keinname - ich habe keinen Namen

Text

von  theatralisch

Hallo, hier ist Isabella. Ich weiß nicht so genau, wie ich mir meine Bücher vorstelle, insbesondere meine Autobiografie. Denn im Grunde gibt es das für mich nicht: Nur Fiktion, nur real. Das liegt etwa daran, dass jeder seine eigene Wirklichkeit hat, mit der er seinen Blick auf etwas richtet. Es liegt darüber hinaus daran, dass das unsinnig wäre und im Grunde nicht geht: Ein Buch über eine Person schreiben, die man dann auch noch zu sein glaubt.

 

Früher schrieb ich viel Prosa, machte mir nie Gedanken darüber, wie andere Menschen meine Themen finden könnten. Trotz der zahlreichen Kommentare. Menschen haben immer vor irgendwas Angst. Das pointierte ich insbesondere in meinen „Manson-Ellis-Texten“, die ich dazu benutzte, um Kritik am Denken der Menschen zu üben. Menschen, die nicht schreiben, verstehen so wenig von Abgründen, die im Grunde gar nicht vorhanden sind. Und Menschen, die schreiben, denken oft, sie verstünden ganz viel davon.

 

Ich persönlich habe schon immer das gemacht, worauf ich Lust hatte. Nur oft hatte ich nicht damit gerechnet, dass Menschen nicht wussten: OK, das ist jetzt das Drehbuch und ich bin darin Soundso. Die wussten nicht, dass sie spielten, eigentlich nur. Ich will das gar nicht zu sehr in den Fokus rücken. Es ist auch kein Thema.

 

Unterm Strich wird es wohl so sein, dass jemand wie ich, der immer unverstanden und –beliebt bleiben wird, sich voll in was Unmissverständliches stürzen muss – Arbeit. Und Beziehungen jedweder Art blieben dann ohnehin aus. Mal ehrlich: Wer versteht das heute noch? Life is a game. So play it! Hau in die Tasten, so ein bisschen in jedem Fall.

 

Heute Morgen wollte ich einen Text in Anlehnung an einen Rap (Lied, sagte sie) einer der Aktivistinnen meiner Stadt im Rahmen der Fridays-for-future -Bewegung verfassen. In ihrem Text ging es eigentlich nur um folgenden Satz, sinngemäß: Der Stärkere gewinnt. Oder der, der eben am meisten Macht / Geld und all das hat. Es geht um keinen Sinn, nur um irgendwas Anderes.

Dazu wollte ich einen Gegenrap starten, den ich heute Morgen noch im Kopf hatte. Gerade ist davon nichts mehr übrig. Vermutlich, weil ich null weiß, um was es geht. Ich blicke auf die Straße, sehe Menschen, Autos, Richtungen differieren, Denken oft gleich, dann doch verschieden. Differenzen, Freundschaften, Brüche, Verrat, alles irgendwie.

 

Ich habe das Leben nie verstanden. Worum es gehen kann oder gehen soll. Und vor allem die Beliebigkeit war mir immer ein Dorn im Auge. Deshalb habe ich nie was Großartiges im Hinblick auf meine Texte versucht. Ich hätte es können, irgendwas wäre gelungen. Ich mein: Why not. Ich treffe viele Menschen, einige mögen mich, „lernen mich dann kennen“, nach deren Aussage und sagen sowas wie: „OK, ich hab mich dann doch in dir getäuscht.“

 

Ne, hast du nicht. Ich bin immer noch ich. Würde dir wahrscheinlich helfen, wenn du sprichwörtlich im Regen stündest und all das. Vom Kern her bin ich gut. Manchmal mach ich Show. Ich? Wer – ich – eigentlich? Ein Autor „icht“ nicht. Übrigens. NEIN, Ausrufezeichen! Ein Autor ist ein Autor. Ihm steht es frei, zu behaupten, was er will, welche Intention ihn dazu bewegt, was zu schreiben. Insofern: Ich bin…niemand. Voll niemand. Weil ich anfing mit dem Schreiben. Weil ich nach Drehbüchern lebe, die anderen Menschen teils Angst machen, sodass sie Abstand von mir nehmen. Manche Leuten hecheln mir sogar nach mehreren Jahrzehnten noch hinterher: Merkwürdig? Nein! Nichts ist merkwürdig. Vielleicht sind das auch Autoren. Übrigens.

