Aphorismen zum Tod

Aphorismus zum Thema Tod

von  EkkehartMittelberg

1. Kein Rätsel würden wir so gerne widerspruchsfrei lösen wie das Leben nach dem Tod.


2. Im Leben bedrängen uns Bedürfnisse, nach dem Tode schweigen sie.


3. Während des Lebens ist Hingabe wichtig. Sie erleichtert auch das Sterben.


4. Wir werden nicht gefragt, ob wir leben wollen. Deshalb ist es verständlich, dass einige über ihren Tod selbst entscheiden wollen.


5. Tote Materie überdauert den Menschen, die Krone der Schöpfung.


6. Es wirft ein trübes Licht auf die Schöpfung, dass manche den Tod als Erlösung herbeisehnen.


7. Je mehr man über den Tod nachdenkt, desto mehr verliert er seinen Schrecken.




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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (23.01.23, 03:54)
Ich habe mit dem Tod - und zu Nr. 7 - ein Problem: Wie soll das nachdenken über den Tod etwas bringen, wenn man seine Überlegungen, Annahmen, Hypothesen etc. niemals verifizieren oder falsifizieren kann? In so einem Fall ist nämlich jeder Gedanke gleichzeitig richtig und falsch. Darüber nachzudenken ist also letztlich sinnlos bzw. ergebnislos.

Selbst medizinisch betrachtet ist der Übergang von Leben zum Tod nicht ganz klar. (Der "Hirntod" ist eigentlich mehr eine rechtliche Absicherung für die behandelnden Ärtzte*innen.)

Wir können über Trauer sprechen. Wir können über die soziokulturelle Bedeutung des Todes sprechen. Wir können darüber sprechen, was es bedeutet, wenn man mehr Tage hinter sich hat, als vor sich. Wir können über die Angst vor dem Sterben sprechen Aber all das hat mit dem Leben und nicht mit dem Tod zu tun.

Darum finde ich den Tod an sich wenig interessant, ein wenig ergiebiges Thema. Alles was um den Tod herum geschieht - das ist etwas ganz anderes: es ist ein Teil des Lebens.

 lugarex meinte dazu am 23.01.23 um 07:25:
Alles was um den Tod herum geschieht - das ist etwas ganz anderes: es ist ein Teil des Lebens
stimmt! Wenigstens vorläufig, wenn keine zufällige Entdeckung...usw.


Düsteren Gruss Luga

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 23.01.23 um 09:31:
zu Nr. 7: Hallo Trekan und Luga: Wenn ich oft über den Tod nachdenke, ziehe ich die Möglichkeit in Betracht, dass jenseits von ihm nichts mehr ist. Durch Nachdenken zerstöre ich auch den Mythos von Bestrafung im Jenseits. Man macht sich auch damit vertraut, dass es für die Erwartung des Nichts keine Gewissheit gibt.
Die meiste Angst entsteht durch Verdrängung.
Taina (39) schrieb daraufhin am 23.01.23 um 12:50:
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Agnete (66) äußerte darauf am 23.01.23 um 18:51:
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Taina (39) ergänzte dazu am 23.01.23 um 19:15:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.01.23 um 18:15:
@Monika. Merci, das Druckmittel der jenseitigen Bestrafung hat so gut funktioniert, dass es bei vielen im endothymen Grund immer noch wirkt, obwohl sie es nicht wahrhaben wollen

 Regina (23.01.23, 08:36)
Nr. 1 ist mein Favorit. Ich kenne das tibetische und das ägyptische Totenbuch, die beide glauben, die Lösung gefunden zu haben. Der Agnostizismus war in diesen Kulturen nicht en vogue. Und dann gibt es noch das Jesuswort: "Lasst die Toten ihre Toten begraben." Es ist mir entfallen, aus welchem Evangelium, aber was ist damit gemeint?

 LotharAtzert meinte dazu am 23.01.23 um 10:00:
die beide glauben, die Lösung gefunden zu haben
Das ist die übliche Verkleinerung derer, die von der eigenen Tradition auf andere schließen. Der Glaube - gefühlt sag ich's zum zehntausendsten mal - spielt im Buddhismus resp. tibet. Totenbuch nur eine Rolle, wenn es ums Erkennen dieser eigenen Projektionen geht.

