Die Insel des Archimedes

Short Story zum Thema Schein und Sein

von  Hobbes

  • „Da fünf oder zehn Kilometer vor uns ist eine große Insel, die Einheimischen nennen sie Haaleck!“ sagte Tom mit einer ehrfürchtigen Stimme, die etwas zu übeheblich klang und zu undeutlich. Er und sein Freund Dominik fuhren mit einer Fähre auf der Ost – See herum. Der Himmel stand in Flammen und niemand von den Passagieren dachte daran, etwas dazuzugeben. Was war geschehen? Die zwei Freunde waren auf einer Studienreise zu den Ostsee – Inseln neben Sylt. Die Universität Rostock verpflichtete sie dazu im Rahmen eines Geografie – Studiums. Ein bis zwei Stunden Fahrt haben sie mürbe gemacht und undankbar. Gott wusste, das Leben eines Studenten war hart und manchmal auch sehr erhaben! Das unendlich scheinende Nord – Meer tat sich vor ihnen auf. Die Morgenröte zeigte ihr Gesicht und alle Passagiere des Trawlers hatten Ermüdungserscheinungen. „Einer alten Sage nach, lebte auf der Insel einmal ein alter Ritter, der sich niemals wusch. Eines Tages erfuhr der Papst davon und schickte Gesandte, die ihn überprüfen sollten. Er verbarg sich in einer versteckten Burg. Niemand fand ihn mehr. Doch Einheimische glauben; er lebt noch immer dort und träumt davon, seine Jugend wiederzu erlangen.“ 
  • „Ammenmärchen“, erwiderte Dominik, „nichts ist wahr auf dieser Fahrt. Erst betrügt uns der Automat, dann die Uhr und jetzt auch noch mein Kommilitone. Hoffentlich gibt es auf Haaleck normalere Menschen!“ 

  • Nach einer einstündigen Fahrt erreichte die Fähre die Insel. Kaum einer konnte sich während der Fahrt ausruhen. Tom und Dominik stiegen aus dem Boot und suchten das Weite. Irgendwo auf der Insel gab es eine Heerberge und da wollten sie hin. 

  • Eine halbe Stunde später standen sie vor der Heerberge Dämmerlinge. Wo nichts so zu sein schien, wie es war. Die Fenster waren aus gelb – rotem Butzenglas und schon so alt, dass man es buchstäblich renovieren wollte. An der Tür hing ein Löwenkopf und das Dach drohte einzufallen. Sie klopften an die Pforte. Niemand antwortete. Sie klopften ein zweites Mal. Nach knapp einer Minute oder drei erschien eine sehr dicke Frau in der breiten Öffnung. Sie atmete schwer und schaute sehr missgünstig, die Tür quietschte und nach einem sehr lauten Seufzer ertönte eine sonore Frauenstimme: „Ach ihr zwei Burschen, auf der Reise im Archimedes Kreise?“ Dominik schmunzelte ein wenig und nickte. Tom hob die Hand und reichte seinen Ausweis, sie nahm ihn entgegen, guckte drauf und gab ihn wieder zurück. „Treten sie ein, in den Arbeiter – Sportverein“, sagte sie und winkte mit der Hand. Die beiden Studenten holten tief Luft und durchschritten die Pforte. So schien es, in eine Welt, die älter war als alles ihnen Bekannte und Unbekannte. 
  • Drinnen roch es nach Tabak. Niemand hatte hier je gelüftet, so mutete es an und niemand hatte je daran gedacht, die Heizung aufzudrehen, wenn es denn eine gab. 
  • Drinnen war alles nach der Nord – deutschen Art eingerichtet. Regale mit Büchern säumten die halbe Halle und in der Mitte des Foyers stand ein Esstisch. An den Wänden prangten Gemälde einer sehr guten Qualität. Und um dem ganzen eine Krone aufzusetzen war in der linken Ecke noch ein Elchgeweih platziert. 
  • Die Wirtin stellte sich als Frau. Rabenstein vor, was bestimmt nicht ihr echter Name war, dachte sich Dominik, aber einen schöneren Platz zum Kartenzeichnen hätte er sich nicht vorstellen können und so sagte er nichts. 
  • „Ihr werdet bestimmt sehr müde sein?“ Sagte sie und ging die Treppe in den zweiten Stock hinauf. „Kommt bitte mit hoch.“ Die beiden jungen Männer hievten ihre schweren Körper die quietschenden Holztreppen hoch, rechts an der Treppe lag bereits ihr Zimmer. Zwei Betten, ein Tisch und ein sehr großes Fenster offenbarte Fr. Rabenstein mit einer weiten Handbewegung den beiden Männern. „Hier könnt ihr euch erholen, bis Morgen“, sagte sie und schloss die Tür hinter sich her. Schrittgereusche folgten und alles verstummte wieder. Die beiden Männer standen noch eine Weile am Fenster, dann warfen sie sich völlig verausgabt auf die Betten und fielen in den tiefsten Schlaf ihres Lebens. 

