XVI. Das Ende

Hymne zum Thema Selbstbestimmung

von  Terminator

Das Schreiben selbst entlarvt den Schreiberling als einen Missratenen, wenn es ein resignatives Schreiben ist: wenn er schreibt, anstatt zu leben. Lebendes Schreiben ist Vergnügen, weiter nichts, ernstestenfalls eine Übung, wie das Lesen. Wort und Schrift stehen überhaupt erst über Orgasmus und Sieg, weil der Geist nicht an Raum und Zeit gebunden ist. Nur im Geist ist der Mensch göttlich, selbst im höchsten Leben ist er es nicht.


Der moralisch Wohlgeratene stellt fest: "Wenn es Gott nicht gibt, dann bin ich Gott". Damit bezieht er sich auf die Güte Gottes. Wenn es Gott aber nicht gibt, dann ist der moralisch vortrefflichste Mensch Gott im Sinne der Güte. So wird der Nihilismus moralisch widerlegt.


Durch selbstbestimmte Macht über das eigene Leben, die Autonomie der Persönlichkeit, kann der Mensch in dem Sinne Allmacht an sich reißen, als dass er sich keiner anderen Macht unterwirft. Die Macht, selbst seine Handlungsmaximen zu bestimmen, ist geistig-moralische Allmacht. Der kategorische Imperativ drückt seiner Form nach den Willen zur Macht aus.


Nur die Allwissenheit ist weder in der kleinsten Monade (denkendes menschliches Subjekt) noch in der unendlichen Monade (Gott/Universum/Dharma als allgemeines Subjekt) zu erreichen. Weltliche Macht kommt und geht, moralische Selbstbestimmung ist bloß defensiv: extravertierte und introvertierte Machtausübung scheitern an den Bedingungen ihrer Endlichkeit.


Der Wille zur Macht kann nur im Geistigen aufgrund der Unmöglichekit der Allwissenheit (eine Allwissenheit, die sich selbst als Allwissenheit weiß, ist mehr als sie selbst, womit die Allwissenheit nicht mehr Allwissenheit ist) unendlich fortschreiten. Nur hier, wo der vortrefflichste Wohlgeratene sich jeden Tag neu als Missratener betrachtet, und aus unversiegbarer Quelle des Willens unendlich streben kann, kann der Mensch nicht bloß (endlich) großer Mensch, sondern Übermensch werden.


Die Unmöglichkeit der Allwissenheit ist die Unsterblichkeit selbst: der Geist ist das Höchste und zugleich seine eigene ewige Transzendenz. Alles Selbstimmanente missrät, das ist sein Schicksal. Die Selbsttranszendenz ist der Weg zum Göttlichen. Das Ende des Lebens kann in der (narzisstisch-egobezogenen) Selbstimmanenz als alles der Sinnlosigkeit preisgebende Vernichtung oder aber in der übermenschlichen Selbsttranszendenz als Apotheose betrachtet (und erlebt) werden. Auch hier ist das Betrachten, das Geistige, primär, weil die Vorfreude von Dauer, während das Sterben ein kurzer (wenn auch glorreicher – sei es durch die heroischen Umstände oder die erhabene Haltung) Moment ist.  


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Kommentare zu diesem Text


 harzgebirgler (15.03.23, 09:37)
der wille zur macht ist nietzsches prinzip zur umwertung aller werte dergestalt, dass der leib zum leitfaden der weltauslegung wird.

 Terminator meinte dazu am 15.03.23 um 11:00:
Andere wiederholen sich ständig, Nietzsche widerspricht sich in jedem Werk aufs Neue, deshalb schätze ich ihn nun immer mehr. Der Wille ist geistig, damit ist die Hierarchie ja offensichtlich.
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