Die übliche (intellektuelle?) Verkleinerung ist auch der Grund, weswegen ich (und andere Westler) sehr zurückhaltend sind, was eigene diesbezügliche Erfahrungen angeht. Nie würde ich meine vorherige Inkarnation im Internet preisgeben. In Tibet und  Indien allerdings jederzeit.

 Regina meinte dazu am 23.01.23 um 11:03:
Nein, es ist keine Verkleinerung. Ich weiß, dass alle, die diesem Kulturkreis angehören, vom Wissen sprechen, ich auch, aber ich muss auch akzeptieren, dass es für andere von außen her gesehen, es ein Glaube ist.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.23 um 11:08:
Lothar, darf ich fragen. Ist der Gedanke von Gina aus deiner Sicht grundfalsch oder wie hätte sie sich angemessen ausdrücken müssen? Du weißt, ich bin ein Anfänger und frage nicht ironisch und nicht rhetorisch.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.23 um 11:12:
Gina, darf ich auch dich fragen: Haben alle, die diesem Kulturkreis angehören, eine Gewissheit oder wissen?

 LotharAtzert meinte dazu am 23.01.23 um 11:20:
Grundfalsch nein. Ich störe mich nur seit geraumer Zeit an dem Wort Glauben, der ja im Christentum geradezu inflationär gefordert wird, während er im Buddhismus, auch Taoismus etc. weder abgelehnt, noch gefördert wird. Entscheidender sind Achtsamkeit und Präsenz.

 Regina meinte dazu am 23.01.23 um 11:29:
Es ist die übliche Annahme, das man sein Bewusstsein zu einem inneren Wissen hinentwickeln kann, nicht sich eine Glaubensüberzeugung aufgrund intellektueller Spekulationen aneignet. Wie intensiv einer das Geistige betreibt, ist unterschiedlich, in Indien z.B. von der Kaste abhängig (was noch immer gelebt wird, obwohl abgeschafft). In Japan gibt es buddhistische Klöster. Zitat einer mir bekannten Japanerin: Die Japaner wissen über Reinkarnation. In den Ländern gibt es aber auch Christen und Leute, die sich via Universitätsstudium im Ausland eine westliche Sicht zulegen. Dann ist da noch das Armutsproblem, das bewirkt, dass nicht jeder einfach ein Buch kaufen und lesen kann. Manche Tradition ist in Deutschland bekannter als im Ursprungsland. Aber von der westlichen Sicht aus gesehen, ist die Reinkarnationslehre ein Glaube, auch wenn es von den Insidern anders gesehen wird. Diese sagen "Gehe diesen Weg, dann wird sich dein Bewusstsein entwickeln und du wirst von innen heraus wissen".

Antwort geändert am 23.01.2023 um 11:34 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 23.01.23 um 11:42:
Das ist eben der berühmte springende Punkt:
Wenn ich etwas weiß, da ich es erfahren habe und es kommt einer und sagt: "das ist dein Glaube", so muß ich wahrheitsgemäß antworten: "Nein, kein Glaube, sondern Erfahrung". Wenn er jetzt wiederholt: "Es ist ein Glaube, solange du es nicht beweisen kannst", muß ich das so akzeptieren und ihn in seinem Irrtuim belassen.
In Tibet gibt es die so genannten "Tulkus" - das sind überprüfte Fälle von Reinkarnation, man bekommt u.a. Gegenstände vorgelegt, mit denen der Vorgänger zu tun hatte und Gegenstände, die wahllos dazwischen gelegt werden. Der Prüfling muß dann klar unterscheiden können, welche fake sind und welche nicht.
Die Sache mit dem Hund brachte ich erst vor kurzem: ein Ordensvorsteher, der sich gleich wieder inkarnierte wurde von seinem Hund, der sich wie narrisch gebärdete, wieder erkannt.