 

Und genau das macht es so kompliziert. Ich denke, es wird wenig damit zu tun haben, meine Texte erst nach dem Ableben wichtiger Menschen veröffentlichen zu können, weil die sich darin nicht erkennen sollten. Nein: Weil diese Welt an Beliebigkeit wegen Beliebigkeit nicht übertroffen werden kann, gibt es nichts Besonderes und niemand Besonderen auf ihr, der Welt. Jeder könnte alles. Ja, tatsächlich. Ich mein wirklich: Alles. Unabhängig von Talent. Es ginge so viel. Wäre noch nicht einmal so anstrengend. Aber es würde bedeuten, dass die Menschheit ausstürbe. Denn Erfolg hat das so an sich – zumindest sinngemäß. Nein, Quatsch: Wenn es nur Autoren, also Beliebigkeit, gibt, dann gibt es auch keinen Erfolg. Talente? Hm, ich weiß nicht so recht. Zu viele, wenn dann.

 

Also, meine Lover:innen (nein, nicht lustig): Ich schreib immer mal ein bisschen Autobiografie. Wer Bock hat, kann die mal verwursten. P.S. Ich mag am liebsten ungarische Salami. P.P.S. Jetzt folgt ein bisschen Autobiografie. Haha, wer aufgepasst hat: Nein! Gibt es nicht, kann es nicht geben. P.P.P.S. Da war so viel in den letzten Monaten, sodass es zwangsläufig das Ableben der Protagonistin bedeutete. P.P.P.P.S Perfektion existiert nicht. Das ist Physik. P.P.P.P.S P.P.P.P.P.S usw. usf. – got it – no.

 

Also, irgendwas:

 

Sie ist 13 Jahre alt - oder: "13, Isi, du bist doch erst 13...", begann einer der Briefe, den ihr eine gute Freundin schrieb.

Wir schreiben das Jahr 2001: Noch die DM, die Freundinnen, das Gymnasium, Leichtathletik, Tennis, Klavier - alles eigentlich; und auch die Oma.

Was die Freundin im Brief andeuten wollte, war eine missglückte Liebe zwischen ihr und einem Jungen, den sie in der Nachbarschaft kennenlernte, während sie sich wild und frei beim Skaten und Durchleben diverser selbst erdachter Stories fühlte. Und sie wollte nie mehr als ebendas empfinden und tun. Nie im ganzen Leben.

Sie wollte dem Gefühl der Freiheit folgen, in Bewegung sein, immer ein wenig zu viel Adrenalin sollte ihr Körper ausschütten. Was sie nicht wollte, zumindest zu diesem Zeitpunkt noch nicht: Eine Beziehung und langweiliges Rumsitzen in irgendwelchen Wohnungen. Darauf sollte es aber hinauslaufen. Denn sie alle, ihre ganzen Freundinnen, Mitschülerinnen und sogar die beim Sport und in der Musik"schule" hatte jetzt welche: Beziehungen.

Die Lovestory, die sie hatte und nun offenbar beendet war, war auch nicht ihre erste, sondern vielleicht 4.? Sie wusste es nicht genau. Denn ihr ging es nur um die Story, um den Hype um ihre Person. Denn ganz klar: Sie wollte Regisseurin, Autorin, kurzum Künstlerin werden. Alles andere interessierte sie nicht. Und vor allem Menschen nicht - daraus machte sie auch nie einen Hehl. Doch wer verstand das schon.

Che, wie sie ihren jetzigen Exfreund liebevoll - wie sie glaubte - nannte, jedenfalls nicht. Er war einer derjenigen, die sich die Inliner nur deshalb anzog, um dazuzugehören, nicht vom optischen Erscheinungsbild der Anderen zu differieren. Isi dagegen zog sich die Inliner an, weil sie fliegen wollte. Und sogar mehr als das.

Fast war es ein bisschen schade darum, dass sie nicht in den Genuss der Liebe kommen wollte. Die Jungs standen nämlich Schlange, sogar ihre Oma bemerkte dies: "Da war letztens einer, der sich vor dem Haus herumtrieb. Da er mir nicht gefiel, sagte ich ihm, dass du schon mit einem anderen Jungen unterwegs warst."

