*Surreal Asperger wie jedermann ... (Romanausschnitte II)

Gedanke zum Thema Absurdes

von  alter79

Und. Fini!


Ketten klirren. Halbschlaf. Ich erwache, wie ein Regenschirm sich öffnet. Habe die linke Hand zwischen den Beinen. Wie einst als Kind. Und schamlos wie der Tod. Liege ich. Auf dem Rücken. Noch. Rieche Rauch und Rouge. Beides gleichermaßen. Den Wodka von gestern. Sehe neben mir in den Falten des Laken eine Flasche, in der die Vögel nisten. Während hinter meiner Stirn ein grauer Himmel gnadenlos den Morgen platt macht. Und das mitten in der Nacht. Oder träume ich? Nein ... Denn Feuer brennt in meinem Magen, als ich mich beim Griff nach der Flasche verrenken muss. Gelb schütte ich ein. Eis fließt durch mich. Teilt mich. Wie die Zeit. Auch der Tag wird im Nu größer. Gewinnt an Höhe. Weite. Hat Farbe mit Geruch. Nimmt rasant an Tempo zu. Befreit den Himmel. Dinge werden sichtbar. Erinnerungen. Gestern. Mein Gott. Gott, weißt du noch? Ja, ich weiß. Sagt der. Eine Flutwelle von Vorwürfen rast heran, trägt mich in die Fototapete. Schnauze, sage ich. Und nehme die Hände an die Ohren. Schnauze. Worte. Sätze! Während mein Atem Staub aufwirbelt, der kräuselnd aufsteigt um knapp unter der Zimmerdecke in einem Lichtstrahl zu enden. Nein. Nichts passt zueinander. Nicht mein Husten. Der Schleim im Hals. Die Sehnsucht nach der Frau; ich rieche sie geradezu. Auch hier: Nein! Darüber gibt es nichts zu erzählen. Mit ihr war Endstation. Ist Punkt. Die Erde öde und leer. Nichts mehr mit Schweiß an Parfüm. Ihrem Mund an meinen ... Und anderswo. Nie mehr Evolution. Ihre gespreizten Schenkel. Für mich. Pik Bube. Herz Dame. Falsch gedacht. Ich Idiot. Schluss damit! Verlasse das Bett. Steige auf die Schultern meiner Sucht. Doch mein Hirn will mich erst durch die Reste der Zerstörung tragen. So rieche ich den Brand. Sehe die verhunzten Möbel. Die vergammelten Klamotten der Frau. All die toten Bilder von Urlaub und Venedig vom Vortag. Bin am Leben. Doch wie? Wie kann ich mich an das Halbdunkel gewöhnen. Die ausgewechselten Schlösser meiner Seele. An den Fahrstuhl meines Gewissens. Hirn. Herz. Magen. Hoch. Runter. Stopp. Go. Meine abgetrennte Brustwarze. Links. Das blinde Auge. Das ich suchen gehe. Wie meine Zuversicht. Den anonymen Irrsinn. Und Tarzan, der sich an Hanfseilen durch meine Gedanken schwingt. Linie auf Linie kokst. Der Austauschstudent ist. Dem die Adern unter Druck schier platzen. Mit dem die Frau im Bett ist. Endlos. Anstatt mit mir in gemeinsamer Zukunft zu liegen. Das ist das Spiel in unbewegter Luft. Eine einsame Unterhaltung weit hinter der dunkelsten Ecke vom Mond. Mitten im Stillstand der Umlaufbahnen. Sonne. Sterne. Erde. Hässliche und Reiche. Arme und Schöne. Körper und Geist. Hängen zwischen den Bäumen an den Ästen. Wo die Spezies Schutz sucht. Um später dort unbemerkt sauerstofffrei in der Luft zu baumeln. Zu Dutzenden. Unbemerkt! Das trifft es. Also verlasse ich die Wohnung. Bin voller Phantasie. Gehe vorwärts. Stehe dann in der langen Reihe. Warte. Trete an den Kiosk. Lasse die Zeit heilen. Höre die Frage. Antworte mit: Ja! - Wie immer! Stecke mir die Taschen voll mit Stimmungen. Kleider und Körper. Gehe unter der Oberfläche mit anderen reglosen Gesichtern Richtung Westen. Wo das Korn blau ist. Der Regen warm. Silber. Gold wartet. Wo das Glück wohnt. Neben wippenden Busen. Laufe hinter den prallen Ärschen junger Mädchen in Jeans her. Augen wie Kaffeetassen. Ihrem fröhlichen Lachen. Ach - wie habe ich das gebraucht. Die Bewegung in meiner Hose. Schiebe eine von ihnen in die Wellblechbaracke am Rande vom Bahndamm. Jasmin duftet. Sagt die. Blond ist sie. Langbeinig. Genau mein Typ. Hole tief Luft und fasse sie ans Knie - bis der Wind sie weiter bewegt. Manchmal geht ihr Mund dabei auf. Und zu. Werfen ihre Haare stumme Schatten. Laufen Tränen in Bächen. Doch ich halte sie fest. Am Hals. So lange es geht. Bis ringsum nichts mehr ist. Nur ich. Sie. Die noch einmal zuckt. Röchelt. Erschlafft. Mir für die Tat die Worte fehlen. Entschuldigung. Oder so. Stattdessen: GAME OVER, Boy, - als ich in der absoluten Stille um mich herum den Überblick verliere ... Steig aus. Höre ich dann. Mach schon. Wenigstens vorläufig. Nein? Was bist du nur für ein Mensch. Ich bin keiner wie du willst, sage ich. Ich bin der Hass! Und du, du hast mich dazu gemacht.