Antwort geändert am 23.01.2023 um 11:44 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.23 um 12:19:
@Gina Und Lothar. "Propheten links, Propheten rechts, das Weltkind in der Mitten".
Ich hoffe, es mir nicht zu einfach zu machen, aber ich kann mit beiden Positionen etwas anfangen, obwohl sie nicht gleich sind.
Lothar, ich habe jetzt endlich verstanden, dass du Erfahrung nicht mit Glauben verwechselt haben möchtest.
Gina, ich meine, dass es Sinn macht, die westliche Sicht zur Kenntnis zu nehmen. Man muss sie nicht teilen, aber man kann sie nicht wegdiskutieren.
Ich danke euch für die Bereitschaft zu antworten.
Taina (39) meinte dazu am 23.01.23 um 13:17:
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Teolein (70)
(23.01.23, 08:43)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.23 um 15:47:
Vielen Dank, Volker, wir stimmen bei der Nr. 2 besonders überein, obwohl Trekan zu Recht sagt, man könne Gedanken über den Tod weder verifizieren noch falsifizieren. Aber darauf kommt es uns hier nicht an. Entscheidend ist, dass der Tod durch häufiges Nachdenken vertraut wird und seinen Schrecken verliert. Ich vermute, dass so auch die Bezeichnungen "Gevatter Tod" und "Freund Hein" entstanden sind.

 LotharAtzert (23.01.23, 10:12)
2. Im Leben bedrängen uns Bedürfnisse, nach dem Tode schweigen sie.
Wenn du das so erfahren hast, so mußt du zwangsläufig bewußt gestorben sein, Ekki. Oder es handelt sich um einen Glauben, der, in christlicher Terminologie gesprochen, durchaus ein Irrglaube sein könnte.

Also Augen auf beim Sterben. :D

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.23 um 11:54:
Du hast einfach recht, Lothar. Ich hoffe, keinem Irrglauben aufzusitzen.

 GastIltis (23.01.23, 11:45)
Hallo Ekki,
da ich nicht gläubig bin, also weder an die Schöpfung noch an ein Leben nach dem Tod glaube, trenne ich Leben und Tod zwar vom Verstand her, weiß aber, dass der Tod zum Leben dazu gehört, sozusagen als abschließendes Element. Oder anders gesagt: was ich im Leben versäumt habe, kann ich im Tod nicht mehr nachholen. Und umgekehrt: nach dem Ableben wird nichts besser, selbst die Ruhe vermag man nicht mehr zu genießen.
Und was das Sterben angeht: Wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hat, sollte man bestimmte Dinge geregelt haben. Es sei denn, man lebt auf einer einsamen Insel. Doch wer hat schon das seltene Glück?
Viele Grüße von Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.23 um 13:10:
Hallo Gil,
wir stimmen überein, auch darin, dass man Verantwortung zeigen sollte, auch ohne ein Gericht, das Missachtung bestraft.
Beste Grüße
Ekki

 TassoTuwas (23.01.23, 12:24)
Hallo Ekki,

in einer Zeit, in der alles angezweifelt und auf den Prüfstand gestellt wird, ist der Tod das einzig Gewisse.

Darum die 5.

Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.23 um 13:15:
Merci Tasso,
wenigstens diese Gleichheit und Gewissheit ist gerecht.
Herzliche Grüße
Ekki

 DanceWith1Life (23.01.23, 12:39)
Ich war spät dran, bog eilig ab und trat in die Pedale, um die Ablagestelle zügig zu erreichen. Nach wenigen Metern spürte ich seine Majestät, wenig später sah ich den Krankenwagen. Ich legte alles beiseite, die Hast, die Pünktlichkeit, den teilweise absurden Wunsch alles richtig zu machen und sei es noch so belanglos.
Ich fand mich sinnierend weiterradeln, wie kann es sein, dass wir die Majestät des Todes spüren und die des Lebens nicht.
btw. ich schaffte alles rechtzeitig und fehlerfrei.