Dabei sagte Isi oft kein einziges Wort. Sie war die Anführerin einer Skater-Mädchen-Gang - Worte sollen gut durchdacht sein, Stilmittel ebenso. Sie bevorzugte schon damals die Repetitio. Aber auch Superlative durfte es sein.

Jedenfalls war Isi, die auch Isabella hieß, etwa 165 cm groß, hatte langes blondes welliges Haar, blaue Augen und zeichnete sich vor allem durch Schnelligkeit aus. Womöglich war das einer der Gründe, warum sie trotz ihres Schweigens, das vor allem dem erwähnten klar gesetzten Fokus und natürlich auch ihrem Desinteresse an anderer Interaktion geschuldet war, Menschen in den Bann ziehen konnte. Schnelligkeit suggerierte da was, das irgendwie mit Interesse und Attraktivität einherhing.

Selbst wenn sie sich gerade unterhielten oder ein Eis aßen - sie konnte nicht still sitzen und fuhr dabei in einer Tour im Kreis. Sogar als es blitzte und donnerte: Immerzu zog sie etwas in ihren Skates nach draußen; außerdem mochte sie die Gefahr. Auch wenn sie darin umzukommen drohte.

Hauptsache, sie konnte immer in Bewegung sein. Dafür hätte sie viel in Kauf genommen. Denn nur so konnte sie sich Geschichten ausdenken, nur so ihre Fantasie anregen, nur so diese latent vorhandene Langeweile kompensieren.

In ihren Geschichten vermischte sich Realität und Fiktion. Sie dachte sie sich schon ganz früh aus: Als Kindergartenkind nahm sie vom Grillen aus dem Kindergarten ein Stück Kohle mit nach Hause und zeichnete eine Krake namens Bellchen (ihr Kosename vom Vater) an die Hauswand. Das erfreute natürlich niemanden.

Später spielte sie Michael Jackson oder Kim Frank und dachte sich dazu irgendwelche Interviews oder Filme aus. Alles musste so lange gefilmt werden, bis sie es spürte: Glück, Zufriedenheit. Sie wiederum war jedoch die einzige, die so empfand - vor allem jetzt, als 13jährige. Das ließ sich nicht damit vereinbaren, mit Jungen im Freibad oder in den öden vier Wänden abzuhängen.

"Magst du das denn nicht?, fragte die Mutter einer Freundin. Sie antwortete nicht, nicht mehr. Denn sie war bereits eingeläutet: Die Depression, die ein ambitionierter Mensch bekommen sollte, der insbesondere von seinen Eltern jedoch dazu angehalten wurde, sich so klein und unbedeutend wie möglich zu (ver)halten. Bis sie sich gar nicht mehr verhalten wollte und konnte.

13 war ein schwieriges Alter. Solche Sätze sind gängig. Sie versprach sich dennoch: "Im nächsten Jahr werde ich dieses Buch geschrieben haben. Und ich werde fortgehen. An einem Ort sein, der besser für mich ist. Wobei fast alles besser wäre als das."

Jahre später hätte sie vielleicht wissen können, dass das nicht richtig gewesen wäre: Es war nicht der Ort, irgendein Autismusspektrum, vielleicht waren es auch nicht zu 100 % die Eltern etc. pp." Leute würden jetzt sagen: "Aber da wäre das eine doch schon genug..."

Nein. Lautete die Antwort. Nein. Motivation ist berechenbar, de facto. Aber gut, es ist durchaus schwer unter miserablen Bedingungen. Also möglicherweise doch: Ja, OK.


 




Anmerkung von theatralisch:

tbc?

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (26.09.22, 09:23)
Hat gute Stellen, aber insgesamt macht die Ich-Erzählerin keine gute Figur, wirkt unsympathisch. Diese Verkanntes-Genie-Attitüde, das Besserwissertum und die pubertäre Handlung vom zweiten Teil erzeugen einen Text ohne Zentrum, ohne Faden, ohne Spannung. Eigentlich eine misslungene Nabelschau, wenn man es so nennen will, sorry.