Sie steht am Bahnhof. Einem grauen Klotz. Der wie vom Himmel gefallen. An der Strecke Moskau-Berlin-Paris-London. Wartet auf Freier. Ist zwei Jahre jünger als ich. Sieht aber älter aus. Wie der gesamte Bau. - Als sie seitlich vom Portal der Bahnhofskneipe mit spitzen Lippen eine raucht. Sich an die Wand lehnt und fahrig die fettigen Haare richtet, als sie mich sieht. Ich kenne sie aus der Schule. Sie als von Lehrern gejagte Lolita. Ich, der depressive Schläger. Damals. Als unsere Seelen wund von der Schuld unserer Eltern in uns explodierten. Schuldfähig oder nicht. Strafbar auf jeden Fall. Taten - die nie verjähren. Wände - die nie einstürzen. Die bestenfalls Leerstellen werden. Oder es schon sind. Als sie schwanger und verzweifelt war. Sich erhängen wollte. Seinerzeit. Und ich sie fand.

Na, sagt sie, lange nicht gesehen. Und doch wieder erkannt, grinse ich. Und durch die Fenster der Gaststätte sehe ich Franz beim Bier sitzen. Seinen hageren Schädel. Das seine Glatze schweißig leuchtet. Also hat er schon reichlich.
Immer. Sagt sie in meine Gedanken.
Und - willste mal rüber rutschen?
Später. Sage ich.
Gerne.
Sei um drei Uhr hier: Wolkenweg 18. Ist ein Fachwerkhaus. Alleinlage. - Kannst du dir die Adresse merken?
Kann ich. Doch vorher ...
Putt- Putt, ich weiß. Und gebe ihr Fünfzig. Auch damit sie keinen Verdacht schöpft. Die restlichen Hundert dann um Drei.
Sei Pünktlich.
Immer doch.
Franz bestellt gerade. Mit Kompott.


Doppelt, sage ich der Bedienung. Geht auf mich!
Am Tisch strahlt Franz sein na ---- du ----?
Und du?
Alles grün, seufzt er. Scheint zufrieden. Wischt mit dem eng bekrakelten Bierfilz über den Tisch. Fasst mit beiden Händen ums Bierglas. Schließt mich darin ein, wie ich fühlen kann. Grinst in den Schnaps. Lacht wie das Rascheln längst verwelkter Blumen. Bäumt sich in das karierte Tischtuch. Keucht. Aaah. Und ... Hinein damit. Als Schlagzeile. Und - Aaah - noch Mal. Putz sich den Mund ab. Gießt die Neige Schnaps ins Bier. Wenn überhaupt. Aaah! Als sein Kammerspiel ins Unfassbare ausläuft. In dem die Welt außerhalb der Welt ist. Gäbe es überhaupt eine einleuchtende Erklärung für solch eine Exploration.
Glasklar und deshalb nicht sichtbar meine Gedanken. Laufen wie die Zeit an besagter Schnur. Fliegen die...



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