Kommentar geändert am 23.01.2023 um 12:40 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.23 um 15:57:
Grazie, Dancer, das gefällt mir sehr: Du hast die Majestät des Todes schön in eine bildreiche mystische Sprache übertragen.
Taina (39)
(23.01.23, 13:01)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.23 um 16:16:
Gracias Taina,

zu Nr. 4: warum muss nachvollziehbares Denken immer logisch sein? Wer für den Freitod ist, denkt doch nicht an seine Eltern, sondern daran, dass er nicht gefragt wurde.

zu Nr.5: Genau dein Gedanke ließ mich den Aphorismus formulieren.

zu Nr. 6: In Kirchenliedern zum Beispiel wird der Schöpfer für seine wunderbare Leistung gelobt. Warum sollte man sie nicht aus einem anderen Blickwinkel sehen?
Taina (39) meinte dazu am 23.01.23 um 16:33:
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 AZU20 (23.01.23, 13:42)
Zu Nr.7 kann ich leider am wenigsten ja sagen. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.23 um 16:18:
Merci, Armin,
wenn du im String nach oben schaust, wirst du Antworten zu Nr. 7 finden.

LG
Ekki

 Augustus (23.01.23, 13:49)
man sollte sich die Frage stellen, wo das Licht hin ist, wenn jemand den Schalter auf Aus betätigt und plötzlich reine Dunkelheit herrschst? Ist das Licht fort, für immer? Ist es noch da, wenn ja wo?

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.23 um 16:22:
Ein sehr sinnvoller Vergleich, Augustus. 
Weil ein individuelles Leben vielleicht erlischt, ist das Licht ja nicht weg.

 Saira (23.01.23, 18:38)
Lieber Ekki,
 
Zu Nr. 1: Ein Leben nach dem Tod mag ich mir nicht vorstellen. Das Rätsel lösen möchte ich nicht, aber wahrscheinlich gehöre ich zu den Ausnahmen.
 
Zu Nr. 2: Schweigen die Bedürfnisse nach dem Tode? Wir wissen es nicht.
 
Nr. 3 bis Nr. 6 sehe ich genauso!
 
Nr. 7 wage ich zu bezweifeln
 
Gerne gelesen und gegrübelt!
 
Herzliche Grüße
Sigi

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.23 um 22:31:
Liebe Sigi,

wenn um den Tod geht, ist es sehr schwierig zu argumentieren. Es handelt sich mehr oder weniger um Hypothesen auf unbekanntem Terrain.

Herzliche Grüße
Ekki

 Fridolin meinte dazu am 24.01.23 um 02:34:
Das ist das Schöne an Deinen Aphorismen: Sie bringen einen ins Grübeln. Mir kamen folgende Gedanken:
Meinen eigenen Tod finde ich leicht zu ertragen; es ist der Tod der Anderen, was mich sprach- und hilflos macht. Und dagegen hilft auch kein Trauerprozess.
Was schlimm an meinem  Tod ist, das ist, dass ich zuvor sterben muss. Das ist selten ein schöner Vorgang. Soll es geben, aber kaum planbar.
Und wenn man über "Leben nach dem Tod" spricht, widerspricht man sich da nicht selbst in vier Worten? Schließlich ist landläufig "Tod" die Abwesenheit von Leben.
Bei 6 stört mich das Wort "Schöpfung", es entlässt uns allzu leicht aus der Verantwortung. Mein heidnisches Gemüt fragt sich da schon, wer der oder die Schöpfer sind. Karl Lauterbach alleine war es jedenfalls nicht, das wäre zu kurz gesprungen.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.01.23 um 18:01:
Merci Fridolin, ich bin kein guter Dialogpartner für dich, weil wir in vielem übereinstimmen:
richtig, der Tod der anderen ist das größere Problem,
auch richtig: Wer stirbt, ist noch nicht tot
Widerspruch in vier Worten. Nach christlichem Glauben ist es keiner, denn Jesus hat den Tod überwunden.
Der Aphorismus 6 ist kritisch gemeint.

 FRP (24.01.23, 09:33)
Wie würde es der große Aphoristiker @Horst wohl ausdrücken? Vielleicht so:

Erst kommt die Not dann, kommt der Tod.

Der Tod??

;-)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.01.23 um 18:05:
Vorsicht FRP, Horst  könnte dich wegen Plagiats verklagen.  :)
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