Ode auf das Altern

Gepriesen seist du, Prozess der Erleuchtung,
auf den die meisten Dichter
nur wehleidige Elegien verfassen.

Ich hingegen rühme dich, fortschreitende Erlösung,
die du uns der Zufriedenheit immer näher bringst.

Kann es Schöneres geben
als das von dir geförderte allmähliche Schwinden
der Selbstkritik, die uns die besten Stunden zersetzt?

Was ist erquicklicher
als die von dir betäubte Sensibilität,
die in kritischen Anspielungen Herausforderungen sah?

Du, wohlwollendes Altern, schickst
die Bereitschaft, sich mit dem Mittelmaß zu versöhnen
und sich in die Grenzen zu fügen,
die einem das unveränderbare Schicksal setzt.

Du, Meisterin der Bescheidung, lehrst mich,
nicht wie törichte Jugend nach dem Glück zu haschen,
denn du sendest mir Genügsamkeit.

Selig machendes Altern,
du hast mich endlich gelehrt,
dass nichts glücklicher macht als
Selbstzufriedenheit und der Verzicht auf jeglichen Ehrgeiz.

11.08. 2019