Der Panzer von Westkapelle

Essay zum Thema Erinnerung

von  TrekanBelluvitsh

Sommerzeit, Urlaubszeit. Das gilt auch und gerade für unser Land. Die Deutschen packen ihre Koffer und machen sich auf den Weg. Nordwesteuropa ist da sehr beliebt: die Niederlande, Belgien, Frankreich. Wir fahren so oft in den Urlaub, dass fast jeder schon einmal dort gewesen ist. Ein Ziel ist die Halbinsel Walcheren ganz im Westen der Niederlande. Middelburg und Veere locken mit ihren pittoresken Stadtkernen. Im Norden gibt es das gewaltige Deltastauwerk zu bewundern. Am Strand von Zoutelande glaubt man bei Ebbe die großen und kleinen Schiffe, die gen Antwerpen durch die Schelde streben, mit der Hand greifen zu können. Domburg ist das größte Seebad. Und am weitesten westlich auf der Halbinsel liegt – der Name lässt es bereits vermuten – die Gemeinde Westkapelle. Wie ganz Walcheren ist der Ort durch mächtige Deiche, die hier aufgeschüttet wurden, vor dem Meer geschützt. Das muss auch sein, denn das Land hinter diesen ist vor allem, nun ja, flach. Will man dort die See sehen, muss man den Deich schon besteigen. Tun die deutschen Urlauber das in Westkapelle, erleben sie eine faustdicke Überraschung. Denn das Erste, was sie sehen, ist ein Panzer!

Warum steht da ein Panzer?

Es ist ein in den USA gebauter M4
Sherman aus dem Zweiten Weltkrieg. Die langsam abblätternden Abzeichen an seiner Front identifizieren ihn als ein zum Second Armoured Regiment gehörenden Fahrzeug der britischen 11. Panzer-Division. Er wurde im Krieg als sogenannter Crab Flail eingesetzt, d.h. an seiner Front waren an einer Welle vor dem Panzer Ketten befestigt, die rotierten und so Minen aus dem Boden peitschen und zum detonieren bringen sollten. Es war ein Pionierfahrzeug.

Warum steht da ein Panzer?

Im Zweiten Weltkrieg war Walcheren eine Insel. Immer noch von deutschen Truppen besetzt, verhinderten diese im Herbst 1944 die Inbetriebnahme des Hafens im bereits befreiten Antwerpen. Auch die belgische Südküste der Schelde befand sich noch in deutscher Hand. Kanadisch-britische Truppen starteten eine Offensive. Dabei wurden die Deiche seit Oktober 1944 bombardiert. Sie brachen und am 1. November 1944 landeten alliierte Streitkräfte hauptsächlich mit Amphibienfahrzeuge bei Westkapelle. Der größte Teil des Ortes wurde dabei überschwemmt und zerstört. Auf ganz Walcheren verloren
bei den Kämpfen schätzungsweise 10.000 Menschen ihr Leben.

Warum zum Teufel steht dann da ein Panzer? E
in Denkmal für ein zerstörtes Dorf? Ein Panzer als Denkmal für 10.000 Tote?

Das fragen sich die deutschen Urlauber. Und es ist ja nicht nur Westkapelle. Bereist man Nordwesteuropa findet man in fast jeder größeren Stadt in den Niederlanden, Belgien und Frankreich (dort seltener in West-und Zentralfrankreich) ein Monument, das von einem Panzer gekrönt wird. In Deutschland gibt es das nicht! Abgesehen von den paar Panzern im Osten Deutschlands, aber die wurden ja auf Drängen der Sowjetunion aufgestellt. Da stellt sich doch die Frage? Sind unsere Nachbar
etwa doch kriegslüsterner als wir? Erkennen sie nicht, dass sie da Tötungsmaschinen ausstellen? Sind wir Deutschen in unserer gesellschaftlichen Entwicklung einfach schon weiter, friedlicher, ziviler? Die Antwort lautet: Nein.

