die Expedition

Gedicht zum Thema Kinder/ Kindheit

von  Tula

Wir planten sie drei volle Tage lang mit Gummistiefeln,
Kompass und der Karte, selbst gezeichnet, jeder Daumen-
breit eine Seite im Atlas des unerforschten Kontinents.

Als Proviant die Packung Kekse, sogar in Tropenhitze
zwei Jahre haltbar! So gerüstet stiegen wir am Fuße der
Kastanien, wo Finsternis den Pfad verschlang, hinein

ins immergrüne Reich, mit Wipfeln höher als die Spitze
unserer Kirche, und das Buschwerk, voller Farn, der dort
gewiss bereits im Tertiär dem Wald die Sporen gab.

Krieger dieser Wildnis folgten uns, versteckt im Spiel der
Schatten ringsumher. Indes, zum Glück des Flitzebogens
noch nicht kundig, griffen sie uns aus dem Hinterhalt mit

als Gezweig getarnten Krallen, während messerscharfe
Gräser bald den Saft aus unseren Waden spritzen ließen.
Einem von uns schlitzen sie sogar die Lederhose auf!

Endlich fanden wir den Arm des großen Stroms und alles
weitere im Unterholz. Zwölf Wochen hielt sich der Beweis
des Wunderwerks: die Spur der Weidenrute in der Hand.

Das Floß erreichte leider nie den Orinoco. Als es versank,
sprang ich ans Ufer.


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Kommentare zu diesem Text


 AlmaMarieSchneider (12.03.23, 03:10)
Das war ja ein Abenteuer. Welcher Kontinent war das denn?
Wir spielten immer Tom Sawyer und Huckleberry Finn und fuhren den Mississippi herunter.

Liebe Grüße
Alma Marie

 Tula meinte dazu am 12.03.23 um 09:33:
Moin Alma
Ja, auch diese Helden wären mir Vorbild gewesen. Ich "fraß" förmlich als Steppke Bücher zur Entdeckungsgeschichte. Irgendwann auch den Reisebericht Orellanas über seine Erkundung des Amazonas. Ich wollte hier wissenschaftlicher sein und wählte als Bezug den Orinoco, den ja auch Humboldt persönlich erforschte. Der Zauber liegt ja bereits im Namen, Orinoco klingt ja bereits nach farbenprächtigen Papageien und vergifteten Pfeilen.

Leider fanden wir den Fluß nicht wirklich, sondern nur einen seiner Nebenarme, der gleich hinterm Stadtpark durch das Elsthal gluckert. Nichtsdestotrotz ein Erlebnis!

Herzliche Sonntagsgrüße
Tula

 AchterZwerg (12.03.23, 07:01)
Nicht auszudenken! Uns' Tula für immer in unwegsamen Terrains verschollen! Gut, dass dann doch noch ...

 Tula antwortete darauf am 12.03.23 um 09:35:
Moin lieber 8er
Die Amazone, die mich später fing, hatte glücklicherweise keinen brasilianischen Akzent. Wer weiß, wo ich sonst wirklich gestrandet wäre  ;)

LG
Tula

 Saira (12.03.23, 07:57)
Moin Tula,
 
bin ich froh, dass du noch rechtzeitig ans Ufer gesprungen bist, aber was ist mit deinen Kameraden geschehen? :blink:
 
Die Kinderfantasie ist wundervoll. Ich erinnere mich an manch tolles Abenteuer mit Freunden und Freundinnen.
 
Spannend erzählt!
 
Liebe Grüße
Sigi

 Tula schrieb daraufhin am 12.03.23 um 09:39:
Moin Sigi
Gute Frage. Ich weiß nur noch, dass niemand ertrunken ist. Wenn ich mich recht entsinne, war bereits der Nebenarm des gesuchten Fluss gewaltige drei Meter breit. Alles nochmal gut gegangen, vom Wasser in den Gummistiefeln mal abgesehen  :D

LG
Tula
Taina (39)
(12.03.23, 08:13)
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 Tula äußerte darauf am 12.03.23 um 09:42:
Moin Taina
Genau genommen wollten wir diesen mit dem Floß stromabwärts erreichen. Das hätte auf dem Weg allerdings noch einige Flüsse Deutschlands in Anspruch genommen ...

