Warum ich mit Thomas Bernhard auf Kriegsfuß stehe

Bericht zum Thema Literatur

von  Graeculus

1982 ist von Thomas Bernhard „Wittgensteins Neffe – Eine Freundschaft“ erschienen (Frankfurt/Main in der Bibliothek Suhrkamp 788). Er berichtet darin von seiner Freundschaft mit Paul Wittgenstein, dem psychisch kranken Neffen des berühmten Philosophen Ludwig Wittgenstein. Es ist nichts zu sagen gegen eine solche Freundschaft, im Gegenteil – auch wenn Bernhard seinen Bericht schließt mit den merkwürdig distanzierten Sätzen: „Er liegt, wie gesagt wird, auf dem Wiener Zentralfriedhof. Sein Grab habe ich bis heute nicht aufgesucht.“ (S. 164) Aber Bernhard wäre nicht Bernhard, wenn er die Gelegenheit ausließe, gegen irgendjemanden zu polemisieren; in diesem Falle gegen die Psychiatrie bzw. die Psychiater, ja gegen die Medizin überhaupt:

An dieser seiner sogenannten Geisteskrankheit hat sich die Hilflosigkeit der Ärzte und der medizinischen Wissenschaften insgesamt auf das deprimierendste bewiesen. Diese medizinische Hilfslosigkeit der Ärzte und ihrer Wissenschaft hat dieser sogenannten Geisteskrankheit des Paul immer wieder die aufregendsten Bezeichnungen gegeben, aber naturgemäß niemals die richtige, weil sie dazu nicht befähigt war in ihrer Kopflosigkeit und alle ihre Bezeichnungen, diese sogenannte Geisteskrankheit meines Freundes betreffend, hatten sich immer wieder als falsch und als geradezu absurd herausgestellt und eine hat die andere immer wieder auf die beschämendste, gleichzeitig deprimierendste Weise aufgehoben. Die sogenannten psychiatrischen Ärzte bezeichneten diese Krankheit meines Freundes einmal als diese, einmal als jene, ohne den Mut gehabt zu haben, zuzugeben, daß es für diese wie für alle anderen Krankheiten auch, keine richtige Bezeichnung gibt, sondern immer nur falsche, immer nur irreführende, weil sie es sich letzten Endes, wie alle anderen Ärzte auch, wenigstens durch immer wieder falsche Krankheitsbezeichnungen leichter und schließlich auf mörderische Weise bequem gemacht haben. Alle Augenblicke sagten sie das Wort manisch, alle Augenblicke das Wort depressiv und es war in jedem Fall immer falsch. (S. 12-14)


Erkennbar strotzt der Text von Verallgemeinerungen und macht reichlich vom wohlfeilen Stilmittel des Superlativs Gebrauch, ohne daß dem Leser klar würde, worin eigentlich Bernhards Qualifikation besteht, dies alles besser zu wissen. Klar wird immerhin, daß seiner Ansicht nach die Inkompetenz der Ärzte an ihren ständig wechselnden Diagnosen erkennbar wird.


Gestorben sei Paul Wittgenstein „in einem Linzer Spital“ (S. 164), und an dieser Stelle beginnt meine Geschichte.
Im Jahre 1983 habe ich eine österreichische Psychiaterin, eine Frau Dr. E., kennengelernt, die an der Wagner-Jauregg-Klinik in Linz arbeitete. Ich interessierte mich für ihre Arbeit; sie war gerne bereit, mir ihren Arbeitsplatz zu zeigen. Dazu steckte sich mich in einen weißen Kittel und stellte mich ihren Kollegen als „Dr. Weimer, der unsere Klinik kennenlernen möchte“ vor. Das war nun nicht gelogen, auch wenn die Kollegen mich wohl irrtümlich für einen der Ihren hielten.


Auf diese Weise konnte ich jedenfalls auch die geschlossenen Abteilungen besuchen, von denen mir die für „abnorme Rechtsbrecher“ und die für „Depersonalisierte“ in starker Erinnerung geblieben sind. Die „abnormen Rechtbrecher“ hatten ein Verbrechen begangen und waren vor Gericht als unzurechnungsfähig eingestuft worden, weshalb sie nun in zwei großen Räumen ohne jede Privatsphäre und ohne jede Beschäftigungsmöglichkeit ausbruchssicher verwahrt wurden. Nur verwahrt, keine Therapie? „Keine Therapie, dazu haben wird das Personal nicht.“ Bei den „Depersonalisierten“ war unter irgendeinem extrem starken Leidensdruck die Persönlichkeitsstruktur zusammengebrochen; es war „niemand mehr zu Hause“ bei ihnen: keinerlei Reaktionen. Sie blieben regungslos stehen oder sitzen, wo man sie hinstellte oder -setzte, bis man sie zur Fütterung oder zum Schlafengehen wieder abholte. Auch hier: „Keine Therapie.“


Das hätte auch einem Thomas Bernhard reichlich Anlaß zu Klagen geben können (vermutlich nicht so ganz einfach personalisierbar), wenn er sich die Mühe gemacht hätte, die jeder Journalist auf sich nehmen muß: erst sorgfältig zu recherchieren, sich dann eine Meinung zu bilden und sie niederzuschreiben.
Stattdessen hat er sich ... ja auf was eigentlich beschränkt? Auf das, was ihm ein psychisch kranker „Freund“ berichtet hat? Und auf ein Vorurteil?


Jetzt aber kam das Entscheidende. Ich hatte Frau Dr. E. von Bernhards Buch berichtet, und sie antwortete: „Paul Wittgenstein, Spital in Linz? Das war unsere Klinik!“ Sie ging dann ins Archiv und holte die Akte hervor. Eine dicke Akte. Wir sind sie gemeinsam durchgegangen, Seite für Seite, und es gab von Anfang bis Ende nur eine einzige Diagnose: Schizophrenie. Von manischen oder depressiven Symptomen war, anders als Bernhard es behauptet, niemals die Rede.


Muß man einen Schizophrenen in eine Klinik bringen? Nun, die letzte Einweisung war erfolgt, nachdem Paul mit einer Pistole in das Juweliergeschäft eines Vetters eingedrungen und die Herausgabe einer Perle verlangt hatte. Das immerhin bestätigt auch Bernhard (S. 163 f.) – mit dem Zusatz: „Alles war nur ein Spaß gewesen.“ Dies sah der bei Schußwaffen berufsmäßig nervöse Juwelier anders.


Wenn, so dachte ich mir, Thomas Bernhard jemanden oder etwas ins Visier genommen hat, dann polemisiert er ohne Rücksicht auf Wahrheit und Lüge. Er ist sich nicht zu schade, irgendwelche Behauptungen zu erfinden, bloß damit eine möglichst tiefschwarze Farbe entsteht. Und diese Art von Lüge ist, meine ich, für einen Schriftsteller, der aufklären und verbessern möchte, unverzeihlich, denn sie schadet der Aufklärung; dabei gibt es in Sachen Psychiatrie viel aufzuklären und zu verbessern. Will jemand aber einfach nur drauflos schimpfen, dann muß ich das nicht lesen.


Merkwürdig ist, daß ich in meinem Leben etliche Bernhard-Aficionados kennengelernt habe; keiner von ihnen, bis heute jedenfalls, hat sich für diesen Aspekt an Bernhards Werk sonderlich interessiert: die Lüge. Sie verschwindet im Weihrauch, in dieser befremdlichen Beweihräucherung eines großmäuligen Lügners.



Anmerkung von Graeculus:

Für E., mit Dank.

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Kommentare zu diesem Text

Muckelchen (70)
(13.02.23, 17:10)
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 Graeculus meinte dazu am 13.02.23 um 17:27:
Da legst Du den Finger in einen wunden Punkt. Das österreichische Strafrecht kenne ich nicht und gehe daher der Einfachheit halber vom deutschen aus: § 203 StGB sieht für eine Verletzung von Privatgeheimnissen etwa durch einen Arzt eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor. Das Dienstgeheimnis erlischt mit dem Tod des Betroffenen nicht. Die Straftat verjährt gemäß § 78 StGB bei diesem Strafrahmen nach drei Jahren.
Das Ereignis ist 40 Jahre her.

Hierzu noch eine Anekdote von Thomas Fischer, dem deutschen StGB-Fachmann und ehemaligen Senatspräsidenten am BGH. Frage eines Journalisten: "Haben Sie jemals das Gesetz gebrochen?" - Antwort Th. F.: "Ich habe Bücher gestohlen und Haschisch geraucht." Kleine Pause, dann lächelnd: "Und jetzt habe ich nur das genannt, was verjährt ist."

 Graeculus antwortete darauf am 13.02.23 um 17:41:
Was ich mich gerade frage: Wie hätten sich die betroffenen Ärzte angesichts ihrer Verschwiegenheitsverpflichtung damals gegen Bernhards Verleumdung bzw. üble Nachrede wehren können?
Muckelchen (70) schrieb daraufhin am 13.02.23 um 17:45:
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 Graeculus äußerte darauf am 13.02.23 um 17:53:
Hm, "nur literarisch". Immerhin hat er den echten Namen des Patienten (ohne dessen Einwilligung, versteht sich) sowie den Namen der Klinik genannt.
Da bin ich mir juristisch nicht so sicher. Ist ja aber ebenfalls schon tot, der Bernhard.
(Es gibt Fälle von Autobiographien, in denen ein Gericht die Schwärzung bestimmter Stellen anordnet oder gar ein Buch ganz verbietet.)

 Quoth ergänzte dazu am 13.02.23 um 18:02:
Ja, der Text ist betitelt "Wittgensteins Neffe - Eine Freundschaft" und nicht "Eine Analyse". Und es kann doch wirklich aggressiv machen, einen Freund leiden und zugrunde gehen zu sehen, während die Ärzte (nicht nur dieser Klinik, deren Akte Du eingesehen hast, sondern vieler anderer, die ihn beurteilt haben dürften) seine Krankheit benennen, ohne sie therapieren zu können und vielleicht auch zu wollen. Das Einzige, was ihnen bis heute häufig einfällt, ist wegsperren und und unter Chemie setzen. Für mich ist TB kein "großmäuliger Lügner", sondern ein wütender leidenschaftlicher Freund, und ich rieche keinen Weihrauch, sondern lese großartige Prosa. Gruß Quoth

 Graeculus meinte dazu am 13.02.23 um 18:08:
Für diesen Standpunkt, den man ahnen konnte, habe ich im Text zwei Ansatzpunkte eingebaut: 1. Bernhards kühle Schlußsätze zu seinem "Freund" und 2. zwei echte Skandale: der Umgang mit den abnormen Rechtsbrechern und der mit den Depersonalisierten.
Bernhard mußte nicht lügen und verleumden, um einem legitimen Interesse zu folgen.

 Graeculus meinte dazu am 13.02.23 um 18:13:
Seinen Stil der (Zitat Ekkehart) "schwarzen Polemik" legt Bernhard beileibe auch nicht nur dann an den Tag, wenn es um einen leidenden Freund geht.

 Graeculus meinte dazu am 13.02.23 um 18:58:
Übrigens habe ich auch zur "großartigen Prosa" etwas geschrieben, was man in dem Zitat gut erkennen kann. Ist der literarische Holzhammer, bei dem es nur Superlative gibt, ein guter Stil?
Schade, Quoth, daß Du nichts dazu sagst.

 LotharAtzert meinte dazu am 14.02.23 um 09:58:
Mir persönlich käme die Frage des guten Stiles nicht mal in den Sinn, wenn ich von leidenschaftlichem Bekenntnis zu einem Freund lese. Das ist wieder ein typischer Graeculus, der immer auf der Seite der Wissenschaft zu finden ist, da nutzt selbst die Linkshändigkeit nichts. Aber er hat Merkur-Pluto, den Rechthaber-Aspekt und ich lasse daher Milde walten bis zum nächsten mal.

Was Quot sagt, spricht dagegen von Einfühlungsvermögen.

Na gut, der eine steht halt auf Kriegsfuß, andere auf Hohl, Senk- und Spreizfüßen.

 FrankReich meinte dazu am 14.02.23 um 10:45:
Ach Lothar, wenn Du auch nur den Anflug einer Ahnung vom Fachgebiet der Psychiatrie hättest, würdest Du keinen Psychiater, der nicht gleichzeitig auch Psychologe ist, auf den Sockel des Wissenschaftlers heben. 😂😂

Ciao, Frank

 LotharAtzert meinte dazu am 14.02.23 um 10:58:
Frank, ich bin mir dessen bewußt, daß es auch unter Wissenschaftlern, und selbst unter Psychiater solche und solche gibt, (C.G.Jung schätzte ich einst sehr - der hat sich ja auch verwandelt, hin zum Spiritualität), aber der staatliche Berechtigungsschein entlarvt sie doch alle als schein-heilige Mitläufer. Da polter ich allemal lieber mit Bernhard.

Hab versprochen, nicht mehr tashi delek zu schreiben, also
liebe Grüße
Lothar

Antwort geändert am 14.02.2023 um 10:59 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 20:55:
Die Psychiaterin, mit der ich es da unmittelbar zu tun hatte, war eine reizende Person. Ja, es gibt solche und andere.

Bei einem leidenschaftlichen Bekenntnis zu einem guten Freund mag die Frage des Stils außen vor bleiben; aber hier haben wir es schließlich mit einem literarischen Werk zu tun, und da dürfen mir - z.B. in dem zitierten Abschnitt - schonmal die Verallgemeinerungen und Übertreibungen (gehäufte Superlative) auffallen.

Was es mit dem "guten Freund" auf sich hat, da stutze ich bei den ebenfalls zitierten Schlußbemerkungen. Offenbar weiß Bernhard nicht einmal, wo er beerdigt ist. Das schließt Freundschaft nicht unbedingt aus, aber, wie gesagt, ich stutze. Man muß Menschen auch nicht alles glauben, was sie beteuern. "Guter Freund", das sagt sich flott.