Um das zu verstehen, muss man den deutschen historischen Blickwinkel verlassen. Bei diesen
Sockelpanzern handelt es sich ausschließlich um Fahrzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg. Was in Deutschland gerne vergessen wird ist, dass auch Nordwesteuropa von 1940 bis 1944 unter der deutschen Besatzung litt. Zwar herrschten die deutschen Besatzungsbehörden hier nicht über eine grundsätzlich entrechtete Bevölkerung wie im Osten Europas. Mord und Massentötungen waren hier nicht an der Tagesordnung. Tatsächlich wiesen die deutschen Behörden die Truppenführungen von deutschen Divisionen, die von der Ostfront zur Auffrischung in den Westen verlegt wurden, immer wieder darauf hin, dass dies nicht der Osten sei und die Führung strengstens darauf zu achten habe, dass die Soldaten sich gesittet, also nicht so wie im Osten, verhielten. Nichtsdestotrotz litten die Menschen im Westen unter der deutschen Besatzung. So war z.B. die zwangsweise Verschickung junger Männer aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden zum Arbeitseinsatz in Fabriken nach Deutschland eine bedrückende Wahrheit, die für die Betroffenen nicht selten in einem Konzentrationslager endete. Gerade in Frankreich rekrutierte der Widerstand viele junge Männer aus den Reihen jener, die so nach Deutschland verschleppt werden sollten. Das Juden und politische Gegner des NS-Regimes auch im Westen in Todesgefahr schwebten, ist eine traurige Selbstverständlichkeit. Gerade Geflüchtete waren gefährdet, weil die einheimischen Behörden sie bevorzugt an den deutschen Vernichtungsapparat auslieferten, in der Hoffnung, so Einheimische vor der Deportation bewahren zu können.

Die
Wende für die Menschen im Westen kam mit den alliierten Landungen in der Normandie (6. Juni 1944) und an der Côte d’Azur (15. August 1944). Nach wochenlangen erbitterten Kämpfen gelang es den alliierten Truppen zu Beginn des Herbstes 1944, die deutschen Verbände aus Frankreich, weiten Teilen Belgiens und dem Süden der Niederlande zu vertreiben. Die Erfahrungen der Menschen in den drei Ländern waren dabei stes gleich. Es waren nicht die Partisanen. Es waren keine leichten Aufklärungsverbände. Es waren keine Fallschirmjäger. Ja, es war noch nicht einmal die Infanterie. Man konnte sich erst sicher sein, dass die deutsche Gewaltherrschaft gebrochen war, wenn alliierte Panzer durch die Straßen der Stadt rollten. Diesen hatten die weit unterlegenen Deutschen zumeist nichts gleichwertiges (in entsprechender Menge) entgegenzusetzen. So setzte sich im kollektiven Gedächtnis der Gesellschaften in Nordwesteuropa dieses Bild fest: Panzer = Befreiung

Das Bedürfnis der Menschen, ihren Befreiern ein Denkmal zu setzen, sie zu ehren und ihre Dankbarkeit zu zeigen, ist
vor dem Hintergrund der von den Deutschen ausgehend Unterdrückung nachvollziehbar. Dies taten sie durch die Fahrzeuge, die in den Erinnerungen aller so präsent waren, jene Fahrzeuge, die mit stinkende Motoren und rasselnde Ketten durch Straßen fuhren und so die Freiheit verkündeten. Dieser Drang war groß und andauernd. Der Panzer auf dem Deich bei Westkapelle wurde erst im Jahre 1961 dort aufgestellt – 16 Jahre nach Kriegsende!



Wenn wir Deutsche diese Panzer sehen, können wir das nicht
nachvollziehen. Wir fürchten den Panzer und verabscheuen ihn. Dies liegt daran, dass er zum einen von der NS-Propaganda in den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs als Symbol für die deutschen Erfolge aufgebaut wurde. Diese militärischen Erfolge waren aber die Voraussetzung für den unsäglichen Terror, der von deutscher Seite in den besetzten Gebieten ausgeübt wurde, einschließlich des Holocausts. So ist der Panzer für uns Deutschen – bewusst oder unbewusst – untrennbar mit einem Gefühl verbunden, nämlich einer nationalen Scham. Gerade die Versuche von rechter Seite, durch revisionistische Verzerrungen dagegen anzugehen zeigt, wie tief diese Scham in unserer Gesellschaft verwurzelt ist.

Ebenso stark ist jedoch das Gefühl der Niederlage. Es ist wichtig festzuhalten, dass die Deutschen sich 1945 nicht befreit fühlten (ein Gefühl das in den von der Roten Armee befreiten Gebiete eher begründet war als in den später
en westlichen Besatzungszonen). Und daran hat sich in den letzten 77 Jahren auch wenig geändert. Die Deutschen fühlen sich als Gesellschaft bis heute nicht als vom Nationalsozialismus befreit. Sie suchen im Gegenteil nach andern Auswegen aus der eigenen Geschichte. Das sieht man beispielhaft an den beiden erfolgreichsten historischen Fachbüchern dieses Jahrtausends. „Der Brand“ (2004) von Jörg Friedrich und „Die Schlafwandler“ (2013) von Christopher Clark. Friedrichs Buch beschreibt die Deutschen als Opfer des (Luft-)Krieges. Clark hat aufgezeigt, dass Deutschland nicht der Alleinschuldige am Ausbruch des Ersten Weltkriegs war. Zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung bzw. Diskussion.

