Sind Fabeln überholt

Fabel zum Thema Betrachtung

von  EkkehartMittelberg

Der Fuchs als Fabelerzähler wollte wissen, ob Fabeln als Tarnung von Wahrheit heute noch notwendig seien. Deshalb befragte er seine Freunde.

Der kluge Dachs meinte: „In den heutigen Demokratien braucht man die Wahrheit nicht mehr Tieren in den Mund zu legen, um sich als Erzähler zu schützen.“

„Ist die Fabel also in Demokratien überflüssig geworden?“ setzte der Fuchs nach.

Das schlaue Iltis erwiderte: „Das Erzählen von Fabeln bietet die Möglichkeit zum geistreichen Spiel. Wir benötigen das Spielen zur Entspannung.“

Die weise Eule hatte sich vornehm zurückgehalten. „Wie denkst du darüber, werter Freund?“ fragte der Fuchs. Die Eule klappte nachdenklich mit den Augen und sprach: „Gute Fabeln sind Kunst. Man kann ohne sie überleben. Aber Kunst macht das Leben lebenswert.“



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Kommentare zu diesem Text


 AlmaMarieSchneider (26.02.23, 01:10)
Schon im 3Jahrtausend v. Chr. gab es diese lehrreichen volkstümlichen Erzählungen. Sie sind in allen Völkern heimisch und ich liebte sie ganz besonders als Kind. Die Sumerer lehrten zum Beispiel Mathematik mit ihnen.
Für mich sind Fabeln keineswegs überholt, die Tiere werden so menschlich dargestellt. Der Stoff und die Lebensumstände gehen auf den Dichter Äsop (Griechenland) zurück.
Ich liebe Fabeln. Im Volksmund nennt man sie auch Lügengeschichten. Warum sollten sie überholt sein?

Liebe Grüße
Alma Marie

Kommentar geändert am 26.02.2023 um 01:12 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.02.23 um 11:38:
Hallo Alma Marie,
einen Grund, weshalb man in westlichen Demokratien Fabeln für überholt halten könnte, habe ich erwähnt: weil man sich nicht mehr aus Furcht vor Sanktionen hinter Tieren verstecken muss.
Aber es gibt trotzdem Gründe, Fabeln zu lieben und ich freue mich als Autor natürlich sehr darüber, dass du zu den Liebhabern von Fabeln gehörst.

Liebe Grüße
Ekki
Taina (39)
(26.02.23, 04:53)
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 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 26.02.23 um 11:42:
Merci, Taina, ich vermute, dass heute das Verspielte an Fabeln mehr geschätzt wird als zum Beispiel während der Aufklärung, als die moralische Lehre im Vordergrund stand.

 eiskimo (26.02.23, 08:30)
Die Wahrheit wird auf diese Weise auch bildhaft und damit sehr eingängig.
La Fontaine hat seine Fabeln zusätzlich in Versform verpackt - "pour les apprendre par coeur" , d.h. um sie mit dem Herzen zu lernen, wie man in Frankreich sagt.
LG
Eiskimo

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 26.02.23 um 13:52:
Merci, eiskimo, eine Fabel, die mit dem Herzen lernbar ist, macht sie besonders einprägsam.
LG
Ekki

 Saira (26.02.23, 10:17)
Lieber Ekki,
 
ich mag Fabeln. Mir würden sie fehlen und ich kann die Aussage der Eule nur unterstreichen.
 
Herzliche Grüße
Sigi

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 26.02.23 um 13:56:
Liebe Sigi,

es ist nicht leicht, moderne Fabeln mit ästhetischen Reizen zu versehen. Ich gebe mir große Mühe, damit sie dir weiter gefallen.

Herzliche Grüße
Ekki

 TrekanBelluvitsh (26.02.23, 16:05)
Ja, jede gut ausgeführte Kunst ist beachtenswert. Und als die Fabel noch verbreiteter war, waren ja auch nicht alle Fabeln gelungen.

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 26.02.23 um 16:31:
Gracias, Trekan, das trifft des Pudels Kern.

 plotzn (26.02.23, 19:17)
Eine Fabel über die Fabel. Dieser Selbstbezug gibt Deiner Geschichte, der ich inhaltlich voll zustimme, noch einen zusätzlichen Dreh, Ekki!

Liebe Grüße
Stefan

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.02.23 um 20:27:
Merci, Stefan,

ich freue mich sehr, dass du den Selbstbezug der Fabel würdigst.

Liebe Grüße
Ekki
Teolein (70)
(26.02.23, 19:28)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.02.23 um 20:32:
Gracias, Teo,

apropos weitermachen, ein paar Fabeln fehlen noch für mein neues Fabelbuch. Ich hoffe sehr, dass sie nicht langweilen.

Liebe Grüße
Ekki

 harzgebirgler (26.02.23, 19:37)
hallo ekki,

die fabeln überholen
kann nicht mal herr von bohlen*
und noch expliziter
schon gar nicht der dieter! :D 

lg
henning

*https://www.speedsport-magazine.de/rennfahrer-datenbank/biographie/friedrich-von-bohlen-und-halbach_-_10974.html

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.02.23 um 20:39:
Grazie, Henning,

deine humorvollen Verse machen mir Mut.

Beste Grüße
Ekki

 Verlo (28.02.23, 16:52)
Ekki, gesprochen durch eine weise Eule:

Aber Kunst macht das Leben lebenswert.