 EkkehartMittelberg (13.02.23, 17:59)
Hallo Graeculus,
ich habe nur wenig von Bernhard gelesen, weil ich seine schwarze Polemik nicht mochte. Ich bin gespannt, ob es hier einen Bernhard-Kenner gibt, der ihn gegen deine Entlarvung verteidigen kann.

 Graeculus meinte dazu am 13.02.23 um 18:02:
Darauf bin auch ich gespannt. Vielleicht bekennt sich einer zu Oscar Wildes Diktum "Between two truths, the falser is truer." ... und erklärt uns, warum das so ist.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 13.02.23 um 23:10:
ICH!!! UND...Dieter, tatsächlich ziehen wir hier an einem Strang.

 Graeculus meinte dazu am 13.02.23 um 23:41:
Dieter, der Dieter?

Glaubst Du mir nicht, daß ich diese Krankenakte gelesen habe? Und falls doch, dann hat Bernhard die Unwahrheit gesagt. Wozu war das nötig? Wem hat er damit wenigstens geholfen? Warum hat er sich nicht an den wirklichen Mißständen in der Psychiatrie abgearbeitet?
Ich weiß es nicht, sag es mir.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 13.02.23 um 23:47:
Ja, DER. :)
Sind wir uns ehrlich, ja? Fast jeder Text/Roman/Prosa hat etwas von sich selbst drin, das heißt nicht, dass es wahr sein muss, was man schreibt. Nochmals, wo steht, dass man an der Wahrheit kleben bleiben muss?
Ich könnte dir auch von der Psych in Salzburg erzählen, wahrheitsgetreu, ich war da drin, Gott sei Dank nur als Besucherin, aber das würde ich nie erzählen, sondern immer nur, was ich darin fühle oder denke. Habe ich schon, auch in Ybbs an der Donau. Das heißt aber nicht, dass es objektiv so war.

Antwort geändert am 13.02.2023 um 23:50 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 00:04:
Das können wir, glaube ich, klären: Literatur ist nicht verpflichtet, an der Wahrheit zu kleben. So gibt es Parallelweltromane, in denen die Nazis den Zweiten Weltkrieg gewonnen haben etc. pp.
Und das zu beschreiben, was man fühlt, empfindet in einer bestimmten Situation, ist natürlich ebenfalls in Ordnung.

Aber wenn man Namen realer Personen und Institutionen nennt und denen bestimmte (angebliche) Tatsachen unterstellt, wie sie in der von mir zitierten Passage vorkommen, dann sieht das etwas anders aus.
Du bist Juristin und weißt, daß Gerichte darüber schon geurteilt haben (Verleumdung, üble Nachrede), so daß Textpassagen eingeschwärzt werden mußten.
Paul Wittgenstein ist in der Wagner-Jauregg-Klinik nicht so behandelt worden, wie Bernhard das behauptet ... und da die Krankenakte auch Behandlungen in anderen Kliniken erfaßte, kann ich sagen: dort ebensowenig.

Laß mich am Rande bemerken, daß dieser ganze Tag, dieser eine Tag in meinem Leben, spektakulär war. Nicht nur wegen der Akte.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 00:12:
Da, guck: https://science.apa.at/power-search/14365329352508735095
Taina (39) meinte dazu am 14.02.23 um 10:09:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 11:31:
Wow, hast du jetzt in 12 Stunden das Buch gelesen, das ganze, damit du mitreden kannst? Respekt. Darunter steht, du hättest noch nie einen Bernhard gelesen.
Oder hast du Textpassagen gelesen und zusätzlich Pierre Bayards Buch? :D
Taina (39) meinte dazu am 14.02.23 um 11:42:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 11:44:
Respekt.
Du hast es wenigstens versucht. Über Geschmack kann man nicht streiten.
Taina (39) meinte dazu am 14.02.23 um 13:47:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 15:19:
Da müsste man eben wissen warum, dann würde man anders urteilen. 
Du meinst also, man ist empathielos, wenn man dem Tod nicht ins Gesicht sehen möchte? Dann reihe ich mich hier ein, ich bin schon dreimal geflüchtet.
Taina (39) meinte dazu am 14.02.23 um 15:28:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 16:42:
Nein. Angst vor dem Tod ist natürlich und menschlich. Da fährt die Eisenbahn drüber. Definitiv.
Taina (39) meinte dazu am 14.02.23 um 16:52:
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 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:04:
Gut, daß Taina sich der Mühe unterzogen hat, sich den Text selber einmal vorzunehmen!
Empathie besteht ja nicht in der Behauptung, man habe sie, sondern in einem bestimmten Verhalten. Und da erscheint mir Bernhard durchaus als ambivalent. Ich empfinde ihn - wenn ich ihm, wie billig, nicht blind Vertrauenswürdigkeit und Aufrichtigkeit unterstelle - als undurchsichtig. Die Angst vor dem Tod, die Abneigung gegen Friedhöfe (Mondscheinsonate!), die mag jemand haben und deshalb das Grab nicht besuchen, aber sich deshalb von einem lebenden Freund zurückzuziehen, ist doch eine andere Sache.

Wie auch immer, ich habe an Bernhards Aufrichtigkeit merkliche Zweifel. Schon wenn ich ganz aufrichtig mir selbst gegenüber bin, schimpfe ich nicht so über andere:
"Homo sum humani nil a me alienum puto / Ich bin ein Mensch, und ich weiß, daß nichts Menschliches mir fremd ist." (Terenz)

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 21:11:
Kinder, der Mensch war sterbenskrank, die Angst vor dem eigenen Tod ist doch verständlich. Ich verstehe ihn. Aber, das ist wahrlich ein Thema, das muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er das will oder nicht.
Taina (39) meinte dazu am 15.02.23 um 06:55:
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 Verlo meinte dazu am 15.02.23 um 09:15:
Taina:

Er [Thomas Bernhard] konnte wissen, wie sein Freund [Paul Wittgenstein] sich fühlte, er wusste es. Trotzdem ließ er ihn fallen.

Taina, ich glaube, das ist lediglich deine Interpretation.

 Graeculus meinte dazu am 17.02.23 um 18:20:
Dazu hat Mondscheinsonate - irgendwo in diesem Wust - inzwischen etwas geschrieben.
Taina (39)
(13.02.23, 20:10)
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 Graeculus meinte dazu am 13.02.23 um 22:35:
Ich bin nie recht warm geworden mit Bernhard. Was mir oft aufgefallen ist: daß sich an ihm die Geister scheiden und daß etliche 'ganz vernünftige Menschen' reinweg begeistert sind von ihm, wo ich nur einen maßlos Schimpfenden lese.
Kennst Du den Burgtheater-Skandal um sein Stück "Heldenplatz"?
Taina (39) meinte dazu am 14.02.23 um 09:12:
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 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:08:
Bei meiner - im Vergleich zu Mondscheinsonate - beschränkten Text-Kenntnis habe ich den Eindruck, daß sympathische Figuren bei Bernhard eher dünn gesät sind. Es ist eher so wie eine literarische Version der Gemälde von Hieronymus Bosch.
Es gab ja Menschen, die er mochte - z.B. seinen "Lebensmenschen" -, aber anscheinend kommen diese nicht in seinen Werken vor.

 Verlo (13.02.23, 22:54)
Graeculus, du hast zwei Aussagen, wobei du einer mehr glaubst.

Würde man nicht eine dritte, vielleicht vierte heranziehen?

Daß jemand nur schizophren ist, ist ungewöhnlich, meist gibt es immer auch andere Krankheitsbilder.

Würde ich mich entscheiden müssen, würde ich dem Freund mehr glauben als den Psychiater. 

Graeculus, danke für den interessanten Text!

 Graeculus meinte dazu am 13.02.23 um 23:10:
Zwei Aussagen? Ich kannte Bernhards Behauptungen, und wir beide, die Ärztin und ich, haben mit eigenen Augen die Krankenakte gelesen. Wen soll ich jetzt noch fragen?
Ich wüßte gerne, ob man damals in den 70er Jahren schon eine wirksame Behandlung von Schizophrenie kannte, so daß man den Ärzten 'wenigstens' vorwerfen könnte, sie hätten etwas versäumt.

"Meist gibt es immer ..." ist eine lustige Formulierung.

 Verlo meinte dazu am 13.02.23 um 23:37:
Graeculus, ich möchte niemand etwas unterstellen, aber Krankenakten müssen nicht die Wahrheit sagen.

Deshalb würde ich weiter recherchieren, bevor ich mich von jemand abwenden würde.


"Meist gibt es immer ..." ist eine lustige Formulierung.

Im Grunde meine ich: ich kenne niemand, der nur als schizophren diagnostiziert wurde.

Aber sicherlich wird es auch solche geben, nur habe ich keinen gesprochen.


 Aber Bernhard wäre nicht Bernhard, wenn er die Gelegenheit ausließe, gegen irgendjemanden zu polemisieren; in diesem Falle gegen die Psychiatrie bzw. die Psychiater, ja gegen die Medizin überhaupt:

Nach meiner langjährigen Erfahrung mit Psychiatern, Psychologen und Ärzten versuche ich "Probleme" eher selbst zu lösen als mich den Damen und Herren vom Fach anzuvertrauen.

Was mit Freunde erzählt haben, bestärkt mich.

Die Klagen von Patienten, wenn ich als "Wäschemann" auf psychiatrischen Stationen war, habe ich nicht vergessen.

Oder wie mit geistig und körperlich einschränkten Menschen, für deren Betreuung die Angehörigen sehr viel Geld bezahlen, umgegangen wird.

Neulich habe ich mit einem Mann unterhalten, der als schizophren diagnostiziert wurde und entsprechend Medikament einnehmen muß.

Ich fragte ihn: Hilft es?

Er grinste.

Ich sagte: die Ärzte denken es?

Er lachte.

Oder ein Erwachsener, der eine starke Dosis Ritalin einnehmen muß. Da hat man bereits während seiner Schulzeit ADHS diagnostiziert, aber die eigentlichen Probleme sind andere. 

ADHS – ein Junge aus dem Haus, wo ich in Potsdam gewohnt habe: er hat sich die Pulsadern aufgeschnitten, um gegen ADHS und Ritalin zu protestieren.

Weiß du, Graeculus, diese Momente, in denen man denkt: Was würde ich tun, wäre es mein Sohn oder Enkel ...

Antwort geändert am 14.02.2023 um 00:19 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 13.02.23 um 23:53:
Krankenakten müssen nicht immer die Wahrheit sagen; aber Bernhard hat sich nun einmal über den Inhalt dieser Krankenakten geäußert. Das habe ich doch ausführlich zitiert!

 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 00:06:
Graeculus, Bernhard hat wiedergegeben, was Ärzte über seinen Freund gesagt, wie sie ihn eingeschätzt haben. Über Krankenakten spricht er nicht.

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 00:27:
immer wieder falsche Krankheitsbezeichnungen

Das bezieht sich dann worauf? Hast Du eine Vorstellung, wie Krankenakten angelegt werden? Etwa so, daß der Chefarzt im Beisein von Oberarzt, Assistenzärzten und Pflegern dem Patienten sagt: "Sie sind depressiv",  um dann "Schizophrenie" in die Akte einzutragen? Und das über Jahre?

 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 00:46:
Könnten Aussagen des Freundes sein, der die von Ärzten wiederholt.

Würde ich aus Krankenakten zitieren, würde es das mitteilen. 

Ich habe nur gesagt, ich würde weiter recherchieren und daß ich Freunden mehr glaube als Ärzten.

Und habe genug Beispiele gebracht, die erklären, warum. 

Ein Freund unterliegt nicht den Zwängen von Ärzten, Psychiatern, wo es immer auch um Macht und Geld geht.

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 01:08:
Daß du einem schizophrenen oder manischen oder depressiven oder manisch-depressiven Freund, der einen Juwelier mit der Pistole bedroht hat, mehr glaubst als Ärzten, nehme ich zur Kenntnis.

 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 02:27:
Graeculus, ein Freund spricht über einen Kranken und hat eine andere Meinung als die Ärzte.

Also Freund versus Ärzte.

Keiner von beiden war bei einem Juwelier und hat mit einer Waffe gedroht. 

Wobei der Kranke sagt, es war Spaß.

Trotzdem erklären die Ärzte ihn für schizophren.

Nimmt es genau, bin ich auch schizophren, weil ich sage, 9/11 keine Flugzeuge, Corona Plandemie:

Im akuten Krankheitsstadium tritt bei schizophrenen Menschen eine Vielzahl charakteristischer Störungen auf, die fast alle Bereiche des inneren  Erlebensund Verhaltens betreffen, wie  Wahrnehmung Denken Gefühls- und Gemütsleben Willensbildung Psychomotorik und  Antrieb. Häufig werden nicht wirklich vorhandene Stimmen gehört (sogenanntes  Stimmenhören). Es kann der  Wahn vorkommen, verfolgt,  ausspioniert oder kontrolliert zu werden. Weiter kann das Gefühl auftreten, fremdgesteuert zu werden, z. B. durch  Gedankenentzug oder  Gedankeneingebung. Anhaltende  Halluzinationen jeder Sinnesmodalität sind möglich. Auch  sozialer Rückzug, Antriebslosigkeit, mangelnde  Motivation emotionale Verflachung und  Freudlosigkeit werden nicht selten beobachtet. Je nach vorherrschenden Symptomen werden mehrere  Untergruppen der Schizophrenie unterschieden.

Antwort geändert am 14.02.2023 um 02:28 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:10:
Wobei der Kranke sagt, es war Spaß.

Nein, Bernhard sagt, es sei ein Spaß gewesen. Und selbst wenn, woher sollte der Juwelier das wissen?