  • Gott weiß um alle Menschen, er weiß wie schwach sie sind und dass vor seinem Angesicht alle gleich sind, egal wie schön oder reich das Leben eines Menschen auch zu seien vermag, vor ihm ist das alles Nichts. 


  • Als Dominik erwachte, fühlte er einen unglaublichen Durst und vor allem Hunger. Zwar hat ihm die Nacht neue Kräfte verliehen, doch auch diese waren zu schwach. Der Sonnenaufgang tröstet ihn und ließ ihn an die Universität denken, die jetzt sicherlich denselben sah. Er zog sich neue Hemden an und ging runter ins Foyer. Frau Rabenstein hatte schon das Frühstück auf den Tisch gestellt. Ein sehr deftiges Nord – deutsches Mahl. Er aß aber nur ein Ei und ein Stück Brot, was ihm aber sehr schmeckte. 
  • Als Frau. Rabenstein nach ihm sah, kamen sie ins Gespräch. Er erzählte, dass er hier Vermessungen anstellen wolle und sie zeigte darauf auf eine sehr alt aussehende bronzene Archimedes – Büste in einer anderen Ecke des Raumes, die er beim Empfang nicht gesehen hatte. „Ach! Wie schön, ich sehe, dass wir bei Freunden der Wissenschaft eingekehrt sind.“ Sagte er un grinste. Fr. Rabenstein rümpfte die Nase und ging wieder in die Küche. 

  • Mit einer Stunde Verspätung kam Tom in die Eingangshalle. Seine Kleider waren noch die von gestern und er hustete, offensichtlich hatte er schlecht geschlafen. Er setzte sich an den Esstisch und ohne nur einen Ton von sich zu geben, fing er zu essen an. „Wenigstens hast du einen gesunden Appetit!“ Sagte Dominik und schaute wieder auf die Archimedes – Büste. Zwanzig Minuten später war der Tisch leergeräumt. Tom lehnte sich zurück und gab jetzt einen Laut von sich. „Es lebe Haaleck!“ Sagte er und schniefte die Luft förmlich ein. Dann guckte er auf die Uhr und stand auf. Fr. Rabenstein zeigte sich sichtlich erfreut, dass alles aufgegessen wurde und lächelte jetzt zum ersten Mal seit dem Eintreffen der Zwei. 

  • „Wir müssen auf die Jagd.“ Schrie Tom laut auf. Und lachte süffisant.“ Er meint damit das Vermessen“ sagte Dominik und stand ebenfalls auf! 

  • Die Insel erwies sich als kaum bewohnt und sehr stark bewaldet. Dickicht versperrte fast jede Sicht und Bäume, alt wie die Erde, standen dicht an dicht! Es schien, dass die jungen Männer auf einer ur – alten Insel gelandet waren, fernab jeglicher Zivilisation. 

  • „Gott weiß, ich liebe die Natur, aber diesmal ist es ein wenig zu viel des Guten!“ Sprachs aus Dominik wie's nimmer. 

  • „Du bist ohne Zweifel amüsant“, erwiderte ihm Tom darauf und guckte wieder ins Fernglas. 

  • Fünf Stunden verstrichen und nichts bewegte sich. „Die Starken dieser Welt sind auf dieser Welt, um die Schwachen zu nutzen,“ sagte Tom „und sonst haben die Schwachen keinen weiteren Zweck als von den Starken genutzt zu werden.“ Brachs aus ihm aus. Dominik blickte ihn verwundert an und sagte nichts. Doch in seinem Innersten dachte er über sein eigenes Leben nach und dass er immer davor Angst hatte als Obdachloser zu verrotten. Und von jeglichen Panikattacken vorangetrieben, war er wie wild nach oben gestürmt, sodass er schon mit 19 auf die Universität aufgenommen wurde. Zwischen ihm und dem Abgrund war nur ein ganz kleiner Spielraum, dachte er und er dachte viel. 

