Eine Beruhigung

Text

von  Dieter_Rotmund

Eine Beruhigung tritt sofort ein, wenn ich in die Nähe von Büchern komme. Viele Bücher beruhigen mich. Zuhause warten die Schwestern. Wenn ich von den Schwestern weggehe, tritt zuerst keine Beruhigung ein. Die Schwestern bedeuten, dass keine Beruhigung möglich ist. Keine Schwestern bedeuten: Eine Beruhigung ist möglich. Aber erst wenn ich in der Bibliothek angekommen bin, werde ich ruhiger. Die Bücher lösen die Beruhigung in mir aus. Die Bibliothek ist eine einzige große Beruhigungs-Anstalt für mich. Ich muss aus dem Haus raus, bevor mich die Schwestern erdrücken. Zuhause ist keine Beruhigung möglich. Ich gehe aus dem Haus, das mich so oft wegen der Schwestern be- und erdrückt, heraus, und bin noch nicht beruhigt. Dann, in der Bibliothek, wenn sich die Fahrstuhltüren öffnen, dann stehe ich, so könnte man sagen, in den Büchern drin. Die Bücher nehmen mich ein. Sofort beginnt in mir dann eine Beruhigung und ich kann wieder arbeiten.



Anmerkung von Dieter_Rotmund:

Danke an Thomas Bernhard, dessen Stil ich hier mehr schlecht als recht imitiere, aber dadurch eine Beruhigung erfahren kann.

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (04.03.23, 15:49)
Ohne deine Anmerkung gelesen zu haben, wollte ich dir gerade den Bernhard um die Ohren kloppen.  
Aber so? Erhältst du meine volle Zustimmung.
Und: Mich beruhigen die auch.
Schon als kleines Kind mochte ich es gar nicht leiden, wenn nicht wenigsten ein ungelesenes Buch in meinem Zimmer dümpelte.

Eigentlich hat sich daran nix geändert ...

Liebe Grüße
der8.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 06.03.23 um 09:53:
Danke für die Empfehlung.

 Moja (04.03.23, 17:24)
Sehr gelungen!
Th. Bernhard kann beruhigt weiter ruhen... :)

Moja grüßt

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 06.03.23 um 09:53:
Danke für die Empfehlung.

 BeBa (05.03.23, 00:22)
Auch ich bin jetzt beruhigt. Ich habe viele, viele Bücher, aber ich habe keine Schwestern. Immerhin gute Voraussetzungen für Beruhigung, die ich jetzt auch prompt spüre.

Kommentar geändert am 05.03.2023 um 00:22 Uhr

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 06.03.23 um 09:54:
Danke für die Empfehlung.
Manu (87)
(05.03.23, 01:29)
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 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 06.03.23 um 09:55:
Danke, der Text ist aber tatsächlich nur schnell hier reingerotzt. 
Ob es einen Dieter_Rotmund-Bernhard gibt? Ich werde nachforschen.

 Graeculus ergänzte dazu am 06.03.23 um 10:03:
Soweit ich ihn kannte, hätte es Bernhard höchstwahrscheinlich auch sehr gut gefallen.

Es gibt etwas, das Bernhard sehr gut gefallen hat? Und falls ja, da hätte auch der Stil eines Imitators dazu gehören können?

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 06.03.23 um 13:47:
Lese ich da eine gewisse Abneigung gegen Thomas Bernhard heraus?

 Graeculus meinte dazu am 06.03.23 um 13:52:
Ich habe lediglich meinen Eindruck ausgedrückt, daß er selten etwas sehr lobt und ganz gewiß keinen Imitator.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 06.03.23 um 13:55:
Achso.

Ja, mag sein.
Manu (87) meinte dazu am 10.03.23 um 03:16:
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 12.03.23 um 21:18:
Alte Meister *Ach*!
Also, ich habe alles gelesen, was veröffentlicht wurde und viel von der Sekundärliteratur. Sehr zu empfehlen übrigens: 
https://shop.falter.at/detail/9783110736724/elfriede-jelinek-und-thomas-bernhard, darin finden sich interessante Aufarbeitungen der Gegensätze.
Ja, ich lobe diesen Text von Dieter auch, nur, ein bisschen schärfer hätte er sein können, eventuell "die unsäglichen Schwestern, die in ihrer Unsäglichkeit, ja, in ihrer bloßen Existenz stören, gänzlichst zerstörerisch sind,..." Die bloße Existenz eines Störfaktors war bei Bernhard stets ein großes Thema.
Ach, noch was, Graeculus, der Irrsigler, den mochte der Reger, auch seine Frau.
Allein schon die Tatsache, dass er einem Museumswärter so viel Raum gibt, das ist pure Zuneigung.

Antwort geändert am 12.03.2023 um 21:19 Uhr

Antwort geändert am 12.03.2023 um 21:25 Uhr

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 13.03.23 um 10:18:

"die unsäglichen Schwestern, die in ihrer Unsäglichkeit, ja, in ihrer bloßen Existenz stören, gänzlichst zerstörerisch sind,..." 

Ja, da hast du recht, da fehlt eine Verstärkung, z.B. diese.
Manu (87) meinte dazu am 19.03.23 um 23:12:
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Kaaa (41)
(20.03.23, 18:39)
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 Dieter_Rotmund meinte dazu am 20.03.23 um 18:44:
Danke für das Feedback.
Kaaa (41) meinte dazu am 21.03.23 um 17:43:
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 Quoth (30.03.23, 12:42)
Es ist ein erster Versuch. Bei Bernhard liebe ich seine langen Perioden und Schachtelsätze, die vermisse ich komplett in Deinem Text, der beinahe kurzatmig daherkommt. Inhaltlich stimme ich zu: Bücher beruhigen, weil in ihnen so unglaublich viel Unruhiges zur Ruhe kommt! Gruß Quoth

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 31.03.23 um 11:14:
Ja, lange Sätze zu schreiben, die funktionieren und diesen Bernhardschen Sog erzeugen, das ist mir nicht möglich.

 Elisabeth (12.11.23, 15:16)
Lieber Dieter,

inhaltlich bin ich ganz entzückt von diesem Text.


Formal muß ich mich dazu erst selbst mehr mit Bernhard auseinandersetzen - aber eigentlich reicht mir meine momentane Verzückung.

Liebe Grüße von Elisabeth / Bettina

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 12.11.23 um 15:38:
Danke. Bernhard zu lesen ist auch eine große Verzückung.

 Elisabeth meinte dazu am 12.11.23 um 18:50:
Na, dann kommt Thomas Bernhard sofort auf meine Liste noch zu lesender Autoren!
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