 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 21:17:
Graeculus, FRP schrieb am 14. Februar 202223, 10 Uhr 02:


Ach Graeculus, nun bin ich aber von Dir enttäuscht. "Alles ist nur ein Spaß gewesen", im Juweliergeschäft. Auch wenn es der Inhaber anders sah: Wittgensteins Neffe verlangte die Perle, soweit richtig. Welche eigentlich? "Die aus deiner Krone" - sagte er zum Inhaber. Und lachte und brach die Aktion ab. Warum unterschlägst du das?

 Mondscheinsonate (13.02.23, 22:59)
Nein, den Text versteht kein Deutscher, wahrlich nicht. Er und der Neffe wollen unbedingt eine Kritik in der Züricher Zeitung lesen und sie fahren kilometerweit, bekommen keine Zeitung und dann pfeifen sie drauf. Das Verrückte wird zur Humoreske. Das ist kein deutscher Humor, wahrlich nicht. Ich denke, um das Werk Bernhards zu kritisieren, sollte man alles gelesen haben, besonders auch die Briefe und Sekundärliteratur. Hast du nicht, nicht? Witzigerweise war meine Freundin auch nicht begeistert, aber seit dem Briefwechsel mit Unseld etwas mehr amüsiert.
Und nein, es geht nicht um die Lüge, sondern um die ÜBERTREIBUNG, die dem Österreicher sein Liebstes ist. Eine Sechs, lieber Graec :)))

Kommentar geändert am 13.02.2023 um 23:01 Uhr

Kommentar geändert am 13.02.2023 um 23:01 Uhr

 Mondscheinsonate meinte dazu am 13.02.23 um 23:17:
So, Nachtrag. Durch seine schwere Lungenerkrankung schrieb er gegen den Tod an. Die Ärzte gaben ihm nur ein paar Jahre. Die Aufregung, ja, Erregung, ließ ihn sich selbst spüren. Die endlosen Schachtelsätze, die lange nicht zum Punkt kamen, zeigten die Angst vor dem Tod. Du erwähnst nicht "Alte Meister", das Meisterwerk schlechthin, nein, du pickst dir eine Geschichte heraus und erleichterst dich darüber, nennst ihn Lügner, hast dich aber definitiv nicht mit dem Genie und dem Wahnsinn auseinandergesetzt. Bernhard deckte all die Unzulänglichkeiten auf und schimpfte darauf, was das Zeug hielt und weißt du was, jedes Wort stimmt, auch heute noch. Danke, für die Erregung, jetzt spüre ich mich auch wieder. Siehst, es funktioniert. :)
Es gibt nichts (!) SCHLIMMERES, als zufriedene Menschen, wahrlich nicht.

Antwort geändert am 13.02.2023 um 23:20 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 13.02.23 um 23:28:
Von mir aus lese ich "Alte Meister" ... sobald ich Hannah Arendt gelesen habe. Aber nenne mich nicht einen zufriedenen Menschen, das ist schon fast eine Beleidigung. Wie kann man mit dem zufrieden sein, was ich da erlebt habe, was Bernhard aber gar nicht thematisiert hat? Er schreibt an dem eigentlichen Skandal vorbei!

P.S.: Es stimmt eben nicht jedes Wort bei ihm. Ich habe die Krankenakte gelesen, und da stand das Gegenteil von dem, was Bernhard behauptet hat!

P.P.S.: Du lebst auf, wenn Du für Deine Anliegen kämpfst. Das ist gut. Nun kämpfe.

P.P.P.S.: Ist Bernhard Dir ein Heiliger, der keine Fehler begangen hat?

 Mondscheinsonate meinte dazu am 13.02.23 um 23:37:
Lieber, dich habe ich mit dem P.S. nicht gemeint, sondern grundsätzlich. Wo steht, dass Bernhard einen Wahrheitsanspruch beanspruchte. Nie, das wirst du nirgendwo lesen. Oh ja, ich verteidige ihn bis auf's Blut. Er ist mir ähnlicher, als mir lieb ist. Nach 26 Jahren Lesevergnügen und Kurzgespräch mit ihm, ist er mir sehr ans Herz gewachsen. Weißt du, bei gewissen Dingen würde ich dir nie widersprechen, da du ein Meister bist, aber beim Thommy hast du wenig Ahnung. Vorallem, wenn du, so wie ich, in diesem Land lebst, selbst in dieser Stadt, die ihm so verhasst war (er liebte sie extrem, das unterstelle ich ihm), kannst du jedes Wort nachvollziehen. Zugegeben, Holzfällen war ein schwaches Werk, wenngleich auch sehr treffend. Lies mal "Auslöschung"! Ein Meisterwerk! Nun, wenn du mit ewigen Wiederholungen nichts anzufangen weißt, dann bitte einen Bogen um Vivaldi und Bernhard machen :D

 Graeculus meinte dazu am 13.02.23 um 23:56:
Ich möchte mich sehr hüten, jetzt irgendwelche persönlichen Unterstellungen Dir gegenüber einfließen zu lassen. Du hast meinen Respekt - auch was Deine Liebe zu Bernhard angeht. Ich habe in diesem Falle nur eine andere Meinung.

Zum Wahrheitsanspruch von Literatur schreibe ich oben etwas, wo Du darin weiter gehst.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 00:02:
Nimm das Buch zur Hand, da steht: Wittgensteins Neffe
Eine Freundschaft
Mehr nicht. Steht: Ein Tatsachenbericht? Übrigens, die Ärzte früher waren Überbleibsel aus gruseligen Zeiten und auch ich erlebte noch diese gruseligen Gestalten, halb tot, aber festhaltend an ihren weißen Kittln. Dies in eine Übertreibung zu steigern, verstehe ich. Das Drumherum ist überhaupt kein Thema des Buches! Es geht um die Freundschaft.
Du musst Berni mit Humor lesen, anders geht es nicht, ihn darf man nicht so ernst nehmen.
Außerdem hat er definitiv nicht in die Krankenakte Einsicht gehabt, weil das strafbar ist. (Ich habe 300 Seiten Vertrag unterschreiben müssen, dass ich nichts ausplaudere!) Er hat sich seinen Freund gesund geredet und Verrückte reden sich auch manchmal gesund, Graec. Und jeder, der das Gegenteil behauptet, der ist ein Schwein. Das kennen wir.

Antwort geändert am 14.02.2023 um 00:07 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 00:30:
Ich vermute ebenfalls, daß seine Informationsquelle die Aussagen Paul Wittgensteins waren. In die Krankenakte hatte er gewiß keine Einsicht. Obwohl natürlich investigative Journalisten, denen es darum geht, herauszufinden, was wirklich Sache ist, da ihre Tricks haben ... und das Prinzip der Vertraulichkeit für Informanten.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 00:35:
Du, ehrlich? Ich hatte Zugang zu tausenden Akten, ich habe keine einzige gelesen, weil es mich nichts angeht und auch nicht, wenn die Familie sie nicht freigibt. Aber gut, das ist meine Ansicht der Dinge. Abschliessend.

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 00:42:
Das Personal, klar. Darf aber nichts weitersagen, muß die Vertraulichkeit wahren. Ist bei Lehrern nicht anders.

Ich liebe hitzige Diskussionen über Literatur, bei Wahrung des Respekts. Und wenn nicht hier, dann wo? Im Idealfall haben am Ende beide Seiten etwas gelernt. Diskussionen darüber, ob Rihanna beim Super-Bowl Playback gesungen hat, sind damit gar nicht zu vergleichen.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 00:45:
Ich auch! Hat sie? Die ist halt so schwanger...😂😂😂

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 00:46:
Und nun ist Schabbes! Jedenfalls für heute.

 FrankReich meinte dazu am 14.02.23 um 10:31:
P.S.: Es stimmt eben nicht jedes Wort bei ihm. Ich habe die Krankenakte gelesen, und da stand das Gegenteil von dem, was Bernhard behauptet hat!

Nee, ist klar und deshalb muss auch Bernhard der Lügner sein und nicht der Psychiater. Bei allem Respekt, Graeculus, aber die Psychiatrie ist eines der größten Lügengebäude, das mir je untergekommen ist. 🤔

Ciao, Frank

 Quoth meinte dazu am 14.02.23 um 11:29:
Gut, dass Ihr Euch gemeldet habt, Lothar, Ralph und vor allem Mondscheinsonate, die ich schon anschreiben wollte - denn TB muss nicht von einer, sondern von dieser Wienerin verteidigt werden. Hier geht es um Literatur, nicht um Wissenschaft, und in der Literatur ist alles erlaubt, jede Verzerrung, jede Subjektivität, jede maßlose Übertreibung ... Danke Dir, Graeculus, dass Du mich an dies Buch erinnert hast, ich habe es wegverliehen und mir jetzt auf den Kindle geladen. Was für ein Genuss, es wieder zu lesen, er bekennt sich nicht nur zu seinem Freund, er identifiziert sich mit ihm, nennt sich selbst "verrückt", und ergreifend sein Bekenntnis zu einer Frau, seinem "Lebensmenschen" ... Gruß Quoth

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 11:33:
Ach, Thomas Bernhard hat schon den Sound und Sog...entweder man hasst ihn oder liebt ihn, es gibt kein Mittelding.
Taina (39) meinte dazu am 14.02.23 um 14:02:
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 FrankReich meinte dazu am 14.02.23 um 15:18:
Tja, allerdings scheint Bernhard weder Mondscheinsonate noch Quoth zu langweilen, denn wie bereits erwähnt, ist Literatur auch eine Frage des Geschmacks, eine der Erfahrung ist allerdings die Einstellung der Psychiater ihren Patienten gegenüber und da kannst diesbezüglich auch Du, Taina, nur Menschen auf Oberflächlichkeiten verurteilen, wenn Du selbst über persönliche Einblicke in die Psychiatrie verfügst, bspw. als Betreuer oder Angehöriger eines Betroffenen.

Ciao, Frank
Taina (39) meinte dazu am 14.02.23 um 15:36:
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 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 16:02:
Ralf_Renkking:

Nee, ist klar und deshalb muss auch Bernhard der Lügner sein und nicht der Psychiater. Bei allem Respekt, Graeculus, aber die Psychiatrie ist eines der größten Lügengebäude, das mir je untergekommen ist. 🤔

Danke!

Ich hoffe, Graeculus ist für deine Argumente offen.

Ich würde es nicht so ausdrücken, aber das meinte ich damit, ich glaube lieber einen Freund als einen Psychiater.

Einige lügen sicher, ohne sich zu schämen. Andere haben vielleicht nur keine Ahnung, müssen aber der Krankenkasse Kategorien liefern, um Geld zu bekommen.

 FrankReich meinte dazu am 14.02.23 um 16:09:
"Er urteilt oberflächlich, nicht nur über die Psychiater, ..."
Das reicht aber schon, denn woher willst Du wissen, ob es sich bei Bernhards Urteilen tatsächlich nur um Oberflächlichkeiten handelt?🤔

Ciao, Frank
Taina (39) meinte dazu am 14.02.23 um 16:34:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 16:36:
War das sein Begehr?
Nein.

 FrankReich meinte dazu am 14.02.23 um 16:55:
Bei Deiner Überzeugung kann es sich nur um die eines Unwissenden handeln, Taina, ich allerdings versichere Dir, dass Dein Urteil desto pauschaler und oberflächlicher ausfallen wird, je intensiver Du Dich mit den Praktiken von Psychiatrieärzten auseinandersetzst, dann kotzst Du nämlich nur noch.

Ciao, Frank
Taina (39) meinte dazu am 14.02.23 um 17:02:
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 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:16:
An Ralf_Renkking 1:

P.S.: Es stimmt eben nicht jedes Wort bei ihm. Ich habe die Krankenakte gelesen, und da stand das Gegenteil von dem, was Bernhard behauptet hat!

Nee, ist klar und deshalb muss auch Bernhard der Lügner sein und nicht der Psychiater.

Bernhard äußert sich über das, was die Ärzte angeblich geäußert haben, und das konnte ich mit dem vergleichen, was die Ärzte tatsächlich geäußert haben.

Wenn Du behauptest, ich hätte Olaf Scholz bei einer bestimmten Gelegenheit als Versager bezeichnet, und dann aus meinen Aufzeichnungen hervorgeht, daß ich das Gegenteil gesagt habe, dann hast Du entweder Dich geirrt oder gelogen.

Mir ist nicht klar, welchen Standpunkt Ihr eigentlich vertretet:
- Das Buch ist eine Fiktion und darf daher gar nicht mit einem wahrheitsanspruch gemessen werden.
Oder:
- Das Buch ist eine berechtigte Kritik an der österreichischen Psychiatrie.

Was von Psychiatern zu halten ist, darüber kann man sich ja unabhängig von Bernhard unterhalten.

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:22:
An Quoth:

Das Buch ist Literatur, nicht Wissenschaft. Nun, Wissenschaft ist es ohnehin nicht, das hat niemand behauptet. Aber ist es ein quasi-journalistisches Werk, eine Aufklärungsschrift? Nein, sagst Du, es ist Literatur. Dann erscheint es mir merkwürdig, daß konkrete Namen und Institutionen genannt werden. Für Romane und Filme, also fiktive Werke, gibt es da sogar eigene Erklärungen, daß solche nicht gemeint sind. Das schafft dann Klarheit ... während Bernhard zumindest im Zwielicht bleibt.

Stell Dir vor, ich schreibe ein Buch über eine Figur namens Quoth und erwähne dann auch noch kV ... dann hätten die Leser wohl den Verdacht, daß das nicht so ganz fiktiv ist.

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:26:
An Taina:

Auch ich wundere mich darüber, daß Bernhard als großer Stilist gilt - wobei LotharAtzert oben schrieb, bei einem leidenschaftlichen Bekenntnis zu einem Freund sei das schnurz.
Leidenschaftliches Bekenntnis zu einem Freund? Du äußerst da beachtenswerte Zweifel, und LotharAtzert hat das Buch sicherlich nicht gelesen.

