Giacomo Leopardi: Lyrik

Gedichtgedicht zum Thema Schwermütigkeit

von  Terminator

Jahrelang kannte ich von Leopardi nur diesen weisen Spruch: "Auch hierin gleicht die Welt den Weibern: mit Scham und Zurückhaltung erreicht man bei ihr nichts". Das reichte, um den Namen des Dichters im Gedächtnis zu behalten und irgendwann auch Zeit zu finden, seine Lyrik zu lesen. Und die ist ziemlich gut.


Noch eins, weil es so schön ist: "Der Betrug ist die Seele des sozialen Lebens". Das könnte ich selbst mit 18 geschrieben haben. Und auch in der Lyrik treffe ich einen Bruder im Geiste: reine, idealistische Liebesromantik, keine Unzucht- und sonstige Sexuallyrik. In seiner Liebeslyrik besingt Leopardi das Ideal der Weiblichkeit, das sich ihm durch Begegnungen mit schönen Frauen offenbarte. Er sah durch den Schleier der Sexualität in das Wesen der Liebe, in ihre Tragik und Abgründigkeit, als wüsste er, dass "Wer die Schönheit angeschaut mit Augen..."


Evolas Revolte gegen die moderne Welt wurde schon bei Leopardi vorgedacht, als die moderne Welt noch im Entstehen war. Schon um 1830 sah Leopardi voraus, dass das Glück der Massen und der Verlust der höheren Werte zusammenfallen werden, dass der moderne Mensch ein geistiger Krüppel sein wird, und dass die Verabsolutierung des diesseitigen Glücksstrebens letztlich in den Nihilismus führen wird.


Die Nationalromantik beweint die Schande des fremdbeherrschten und zersplitterten Italiens am Anfang des 19. Jahrhunderts. Leopardis Nationalromantik ist besonders vor dem historischen Hintergrund der bald darauf folgenden Vereinigung interessant, auch insofern sie eine vermeintliche Kontinuität der italienischen Geschichte herstellt, die natürlich mit dem Römischen Reich ihr Goldenes Zeitalter hatte. Auch die deutschen Romantiker besangen ein Deutschland, das es nie gab. Der Missbrauch des nationalromantischen Gedankenguts ist selbstverständlich nicht den Dichtern anzulasten, die zu der Zeit der nationalsozialistischen und faschistischen Untaten längt tot waren.


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