Brief an einen Freund

Liebster Freund,

nach diesem heißen Frühsommertag sitze ich auf meiner Terrasse.

Leise flüstert der Wind in den Blättern meines Walnussbaumes und auch die Kastanie kann nicht nur zuhören.

Vom Wohnzimmer fällt Licht auf das Tischchen und das Briefpapier vor mir. Gerade hell genug um Dir zu schreiben.

Nein, nicht per Mail oder mit Hilfe des PC ‚s, sondern auf ganz alte Weise.

Sicherlich kennst du noch das Briefpapier, in hellblau, rosé oder auch orange?

Erinnerst du dich an die Briefe, die dir einst der Postbote von Mädchen ins Haus brachte und du sie verschwinden lassen musstest vor den neugierigen Blicken der Eltern?

Himmel, war das kitschig doch du kennst mich ja. Überall steht Nippes bei mir herum und ich glaube meine Putzhilfe verflucht mich immer etwas, wenn sie das alles abstauben darf.

Meins ist vanillegelb, an den Ecken eingefasst mit Vergissmeinnicht und Rosen. In meiner Hand halte ich den Füller, den du mir einmal zum Geburtstag geschenkt hast. Ich glaube, es war mein Siebzehnter und ich kam mir schon sehr erwachsen vor.

Langsam schlürfe ich mein Getränk mit Eiswürfeln und Zitrone. Nach der Dusche mit Orangenduft ein weiteres Vergnügen.

Hell leuchten die Kronenblätter des Pfeifenstrauchs im Mondlicht. Sein betörender Duft liegt im Garten. Leise schweben Glühwürmchen herbei, die ihr Licht ausmachen, sobald sie in meiner Nähe sind. Sie sind harmlos, allerdings gibt es in Neuseeland eine fleischfressende Sorte, die sich als Sterne tarnen. Die Natur hat halt für alles eine Lösung. Ich stelle mir vor, wie sie alle um mich herum sitzen und sich fragen warum ich nicht leuchten kann. Na ja, es sind lauter Männer, lächle ich vor mich hin. Weibchen können zwar leuchten, sind jedoch flugunfähig.

Heute Nacht ist der Himmel besonders klar und ich sehe nach meinem Lieblingsstern Beteigeuze im Sternbild des Orion. Er ist der zweithellste Stern am Himmel und an seiner rötlichen Strahlung leicht zu erkennen. 642,5 Lichtjahre kann man sich weg träumen und eines Tages werden Menschen Sterne besuchen können.

Leider entwickelt sich dieser Schulterstern des Orion zu einer Supernova.

Betelgeuse, wie der Stern auch international heißt, ist zwar recht jung (10 000 000 Jahre) und doch schon am Lebensende angekommen. Ein bisschen wie ich.

Meine Gedanken grüßen dich

dein Querköpfchen