Vielleicht kann man sagen, daß Bernhard sprachgewaltig ist in seinem Schimpfen ... so wie Martin Luther selbst in seinen Pamphleten. Guter Stil?

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:27:
An Ralf_Renkking 2:

Wenn Bernhard nur langweilig wäre, würden wir nicht über ihn streiten. Aber selbst Mondscheinsonate hat geschrieben: Kennt man ein Buch von ihm, kennt man alle.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 21:36:
Verwende das nicht, um es schlecht zu reden. 
Es gibt Variante 3: Lesen, genießen, es so nehmen wie es ist (und nicht, strafrechtlich Relevantes begehen, damit man zeigen kann, wie alles verlogen ist!)

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 21:56:
Das finde ich treffend. 
https://www.spiegel.de/kultur/diana-kempff-ueber-thomas-bernhard-wittgensteins-neffe-a-7d98fef3-0002-0001-0000-000014021765

 FrankReich meinte dazu am 15.02.23 um 04:58:
@Graeculus
"Bernhard äußert sich über das, was die Ärzte angeblich geäußert haben, und das konnte ich mit dem vergleichen, was die Ärzte tatsächlich geäußert haben."
Sorry, aber das konntest Du nicht, denn was ein Psychiatriepatient so alles diagnostiziert bekommt, wie er therapiert wird und was letztendlich Eingang in die Akten findet, sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe.

Ciao, Frank
Taina (39) meinte dazu am 15.02.23 um 07:27:
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 Verlo meinte dazu am 15.02.23 um 09:02:
Ralf_ Renkking:

Sorry, aber das konntest Du [Graeculus] nicht, denn was ein Psychiatriepatient so alles diagnostiziert bekommt, wie er therapiert wird und was letztendlich Eingang in die Akten findet, sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe.

Erstaunlich, daß Graeculus das nicht klar ist, weil es mit der Psychiatrie an sich nichts zu tun hat: auch Lehrer protokollieren nicht alles so, wie es sich zugetragen hat.

Ich habe den Eindruck, Graeculus wollte mit einem Text etwas "beweisen", ohne Beweise zu haben.

Mit Thomas Bernhard wird es vermutlich nichts zu tun haben. Der "stand nur zur Verfügung".

 Mondscheinsonate meinte dazu am 15.02.23 um 10:45:
@Taina, über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Thomas Bernhard war ein Übertreibungskünstler, das ist eine Kunst, die kann man mögen oder auch nicht. Dass er seinen Freund im Stich ließ, meine Interpretation, ist sicherlich richtig und weil er es tat, schrieb er es auf, da erkenne ich aber keinen Stolz, sondern eher Scham. Wenn man es aus dem Blickwinkel liest, sieht man den Schmerz. Es gibt Situationen im Leben, auf die ist man nicht unbedingt stolz und schreibt man sie auf, erwartet man ein kollektives Absolvo te. Das nicht von jedem kommt, das muss klar sein.

 AngelWings meinte dazu am 15.02.23 um 16:35:
Taina
 um die Zeit, wusste auch nicht was Fullwort sind!  🤣 Ihr guck erst mal wann  er das geschrieben hat, und neu Recht schreib Form zustsnde kam.

 Graeculus meinte dazu am 15.02.23 um 16:36:
An Ralf_Renkking:

Gut, ich verstehe, was Du mit dem Unterschied meinst. Nun habe ich aber da doch einige Erfahrung über die Abläufe in Krankenhäusern, sogar in der Psychiatrie, die über die Ereignisse dieses einen Tages hinausgehen. Da wird den Patienten während der Visite etwas gesagt, nehmen wir einmal an: vom Chefarzt, und dies im Beisein von weiterem Personal. Dies wird protokolliert und in die Patientenakte übernommen. Eine Fälschung in dieser Hinsicht (Motiv?) wäre eine gefährliche Fälschung, weil viele davon wüßten.

Unmöglich ist das nicht, das gebe ich zu. Doch mir fehlt für diese Annahme das Motiv - zumal die Ärzte ja nicht wissen konnten, daß Bernhard ein Buch darüber schreiben würde.
Auf der anderen Seite stellt sich mir die Frage, woher Bernhard es denn besser wissen konnte. Hat er sich auf die Angaben eines hadernden Psychiatrie-Patienten verlassen?

 Graeculus meinte dazu am 15.02.23 um 16:38:
An Mondscheinsonate:

Das ist ein sehr und - wie ich meine - angemessen differenzierter Blick auf Bernhard.

Bodhidharma:

Offene Weite - keine Spur von heilig.

 FrankReich meinte dazu am 15.02.23 um 19:00:
@Graeculus
Lügengebäude bezieht sich auf die gesamte Institution Psychiatrie, deren Ärzte versuchen, Betroffene und Angehörige in Sicherheit zu wiegen, ich greife nur mal ein Bsp. heraus, nämlich den Verabreichungszeitraum von Psychopharmaka, der nach der ersten Psychose eines Patienten nach einem Jahr enden sollte, nach der zweiten nach drei Jahren, vll. sind es auch drei und fünf, spielt aber auch keine Rolle, denn ich kenne keinen Fall, bei dem das jemals ernsthaft geplant war, schließlich dienen die Medikamente ja auch nicht der Heilung, sondern nur der Sedierung, die aber wird durch den Begriff "Stabilisierung" schöngeredet, hinzu kommen die Nebenwirkungen, die vom Psychiater fast durchweg als Symptome der Erkrankung beschrieben werden, obwohl er es eigentlich besser wissen müsste. Ich kenne sogar einen Betroffenen, der als geheilt gilt, aber dennoch Medikamente nimmt, würde er die jedoch absetzen, erlitte er einen Rückfall, i. e., dass er sein Leben lang darauf angewiesen ist, einmal ganz abgesehen von Medikamentenpsychosen, die ein Psychiater kategorisch leugnet, den Patienten werden die Beipackzettel meist mit der Begründung vorenthalten, sie nicht unnötig belasten zu wollen, usw., usf., meistens glauben die Patienten und Angehörigen den Scheiß, den die sogenannten Ärzte, um mal ein Stilmittel von Bernhard zu verwenden, ihnen und sich suggerieren, erste ergeben sich in ihr Schicksal und zweite, bzw. dritte sind froh, dass der Leidensweg, und dabei handelt es sich nur um den eigenen (😂), endlich ein Ende hat.
Was aber die Fälschungen angeht, scheinst Du mich fehlverstanden zu haben, ich zitiere mich: 

"denn was ein Psychiatriepatient so alles diagnostiziert bekommt, wie er therapiert wird und was letztendlich Eingang in die Akten findet, sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe."

Natürlich hätte ich den Nachsatz so formulieren können, dass es auf Unterschlagung hinausläuft, aber egal ob ich es so oder im Sinn der sogenannten Ärzte als Beschränkung aufs Wesentliche bezeichne, einer Fälschung machen sie sich keinesfalls schuldig, Übertragungsfehler allerdings kommen schon mal vor, schließlich ist das Pflegepersonal auch nicht unfehlbar, wenn Du verstehst, worauf ich hinaus möchte.
Auf jeden Fall ist das ganze System dermaßen abgewichst, dass ich nicht nur mit Bernhard ins gleiche Horn stoßen, sondern es auch noch vollkotzen würde, leider scheiterte das bisher an meinen Fähigkeiten zur Dichtung. 😂😂

Ciao, Frank
Taina (39) meinte dazu am 15.02.23 um 21:27:
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 FrankReich meinte dazu am 15.02.23 um 21:37:
Nee, ist klar, ich sprach allerdings nicht von dichterischen Fähigkeiten, sondern von Fähigkeiten zur Dichtung, aber natürlich gibt es auch Leute, die Stilmittel nicht einmal erkennen, wenn sie davon gebissen werden. 😂😂

Ciao, Frank
Taina (39) meinte dazu am 15.02.23 um 22:08:
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 Graeculus meinte dazu am 15.02.23 um 22:46:
An Ralf_Renkkiing:

Danke für die detailierten Angaben zu dem, was Du an der Psychiatrie auszusetzen hast.
Das ist zwar optisch nicht so eindrücklich wie meine Erinnerungen an die abnormen Rechtsbrecher und depersonalisierten Patienten ohne irgendeine Therapie in Linz, zeigt aber stärker die systemischen Schwächen.

Zunächst hatte ich gefragt, warum Bernhard sich nicht mit einem Buch diesen Problemen zugewendet hat, aber inzwischen habe ich verstanden, daß bei ihm die stärkere Betonung auf der Beziehung zu Paul Wittgenstein und dessen Verstrickung in das System ging. Was natürlich nicht mein Hauptanliegen ist, aber nun ja, er ist frei zu schreiben über das, was er will.

 Graeculus meinte dazu am 15.02.23 um 22:47:
Eigentlich ist es nicht schlecht, wie wir hier kontrovers und intensiv über ein Buch diskutiert haben. Das sollte es auf kV häufiger geben.
Taina (39) meinte dazu am 15.02.23 um 22:57:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 15.02.23 um 22:58:
Finde ich auch. Interessant auch die Zugänge. Bauch-Hirn-Psychiatrie. Wie passend!
@Taina: In der ganzen Diskussion bist du meine "Heldin", auch, wenn dir das Buch nicht gefallen hat, so hast du es gleich gelesen, weil du neugierig wurdest. Das ist phantastisch. Los, Graec, das nächste Buch, geh auf Handke los, haha, ich glaub, da steh ich dann ganz alleine mit meinen Bauchgefühlen. 😂😂😂

Antwort geändert am 15.02.2023 um 23:04 Uhr
Taina (39) meinte dazu am 16.02.23 um 06:57:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 16.02.23 um 09:00:
Na! Der ja, Bernhard nein. Mehr Leidenschaft als beim Aufregen kann man nicht erzeugen. Es gibt aber, vielleicht auch für die Bernhardianer einen interessanten Vergleich: Jelinek und Bernhard von Bastian Reinart und Clemens Götze- Der erste Vergleich der beiden Titanen.

 Graeculus meinte dazu am 16.02.23 um 13:43:
Von Handke habe ich nie etwas gelesen. (Jetzt muß ich mich wohl in Deckung bringen?) Ich besitze auch nur "Kaspar" von ihm, ungelesen, immerhin des Themas wegen interessant. Da wird also von meiner Seite aus nichts kommen. Aber es steht Mondscheinsonate ja frei, ihn uns vorzustellen.

 Graeculus meinte dazu am 16.02.23 um 13:46:
Wolf Haas, der schreibt sehr originell und ist - wie ich auch aus einer Lesung weiß - witzig. Er macht gute Laune und regt zugleich zum Nachdenken an. Allerdings fällt mir kein spezielles Buch von ihm als Aufhänger ein.

 Graeculus meinte dazu am 16.02.23 um 14:03:
An Taina:

Woher sollte Bernhard die Krankenakte gekannt haben? Daß ich sie kennengelernt habe, war ja ein 'historischer Zufall'.

Und was die Klagebereitschaft der Wittgenstein-Familie angeht, so war die Familie psychisch dermaßen verkorkst, daß diese Möglichkeit unkalkulierbar war. Man denke an die vielen Suizidfälle in der Familie. Abgesehen von diesem Umstand - wer lebte von dieser Familie 1982/3 noch?

 Graeculus meinte dazu am 16.02.23 um 14:05:
An Mondscheinsonate:

Mit "Bernhardianer" muß man vorsichtig sein - ich habe zunächst "Bernhardiner" gelesen, und das wollen wir doch nicht, oder?
Taina (39) meinte dazu am 16.02.23 um 14:48:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 16.02.23 um 16:05:
Oder Paul hat...😂😂😂
Das wird aber jetzt ein Claudia-Dialog, den wir auch schon mit Leidenschaft führten. 
Ich mag Bernhardiner, die passen eh zu meiner Trägheit. In der Pension hol ich mir einen Berner.

 Graeculus meinte dazu am 17.02.23 um 18:32:
Was ist ein Berner?

 Mondscheinsonate meinte dazu am 17.02.23 um 18:36:
Ein Berner Sennenhund. Die sind lieb.

 Graeculus meinte dazu am 17.02.23 um 18:51:
Ach, die Hunde, die kenne ich. Ja, sind lieb. Ich dachte an eine spezielle Kaffeesorte.

 AlmaMarieSchneider (14.02.23, 01:39)
Nach 26 Jahren Lesevergnügen und Kurzgespräch mit ihm, ist er mir sehr ans Herz gewachsen. Weißt du, bei gewissen Dingen würde ich dir nie widersprechen, da du ein Meister bist, aber beim Thommy...
@Mondscheinsonate


Mit 13 Jahren ein Kurzzeitgespräch mit ihm???
Mittlerweile weiß ich nicht mehr was ich glauben soll. Aber Anspruch auf Wahrheit ist ja sowieso absurd. 

Erstaunte Grüße
Alma Marie

 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 02:41:
Mittlerweile weiß ich nicht mehr was ich glauben soll. 

Wissen und Glauben – sollte man das nicht trennen, Alma? 

Oder: ich glaube Mondscheinsonate, aber ich weiß nicht, ob es stimmt, was sie sagt. 

Wichtig ist, daß es für Mondscheinsonate wahr ist. 

Was Psychiater behaupten, spielt keine Rolle.

Für die sind wie doch alle schizophren. 

"Stimmen hören" – würde ich nicht auf meine Stimmen höre, hätte ich mich bereits zu Schrott gearbeitet.