  • Niemand sagte mehr etwas, keiner wagte es wieder die Stimme zu erheben, denn heimlich vertraten beide diese Meinung. 
  • Dann nahm Tom aus seiner Tasche ein silbernes Etui heraus, um die Ferngläser wieder abzuschrauben. 
  • „Wir haben großartig gejagt!“ Sagte er und drehte sich wieder um. Dominik folgte ihm in das Wirtshaus nach. Sein Kopf war von der Arbeit schwer geworden und er hörte seine Gedanken immer lauter, so als ob sie nicht von ihm stammen. 

  • Als die Nacht her anbrach, gingen die Beiden wieder nach einem sehr deftigen Mahl auf ihr Zimmer. Selbst wenn sie noch genügend Kraft hätten, wäre es töricht nicht gleich einzuschlafen. Also gingen sie zu Bett. Die Betten erwiesen sich als weich und so fiel ihnen das Einschlafen nicht schwer. 

  • Sie dösten gleich ein und niemand störte sie. 
  • Die Eulen schrien, wenn die Kirchglocke zwölf schlug und Dominik plötzlich aufwachte. Der Schlaf stand ihm in den Augen, niemand war noch wach, auch Fr. Rabenstein nicht und so ging er zum Fenster, wo er die versteckte Burg bemerkte. Lichter waren in der Ferne zu sehen und ein lautes Drönen quälte sein Ohr. „Wer bist du?“ Hörte er plötzlich in seinem Ohr. „Was willst du hier?“. „Wer spricht hier?“ Sagte Dominik ganz leise, während alles schlief. „Archimedes!“ Dominik verstummte. Die Stimmen wurden immer lauter und so hielt er es für eine Schizophrenie. Einen Zerfall seiner Persönlichkeit. Er ging wieder zu Bett und stand daraufhin sofort wieder auf. Ging zum Fenster und schaute wieder auf die Burg. Wieder hörte er Stimmen. „Was willst du wissen? Ich kann dir alles sagen!“ Er verstummte. „Erzähle!“ - „Gib mir dafür deine Jugend!“ Dominik erschrak, drehte sich um und ging zur Tür, stand eine Weile dort und dachte nach, dann fing an, die Stimme noch mal zu erzählen. Von Philosophie und Mathematik, von uralten Verschwörungen und Geschichte, von antiken Baumeistern und Genies der Zukunft und Dominik hörte zu. Er konnte es kaum glauben, er wäre auf der Universität der Star, wenn sich das als wahr erweisen würde, und es schien alles zu stimmen. 

  • Stille hatte sich über die Insel gelegt und das einzige, was Dominik vernahm, waren die Stimmen, die immer lauter und lauter wurden, bis er zusammenbrach.

  • Als er wieder aufwachte, lag er in einem anderen Zimmer. Über ihm gebeugt ein alter Arzt, der im gerade eine Spritze impfte und in sehr ernst ansah. 

  • „Wie es aussieht, haben sie ihren Körper überbeansprucht, junger Mann! Geografie ist wohl doch nicht ihr Gebiet!„ 


  • Dominik hob die Mundwinkel und bedankte sich für die Behandlung. 


Anmerkung von Hobbes:

Deutschland als ein Land in den 20er Jahren!!

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (26.11.22, 16:01)
Hobbes, einen langen, zentriert gestellten Text zu lesen, der zudem noch blau gestrichen ist, ist echt mühsam! Sorry, aber was soll das? Möchtest Du, dass der Text nicht gelesen wird?

P.S.: "übeheblich" ?

 Hobbes meinte dazu am 27.11.22 um 08:54:
Liebe Kollegen,

ich bitte um Vergebung. Ich habe den Fehler jetzt behoben. Größten Dank für die Anmerkung.

Beste Grüße

Peter

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 27.11.22 um 10:15:
Schon besser. Wobei diese Punkte am linken Rand noch sehr ulkig wirken. Des Weiteren sind noch eine Rechtschreibfehler im Text...

 Hobbes schrieb daraufhin am 27.11.22 um 10:41:
Guten Tag Dieter_Rotmund,

Ich arbeite dran! Besten Dank.

Gruß

Peter
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