Sissy/ Teil 1

Erzählung zum Thema Verantwortung

von  Saira

Es war bereits dunkel, als ich mit Wilma noch einen kleinen Abendspaziergang unternahm. Ich war mit einer Taschenlampe, einem Pfefferspray und Kotbeutel bestückt und beschloss, noch ein paar Meter Richtung Wald zu laufen. Die Kleine liebte diesen Weg.

 

Ich vernahm das Rascheln von Blättern und sah eine dunkle Gestalt, die mit schnellen Schritten aus dem Wald eilte. Es handelte sich um einen jungen Mann, um die Zwanzig. Er trug einen weiten, dunklen Umhang, wie ich ihn aus Filmen von Robin Hood kannte, einen großen Hut und hohe Stiefel.  Mit der linken Hand schwenkte er ein langes Schwert.  Damit schlug er zwischendurch, während er aggressive Laute von sich gab, durch die Luft und auf den Boden. In der rechten Hand hielt er ein kleines, offensichtlich totes Tier. Schnell nahm ich Wilma auf den Arm, hielt, glaube ich, die Luft an und war froh, als der Fremde, mit Blick auf den Boden gerichtet, grußlos an uns vorbeilief. Gerade wollte ich aufatmen, als ein großer weißer Hund, ebenfalls aus dem Wald kommend, angelaufen kam und direkt vor uns stehen blieb. Ich drückte Wilma an mich und schlug meine Jacke um sie. Ob das Tier zu dem Mann gehörte? Ich beobachtete es ganz still. Selbst Wilma verhielt sich ruhig. Beim genaueren Hinsehen, konnte ich trotz Dunkelheit, Blut an der Schnauze des Hundes erkennen. Ich spürte Angst. Meine Stimme klang nicht so fest, wie sie sein sollte, als ich befahl: „Geh weg! Hau ab!“

 

Der Hund fixierte uns noch ein oder zwei Sekunden lang, lief dann aber weiter und ich machte mich mit meiner Kleinen erleichtert auf den Heimweg.

 

Tage später traf ich auf Beate mit ihrem Jimmy, einem mittelgroßen Schnauzer. Für Jimmy, der schon ein wenig betagt ist, ist Wilma ein Jungbrunnen. Obwohl die Kleine zu dem Zeitpunkt noch Welpe war, wusste sie schon sehr genau, wie sie Rüden, aber auch Hündinnen becircen konnte. Jimmy beschnüffelte Wilma ausgiebig und die Kleine umarmte den etwas größeren Rüden mit beiden Vorderbeinchen. Während unseres Gespräches über Jimmys kranker Pfote, kam ich auf den merkwürdigen Mann und die weiße Hündin zu sprechen. Beate wusste sofort Bescheid und sagte: „Sei bloß vorsichtig, wenn du der weißen Hündin Sissy begegnest. Sie gehört dem Jäger Hans-Jürgen, der mit seinem Sohn am Ende des Weges wohnt. Sissy ist zur Jagd abgerichtet und läuft oft stundenlang ohne Begleitung durch den Wald. Der Sohn hat Drogenprobleme.“ „Hat Sissy schon andere Hunde angegriffen?“, fragte ich Beate. „Ja, hat sie, leider. Es laufen Anzeigen gegen den Halter, aber bis heute sind keine Konsequenzen gezogen worden. Man müsste Hans-Jürgen den Jagdschein und auch die Sissy wegnehmen.“

 

Wenige Tage später, es war Nachmittag und ich lief mit Wilma wieder Richtung Wald. Etwas weiter von uns entfernt sah und hörte ich einen Mann, der genervt in den Wald rief: „Sissy, sieh zu, dass du herkommst! Wirst du wohl? Sissy!“ Als wir näherkamen, sah ich, dass Sissy angelaufen kam. Mir war nun klar, dass der Mann der Jäger und Halter des Hundes war. Sissy lief weiter zu Wilma, die ich sofort auf den Arm nahm. Ich begrüßte den Jäger mit einem „Moin-Gruß“, den er erwiderte. Bevor ich etwas sagen konnte, meinte er: „Lass die Kleine doch laufen. Die will bestimmt spielen.“ Er duzte mich, was ich nicht schlimm fand, denn auf dem Dorf duzen sich viele Menschen. Ich erzählte ihm von der abendlichen Begegnung mit seinem Sohn und Sissy und dass ich Sorge habe, Sissy könnte meine Wilma beißen und dass ich von früheren Beißattacken seitens seiner Hündin erfahren hatte. Hans-Dieter lachte auf und entgegnete: „Ach Quatsch, Sissy beißt eigentlich nicht. Die Hunde sollten keine Angst zeigen und alles wäre gut.“ Weitere Worte von mir wischte er mit einer Handbewegung weg und lief eilig weiter.

 

 

Es sollte sich eine Tragödie anbahnen … Fortsetzung folgt!

 

 

 

©by Sigrun Al-Badri/ November 2022

 



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Kommentare zu diesem Text


 franky (10.11.22, 11:28)
Hi liebe Sigrun 

Spannend geschrieben, freue mich auf die Fortsetzung. 

Grüße von Franky

 Saira meinte dazu am 10.11.22 um 18:00:
Hallo lieber Franky,
 
die Fortsetzung kommt. Danke für dein Feedback, deine Empfehlung und Favorisierung!
 