Antwort geändert am 14.02.2023 um 03:25 Uhr

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 11:36:
Liebe Alma, ich schrieb bereits über mein Schulschwänzerlebnis im Cafe Bräunerhof. Ja, ich war fast 13 und ich schreibe in dem Text genau was geschah. Aber, wenn du meinst, du musst mir hier etwas unterstellen, dann bitte. Viel Spaß beim durchsuchen meiner Texte, lohnt sich.

Antwort geändert am 14.02.2023 um 12:06 Uhr

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 14.02.23 um 17:29:
Ich unterstelle hier nichts und habe auch nicht die Zeit in Deinen Texten zu stöbern. Sorry, welcher maßlosen Eitelkeit bin ich denn hier begegnet. Warum sollten sich denn Deine Texte für mich lohnen? 
Thomas Bernhard war für mich kein Lesevergnügen. Ich kenne nur "Holzfällen" von ihm und jeder Psychologie-Dozent kam mit der Geschichte mit dem Hammer. Sein Holzfällen folgt dieser Geschichte nur etwas ausführlicher. Einfach nur langweilig. Idee abgekupfert. Mit diesem Autor verschwende ich bestimmt keine Sekunde mehr. Wie kann man denn derartig generalisieren und in den Dreck ziehen.
Sorry, so eine Frustnudel bin ich nicht, dass ich mich hinter diesem Autor stellen muss.

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 14.02.23 um 17:40:
@Verlo

Lieber Verlo, ja, es gibt viele "Wahrheiten" auf dieser Welt. Nur mein Recht ist nicht alles zu glauben.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 17:50:
Du amüsierst mich zutiefst. Dies wirklich.

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 14.02.23 um 17:57:
Ich verbitte mir Unverschämtheiten liebe Mondscheinsonate.
Bitte auch immer etwas Anstand und Respekt wahren, darauf hat jeder Mensch ein Recht.
Das was Du hier treibst ist nicht mehr amüsant.
Man muss nicht immer die unterste Schublade aufziehen.

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:32:
Ich kann Mondscheinsonate bestätigen, daß sie diese Anekdote über die Begegnung Thomas Bernhards mit ihr als Kind im Bräunerhof geschrieben hat; das habe ich damals gelesen.
Und aus anderer Quelle weiß ich, daß der Bräunerhof tatsächlich Bernhards Lieblingslokal in Wien war - bestätigt von seinem Freund Claus Peymann.
Ich sehe keinerlei Grund bzw. Berechtigung, daran zu zweifeln.

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 14.02.23 um 22:48:
Lieber Graeculus,

dass sie das was Du bestätigst geschrieben hat nehme ich Dir ab, doch darum ging es mir gar nicht und ob es die Wahrheit ist kann ich nicht beurteilen.

Ich bin eben KEINE ÜBERZEUGTE Thomas Bernhards-Leserin
und Mondscheinsonate griff jeden an, der anderer Meinung war mit unverschämter Wortwahl, auch mich und wir Deutschen sind eh zu dumm um ihn zu verstehen. 
Mein Nichtglauben bezog sich eher auf Deinen Text zu ihrer Schwärmerei und wie kann eine 13jährige das beurteilen. Ich meinerseits sehe keinen Grund mich in solch eine unterste Schublade zu begeben und mir einen Nasenring verpassen zu lassen.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 15.02.23 um 00:01:
Eigentlich wollte ich mich zu DEINEN Unverschämtheiten nicht mehr äußern, aber du bist hier kein Opfer, alles klar. Zuerst dein Kommentar über mein Treffen mit Thomas Bernhard, dann schlug ich vor es nachzulesen, dann bist du persönlicher geworden, daraufhin meinte ich, du amüsierst mich, weil, ganz ehrlich, was soll man auf DEINE Untergriffigkeiten antworten, außer lachen? Ich habe dich kein einziges mal persönlich angegriffen, nicht einmal, hier steht alles.  Welche unverschämte Wortwahl? Wir haben diskutiert. Du brauchst nicht persönlich werden. Nicht ein konstruktives Kommentar zu Graeculus Text kam von dir. Nicht eines. Tania und ich diskutierten und ich gestand ihr meinen Respekt ein, den meinte ich ernst, denn SIE setzte sich sogleich mit dem Text auseinander. Ihre anderen Ansichten teilte ich nicht. Das war auch kein Problem.
Die Einzige, die hier jetzt, bis auf Verlo, das war sehr verletzend, mAn, die ungut wurde, bist DU, nämlich zu mir gewesen, aber ich fühle mich nicht als Opfer, keine Sorge, nur du.
Ad Deutscher...kennst du die Steinhofgründe, kennst du die Wiener Mentalität, kennst du alte Professoren, kennst du die Zustände? Nein. Das war gemeint, dass ein/e Wiener/in besser mit dem Text umgehen kann. Aber, man liest immer das heraus, was man möchte. Ich weiß.

Antwort geändert am 15.02.2023 um 00:09 Uhr

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 15.02.23 um 00:10:
Lerne erst mal Anstand bevor Du mit mir sprichst und stehle mir nicht meine Zeit.

 FrankReich (14.02.23, 09:08)
Tatsächlich verhält es sich so, dass die Seelenklempner im 20. Jahrhundert viel zu wenig Ahnung von ihrem Job hatten, als dass sie in der Lage gewesen wären, eine ausreichend fundierte Diagnose zu formulieren, was Dein Text beweist, denn laut ICD-10 ist die Schizophrenie lediglich ein Sammelbegriff für schizophrene Krankheitsbilder unterschiedlichster Art, von denen die paranoide noch die bekannteste darstellt, aber das nur am Rande, denn eines ist schon mal klar: Egal, welche Form einer Schizophrenie festgestellt wird, manische oder depressive Symptome sind immer ein Bestandteil davon. Falls also keines dieser Smptome bei obigem Patienten vorhanden waren, wobei ich nicht bestreiten will, dass er psychisch krank gewesen ist, lag zumindest keine Form der Schizophrenie vor, allerdings ist es auch heutzutage in Psychiatrien noch Gang und Gäbe, einem Patienten, dessen Krankheitsbild nicht eindeutig zuzuordnen ist, eine Krankengeschichte überzustülpen, in der konträre Verhaltensmuster unter den Teppich gekehrt werden, was allerdings auch dem Thema Wahrheit und Lüge eine überschaubare Dimension verleiht, denn Grauzonen werden dadurch allemal ausgemerzt. 😂😂

Ciao, Frank

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 11:55:
Zugegeben...Ralf (sorry)....der Paul hatte schon einen leichten Poscher. Da ist es fast schon wurscht, was als Diagnose angegeben wird.

Antwort geändert am 14.02.2023 um 11:56 Uhr

 FrankReich meinte dazu am 14.02.23 um 12:25:
Genau das ist aber das Prinzip der Psychiatrie, nämlich eine Diagnose um der Diagnose willen zu stellen, um die Zückerchen der Pharmazie an den Mann bringen zu können. Entschuldige mal, aber wer so tickt, der hat sie sowohl selbst nicht mehr alle auf dem Zaun noch ein irgendwie geartetes Verständnis von Humanität und Humor schon mal gar nicht. 🤔

Ciao, Frank

 LotharAtzert meinte dazu am 14.02.23 um 14:31:
, um die Zückerchen der Pharmazie an den Mann bringen zu können.
- das ist das Problem. Hätte man in der Psychatrie seine Ruhe, würde ich mich gern dort einweisen lassen. Wo könnte man denn besser Seinesgleichen finden und alles sagen, was einem so rausrutscht?
Da ist es fast schon wurscht, was als Diagnose angegeben wird
Eben, eben ...

 FrankReich meinte dazu am 14.02.23 um 15:54:
Fataler Irrtum, Lothar, denn Psychiatriepatienten sind fast so durchgeknallt wie die dortigen "Ärzte" und das nicht nur mit Psychopharmaka, Deine Ruhe hättest Du da auch ohne Psychiater nicht, stell es Dir wie bei Dir zu Hause vor, nur dreimal so heftig. 
😂😂

Ciao, Frank

 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 16:04:
Ralf_Renkking:

Tatsächlich verhält es sich so, dass die Seelenklempner im 20. Jahrhundert viel zu wenig Ahnung von ihrem Job hatten, als dass sie in der Lage gewesen wären, ...

DANKE!

 LotharAtzert meinte dazu am 14.02.23 um 16:37:
Ach Frank, geahn hab ich das sowieso. Also bekoche ich mich weiterhin selbst, einmmal mit Lidl, einmal, mit REWE.

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:38:
An Ralf_Renkking:

Man muß wohl die Diagnose der Schizophrenie auf den Kenntnisstand der Psychiatrie in den 60er und 70er Jahren beziehen, wenn wir über die Redlichkeit der damaligen Psychiater sprechen wollen.
Jedenfalls kann ich bestätigen, daß die Diagnose einheitlich und durchgängig war, und das scheint mir das Gegenteil von dem zu sein, was Bernhard behauptet, der ja das Wechselnde betont.

Wir waren ja wohl damals alle von dem Roman und dem Film "Einer flog über das Kuckucksnest" beeindruckt; so völlig naiv war meine Einstellung gegenüber der Psychiatrie daher nicht. Aber dieser Roman und dieser Film waren eine redliche Auseinandersetzung mit diesem Thema .. .und haben mich deshalb sehr bewegt. Es wurden nicht bestimmte Personen denunziert.

 Graeculus meinte dazu am 15.02.23 um 16:40:
Seit wann gibt es eigentlich den ICD?

 FrankReich meinte dazu am 07.03.23 um 02:15:
Sorry, ich hatte diesen Kommentarstrang eigentlich schon als erledigt betrachtet, aber nun, die erste Ausgabe des ICDiagnoseschlüssels wurde 1900 in Frankreich veröffentlicht, den DSM-Code, einen für die amerikanischen Psychiatrien entwickelten, aber dennoch halboffiziellen Schlüssel gibt es seit 1952, der ICD-11 dürfte bald herauskommen, wie es mit dem DSM-6 aussieht, weiß ich nicht, allerdings ist es noch nicht so arg lange her, dass der DSM-5 ins Deutsche übersetzt wurde.

Ciao, Frank

 Graeculus meinte dazu am 07.03.23 um 16:19:
Ja, manchmal übersieht man, daß da noch eine Antwort aussteht. Danke für die Auskunft. Die Ärzte zu Paul Wittgensteins Zeit hatten also zumindet Anhaltspunkte für eine standardisierte Diagnose.

 FrankReich meinte dazu am 07.03.23 um 18:38:
Auf jeden Fall, zur Beurteilung Wittgensteins dürfte der ICD-8 herangezogen worden sein.

 Graeculus meinte dazu am 08.03.23 um 00:03:
Dann nehmen wir das an. Leider habe ich heute keinen Zugang mehr zu der Patientenakte.

 FRP (14.02.23, 10:02)
Ach Graeculus, nun bin ich aber von Dir enttäuscht. "Alles ist nur ein Spaß gewesen", im Juweliergeschäft. Auch wenn es der Inhaber anders sah: Wittgensteins Neffe verlangte die Perle, soweit richtig. Welche eigentlich? "Die aus deiner Krone" - sagte er zum Inhaber. Und lachte und brach die Aktion ab. Warum unterschlägst du das? Willst Du ernsthaft Bernhard, der die braune Versumpfung der Österreicher, die ihre Beteiligung am Nazi-Regime niemals aufgearneitet haben, die sich, - als Land, - von Tätern zu Opfern stilisiert haben, so genial aufgezeigt hat, auf diese eine Sache reduzieren? Halt, du fandest noch etwas, was war es gleich noch? Er hat den Friedhof nie besucht. Na und? John Lennon war auch nie am Grab von Stuart Sutcliffe in Huyton (ich schon), und hat ihn doch zweifelsfrei (als Freund) abgöttisch geliebt. Manchmal hält man eben den Friedhof nicht aus, Punkt. Ich weiß etwas, sagte Bernhard, und verarbeitete seine Freundschaft mit Paul Wittgenstein literarisch. Ich weiß etwas, sagte Dr. Weimer, und offenbarte sein indiskrete Einsicht in eine fremde Krankenakte. Hätte literarisch interessant werden können, aber so nicht. Man muss Bernhard nicht mögen. Er übertrieb maßlos, schlug wild drauflos. Aber ihn auf einen Aspekt zu reduzieren ist einfach, verzeih: albern. Grotesk, Grotesk!

P.S.: Ich weiß auch etwas: Ich hatte auch ein Kurzgespräch mit ihm, als er Mitte der 80er in unser Antiquariat in Leipzig, Grimmaische Straße, spazierte, im polnisch-ukrainischen Lammfell-Wildledermantel.

Kommentar geändert am 14.02.2023 um 10:09 Uhr

Kommentar geändert am 14.02.2023 um 10:27 Uhr

Kommentar geändert am 14.02.2023 um 10:27 Uhr

Kommentar geändert am 14.02.2023 um 10:30 Uhr

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 11:40:
Hattest du?! Schööön!!! Meines reduzierte sich auf seine Verarschung, aber was sollte man mit einem Kind schon mehr reden. Dieser Mann hatte Charisma, nicht wahr? ❤- Das Herz für deine glühenden Zeilen.

 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 16:06:
Lothar:

Hätte man in der Psychiatrie seine Ruhe, würde ich mich gern dort einweisen lassen. 

Lothar, hast du doch die meisten Zeit.

Probier es mal aus: man kann sich auch selbst einweisen.

Ich kenne einige, das hin und wieder tun und ganz bewußt einen Auszeit vom Hier und Jetzt nehmen.

 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 16:08:
FRP:

Graeculus ... Warum unterschlägst du das?

DANKE!

 LotharAtzert meinte dazu am 14.02.23 um 16:16:
Lothar, hast du doch die meisten Zeit.
Meine Befürchtung wäre, daß die kontrollieren, ob man die Tabletten schluckt - und dazu wäre ich nicht bereit - würde meinerseits allerdings alternativ gern zur THC-Verkostung einladen, höhöhö.