 Augustus meinte dazu am 26.09.22 um 12:07:
D.R. das Niveau einer Bildzeitung findest Du hier natürlich nicht und darüber in Form eines Kommentars „verkappt“ zu klagen, ich will Bildzeitung-Niveau, trägt eher dazu bei, dass ein vernünftiger Leser den Text als sehr qualitativ erachtet. Denn, wenn Du eigene Qualitätskriterien aufstellst, die Du in den Texten innerhalb der Bildzeitung liest und diese auf literarische Texte anwendest und feststellst, der literarische Text erfüllt keines der Bildzeitung-Kriterien, dann ist Deine Kritik an dem lit. Text ein Qualitätssiegel, dem Du ihm zusprichst.  

Übrigens ist Dein Problem sehr leicht zu lösen, in dem Du Dir die Bildzeitung kaufst und sie beim Bäcker liest.  

Der Text entspringt einer interessanten Quelle, weshalb er einem fließenden Bach ähnelt, an dem der Leser entspannt sitzen und sein Rauschen vernehmen kann. Mehr davon!

Antwort geändert am 26.09.2022 um 12:19 Uhr

Antwort geändert am 26.09.2022 um 12:20 Uhr

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 26.09.22 um 13:24:
Ich verstehe den Quatsch mit der Bildzeitung nicht, sorry!
Aber um mal das Bild des rauschenden Bachs aufzugreifen, für mich ist der Text eher ein Sumpf mit einigen bunten Libellen.

 theatralisch schrieb daraufhin am 26.09.22 um 16:21:
Danke schön, Augustus! Ich find Dieters Kritik so aggressiv, das klingelt in den Ohren nach, obwohl er es noch nicht mal laut gesagt hat.

Keine Ahnung. Ich schreibe nur, was direkt dorthin will, wo es schließlich steht. Mir geht es nicht gut - aber wahrscheinlich ist das nicht der Grund für (dieses) Geschreibe.

VG
Isi

 AngelWings äußerte darauf am 26.09.22 um 16:39:
Ja, wenn sich gut fühlt, kommt solch Sachen heraus! Kenn ich so gut! Oktober komm immer näher, Erinnerung Spiel mit mir!

 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 26.09.22 um 17:07:
Aggressiv dem Text gegenüber? Wie soll das aussehen?
Ich denke, du möchtest sagen, dass mein Kritik unangenehm ist. Das trifft es sicher besser.

 AngelWings meinte dazu am 26.09.22 um 17:26:
🤣 Ja, wenn Bild Zeitung durch liest denke ich immer an Promiflash auf Facebook. Die Texte und Bilder, verändern.

 AngelWings (26.09.22, 16:35)
Ich sage nur gibt Unschiedlich, Biographie oder Fantasie. Einzig was man machen, kann das man eine Lebenslauf erstellte, auch für Fantasie Person. Es gibt auch Person die unbekannt, sind und mit Nummer daher kommt wie bei meinem Erzählung.die eine wenig in Luft hängt, weil wieder der Word mal änderung vor genommen hat und alles wieder suchen muss.

 AngelWings (26.09.22, 17:42)
Und noch was, schreib wie du es richtig hältst, lass die nie vorschreiben was du machen hast und zulassen hast, auch nicht vom kritisierten kommentare.

 theatralisch meinte dazu am 26.09.22 um 18:03:
Kritik ist OK. Ich bin da nicht kompliziert. Von mir aus nennst du mich auch hässlich und so. Ist doch nicht so schlimm.

 AngelWings meinte dazu am 26.09.22 um 18:12:
Nein, keine Mensch ist hässlich! Du versteht, es verkehrte! Ich meine es gibt Menschen, die mit Kritik andere beeinflussen. Andere als dumm und blöd hinstellen.

 theatralisch meinte dazu am 26.09.22 um 23:35:
Ich hatte den Herren angesprochen. Du, ich bin frei. Jeder darf..Alles easy. Ich nötige niemanden zur Gelassenheit und Akzeptanz. Aber voll cool sind die. Ich hab kein Problem mit mir, also stört mich nie, wenn oder was jemand sagt. Wenn ich Lust, Zeit hab oder es gar angebracht ist, denk ich drüber nach. Hab aber nicht mehr so viel Zeit, eigentlich keine. Aber ab und zu ein Text und all das...
Tata
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