LG
Tula
Taina (39) ergänzte dazu am 12.03.23 um 11:07:
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 Tula meinte dazu am 12.03.23 um 21:47:
Hallo Taina
Man müsste eben Wasser sein. Einfach treiben lassen und dennoch stets ans Ziel gelangen  ;)

KG
Tula
Taina (39) meinte dazu am 12.03.23 um 23:50:
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 lugarex (12.03.23, 08:34)

Ich spielte kaum auf diese Art. Meistens steckte ich im Busch mit einem Lenkrad und war im Trolleybus-Chauffeur oder so. In die Fremde hatte ich keine Lust zu gehen. Dafür bin ich gründlich bestraft und seit dem ich mich erinnere, lebe ich in der Fremde und komme immer seltener zu meinem verlassenen (inzwischen verwelkten) Busch, die Farbe vom Bus abgeblättert ist und keine Passagiere füllen die nicht existente abgenutzte abgewetzte Sitze. Langsam holpert der Bus zur Endstation.

Sonntagsgrüsse Luga

 Tula meinte dazu am 12.03.23 um 09:52:
Moin Luga
Ja, wir stromerten damals viel im Freien, eigentlich bei jedem Wetter. Das waren die Jahre, als wir uns zum Geburtstag über neue Gummistiefel freuten. Man stelle sich das heute vor: neue Gummistiefel statt Handy!  :D

Die Heimat besuche ich noch wenigstens einmal im Jahr und in gewissem Sinne auch den hier beschriebenen Ort bzw. Wald- und Feuchtgebiet wo wir Gaststätte, Freibad, die Skaterbahn und angrenzende Gärten finden. Die Vorstellung, im fortschreitenden Alter dort immer weniger aufzukreuzen, schon weil die grundsätzliche Motivation für die Reise dorthin irgendwann nicht mehr da sein wird, ist schon beklemmend. Aber noch ist alles in Ordnung  :)

Dankend lieben Gruß
Tula

Antwort geändert am 12.03.2023 um 09:53 Uhr

 lugarex meinte dazu am 12.03.23 um 11:41:
Ahoi Tula

Ich pflegte auch noch regelmässig die Örter der damaligen Sehnsucht, des Träumens, zu besuchen. Aber die werden zunehmend fremder als die Fremde selbst. Und allmählich trocknen die Plätze der Erinnerung und des Planens aus und Melancholie breitet sich aus...Die Stellen der Zeit ohne ihre ursprünglichen Akteure gähnen in trauriger Hoffnungslosigkeit und Leere.

Gute und kreative Zeit wüsche ich Luga

 Tula meinte dazu am 12.03.23 um 21:32:
Hallo Luga
Diese Sorge habe ich, wobei ich ja noch etwas jünger bin. Sehr erfreulich aber dann vor 2 Jahren der Besuch des Hauses, in dem ich 12 Jahre meiner Kindheit verbrachte. War dem Verfall preisgegeben, wurde gekauft und vollsaniert. Schöne Wiederbegegnung. Aber ansonsten hast du recht. Als junger Mensch bildete ich mir ein, ich würde 'die halbe Stadt' kennen. Wenn ich da heute bin, scanne ich alle Gesichter, ob sich da nicht jemand findet. Seufz ..

LG
Tula

Antwort geändert am 12.03.2023 um 21:33 Uhr

 Beislschmidt meinte dazu am 12.04.23 um 09:43:
Eine gut geschriebene Kindheitserinnerung Tula. Es geht mir so wie Lugarex...

Und allmählich trocknen die Plätze der Erinnerung und des Planens aus und Melancholie breitet sich aus...


Beislgrüße

Antwort geändert am 12.04.2023 um 09:44 Uhr

 TassoTuwas (12.03.23, 10:17)
Moin Tula,

meine Vermutung war sofort der "Kilimandscharo", also fast richtig.
Ist ja auch Ausland  :(  :D  :ermm: !

Schönen Sonntag
TT

 Tula meinte dazu am 12.03.23 um 21:34:
Hallo TassoTuwas
Wenn der Globus klein genug ist, sind's nur zwei Daumenlängen. Also ja, 'fast getroffen'  :D

LG
Tula
Muckelchen (70)
(12.03.23, 10:57)
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 Tula meinte dazu am 12.03.23 um 21:37:
Hallo Muckelchen
So ist es, alle Flüsse führen ans Meer und auch dorthin damals alle meine Träume. Ich frage mich bis heute wo das herkommt. 