Antwort geändert am 14.02.2023 um 16:17 Uhr

 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 16:36:
Lothar, kommt drauf an, weswegen du dich einliefern läßt.

zB: du möchtest dich selbst töten, weil du deine Wiedergeburt nicht erwarten kannst. –> Da gibts vielleicht nur Betablocker, die man gegen einen Bonus bestimmt auch in THC umwandeln kann.

Vermutlich wirst du dich aber schnell langweilen: die meisten haben nicht viel zu erzählen, kommen einfach nur nicht mit dem Streß draußen klar. 

Oder verkraften auch zwanzig Jahre danach die Trennung von der Ex nicht, der einzigen großen wahren Liebe.

Oder können ihr Gesicht nicht im Spiegel sehen.

Persönlichkeiten wie Herr Wittgenstein sind die Ausnahme.

 LotharAtzert meinte dazu am 14.02.23 um 16:43:
Ich finde Ausnahmen!
Einlieferung wegen Lieferkettenbruch - Verlo, hätte das eine Chance auf Anerkennung?

 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 16:52:
Lothar, es muß Gefahr für dich von dir ausgehen, sonst gehst du freiwillig rein, kommst aber nicht mehr raus.

Sicherlich findest du Ausnahmen, aber gibt es in KeinVerlag nicht genug "Verrückte"? Vielleicht deine Streits beilegen und dich sanft einschleichen in die heimlichen Gedanken und Wünsche?

 LotharAtzert meinte dazu am 14.02.23 um 17:57:
Vielleicht deine Streits beilegen und dich sanft einschleichen in die heimlichen Gedanken und Wünsche?
Sehe ich vielleicht aus, wie eine Drag-Queen?

 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 19:30:
Lothar, vielleicht, wenn du am Samstagabend ausgehst?

Aber ich glaube, deine Beine wären mir zu dünn.

Antwort geändert am 14.02.2023 um 22:15 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:47:
An FRP:


Er übertrieb maßlos, schlug wild drauflos.

Na, das ist doch schon, wie man so sagt, "die halbe Miete". Das kann man dann mögen oder auch nicht - ich jedenfalls werde dann mißtrauisch. Keine Ahnung, war er nicht einmal weiß, wo sein "Freund Paul" beerdigt ist; Mondscheinsonate hat einen möglichen Grund genannt. Aber mir fällt das dann erstmal auf.

Die ganze Szene in dem Juwelierladen kennen wir nur aus der Schilderung von Bernhard. Ich habe versucht, sie einmal mit den Augen des Juweliers zu sehen. Und da dürfen wir, so meine ich, weder die berufsbedingte Gefährdung von Juwelieren noch den Einsatz einer Pistole übersehen. Ich kann mir gut vorstellen, daß unter diesen Umständen ein Mensch - zumal mit einer psychiatrischen Geschichte - auch heute noch in eine Klinik eingewiesen würde. Selbstgefährdung und Gefährdung anderer sind ja weiterhin die Gründe dafür.

Einen Beleg für die von Bernhard behauptete Inkompetenz von Psychiatern sehe ich darin nicht.

Schwächen in meinem Text zu sehen, ist Dein gutes Recht.
So wie es mein Recht ist, in der von Dir beschriebenen Szene in der Leipziger Buchhandlung einen Hauch von Heiligenverehrung zu sehen, die mir fremd ist. Dabei hat Bernhard da anscheinend gar nichts Bedeutendes gemacht oder gesagt.

 Verlo meinte dazu am 14.02.23 um 22:14:
Graeculus an FRP:


So wie es mein Recht ist, in der von Dir beschriebenen Szene in der Leipziger Buchhandlung einen Hauch von Heiligenverehrung zu sehen, die mir fremd ist. Dabei hat Bernhard da anscheinend gar nichts Bedeutendes gemacht oder gesagt.

Graeculus, erkennst du nicht mehr, daß du dich verrannt hast, wie letztens, als du einen Nachbarn kritisiert hast, weil er dein Jammern nicht mehr hören möchte, oder bist du nur stur?

Auf jeden Fall bestimmst du dich hier gegenüber FRP wie ein neidischer Nichtsnutz, der nicht erlebt hat in seinem ganzen langen Leben als in seiner staubigen Kammer zu träumen.

Selten habe ich so etwas Dummes gelesen:



Dabei hat Bernhard da anscheinend gar nichts Bedeutendes gemacht oder gesagt.

Hast du zu wenig Brust bekommen als Baby? Mußt du deshalb jeden Tag eine Flasche Wein trinken? Falls du die noch schaffst ...

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 22:31:
Hola, jetzt bleiben wir bitte wieder alle beim Text, das ist ungut. Beide, auch du Graec, der Vorredner schrieb nichts von einer Heiligenverehrung und Verlo, das ist gemein. 
Der Text ist, Graec, mit Verlaub, nicht dein bestes Werk, weil er von einem Sachverhalt ausgeht, den wir nicht beurteilen können und du nicht beurteilen dürftest. Wir können daher nur das Werk als ein literarisches ansehen und ehrlich, es spielen reale Personen darin, jedoch baden in maßloser Übertreibung, vielleicht Lüge und eigener Wahrnehmung, die subjektiv ist. Deine Conclusio wird als eine reine Pauschalierung formuliert, was einfach unter der Gürtellinie war. Nochmals, wir kennen diese Akte nicht und du darfst sie nicht kennen. Auch nimmst du uns die Verteidigung, dir 100 mal zu sagen:"Verdammt, die Rahmenhandlung ist fiktiv, die Freundschaft vermutlich echt und die Ärzte waren unerträglich damals!" Das ist nicht in Ordnung. Wir können dieses Werk nur als Erzählung lesen, müssen davon ausgehen und die einen finden es grandios, die anderen furchtbar, so funktioniert das Lesen. Was dahinter steckt ist egal.

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 22:47:
Ich fand (und habe auch geschrieben), daß die Zustände in dieser Klinik menschenunwürdig waren. Mit sowas befaßt sich dann aber wohl eher der Film "Einer flog über das Kuckucksnest".

Habe ich meine Kritik pauschalisiert. Ja, wohl ja. Pauschalisiert Bernhard?

Ha, da hätte ich erleben mögen, daß Du die Möglichkeit, Einblick in Paul Wittgensteins Krankenakte zu nehmen, ausgeschlagen hättest! So gesetzestreu bin ich nicht (abgesehen davon, daß Die Ärztin, Gott schütze sie!, diesen Fehler begangen hat. Ist aber verjährt! Ich nehme an, auch nach österreichischem Gesetz.)

Und siehe da, wir einigen uns allmählich: Es handelt sich um einen fiktiven Text, der aus einer realen Person und ihrem Schicksal heraus entwickelt worden ist. Mich hat damals und bis gestern gestört, daß er nicht so rüberkam; doch diese Erregung läßt nun nach.

 Dieter_Rotmund (14.02.23, 15:35)
"Wittgensteins Neffe" ist ein Roman, also Fiktion. Um die "Wahrheit" geht es dort nicht. Darüber hinaus setzt du Autor mit Erzähler gleich, was nicht statthaft ist. Schon gar nicht bei Bernhard, der in dem einem Buch herrlich über die Landbevölkerung herzieht und dann in einem anderen die Stadtbevölkerung niedermacht.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 16:44:
❤❤❤
Taina (39) meinte dazu am 14.02.23 um 16:58:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 14.02.23 um 17:14:
Drehen wir uns jetzt im Kreis, bis die Rechthaber (wir), den Rechthabern (die Anderen) Recht geben? Das Spiel können wir gerne spielen. :) Es ist nicht die feine Englische, aber auch überhaupt nicht unser Kaffee. Mich amüsiert die Übertreibung, weil ich diese Götter kannte und kenne. Mein Opa war auch so einer. :)

Antwort geändert am 14.02.2023 um 17:16 Uhr

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 14.02.23 um 17:35:
Ja, und von "einer realen Person was andichten" kann keine Rede sein. 
Bernhard, ein Übertreibungskünstler und großer Meister lange Sätze.

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:53:
Das, teurer Dieter, ist jetzt aber unter Deinem Niveau! Wie kommst Du darauf, das Buch sei ein Roman? Und selbst wenn es einer wäre, so kennst Du die Spielregeln in Romanen und Filmen, wenn es um real existierende Personen und Institutionen geht. Entsprechende Bemerkungen im Vorwort oder Nachspann können dir doch nicht entgangen sein. Wenn es nicht um reale Personen bzw. Ereignisse geht, dann distanziert man sich von dieser Annahme.

Als Journalist müßtest Du meinen Drang, in der Akte der realen Person zu recherchieren, eigentlich zu würdigen wissen.

Bernhard war nun gewiß kein Autor, den man als zimperlich im Umgang mit der Wahrheit bezeichnen könnte. Er hat - siehe Zitat FRP - drauflosgeschlagen.

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:56:
Das, teurer Dieter, ist jetzt aber unter Deinem Niveau! Wie kommst Du darauf, das Buch sei ein Roman? Und selbst wenn es einer wäre, so kennst Du die Spielregeln in Romanen und Filmen, wenn es um real existierende Personen und Institutionen geht. Entsprechende Bemerkungen im Vorwort oder Nachspann können dir doch nicht entgangen sein. Wenn es nicht um reale Personen bzw. Ereignisse geht, dann distanziert man sich von dieser Annahme.


Als Journalist müßtest Du meinen Drang, in der Akte der realen Person zu recherchieren, eigentlich zu würdigen wissen.


Bernhard war nun gewiß kein Autor, den man als zimperlich im Umgang mit der Wahrheit bezeichnen könnte. Er hat - siehe Zitat FRP - drauflosgeschlagen.
Taina (39) meinte dazu am 15.02.23 um 07:44:
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Taina (39) meinte dazu am 15.02.23 um 09:16:
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 Graeculus meinte dazu am 15.02.23 um 16:43:
An Taina:

"Halbfiktion" ist gut. Und der Vergleich zu Paul Auster ist es ebenfalls. Das ist ein anderer Umgang mit der eigenen Vita und auch ein anderer Stil. Überhaupt gibt es viele autobiographische Texte und damit viele mögliche Vergleiche.
Ein interessantes Thema, zu dem es vermutlich sogar schon die eine oder andere Dissertation gibt.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 15.02.23 um 16:51:
Ich oute mich jetzt als riesengroßer Auster-Fan und Parallelen könnte ich da jetzt überhaupt nicht ziehen. Ich glaube, ernsthaft, in dem Buch ist nichts wahr, bis auf die Personen, aber wie heißt der schöne Satz, Graeculus weiß sicher, von wem er ist:"Ist es nicht wahr, so ist es doch vorzüglich erfunden."

 Graeculus meinte dazu am 15.02.23 um 16:57:
in dem Buch ist nichts wahr, bis auf die Personen

Gut. "Se non è vero, è molto ben trovato." (Giordano Bruno)

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 15.02.23 um 17:11:
Hier wird so ein wenig an dem Narrativ gestrickt, Bernhard sei ein verachtenswerter "Persönlichkeitsbenutzer", der reale Personen für seine Erzählungen "ausbeutet". 
Das ist mir zu woke, auf so eine moralinsaure Diskussion habe ich keine Lust.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 15.02.23 um 17:20:
Danke, Graec. Stimmt, ich erinnere mich.
Also, nochmals, ich glaube, 1. Alles rundherum ist frei erfunden, 2. Bis auf die Personen, 3. Es ist ein "sich von einer Schuld freischreiben", denn 4. Glaube ich, die Freundschaft war echt.

 Graeculus meinte dazu am 15.02.23 um 22:39:
Wenn man einen Menschen (Freund) liebt, aber nicht richtig mit ihm umgehen kann (was bei Paul sicherlich nicht ganz einfach war), das ist schlimm, das ist traurig. Es ist also ein in einer anderen Richtung, als ich dachte, emotionales Buch. Es scheint nicht einfach zu sein, bei Bernhard hinter seine Emotionen zu kommen.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 15.02.23 um 22:49:
Ich spüre es so.

 Graeculus meinte dazu am 16.02.23 um 13:56:
An Dieter_Rotmund:

Akzeptierst Du eigentlich den Anspruch, daß es für einen Autor überhaupt moralische Normen gibt, die in seine Beurteilung eingehen?
Ich meine: Aufrichtigkeit, Redlichkeit. Ein verlogener Autor ist ein schlechter Autor.
Das meine ich jetzt unabhängig davon, ob es auf Bernhard zutrifft.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 16.02.23 um 16:56:
Ich trete für die völlige Trennung von Werk und Autor ein. 
So gesehen bejahe ich deine Frage - aber sein Werk muss man getrennt davon betrachten.

 Graeculus meinte dazu am 17.02.23 um 18:37:
Gut, gehen wir von der (manchmal schwierigen) Trennung zwischen Werk und Autor aus. Betrachten wir nur ein Werk. Redlichkeit und Aufrichtigkeit bedeuten dann, daß nicht in polemisch-agitatorischer Absicht lauter geldgierige Juden oder Migranten ausschließlich als Vergewaltiger vorkommen ... oder eben die Psychiatrie in Bausch und Bogen verurteilt wird. Diese mangelnde Differenzierung, diese bewußte Einseitigkeit halte ich für eine Schwäche des Werkes, und insofern es der Autor natürlich besser weiß, für eine Unaufrichtigkeit.
Verstehst Du, was ich meine?

Antwort geändert am 17.02.2023 um 18:56 Uhr

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 18.02.23 um 09:40:
Ja, ich verstehe. Dem gegenüber steht - als letztes Bollwerk sozusagen - der mündige Bürger bzw. Leser, der zwar solch ein unaufrichtiges Werk lesen kann, es bzw. dessen "Botschaft" aber dennoch nicht gut finden muss. Manchmal findet man auch am Lesen von unaufrichtigen Werken eine gewisse Freude, solange man eine Distanz dazu halten. Ich las z.B. mit Anfang 20 gerne die Tagebücher von Joseph Goebbels, bin aber dennoch kein  Nationalsozialist geworden.