Armes Leben, wenn es nur durch Kunst lebenswert ist.

Vielleicht bin ich (wieder) die Ausnahme: aber meine schönsten Erlebnisse hatte ich mit Natur, wozu selbstverständlich der Mensch gehört.

Selbst die Kunst, die ich selbst geschaffen habe, die mir nahe ist wie meine Haut, sehe ich nur als Ersatz.

 Graeculus meinte dazu am 28.02.23 um 17:08:
Die Natur, so schön sie sein mag, ist geistlos. Man muß nicht so weit gehen wie Hegel, der die Sterne "Himmelspickel" nannte, aber in der Sache hat er darin recht. Erst der Geist eröffnet uns das Verstehen, die Ethik (gesollte Welt) und all die möglichen Welten der Phantasie. Ein Feuersalamander ist hübsch, aber er versteht nichts und hat null Phantasie.
Für Menschen, die traurigerweise ihren Geist loswerden wollen, mag die Natur ein hilfreicher Ort sein.

 Verlo meinte dazu am 28.02.23 um 17:24:
Graeculus, bitte vorm Kommentieren alles lesen:


Natur, wozu selbstverständlich der Mensch gehört.

Also zB auch Hegel. 

Ich wette, daß auch du ein Gespräch mit Hegel mehr schätzen würdest als ein Buch von ihm zu lesen.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 28.02.23 um 18:07:
Merci, Verlo, auch du solltest genau lesen. Ich habe in meiner Fabel nicht geschrieben, dass das Leben nur durch Kunst lebenswert sei.
Mir persönlich machen sowohl Kunst als auch Natur das Leben lebenswert. Meine Prioritäten wechseln nach Ort und Zeit. Wenn ich gerade in Venedig bin, habe ich nicht das Bedürfnis, mich in eine blühende Almwiese zu legen. Wenn ich einen Höhenblick in den Dolomiten genieße, denke ich nicht an die schönen Kunstwerke in Venedigs Museen.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 28.02.23 um 18:16:
@ Graeculus: Ich vermute, dass du noch weitaus mehr kuriose Äußerungen (mit ernsthaftem Hintergrund) von Philosophen kennst als die Himmelspickel von Hegel.
Hättest du eventuell Lust, mal einen zugleich unterhaltsamen und lehrreichen Essay darüber zu schreiben?

 Graeculus meinte dazu am 28.02.23 um 18:23:
Über Kunst und Natur? Ein von Kant, Schelling, Hegel und anderen im 19. Jahrhundert diskutiertes Thema. Meinst Du, daß das jemanden hier interessiert, Dich ausgenommen? Zumal sich die Kunst ja inzwischen weit entfernt hat von dem Ideal, das Schöne darzustellen. Auch wenn selbst die abstrakte Malerei, sogar die monochrome aus dem Geist entsteht, die Natur hingegen aus dem Zusammenspiel von Zufall und Auslese. Was wiederum nur der Geist begreift.

 Graeculus meinte dazu am 28.02.23 um 18:27:
An Verlo:

Alles lesen bedeutet in diesem Zusammenhang vor allem: Hegel. Als an der Cholera gestorbenes Individuum war Hegel ein Naturwesen, als Geist war er "Geschäftsführer des Weltgeistes", weit über das Sterbliche erhoben.

Graeculus: Hegel is immortal.
Verlo: He ist dead.
Graeculus: But we're talking about him!

 Verlo meinte dazu am 28.02.23 um 19:16:
Ekki:

Ich habe in meiner Fabel nicht geschrieben, dass das Leben nur durch Kunst lebenswert sei.

Das stimmt, Ekki, du hast geschrieben und die weise Eule sagen lassen:


Aber Kunst macht das Leben lebenswert.

Ohne die Natur, einschließlich Menschen und andere Lebewesen, zu erwähnen.

Worauf ich antwortete:


Armes Leben, wenn es nur durch Kunst lebenswert ist.

Ekki, ich kann gern für dich präzisieren:

"Mein Leben wird durch Natur lebenswert, nicht durch Kunst."

 Verlo meinte dazu am 28.02.23 um 19:19:
Graeculus, warum gehst du nicht auf meine Aussage ein:


Ich wette, daß auch du [Graeculus] ein Gespräch mit Hegel mehr schätzen würdest als ein Buch von ihm zu lesen.

 Verlo meinte dazu am 28.02.23 um 19:58:
Ekki, eben auf dem Radtrainer, auf dem auch mein Hirn mehr Sauerstoff bekommt, dachte ich:

Das erklärt, warum es Ekki ausreicht, zu dürfen, ohne es zu tun: ein Leben in der Kunst.

Zwischen Mensch und Kunst findet keine Interaktion statt.

Ein Buch zb wird niemals sagen: Red nicht so viel (dürfen), mach es endlich (können).

Ein Mensch allerdings schon, denn wenn er jemand etwas erlaubt (zB du darfst mich küssen), dann möchte er auch geküßt werden, und wird er es nicht, ist er enttäuscht.

Ein Buch wird niemals enttäuscht sein. Einem Buch ist es egal, ob man seine Versprechen umsetzt. Ein Buch hat auch keine Wünsche, die er gern erfüllt haben möchte. Einem Buch recht es, wenn es erlaubt.

Wem danke ich jetzt: meinem Radtrainer oder mir?
Agnete (66)
(28.02.23, 19:20)
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