(Clarks Buch
ist in Wahrheit a.) eine Studie über die Balkanpolitik Östereich-Ungarns und Russlands mit Schwerpunkt Serbien in den Jahrzehnten vor den ersten Weltkrieg und b.) eine Zusammenfassung der sogenannten „Julikrise“ von 1914, die nichts Neues brachte.)

Und auch wenn es in
„Die Schlafwandler“ um den Ersten Weltkrieg ging, war der sozialpsychologische Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg doch evident. Die deutsche Öffentlichkeit lechzt nach Entschuldigung für die Grauen, die im deutschen Namen im Zweiten Weltkrieg von so vielen verübt wurden. Gleichzeitig möchte man sich, wie in Friedrichs Buch, als Opfer der Ereignisse sehen. So hängt ein – unabhängig von der geschichtswissenschaftlichen Relevanz der beiden Bücher – unausgesprochenes „Irgendwann muss aber auch mal gut sein“ in der Luft, mit dem seit 1945 die gesellschaftliche und historische Aufarbeitung des Zweiten Weltkrieges immer wieder torpediert werden soll. Vermischt sich dies mit der oben angesprochenen Scham, ist das Ergebnis eine krude, ständig in Abwehrhaltung verharrende Sicht auf die Jahre 1939(33) bis 1945, die es uns unmöglich macht, den Einmarsch alliierter Truppen in deutsche Städte, als etwas anderes als eben das zu sehen: den Einmarsch. Kollektiv sind wir nicht in der Lage, von der Befreiung vom NS-Regime zu sprechen.

Darum sind die alliierten Panzer der Zeit – Shermans, Cromwells, Fireflys, Comets, Stuarts etc. - für uns auch kein Zeichen der Befreiung. Sie sind
in erster Linie ein Zeichen der Niederlage, der Demütigung und der Scham, eine historische Last. Der Panzer wird als pars pro toto wahrgenommen. Darum blicken wir kritisch auf diese Fahrzeuge und nicht, weil wir in ihnen grundsätzlich die Gewaltmaschinen sehen, die sie ohne Zweifel sind. Auf Walcheren ist dies, wie in ganz Nordwesteuropa, anders. Darum können wir Deutschen, geprägt von der kollektiven deutschen Erinnerung, unserm Umgang mit unserer Geschichte, den Sinn und die Bedeutung der unzähligen Sockelpanzer in unseren Nachbarländern auch nicht nachvollziehen oder verstehen. Und viele Deutsche wollen das auch gar nicht.




Anmerkung von TrekanBelluvitsh:

 Der Panzer von Westkapelle

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (11.10.22, 06:55)
Du greifst ein schwieriges Thema auf: Die (jüngere) unbewältigte Vergangenheit des deutschen Volkes.
U. a. mittels eines australischen Autors, der als umstritten gilt.
Wie du das aber machst, ist von erfrischender Sachlichkeit und angemessener Kühle.
Der notwendige Funken Emotionalität wird durch die beschriebene Landschaft vermittelt, die allerdings wiederum hinter einem aufgeschütteten Schutzwall (dem Schweigen) verborgen bleibt.

Gut gemacht, finde ich. :)

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 11.10.22 um 11:21:
Danke.

Ich hätte auch einige der unzähligen anderen Sockelpanzer erwähnen können. Aber 1.) sollte das ja kein Aufzählung sein und 2.) kenne ich persönlich Walcheren nun einmal

In erster Linie ging es mir ja darum zu zeigen, dass eine Sichtweise, die eindeutig scheint, sich sehr schnell ändert, wenn man eine andere Position annimmt. Wenn man bereit ist, das zu akzeptieren, wird auch klar, dass es Gründe für die jeweilige Sichtweise gibt.

Und das betrifft auch den Panzer. Der Panzer wird nicht im luftleeren Raum konstruiert, gebaut, eingesetzt und betrachtet. Das versuche ich in den kommenden Teilen weiter auszuführen.