 Graeculus meinte dazu am 18.02.23 um 17:26:
Natürlich, darauf kann man sich im Falle Bernhards und Dr. Goebbels' (o diese Zusammenstellung!) verlassen. Bei manchen Autoren, die sehr suggestiv schreiben, bin ich mir da nicht so sicher. Ein Beispiel dafür ist Jean Raspail: Das Heerlager der Heiligen (1973). Ein Roman an sich, der aber von Rechtsextremen sehr gerne als Beleg für ihre Befürchtungen von einer Migrantenwelle zitiert wird. (Er hat ein Kapitel in meinem Buch "33 anstößige Bücher, die das Lesen lohnen" bekommen.)

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 19.02.23 um 09:50:
Interessant, ist das ein seriöses Buchprojekt oder wird das BoD?

 Graeculus meinte dazu am 19.02.23 um 13:22:
Das ist ein Mißverständnis. Das Buch ist bereits 2019 im Garamond-Verlag (Gera) erschienen. Kannst Du nachschauen auf meiner Profilseite, rechts unten unter "Gedrucktes".
Der Untertitel lautet: "Skandale um Bücher in 3500 Jahren".

 AngelWings (14.02.23, 16:36)
Kopf schütteln:  Quelle

 Graeculus meinte dazu am 14.02.23 um 21:56:
Ich öffne keine mir unbekannten Links.

 Verlo meinte dazu am 15.02.23 um 10:42:
Dann werde ich es für dich, Graeculus, tun:


Wittgensteins Neffe
Erzählung von Thomas Bernhard


Wittgensteins Neffe. Eine Freundschaft ist eine Erzählung von  Thomas Bernhard aus dem Jahr 1982.
Thema ist Bernhards Freundschaft mit  Paul Wittgenstein, Cousin [1] von  Ludwig Wittgenstein und Mitglied der reichen Wiener Industriellenfamilie  Wittgenstein. Paul leidet an einer nicht näher spezifizierten Krankheit, die wiederholt Aufenthalte in der  Psychiatrie zur Folge hat, während Bernhard selbst mit einem chronischen Lungenleiden kämpft.
Der Titel ist angelehnt an  Diderots Werk  Rameaus Neffe, dessen Protagonist ebenso wie Paul Wittgenstein im übermächtigen Schatten eines berühmten Verwandten steht.

Laut Verlagsinformation von  Suhrkamp führt Bernhard seine Autobiographie in fünf Bänden in der Darstellung seiner Freundschaft zu Paul Wittgenstein weiter, bezogen auf die Jahre 1967 bis 1979. Bernhard legt mit dem Untertitel den Schwerpunkt auf die Geschichte seiner Freundschaft mit  Paul Wittgenstein.
Bernhard beginnt und verortet die Geschichte 1967 in seinem Aufenthalt im  pulmologischen Krankenhaus auf der  Baumgartner Höhe im Pavillon Hermann. Im gleichen  Otto-Wagner-Spital in der  psychiatrischen Klinik Am Steinhof siedelt er seinen Freund Paul Wittgenstein an, einen Neffen des bekannten Philosophen  Ludwig Wittgenstein, unzufällig frei benannt im Pavillon Ludwig. Die Freundschaft bestand tatsächlich.
Zwölf Jahre hat Bernhard die Verarmung und Vereinsamung und das Sterben seines Freundes „beobachtet“, und seine Erzählung ist quasi das  Requiem für diesen geworden.
„Humoreske oder doch ein Gleichnis? Die Kraft der Besessenheit zweier Künstler, völlig besessen von einer bestimmten Idee – die scheitert. Der doppelte Boden ist, dass zwei Menschen ein Ziel haben und alles andere diesem Ziel unterordnen, das ist doch das Wesen des Künstlers“, meint  Marcel Reich-Ranicki. Das Ziel, der Artikel aus der  Neuen Zürcher Zeitung, ist hier als Metapher zu sehen.

 AngelWings meinte dazu am 15.02.23 um 13:28:
Muss lachen, warum soll ich links schicken um dir zu Schaden ich habe keine Grund.

 Verlo (15.02.23, 10:28)
Thomas Bernhard "Wittgensteins Neffe":

Der Unterschied zwischen dem Paul und mir ist ja nur der, daß der Paul sich von seiner Verrücktheit hat vollkommen beherrschen lassen, während ich mich von meiner ebenso großen Verrücktheit niemals habe vollkommen beherrschen lassen, er ist sozusagen in seiner Verrücktheit aufgegangen; während ich meine Verrücktheit zeitlebens ausgenützt habe, beherrscht habe, während der Paul seine Verrücktheit niemals beherrscht hat, habe ich die meinige immer beherrscht und vielleicht ist aus diesem Grund meine eigene Verrücktheit sogar die viel verrücktere Verrücktheit gewesen als die des Paul.
Ich frage mich, ist Graeculus mehr Thomas oder Paul.

 Graeculus meinte dazu am 15.02.23 um 16:45:
Deine Fragen sind dir unbenommen, solange du keine Antworten von mir erwartest.

 Verlo meinte dazu am 15.02.23 um 23:03:
Nein, Graeculus, erwarte ich nicht. (In unserem Alter läßt man sich nicht mehr treiben.)

Da es das Buch als eBook gibt, habe ich eins gekauft, nachdem mir die Leseprobe zugesagt hat.

Bernhard legt gleich richtig los, zwingt den Leser zur Konzentration. Ich mag das. 

Viele Leser mögen das nicht, wollen lieber "beschnarcht" werden. 

Ist übrigens mein erster Text von Bernhard. 

Das ist (auch) Verdienst deines Textes.

 Dieter Wal meinte dazu am 15.02.23 um 23:26:
Ist übrigens mein erster Text von Bernhard.
Empfehle  "In hora mortis."

 Mondscheinsonate meinte dazu am 15.02.23 um 23:33:
In hora mortis? Gedichte und Bernhard, das war ein zum Scheitern verurteilter Versuch. Mehr nicht.

 Dieter Wal meinte dazu am 15.02.23 um 23:47:
Wie Shakespears Hamlet und Dürrenmatts Die Physiker. :P

 Mondscheinsonate meinte dazu am 15.02.23 um 23:53:
Findest du, dass Hamlet schwach ist oder ist das jetzt ein "auf die Schaufel nehmen"?
Bei Dürrenmatt unterschreibe ich sofort, genauso Frischs Homo Faber.

 Dieter Wal meinte dazu am 16.02.23 um 00:05:
ist das jetzt ein "auf die Schaufel nehmen"?
Auf die Schippe genommen.


Bernhard ist in meinen Augen seit Trakl in Österreich die größte lyrische Begabung neben Bachmann.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 16.02.23 um 00:12:
Jetzt bin ich sprachlos.

 Graeculus meinte dazu am 16.02.23 um 13:52:
"In hora mortis" erscheint mir gar nicht so schlecht, also nicht - wie Mondscheinsonate meint - als ein zum Scheitern verurteilter Versuch. Das ständige "o Herr" geht mir freilich auf die Nerven, d.h. ich sehe keinen Grund, Sterben und Tod mit Gott in Verbindung zu bringen.
Da stehe ich etwa in der Mitte zwischen Mondscheinsonate und DieterWal.

 Graeculus meinte dazu am 16.02.23 um 13:58:
An Verlo:

Daß du dir das Buch besorgt und gelesen hast (und ebenso Taina) - kann es einen schöneren Erfolg für diesen Thread geben?

 Verlo meinte dazu am 16.02.23 um 14:10:
So sehe ich es auch, Graeculus!

 Dieter Wal meinte dazu am 16.02.23 um 14:45:
Das ständige "o Herr" geht mir freilich auf die Nerven,
Empfinde ich ähnlich. Das lyrI scheint sich tief in einer wie auch immer gearteteten Form von Katholizismus zu befinden. Bereits der Titel spielt auf das latein. Ave Maria an. Mir kam es so vor, als wäre das übertrieben verwendete "Herr" im Text ein Stilmittel, um damit u. A. eine statische Frömmigkeit darzustellen, über die Bernhard  nicht verfügte. Fast parodistisch. Dabei ist die Tonart durchgehend todernst. Mich beeindruckt der Schluss des Gedichtes am meisten, in dem ich eine Anspielung auf Walther von der Vogelweide entdeckt zu haben meine.

 Graeculus meinte dazu am 17.02.23 um 18:41:
Seltsam, ja, durchgehend todernst. Und dann auf eine Gläubigkeit anspielend, die er gar nicht hatte. Eine Herausforderung für Interpreten. Vielleicht schreibt uns Mondscheinsonate etwas dazu, obgleich die Gedichte ja nicht ihr Kernanliegen sind.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 17.02.23 um 18:47:
Nein, da kann ich nicht mitreden, das wäre ein inkompetentes Gestammel. Ich versteh das auch nicht, zumal Bernhard in der Zeit Gerichtsschreiber war, sofern ich mich jetzt nicht in der Zeit irre. Mir geben die Gedichte auch nichts, aber zur Beurteilung braucht es einen Liebhaber oder Fachmann.

 Dieter Wal meinte dazu am 18.02.23 um 00:25:
Seltsam, ja, durchgehend todernst. Und dann auf eine Gläubigkeit anspielend, die er gar nicht hatte.
Mich stößt In hora mortis so sehr ab und befremdet, wie mich das Gedicht nachhaltig fasziniert. Ich bewundere manche Metapher darin grenzenlos. Der morbide Frömmler des lyrischen Ichs ist völlig unerlöst, er begehrt und beschwört den Tod. Dabei wird ein abgestorbener Pseudokatholizismus evoziert, dass es in seiner Sprachgewalt zumindest für mich eine Freude ist.

 Graeculus meinte dazu am 18.02.23 um 17:21:
Bernhard löst anscheinend des öfteren ambivalente Reaktionen aus. Ich kann nachvollziehen, was Du schreibst, und der "abgestorbene Pseudokatholizismus" gefällt mir zudem als Formulierung.

 Verlo (15.02.23, 10:37)
Graeculus:

Anmerkung von Graeculus:
Für E., mit Dank.
So hoffen ich, daß Graeculus' verwirrender Text auch als Dank ankommt.

 Verlo meinte dazu am 15.02.23 um 22:55:
Inzwischen wurden Verwirrungen entwirrt.

 Graeculus meinte dazu am 16.02.23 um 13:56:
Ja, und das ist gut.
Schimmel (60)
(16.02.23, 15:18)
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Schimmel (60) meinte dazu am 16.02.23 um 15:51:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 16.02.23 um 16:18:
Wenn Herr Biller in 50 Sprachen übersetzt wird, zolle ich auch ihm meinen Respekt.
Das werden wir, denke ich, nicht mehr erleben.
Niclaas war ein Meister alias Thomas Bernhard. Komisch, wir haben alle, mögen oder nicht mögen, den Inhalt verstanden, nicht vergessen und sind dabei nicht verblödet. Ich denke, Ferris macht heute blau und liest wieder mal Thomas Bernhards Korrekturen. Übrigens, als Hörbuch ist "Alte Meister" sehr angenehm (Audible).
Taina (39) meinte dazu am 16.02.23 um 16:29:
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Schimmel (60) meinte dazu am 16.02.23 um 16:31:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 16.02.23 um 16:36:
*gähn*
Taina (39) meinte dazu am 16.02.23 um 16:45:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 16.02.23 um 16:52:
Surprise, ich mag ihn auch. Nur das empfand ich sehr grenzwertig.
Schimmel (60) meinte dazu am 16.02.23 um 18:20:
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 Quoth meinte dazu am 17.02.23 um 10:19:
allesverdunkelnden, redundanten Schleifenstil, der den Leser so lange einlullt und hypnotisiert
Biller scheint die Minimalmusik von Reich und Glass zu beschreiben. Hat sie noch Einfluss auf Bernhard genommen? Ich vermute eher unzufällige Gleichzeitigkeit.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 17.02.23 um 10:34:
Ich habe darüber nachgedacht, dann die "Korrekturen" hergenommen. Jeder liest anders, aber zwischen der Wiederholung der Wiederholung läuft eine Erzählung, der erste Punkt auf Seite 10. Das braucht eine enorme Konzentration des Lesers, der zu folgen, so fern man sich die Mühe machen möchte, dies vorausgesetzt. Und irgendwann verschwinden geistig die Beistriche und man liest die Geschichte heraus. 
Grundsätzlich finde ich es immer grenzwertig, wenn Schriftsteller sich gegenseitig anpatzen, das haben sie gar nicht notwendig. Kritik ist wichtig, kommt immer darauf an wie sie formuliert wird. Eine Auseinandersetzung mit dem Werk nötig, sonst wäre es belanglos. Man kann dem Bernhard viel vorwerfen, aber nicht, dass es anödet, denn selbst die Ablehner sind nach der Lektüre sichtlich erregt. Gut so.
Schimmel (60) meinte dazu am 17.02.23 um 11:19:
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Taina (39) meinte dazu am 17.02.23 um 11:40:
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Schimmel (60) meinte dazu am 17.02.23 um 11:53:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 17.02.23 um 12:01:
Nein, so war es nicht gedacht, wen es nicht interessiert, denn so interessant ist es tatsächlich nicht immer, der legt es weg, es gibt ja eine begrenzte Lebenszeit.
Ich denke, mir gefiel die Kritik nicht, Bernhard hätte sie sicher gefallen, er sagte in einem Interview, dass ihn die Gegner mehr reizen, sinngemäß.