Liebe Grüße
Sigrun
Teolein (70)
(10.11.22, 11:53)
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 Saira antwortete darauf am 10.11.22 um 18:01:
Hallo Teo,
 
dein Lob freut mich sehr!

Ach Teo, du bist ein wahrer Freund! Deine Gehbehinderung und dein Herzleiden sind keine Hindernisse. Ich werde dich bei Bedarf im Beiwagen durch den Wald schieben und bei Gefahr kannst du schreien, so laut du kannst. Ich werde indessen nach meinem Pfefferspray und deinem Gehstock greifen … Wilma ist zwar sehr klein, aber innerlich eine ganz Große … gemeinsam werden wir jeden Bösewicht in die Flucht schlagen!
 
Ganz liebe Grüße
Sigrun
Teolein (70) schrieb daraufhin am 10.11.22 um 19:11:
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 Saira äußerte darauf am 11.11.22 um 10:47:
Teo, du machst dir ehrliche Gedanken und das finde ich sowas von lieb!
 
Was hältst du davon, wenn wir dir einen Wagen mit Elektroantrieb besorgen? Dann könnte sich Wilma am Hosenbein des Bösewichtes festbeißen, ich mein Taschenmesser aufklappen und das Pfefferspray zum Einsatz bringen?
Teolein (70) ergänzte dazu am 11.11.22 um 10:56:
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Taina (39)
(10.11.22, 12:18)
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 Saira meinte dazu am 10.11.22 um 18:02:
Liebe Taina,
 
ich kann dich beruhigen. Wilma geht es gut!
 
Schön, dass dir meine Spaziergeschichten gefallen.
 
Liebe Grüße
Sigrun  

 diestelzie (10.11.22, 12:28)
Ich bin sehr gespannt auf die Fortsetzung. 

Liebe Grüße 
Kerstin

 Saira meinte dazu am 10.11.22 um 18:02:
Liebe Kerstin,
 
was könnte ich mir mehr wünschen? Ich danke dir für deinen Kommentar und deine Empfehlung!
 
Herzliche Grüße
Sigrun
Jarina (33)
(10.11.22, 18:11)
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 Saira meinte dazu am 11.11.22 um 07:55:
Moin Jarina,
 
der österreichische Historienfilm Sissi entstand 1955 von Ernst Marischka😊. Ich erinnere mich an Romy Schneiders letzten Film „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“, zu dem Arthur Brauner sie 1982 überredet hatte und hierzu das Drehbuch geschrieben und die Regie geführt hatte.
 
Auf jeden Fall freue ich mich, dass du durch den Gedanken an Sissi zu meiner Erzählung gekommen bist und auf die Fortsetzung neugierig bist.
 
Liebe Grüße
Sigrun
wa Bash (47)
(10.11.22, 19:33)
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 Saira meinte dazu am 11.11.22 um 07:57:
Hallo wa Bash,
 
ich verrate nichts ;) und freue mich über dein Lesen :)
 
Liebe Grüße
Sigrun

 TassoTuwas (11.11.22, 09:10)
Hallo Sigrun,
natürlich werde ich weiter lesen, obwohl ich schnuckelige Erzählungen sehr schätze!
Alles liegt bei dir, Tragödie oder Happyend, Hauptsache Wilma schmeckt noch das Leckerli nach den letzten Folge.
Liebe Grüße
TT

 Saira meinte dazu am 11.11.22 um 16:46:
Hallo lieber Tasso,
 
ja, schnuckelige Erzählungen mag auch ich, aber in diesem Mehrteiler führte das Leben die Regie, ich nur die Feder. Wilma, die inzwischen 14 Monate jung ist, geht es gut und sie liebt Leckerlis!
 
Ich freue mich über dein Weiterlesen wollen und über deine Empfehlung!
 
Herzliche Grüße
Sigrun

 AchterZwerg (12.11.22, 06:40)
Tja,
alle wollen immer nur spielen: Tiere und Menschen. :(

 Saira meinte dazu am 12.11.22 um 09:31:
Liebe Achte,

ich denke, wer sich ein Tier anschafft, sollte sich der Verantwortung ihm gegenüber bewusst sein und dieser auch weitestgehend gerecht werden können. Wer das nicht kann, schadet dem Tier, sich selber und möglicherweise auch anderen.

Danke für deine Spur!

Liebe Grüße
Sigrun

Antwort geändert am 12.11.2022 um 09:35 Uhr

 AlmaMarieSchneider (13.11.22, 12:15)
Eine spannende Geschichte. Bin jetzt kein Fortsetzungsfan und lese immer zum Schluss das ganze Stück, weil ich immer von hinten anfange. ich halte die Spannung nicht aus und diesmal meine Neugier. Wilma habe ich schon in mein Herz geschlossen.

Nun zu Sissy Teil II

Liebe Grüße
Alma Marie

 Saira meinte dazu am 13.11.22 um 15:13:
Liebe Alma Marie,
 
eine Geschichte von hinten zu lesen, ist auch eine Möglichkeit😊. Ich freue mich, dass dich meine neugierig gemacht und vor allen Dingen, dass du Wilma in dein Herz geschlossen hast.
 
Danke für deine Empfehlung und Favorisierung!
 
Herzliche Grüße
Sigrun
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