Die einzelnen militärischen und technischen Elemente sind für die Leser hier sicherlich nicht besonders interessant. Dennoch sind einige wenige Grundsätze zum Verständnis dieser Fahrzeuge unerlässlich. So wird es im nächsten - kürzerem - Text darum gehen, warum es überhaupt Panzer gibt.
Taina (39)
(11.10.22, 08:40)
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 TrekanBelluvitsh antwortete darauf am 11.10.22 um 11:29:
Du hast vollkommen recht. Soldaten/Veteranen waren schon immer ein wichtiger Bestandteil der jeweiligen Antikriegsbewegungen. Dies gilt besonders für Frankreich und Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg.

Und die Sichtweise auf Denkmäler bzw. militärische Artefakte kann sich mit der Zeit auch ändern. Jede Gesellschaft blickt durch ihre Zeit auf vergangene Ereignisse. Wenn man z.B. einen kritischen Blick auf den heldenhaften Achilles in der Ilias wirft, kann man auch den Eindruck bekommen, es mit einem kleinen verwöhnten, narzisstischen Mamasöhnchen zu tun hat, der sich wie eine beleidigte Leberwurst verhält.

 loslosch (11.10.22, 22:27)
etwa 1974 bin ich über das 160 jahre alte schlachtfeld bei waterloo geschritten. es war mittags, keine seele weit und breit. nicht mal ein gedenkpanzer oder -tank war zu sehen.      lo

 RainerMScholz schrieb daraufhin am 12.10.22 um 00:05:
Schön in Waterloo, nur Acker und freie Sicht, bis auf diesen riesigen pyramidenförmigen aufgeschütteten Hügel, versteht sich.

 TrekanBelluvitsh äußerte darauf am 12.10.22 um 12:22:
Das ist ja das Schöne am Krieg. Je weiter er zurückliegt, desto weniger müssen wir unsere Empathie bemühen. Es sei denn, die Kämpfe fanden vor unserer Haustür statt. Dann empfinden wir Mitleid mit den Opfern einer Schlacht von 1.500 v.d.Z. - die Armen...

 RainerMScholz ergänzte dazu am 22.03.23 um 00:23:
Was auch stimmt, ist, dass bei uns die französischen Panzer mit Karacho die alte Pflastersteinstraße hinabbretterten, dass die Häuser wackelten, weswegen wir nicht so riesig darauf erpicht waren, dafür auch noch einen Gedenkstein in den Siebzigern aufzustellen.
Grüße,
R.

 GastIltis (17.10.22, 18:57)
Hallo Trekan,
deine Mühe, einen Panzer als das aufzuzeigen, was er war oder ist, nämlich eine Kriegsmaschine, ist dir bestens mit viel Sachkenntnis gelungen. In meiner Erinnerung waren die Panzer, die in unser Dorf einfuhren, friedliche Geräte, die mit freundlichen Soldaten besetzt waren, die uns Kindern Schokolade geschenkt haben. Ein wichtiger Beitrag zur richtigen Zeit!
Herzlich grüßt dich Gil.

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 17.10.22 um 21:13:
Hallo Gil,

ich hatte die Idee zu dieser kleinen Serie - ok, bisher ist es nur ein Text - schon länger. Und dann griff Russland die Ukraine an. Ich habe seit dem extrem viel Unsinn über den Krieg gelesen. Verstehe mich nicht falsch. Ich habe eine eindeutige Position im Konflikt RU-UKR. Aber die liegt eben u.a. in dem begründet, was ich über kriegerische Auseinandersetzungen weiß.

Dir ist vielleicht aufgefallen, dass ich mich hier auf KV aus den Diskussionen zum Krieg fast vollkommen herausgehalten habe. Das mag jetzt arrogant klingen, aber diese Zurückhaltung liegt auch daran begründet, dass vielen Meinungsäußerungen hier jegliches Basiswissen fehlt. Nimm nur einmal die Aussage, das die Wahrheit im Krieg als erstes stirbt. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass vorher die Wahrheit die Äußerungen aller Beteiligten maßgeblich bestimmt hat (und: Ja, es gibt eine Wahrheit!). Wir beide wissen, dass dem nicht so ist. Also ist "Die Wahrheit stirbt als erstes im Krieg" ein Allgemeinplatz, der tiefes Verständnis eines Sachverhalts vortäuschen soll, wo dieser fehlt.