@Taina: Aber, lebhafte Diskussion kam auch von dir. Das war schön. Wie oben an Schimmel...begrenzte Lebenszeit. Ist gut, ich lese auch nichts mehr, das mich anödet.
Taina (39) meinte dazu am 17.02.23 um 12:07:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 17.02.23 um 12:11:
Den mag ich auch. Zuviel Konsens😂😂😂

 Graeculus meinte dazu am 17.02.23 um 12:24:
Ich hoffe, daß ich im Laufe des Tages noch dazu komme, mich wieder an dieser Diskussion zu beteiligen (die ich in diesem Umfang nicht erahnt hatte). Bis dahin ein Gedicht Thomas Bernhards, mit dem ich nicht auf Kriegsfuß stehe, das mir vielmehr gefällt, auch vom Stil her.

DIE HÄFTLINGE


Das Gehirn ist so unfrei und das System, in das mein Gehirn hineingeboren ist, so frei, das System so frei und mein Gehirn so unfrei, daß System und Gehirn untergehen.


In Lumpen geht der Mensch, in faulen Fetzen.
Da sagt der Schinderwind: ich bin nicht dumm!
Die Hosenröhren und den Hund zu hetzen,
kommt der in meinen Kopf und haut mich um.

Den Hurenzwickel hab ich am Gewissen,
auf meinen Buckel beißt der mich, der Pack.
Die Schuh sind mir vergraust, der Jackenrand zerschlissen.
Der Suppenlöffel steckt im Hosensack.

Da auf dem Hof, da stehn die Pharisäer,
vom Koppel bis hinunter Kreatur!
Die Knüppelschlager, Schreier, Schießer, Späher
im fetten Stiefelschwarz der Präfektur.



Der Staat ist mächtig, du bist stur und schwach.
Die Uniform ist mit dem Recht verschwägert.
Du haltst das Maul, haltst deinen Kopf in Schach,
gehst durch den Wald, den keiner für uns schlägert.

Was so ein Knüppel auf dem Kopf ruiniert,
das weiß ich schon, der bellt mir in die Ohren.
Vom Unterschwachsinn bin ich ausstaffiert,
verrückt vom Schweiß, zerfleddert und geschoren.

Die Hosen knirschen und die Hintern malen
Die Elendsköpfe an die dicke Wand.
Die Einen saufen und die Andern zahlen.
Das, was du bist, das rinnt dir durch die Hand.



Von den Wirkungen auf die Unselbständigkeit des Denkens ausgehend, kommen wir auf die Frage nach dem Sinn, der sich zurückentwickelt, ohne uns zu hinterlassen.


Ich halt mich nicht an mich, nur an die Planken.
Durchbohrt von ihrem Blick, geh ich hinein
in meine Finsternis, in die Gedanken,
wo nichts mehr übrig ist als Stunk und Stein.

Was ist der Schwanz? Was ist sein gutes Recht?
Was hat er denn um drei Uhr früh verbrochen?
Mir ist der Kehlkopf stumpf, mir ist im Magen schlecht.
Mein Hirn hat sich ins Hinterhirn verkrochen.

Das ist die Pest! Das ist die Ironie!
Und du, mein Mond, mein gelber Herr Minister,
pfeifst auf die Welt, auf die Philosophie.
Mein letzter, großer, heiliger Magister!



Mein Zahltag ist verpfuscht, so wie mein ganzes Leben.
Du bist erledigt! Du bist längst vorbei!
Auf das, was du parlierst, brauch ich jetzt nichts mehr ge-ben.
Mein rotes Hirn ist nurmehr noch ein Brei.

„... ist einer weniger, sind nurmehr acht“,
das sagt das Hirn, das kracht mir in den Knöcheln,
„den von der Dachpartie, dens auf die Nacht
zerschmettert hat“, den hörst du jetzt noch röcheln.

Verschränkter Kopf, verrückte Milch der Zitzen!
Ich bin ein Talentierter, Offizier!
In meinem Arsch, da hat die Welt noch Hitzen,
wenn ich mir Schnaps und Speckbrot apportier!

[Thomas Bernhard: Gesammelte Gedichte. Frankfurt/Main 1993, S. 213-219]

 Mondscheinsonate meinte dazu am 17.02.23 um 12:45:
Tja, seine Gedichte mag ich wieder überhaupt nicht, was nicht bedeutet, dass sie nicht stark wären. Gebe aber gerne zu, dass ich bei Lyrik überhaupt nicht mitreden darf, weil ich mich zu wenig damit auseinandersetze.

 Graeculus meinte dazu am 17.02.23 um 12:52:
Das ist ein Mangel ... oder ich empfinde es jedenfalls so. Lyrik bedeutet mir viel. Vielleicht ist Dir sogar die ganze Literatur in Versen (Epen, Dramen) fremd?

 Mondscheinsonate meinte dazu am 17.02.23 um 12:56:
Fremd im Sinne von Geh weg damit, ja. Daran sind Lehrer (die ich normalerweise verteidige) Schuld, die zum Auswendiglernen zwangen, sich aber nicht die Mühe machten, sich mit Inhalten und Gedanken der SchülerInnen darüber, auseinanderzusetzen. Selbst in Latein musste ich Vergil stur auswendiglernen.
Thomas Bernhards Lyrik hat aber in der Sekundärliteratur eine Nebenrolle bekommen. Hier bei mir steht ein ganzes Regal davon, die Schreiberlinge befassen sich hauptsächlich mit der Prosa.

Antwort geändert am 17.02.2023 um 12:59 Uhr
Schimmel (60) meinte dazu am 17.02.23 um 13:11:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Graeculus meinte dazu am 17.02.23 um 13:20:
Bevor ich mich nun endgültig an die Arbeit mache, möchte ich dem widersprechen, und zwar lebhaft. Lehrer sind verantwortlich für den schlechten Unterricht, den sie geben, wenn sie einen solchen geben; aber sie sind nicht verantwortlich für das, was die Schüler dann daraus machen. Da möchte ich mich selber als ein zwar nicht leuchtendes, aber doch mir naheliegendes Beispiel erwähnen. Meinst Du, ich hätte bessere Lehrer gehabt? Oder das Schreiben, soweit ich es beherrsche, im Deutschunterricht gelernt?
Nach dem Abitur ist der Ehrgeiz (oder wie man das nennen soll) erwacht. Da wollte ich das, was man mir eingetrichtert hatte, auch verstehen!

Vergil ist insofern ein ungünstiges Beispiel, als es sich bei seiner "Aeneis" um römische Nationalliteratur handelt. "Ilias" und "Odyssee" hingegen sind - aus gutem Grund - Weltliteratur, für jeden Menschen geschrieben, der die 1400 Gramm Gehirn, die ihm die Natur verliehen hat, voll ausschöpfen will, statt sie an die "Kronen-Zeitung" zu verschwenden und den Rest in Alkohol zu ertränken.
Zwischen all den Schlachtszenen der "Ilias" liegt dort die Begründung der abendländischen Humanität.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 17.02.23 um 13:23:
Bin ich froh, dass ich nicht saufe und die Kronen Zeitung lese, sa besteht ja noch Hoffnung. :D

 Graeculus meinte dazu am 17.02.23 um 13:32:
Sähe ich da keine Hoffnung - und mehr als das! -, hätte ich es nicht geschrieben.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 17.02.23 um 13:34:
Ja....! Ich geb mich eh geschlagen! :D So wie ich glühend Bernhard verteidige, war deine Liebeserklärung auch nicht von schlechten Eltern, die mich überzeugte. Zumindest einmal für den Anfang.

 Graeculus meinte dazu am 17.02.23 um 18:49:
Die Auseinandersetzungen unter Autoren sind ja legendär, gehören schon selber zur literarischen Tradition.
Maxim Billers Polemik mag überzogen sein (eine Sünde bei Bernhard!?), sie ist mir freilich nicht so fern, daß ich sie nicht nachvollziehen könnte. Ja, so meine ich, er trifft da etwas bei Bernhard, was zumindest ich auch als eine Schwäche des Stils ansehe.

Gedichte - z.B. dieses - lasse ich zunächst unmittelbar auf mich wirken; da ich kein Literaturwissenschaftler bin, kommen mir auch nicht gleich Assoziationen wie "steht schon bei X. so" oder "war schon damals nicht mehr zeitgemäß. Als jemand, der sich gerne in der antiken Literatur bewegt, ist mir das heute so hochgehaltene Kriterium der Originalität relativ gleichgültig. Das ist ein modernes Kriterium, dem man nicht folgen muß.
Bernhards Gedicht spricht mich an - ganz im Gegensatz zu dem religiösen Gesumse bei "In hora mortis".

 Mondscheinsonate meinte dazu am 17.02.23 um 19:05:
Wie schon bemerkt, ich glaube, Bernhard hätte es gefallen, da bin ich fast 100% überzeugt.

 Dieter Wal (20.02.23, 19:37)
Es gab in den 80ern eine Psychiatriereform in Deutschland, was dazu beitrug, dass seitdem Langzeitinsassen, die vorher die Regel waren, zu den Ausnahmen gehören. Es wurde auf einen Drehtür-Effekt gesetzt, der hier ausnahmsweise nicht negativ verstanden werden sollte, sondern der dafür sorgte, dass Patienten diagnostiziert, medikamentiert und in möglichst kurzer Zeit wieder entlassen werden.

Österreichs diesbezügliche Reformen sind deutlich jüngeren Datums. Insofern sollte man aus Deutschland kommend nicht unbedingt deutsche Verhältnisse psychiatrischer Kliniken auf österreichische 1:1 übertragen. Bernhards Polemiken scheinen sich, ich las das Buch bisher leider nicht, auf "Verwahrungsanstalten" zu beziehen und die Relativierbarkeit psychiatrischer Diagnosen zu meinen.

Kommentar geändert am 20.02.2023 um 19:41 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 21.02.23 um 13:54:
Danke für diesen Hinweis. Das mit den Verwahrungsanstalten habe ich ja bestätigt gefunden und als entsetzlich empfunden - es wird freilich von Bernhard nicht thematisiert. Es wäre, was die Psychiatrie angeht, ein lohnenderes Thema gewesen, meine ich. Gegen die Relativität psychiatrischer Diagnosen polemisiert Bernhard, doch die habe ich nicht bestätigt gefunden.
Aber wir waren ja in der - zugegeben: inzwischen unübersichtlichen - Diskussion und Interpretation schon so weit, daß es Bernhard um eine Auseinandersetzung mit sich und seiner Freundschaft zu Paul Wittgenstein geht, eine Auseinandersetzung, die er in der ihm anscheinend eigentümlichen Weise führt.

 Pearl (21.02.23, 12:26)
Hallo Graeculus,

Das Problem war/ und ist, dass nicht nur psychische Erkrankungen, sondern auch Psychopharmaka und die ambulante sowie v.a. stationäre Psychiatrie stigmatisiert sind.

Als bei mir eine Psychose ausbrach, war das Stigma in mir so ausgeprägt, dass mir das alles eine Heidenangst bereitete.

Ich hatte Angst vor den Psychiatern u Medikamenten u.s.w.

Aber all das half mir soo sehr! Die Psychiater waren sehr einfühlsam und die Psychopharmaka wirkten nach einer Weile, in der sie eingestellt wurden.

Deshalb stehe ich auch einigen Kommentaren hier kritisch gegenüber.

Weil sie etwas behaupten, was nicht immer wahr ist. Und was in vielen Fällen nicht zutrifft. Ich sage, sie sitzen einem Stigma auf u tragen dazu bei, genauso wie Bernhard.

Trotzdem werde ich ihn lesen. Er ist Mensch also menschlich... Da macht man Fehler! Niemand ist perfekt nur weil er bekannt ist...

Zur Inhaltsfrage kann ich sagen, dass Bernhards Beobachtung vielleicht stimmt. Ich habe auch schriftlich die Diagnose Schizophrenie. Doch wenn er mit mir redet, sagt mein Psychiater, dass es auch Autismus oder die bipolare Störung sein könnte.
Das voneinander abzugrenzen ist schwierig....
Der Verlauf der Krankheit zeigt dann mehr.

Ich will nur sagen: früher war ich der Wissenschaft gegenüber sehr sehr kritisch eingestellt.

Doch seit sie mir durch Psychotherapie u Psychopharmaka so sehr geholfen hat, bin ich ihr sehr dankbar.

Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob Medikamente bei ihm angewendet werden sollen. Aber bitte! Nicht noch mehr stigmatisieren!

Lg, Pearl

 Graeculus meinte dazu am 21.02.23 um 14:05:
Bedenkenswert, was Du schreibst, liebe Pearl. Soweit ich sehe, als einzige aus dieser speziellen, aber wichtigen Perspektive. Der Stigmatisierung psychischer Krankheiten hat hier zum Glück niemand das Wort geredet. Aber es stimmt schon, daß jede Polemik gegen Psychiater auch ihren Patienten dann schadet, wenn diese Ärzte ihrem Auftrag, das Wohl des Kranken sei das höchste Ziel, gerecht werden. Von der Psychiaterin, mit der ich diese Linzer Klinik besuchen durfte, hatte ich übrigens genau diesen Eindruck. Gut, daß auch Du eine solche gefunden hast.

Das Buch zu lesen, könnte für Dich in der Tat ein Gewinn sein. Du wirst es schon zu lesen verstehen.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 21.02.23 um 14:59:
Ganz bedeutender Kommentar, herzlichen Dank dafür.

 Graeculus meinte dazu am 21.02.23 um 17:22:
Er ist Mensch also menschlich... Da macht man Fehler! Niemand ist perfekt nur weil er bekannt ist...

Ja. Das sollte man bedenken ... und auf Heiligenkulte verzichten, es allerdings zugunsten eines Griffes an die eigene Nase auch nicht mit den Vorwürfen übertreiben.
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