LG
Tula

 EkkehartMittelberg (12.03.23, 15:12)
Hallo Tula,

ich habe mal einen Film über die Urwald-Erlebnisse Alexanders von Humboldt gesehen.  Deine Impressionen sind ebenbürtig.

LG
Ekki

 Tula meinte dazu am 12.03.23 um 21:39:
Hallo Ekki
Das freut mich, dass meine Phantasie noch lebendig ist  8-) 

Dankend lieben Gruß
Tula

 GastIltis (12.03.23, 17:43)
Hallo Tula,
manchmal sind wir zu beneiden. Ich weiß nicht, ob die Kinder von heute noch solche Möglichkeiten vorfinden, um sich derartige Abenteuer vorstellen und sie dann durchführen zu können. Wenn man das Glück hat, in einer Stadt am Fluss (Mulde, kurz vor der Mündung in die Elbe) aufzuwachsen wie ich, der noch dazu Altarme hat, wird man geprägt. Die Straße, in der mein Elternhaus steht, trägt nicht umsonst den romantischen Namen An der Aue. Eine der Schattenseiten der Lage war aber auch, dass es, also das Haus, beim Hochwasser 2002 bis zur Höhe der Arbeitsplatte in der Küche unter Wasser stand. Da kannst du dir vorstellen, welchen Schaden allein die Ölheizung im Keller verursacht hat. Übrigens hatte die Stadt zur Zeit, als ich die Schule besucht habe, über 13.000 Einwohner, heute nur noch knapp über 3.000. Damals gab es noch vier achte Klassen, heute gibt es nicht mal mehr eine richtige Schule.
Ja, so ein Text wie der von dir kann schon begeistern!
Viele Grüße von Gil.

 Tula meinte dazu am 12.03.23 um 21:45:
Hallo Gil
Danke für den ausführlichen und besonders nachdenklich stimmenden Kommentar. In meinem Städtchen ging es von Vorwende 27.000 auf heute etwa 21.000 runter. Ich dachte, das wäre bereits viel bzw. 'zu viel'. Ich glaube insgesamt von knapp 17 Millionen auf 12. Erfreulich aber, dass auch geistreiche Dichter im Land geblieben sind  :) 

In diesem Sinne, alles inspiriert-Gute
LG
Tula
Teolein (70)
(12.03.23, 23:00)
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 Tula meinte dazu am 13.03.23 um 22:47:
Hallo Teolein
Ich bin mir dahingehend sicher, du warst als Steppke auch hin und wieder ein tapferer Indianer  8-)

Da fällt mir ein: irgendwann schnitzen wir Speere. Mein Kumpfel warf dann seinen, vom Fahrrad aus (fast wie von einem echten Mustang) und traf den Knaben des Nachbarn genau in der Kniekehle! Ganz schöner Schreck für alle. Glücklicherweise ist aber nichts weiter passiert  :(

Dankend lieben Gruß
Tula

 harzgebirgler (13.03.23, 11:24)
hallo Tula,

wer weiß wieviel entdecker so entstanden
die spaß an solchem spiel als kinder fanden. :)

lg
harzgebirgler

 Tula meinte dazu am 13.03.23 um 22:52:
Hallo harzgebirgler
Daran habe ich wenig Zweifel, d.h. dass dem Menschen so einiges in die Wiege gelegt worden ist, einschließlich Fernweh und Entdeckungsdrang. Ais evolutionistischer Sicht wohl nachvollziehbar. Es braucht beide Typos: die einen, die im  Stamm bleiben, die anderen, die aufbrechen, um den genetischen Cocktail weiter am Schütteln zu halten. 
Kein Witz jetzt, ich meine das ernst. 

LG
Tula
Agnete (66)
(14.03.23, 22:00)
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 Tula meinte dazu am 14.03.23 um 23:36:
Hallo Agnete
Ja, diesen Moment sollte man nie verpassen. Was man so alles im Spiel erlernen kann  8-)

Dankend lieben Gruß
Tula
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