! 
Ja, ich erahne, dass es eher um Orientierungslosigkeit in digitalen Räumen geht, als um Wohnungssuche; mich beschäftigt in der Realität die Erfahrung mit einem Mail-Konto-Anbieter, die mir kaum einen Handlungsspielraum lässt; kein Wunder, dass mir ein Lamm geliefert wird...  :( 

Schmunzelnden Gruß,
Moja

 DanceWith1Life (22.07.22, 18:03)
die Atmosphäre dieses Textes und "The Lamb lies down on Broadway" von Genesis, scheinen dieselbe Luft zu atmen, sehr interessant. Der Text hat einen eigenen flow, muss ich nochmal lesen.
Das Spannungsfeld liegt für mich zwischen den Begriffen "an mich adressiert" und Orientierung.
Agnete (66) ergänzte dazu am 22.07.22 um 22:07:
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 Moja meinte dazu am 23.07.22 um 11:27:
Toller Songtext, habe ich mir angehört, Dancer, danke für  diesen Hinweis und den Kommi, du liegst ganz richtig bei deiner Vermutung.

Ja, ich verstehe den Traum auch als Warnung vor Manipulation, Agnete, die gefühlte Verunsicherung ist groß, danke für dein Lob!

Ganz reale Grüße per Internet  8-)
Moja

 EkkehartMittelberg (23.07.22, 08:25)
Als Folge falscher Wahl kann man zum Opferlamm werden.

LG
Ekki

 Moja meinte dazu am 23.07.22 um 11:29:
Du nennst einen ganz wichtigen Aspekt, Ekki, auch durch Nachlässigkeit kann man die Kontrolle über Prozesse verlieren und tappt in die "Lamm-Falle", dankeschön und lieben Gruß, Moja
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