Das Jahr von dem ich dachte es käme niemals

Text

von  nautilus

Mein Blick aus dem Fenster fällt auf das Boot im Vorgarten. Es sieht zu schwer aus, um es alleine die paar hundert Meter zum Ufer zu ziehen. Hier im Nirgendwo, irgendwo in der Einöde Brandenburgs, in einem Dorf mit 60 Einwohnern, treffe ich zum ersten Mal seit langem auf mich selbst. Leise schleiche ich mich vorbei an meiner schlafenden Freundin, die Treppen runter und raus vor das Haus in den Garten. Mein erster Versuch, das Boot zu bewegen, scheitert und mein Traum davon, in jener lauen Dezembernacht im Dunkeln auf dem See zu rudern und mich im Mondschein treiben zu lassen, platzt. Doch mir schwebt der Sinn nach einem archaischen Moment nur für mich alleine. Ich beschließe, ans andere Ende des Grundstücks zu gehen und lasse mich vor der Feuerstelle nieder. Dank des Klimawandels liegt genug trockenes Holz bereit und mit etwas Brandbeschleuniger aus dem Schuppen ist das Feuer gleich gemacht. Nach einer kontemplativen Weile bewegt sich etwas im Geäst der riesigen Linde des Nachbargrundstücks. Nach genauerem Hinsehen erkenne ich die Umrisse einer Eule. Seltsame Erinnerungen kommen in mir hoch. Vor sieben Jahren um diese Zeit hatte ich meinen Verstand verloren, es sollte Jahre dauern um wieder zu Kräften zu kommen und da saß ich nun. Ich hatte ihn, meinen Moment, nur keinen Funken Gefühl mehr in mir. 


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Kommentare zu diesem Text


 poena (11.01.23, 20:01)
ein wehmütiges stimmungsbild. die analogie oder aich den widerspruch zwischen lagefeuer und funken gefühl finde ich echt gelungen. 
Ich mag die sprache deiner prosatexte sehr. lg p
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