Wer meine Texte verfolgt, der weiß mittlerweile, dass meine Großmutter, bei Gott, sie war niemals eine "Omi", nicht gerade liebevoll war, grundsätzlich war das niemand in meiner Familie, nicht einmal ansatzmäßig, auch, das muss offen gesagt sein, war sie, was die Allgemeinbildung anging, nicht gerade der hellste Stern, aber, in manchen Situationen behielt sie einen kühlen Kopf, der äußerst gut tat, besonders in dramatischen, die das größte Unglück bedeuteten, Situationen und das machte sie zur wichtigen, ja, einer, der wichtigsten Personen in meinem Leben. Witzigerweise, Kleinigkeiten, ja, die bauschte sie zur Trägödie auf und das war sehr amüsant.
So sah sie mir eine zeitlang zu, als ich zusammengekauert am Sofa lag, mich im Weltschmerz suhlte, hie und da weinte, ging auf und ab, putzte die Kommode, wischte daneben Staub, saugte den Teppich, das eine Stunde lang, auch zwei, dann baute sie sich erbost vor mir auf, sagte: "Junge Dame! Andere Mütter haben auch schöne Söhne!"
"Woher weißt du...?"
"Ich bin nicht blöd, steh auf, wasch dich und hilf mir beim Kochen!"
Ich stand widerwillig auf, gehorchte, schälte neben ihr schweigsam Kartoffeln.
"Es geschehen noch Zeichen und Wunder! Das Kind redet mal nicht!"
Ich schwieg weiterhin.
Auf einmal sagte sie einen Satz, den ich mein Leben lang nicht vergessen habe, nämlich: "Du hast dich reingesteigert, jetzt steigere dich genauso wieder hinaus!"
Der amüsierte mich, angesichts der großen Dramatik, die manche Sachverhalte für sie hergaben.
Ich lachte.
Sie hatte aber Recht.