Da der Panzer sich seit seinem ersten Erscheinen auf dem Schlachtfeld zum wichtigsten einzelnen Waffensystem entwickelt hat, will ich hier an einigen Beispielen versuchen, den Zusammenhang zwischen Gesellschaft, Waffen und Krieg exemplarisch zu erläutern. Und das ohne im einzelnen zu einem bestimmten Konflikt Stellung zu beziehen.

 loslosch meinte dazu am 17.10.22 um 23:14:
Also ist "Die Wahrheit stirbt als erstes im Krieg" ein Allgemeinplatz, der tiefes Verständnis eines Sachverhalts vortäuschen soll, wo dieser fehlt.

in der summe nicht. Bismarcks spruch ist zu recht berühmt: "Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd."

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 18.10.22 um 01:26:
Man sollte zunächst einmal schauen, warum im Krieg die Unwahrheit gesagt wird. Und da ist der erste Punkt einer, der gerne vergessen wird: die beteiligten Seiten wissen selbst nicht genau, was vorgeht. Andererseits verlangt die Öffentlichkeit - ganz gleich, wie Öffentlichkeit im jeweiligen politischen System definiert wird - nach Informationen. Dabei ist sei einen bestimmten Informationsfluss gewohnt Die Geschwindigkeit - reitender Bote oder Internet - ist dabei zweitrangig. Denn in der Zeit der reitenden Boten war man sich der Langsamkeit durchaus bewusst. Darum war der Takt langsamer. Dennoch musste der auch bedient werden.

Bismarck taugt als Zeuge für irgendetwas nicht besonders gut. Wie alle vorgeblich "großen Staatsmänner" war er vor allem ein Selbstdarsteller, sicherlich der Größte seiner Zeit. Die Einkreisung Deutschlands begann schon unter seiner Kanzlerschaft. Wie sehr er Frankreich nach 1870/71 gedemütigt hat, erkannte er nie. Überhaupt war sein von deutschen Nationalisten und Revisionisten so gerne als angebliches Husarenstück dargestelltes Manöver mit der Emser Depesche völlig zweitrangig und unbedeutend. Frankreich entschloss sich zum Krieg bevor diese überhaupt bekannt war.

Um zu den Lügen zurückzukehren: Man denke nur an die sogenannte "Flüchtlingskrise". Auf einmal kannte jeder - auch hier auf KV(sic!) - Menschen, die ganz schrecklich von Flüchtlingen bedroht wurden. Überprüfbar waren diese Aussagen niemals, aber selbstverständlich war es eine Unverschämtheit sie anzuzweifeln, ganz gleich wie empathielos sie daherkamen.

Das Problem im Krieg ist nicht die Wahrheit, ider eben die Unwahrheit. Es ist die Ungewissheit, bzw. die Tatsache, dass man diese nicht, wie sonst im alltäglichen Leben - ausblenden kann. Und im Krieg betrifft uns die Ungewissheit viel direkter, weil wir mit Dingen konfrontiert werden, die unser Existenz ganz direkt bedrohen. Auch im alltäglichen Leben kann man auf einem Zebrastreifen von einem Pkw umgebrettert werden. Allerdings sind Pkw nicht dafür gemacht, Leute umzubrettern. Das sind nur die Kollateralschäden dessen, was wir als Gesellschaft "Mobilität" nennen.

Im Krieg hingegen werden wir mit Dingen - heutzutage: Maschinen - konfrontiert, die nur dem Zweck des Zerstörens dienen. weil dabei eben dennoch ein großer Teil Zufall eine Rolle spielt, wirkt auch hier die Ungewissheit. Doch an ihrem ende warten Tod oder Verwundung. Und dies gilt es zu verstehen. ein "Ach wie schlimm" nutzt gar nichts. man muss diese Dinge verstehen. Und seit 1916 ist eines dieser Dinge der Panzer.

 GastIltis meinte dazu am 18.10.22 um 19:03:
Deine Antwort sagt mir zu! Gil.
Taina (39) meinte dazu am 18.10.22 um 19:12:
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 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 25.10.22 um 16:22:
P.S.: Den nächsten Teil dieser kleinen Reihe wollte ich eigentlich diese Woche einstellen. Leider hat mein Computer den Geist aufgegeben. Habe zwar einen Ersatz zur Verfügung, aber dei Daten von meinem eigenen Rechner fehlen. Also wird sich jener Teil - Titel: "Gesellschaft und Panzer: der israelische Merkava"- verzögern.
Taina (39) meinte dazu am 25.10.22 um 17:16:
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 GastIltis meinte dazu am 25.10.22 um 17:21:
Wir tragen es mit Fassung!
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